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Notar Haneumnr» ein Verzeichnis der vorhandenen Leicheusteine aufgestellt; eö waren «3. Cie fanden beim Unwan wieder Verwendung aller Art. Der Weg zur Kirche hinterm Spital des Klosters wurde mit 7 Fudern Steinen ausgebessert, der Kirchenfußboden mit Sand und Schutt erhöht. Als Baumeister fun gierten HanS Petzel, Hans Heina,»n und Christoph Müller. Ein neues Gestühl wurde ausgestellt, die Emporen durch Steili^stamente gestutzt; der ganze Umbau verschlang 2715 fl. 19 gr. 4 pf. Und nun trat während dieser Bauarbeiten noch ein für das fernere Schicksal der Kirche geradezu lebenbedeuteudes Ereignis ein: Kurfürst Chri st i a n n. wünschte sein N esidenzschloß einer durchgreifenden Erneuerung zu unterziehen, worin auch die für den Hosgottesdieust bestimmte Kirche im Schloß einbegriffen war. Christian bedurfte für die Zeit dieser Bauarbeiten einen Ersatz für diese Schloßkirche. Und lvas lag näher als än de» Nat heranzugehen und um zeitweise Ueberlassung der Klosterkirche nachzusuchen. Der Rat kam mit Beschlust vom 12. K. 1602 diesem kurfürstlichen Wunsch gern nach und es wurde vom Kurfürsten bestimmt, daß mit dem 24. Juni der H o f g o t t e s d i e » st hier durch deri Hofprediger Dr. Lenser seiueu Anfang nehmen solle. Dieser hatte den ursprünglichen Plan des Rats, die Kirche nach der verwitweten Kurfürst,» Sophie zu benennen, wieder ausgenommen, und sich Hierwegen mit dem Rat und dem Kurfürsten in Verbindung ge setzt in der Absicht, am Tag der Ueberführung der Klosterkirche in den Hofdienst dieser den Namen Sophien kirche zu verleihen und diese Namens verleihung in seiner ersten Predigt am 24. Juni offi ziell zu erteilen. Kurfürst Christian u., ein starrer Verfechter der evangelisch-lutherischen Kirche, erließ dieserhalb unterm 22. Juni 1602 an den Obcrhvf- prcdiger Dr. Polycarp Leyser folgenden Tagesbefehl: „Von Gottes gnaden Christian der ander, Hertzog zu Sachüen, Chnrfürst usw. Wirdiger Hoch gelerter lieber andechtiger »und getreuer. Wir seindt erinnert worden, lvas enre gedanken sein, da mit der wieder renouirten Kirchen hinder unser»»» Schloß, auf der großen brüder gassen, ein neuer nähme gegeben werde, Bnd nach dem billich, eines jeden Christen einige sorge vnd gedanckcn sein sollen, das derselbige die seelige und lvahre sterbkunst, wann wir von dem Allmechtigen aus diesem Zeit lichen leben erfordert werden, lerne; dieselbe aber aus keinen andern büchern, denn aus dem heiligen wordt Gottes, und durch das gehör desselben, als der himlischen weißheit, studiret, und ergründet werden kan, Vnd in solche Kirche mit der Zeit viel ehrlicher Leut Leichnam sonder Zweiffel gelegct wer den möchten, So lassen wir uns nicht mißfallen, das angeregte Kirche zu S. Sophien hinfüro genennct werde, Znmaßen dann ihr dieses Tituls nnd «ah mens halber in der Predigt so Zum ersten Mahl anff S. Johannistage in solcher Kirchen gehalten werden sott, gegen die Zuhörer gebührende erinne- rung Zull«,« wissen werdet. Wollten wir Euch guedigster Meinung nicht ber gen, und seiud euch mit gnaden gewogen. Datum Pirna am 22. Jnuy Anno 1602. Christian Chnrfürst." Und so >var der Johannistag (24. Juni» 1602 ker Na ine ns tag der Sophien kirche in Dressen — der vedeutungsvollste Wendepunkt in der jahrhundertelangen Geschichte dieses heute noch herrlichen Gotteshauses. Eine auf diese Namensverleihnng sich beziehende Inschrift wurde beim Umbau des Treppenturms auf der Südseite im Jahre 1868 (nach Neubert) leider ver nichtet; sie lautete: „O. 8. 