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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 08.01.1932
- Erscheinungsdatum
- 1932-01-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-193201088
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19320108
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19320108
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Riesaer Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1932
-
Monat
1932-01
- Tag 1932-01-08
-
Monat
1932-01
-
Jahr
1932
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 08.01.1932
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MttMt Oll WOklkl WMWMl zu tun. Diese Bedenke« versuchten die Ausländer durch einen Vorschlag zu entkräften, wonach bet Gefährdung der WährungSlage Devisenabgaben eingestellt werden könnten, allerdings die RetchSbank auch verpflichtet sei, di« Bläu- biger zu einer neuen Konferenz zusammenzuberufen. Schwierigkeit«» machten auch die amerikanischen Forderun gen bezüglich der Garantien, sowie die etwaige Verwertung der gegebene« Sicherheiten. Weitere Schwierigkeiten machte die Krag« der Zinsen und Provisionen. Endlich verlangten die Ausländer, baß ihnen einmal im Jahre beglaubigte Bilanzen der schuldnerischen deutschen Banken vorgelegt würden. Beschlagnahmte »alddeolsea München. 8. Januar. Vor dem Scknellrichter hatte sich wegen eines Vergehen» gegen da» Devisengesetz «ine Metz- a«rm«ister»witwe zu verantworten, bei der gelegentlich einer Haussuchung 1500 amerikanische Dollar in Gold und SOO englische Pfund in Gold gefunden und beschlagnahmt worden waren. Di« Angeklagte wurde zu 2000 RM Geldstrafe ver urteilt. Die beschlagnahmten Devisen wurden zugunsten de» Staate» «ingezogen. ««» hat trotz aller Warnungen de« Weg der zwangsweise« ZinOsenk«»« »«schritte». Der Schuldner wird diese Erletch. terung zunächst begrüßen. Die vollen Auswirkungen dieser Maßnahmen auf den Kapitalmarkt, ja auf unser ganzes Wirtschaftssystem, lasten sich heute noch nicht absehen. Die ser Schritt der Reichsregterung läßt sich freilich nur im Zu sammenhang mit dem ganzen Notverorbnungswerk beurtei len. Ei«« Se»k««g »er Produktionskosten, inSbesonbere ter Löhne, «ft ««-««» seit Jahr >«d Lag gefordert worden. Das Lohnniveau halt« «i«e Höhe erreicht, die de« wirtschaft liche» Möglichkeiten kei»eS»«gS «ehr «»«sprach. Die Kam mer hat in vielen Sitzungen und schließlich auch gemeinsam mit den sächsischen Gchwesterkammern eingehend bi« Wege beraten, die zu einer angemessenen Senkung des Lohn niveaus und insbesondere auch zu einer Angleichung der besonder» überhöhten sächsischen Lohnsätze an die des übri gen Reiches führen könnten. Wir sind dabei schließlich ,« der Jorder«»» gekommen, baß «»ter Beibehaltung de» TarifsyftemS die Festsetzung der Söh»e »teder de» «er- tragspart«er« allein überlaste« «erde» müßte «nd LaS System der politische» Lohnsestsetzung völlig auszugebe« sei. Dagegen lehnten wir jede schematische zwangsweise Herab setzung der Löhne grundsätzlich ab. Auch hier ist bi« Reichs regierung de« umgekehrte« Weg gegangen. Der Wille der Reichsregierung ist offensichtlich, die Deflation: Die Er höhung des Geldwertes zur Anpassung aller Preisverhält- ntsse an die kleinere Geldmenge bis zum äußersten fortzu setzen. Die PreiSabbauparol« hat jedoch zunächst genau wie in den vorhergehenden Jahren sehr nachteilige Folgen auf die Umsätze des Einzelhandels ausgeübt. Auf den Ein zelhandel wirkten die Maßnahmen der Reichsregierung auch insofern ungünstig, al» die Kürzungen der Gehälter und Löhne — zunächst wenigstens — hier nicht so sehr in ihrer kosten- und preissenkenden Wirkung als vielmehr als Be schränkung der Kaufkraft empfunden werden. Außerdem wirkt sich im Einzelhandel die Erhöhung der Umsatzsteuer besonders stark als Abschwächung der »«kostenseukende« Faktor«» a«S. Ueberhaapt empfindet eS die Wirtschaft selbstverständlich als sehr hart, daß sie zu einer Zeit znr Preisseuknug gedrängt wird, tn der es nicht möglich ist, die Steuer« «nd öffentliche« Abgabe» z» senke«, und daß selbst tn dieser äußersten Wirtschaftsdepression Steuerhöhnngeu notwendig wurden. Freilich mutz man anerkennen, daß die jahrelangen schweren Fehler tn der Finanzgebarung der öffentlichen Hand in dieser Zeit rasch sinkender Steuer erträge selbst durch radikale Maßnahmen nicht mit einem Schlage gutzumachen sind. Es ist nicht zu verkennen, daß tn der Senkung der Selbstkosten ein Moment liegt, daS bet Wiederherstellung -er Vertrauensgrundlage in der Wirt schaft eine nicht zu unterschätzende Austriebkraft darstellen kann. Dies gilt — für uns wenigstens — vor allem von dem außerordentliche» Tiefstand aller wichtige« Rohstoff preise. Auch in das starre System der Sohlenpreise und ihrer Festsetzung ist jetzt Bewegung gekommen, und man darf von der jüngsten Entwicklung in der für uns so wich tigen Braunkohlenwirtschaft noch weitere Erleichterung und Besserung -er Verhältnisse erhoffen. Die Außenhandels politik dieses Jahres begann mit einem Ereignis, dem wir freudig zustimmten, weil wir darin den Beginn einer neuen Epoche für Deutschland erblickten: ich meine den Abschluß -er deutsch-österreichische» Z»ll»«iou. Die deutsche Regie rung hat ihre außenpolitischen Kräfte überschätzt. Tas Vorhaben scheiterte