8optü»g iilius psrsnnsturics, srkis uimirum beuö morisncli, oultorum U8vi Araäu» doseo commvliiors8 ox8trui eursvit 8soatu8 Orogäsasis KVOXOV.» Somit blieb, das sei hier ausdrücklich erklärt, die Kirche bis ans alle Zeiten mit dem Namen der Kur fürstin Sophia verbunden — andere Erklärungen sind irrtümlich. Die Benutzung der Sophieukirche als Hofkirche konnte sich natürlich nur auf kurze Zeit erstrecken, bis die Schloßt irchc wieder iustandgesetzt war; und das muß auch ziemlich rasch gegangen sein, denn schon Mitte September 1602 fand die Trauung des Kur fürsten mit der dänischen Prinzessin Hedwig in der Schloßkapclle statt. Wohl lnckte der Nat die Absicht gehabt, in der Sophie „kirche regelmäßige Wochenprcdigten abznhalten, es kam nicht dazu; die Kirche war eben nur Begräbuiskirche für die Bessersituierten, denn ein Begräbnis dortselbst kostete die für damalige Zeiten hohe Summe von 50 Taler. Die Benutzung der Sophienkirche als Begräbnisstätte >var daher eine sehr schwache: im Jahre 1602 wurden nur drei Personen — als erste am 2. Januar „Jung fer Anna Agnesa, Herrn Sebastians von Metzsch auf Klept- und Reinsdorfs, Churfürstl. Sächs. Ober- Küchen-Meisters, ehel. Tochter" —, 1603 8, 1604 7, 1605 und 1606 nur 4 Leichen in der Kirche beigesetzt — als letzte 1606 „Herrn Sebastian vom Metzsch andere Tochter Jungfer Jacobe, welche gühling, einem Tantze beywohuende verstorben ist" (Oettrichl. Die Dresdner empfanden es unn immer als be- bedauerlich, daß die neuhergestellte Kirche nur als Begräbnis-, nicht als Gottesdienstkirche benutzt wer den durfte. Man steckte sich hinter die Kurfürstin Soptzie, die schon immer eine vornehme Gönnerin der Kirche gewesen war. Diese trat mit dem Rat in Verbindung und erhielt gegen eine Entschädigung das Recht, über die Kirche bis auf weiteres verfügen zu könueu. Das ging bis 1610. In diesem Jahre gab sie unter Stiftung von 3000 Gulden die Kirche an den Nat zurück und bestritt in den folgenden Jahren auch den baulichen Aufwand in der Kirche. Allen ihren Stiftungen setzte die Kurfürstiu jedoch die Krone auf durch die Stiftung des heute noch in Benützung be findlichen kunstvollen Altars von Giovanni Maria Nosseni, der der Spenderin 3500 fl. kostete. Von den in den folgenden Jahren erfolgten Bau ausführungen seien erwähnt: 1619 Umschließung des Kirchhofs an der Sophienkirche an der Süd- und Ostseite mit einer Maner, Anbringung mehrerer Schwibbogen sowie eines Reliefs am Kirchhofportal: Auferstehung Christi mit Stadtwappen. Instand setzung der Orgel und des schadhaften Gewölbes, Um bauten an den Emporen 1682/83 und 1692/93, Errichtung einer Empore für Ltandespersonen und Soldaten und für den königl. Hof, Erbauung einer Sakristei. 1693 wurde eine zweite Sonntagspredigt eingeführt — die erste Sonntagspredigt war 1611 durch den Kurfürsten ins Leben gerufen worden. Schluß folgt. Trug und Verlag von Langer u. Winterlich, Niesa. — kür die Redaktion verantwortlich: Heinrich Uüleumnn, Riesa. AtätLer zur Bflege der Keimatliebe, der Heinratforschrrng und des HeimatsHuhes. Grschrint ix »wanglss« Kol,« als B«ilaa« zum M«sa.r Tageblatt unter Mitwirkung b«s V«r«tx» H«i,xat»us»i« t» Rtoja. «as »u va-soi»»,««» »«»»Ml. Nr. 12 Riesa, 11. März 1933 6. Aatzr,««,, Die Sophieukirche i« Dresden. Hans Strebelow, Nürnberg. Wenn der Riesaer Bürger alljährlich der sächsi schen Residenzstadt Dresden seinen offiziellen, tradi tionellen Besuch abstattet — und sei es auch nur aus Anlaß der Vogelwiese — und dabei bei Kneift in der Großen Brüdergasse einem Frühschöppchen huldigt, so denkt er in diesem für ihn feierlichen Augenblick wohl nicht daran, daß er auf geheiligtem, historischem Boden sitzt. Keiner von denen, die heilte durch die bei den Brüdergassen lustrvandeln, erinnert sich in diesem Moment der Abgelöstheit von dem Trubel der Groß stadt, daß hier vor vielen Jahrhunderten die grauen Brüder, die Barfüßler- oder Franzis kaner-Mönch e, auch Minorite n genannt, hier aus- und eingingen. Und doch ist ein Zeuge aus jener längst entschwundenen Zeit auf uns Heutige ge kommen, bringt uns stnmme Grüße aus der Glanzzeit der Römisch-katholischen Kirche, einer Zeit, da Dresden noch ein kümmerliches Dasein führte: die Sophten- kirche im trauten Winkel am Ausgang der beiden Brüdergassen zum Postplatz. Und so dürfen wir wohl auch die Sophienkirche als die Kirche Dresdens an sprechen, bei der trotz baulichen Umänderungen noch wesentliche Teile ihrer ursprünglichen mittelalter lichen Gestaltung erhalten geblieben sind. Die Gründung eines Franziskaner- klosters, dessen wertvollster Bestandteil die So phienkirche war, in unmittelbarer Nähe des Dresdner Schlosses darf man wohl auf den Markgrafen Heinrich, den Lohn Dietrichs des Bedrängten,zurück führen (geb. 1218, gest. 1288». Zn diese Zeit füllt unbe streitbar die Gründung und Stiftung des Klosters der Franziskaner. Und es entbehrt nicht eines besonde ren Interesses gerade für die Leser dieser Heimat beilage, daß mit der Stiftung des Dresdner Franzis kaner-Klosters diejenige des Seußlitzer Klo- st e r s, über dessen Zusammenhänge misdem Materui- hospital hinter -er Frauenkirche und dieser selbst ich in diesen Heimatblättern berichtet habe (Nr. 52 1929j, in engem Zusammenhang steht. Beider Gründnngs- jahre können also nicht allzu weit innerhalb der Re- kierungszeit Heinrichs -es Erlauchten auseinander ¬ liegen. Datiert nämlich -i< Ltiftungsurkunde für das Seußlitzer Klarenkloster, die iveiblichen Ordens« genossen der Franziskaner, aus dem Jahre 1268, so muß der Stiftungstag für das Dresduer Franzis« kanerkloster um einige Jahre früher «„gesetzt werden, nicht allein, weil man wohl mit vollem Recht «»neh men kann, daß erst die männlichen Ordensbrüder nn- dann erst die iveiblichen Ordensschwestern durch Markgraf Heinrich ihre Niederlassung fanden, sondern vor allen» deshalb, »veil 1265 in Dresden der sächsische Provinzial ein Kapitel abgehaltcn hat, was das Vor handensein eines Klosters zur Voraussetzung haben muß. Urkundlich wird allerdings das Dresdner Kloster erst 1272 in einer die Seußlitzer Pfarre betref fenden Handschrift erwähnt, in welcher der .,-> l ,mo miiwium lrstrum gedacht wird, der Minoriten, die als Anhänger der Lehre des heil. Franziskus von Assist in größter Arinnt ein Gott und den Mensche»» wohl gefälliges Leben führten und als Franziskaner sich in aller Welt niedergelassen nnd Klöster gegründet hatten. Bon dieser Selbstverleugnung der Kloster brüder, in Armut zu lebe»» und sich entsprechend ein fach zu kleide»» — nämlich in grauen Kutten, daher der Name „graue Brüder" — rührt auch der Brauch der selben, barfuß zn gehen, weshalb sie auch der» Namen Barfüßer führten. Wenn wir uns nnn einmal die örtliche Lage des Dresdner Barfüßer-Klosters des näheren vor Augen halten wollen, so gibt uns eine im sächs. Hanptstaatsarchiv enthaltene Skizze v. I. 1550 einige Aufklärung. Danach befand sich der Eingang znm Kloster, dessen Gebäude als sehr einfach und an- sprnchslos zu bezeichnen sind, am Eingang zur kleine»» Brüdergasse. Der ganze Komplex wurde bclrerrscht durch eine kleine Kapelle, auf deren Ersatz durch die heutige Sophieukirche ich später zurückkommen werde. Wir müssen uns das Klostergeländc -ort denke»», wo heute der freie Platz zwischen den Ausgängen der beiden Brüdergassen zum gegenüberliegenden Zwinger sich befindet, der von der Straßenbahn durchschnitten wird. Nach Westen, also znm Zwinger zu, grenzte das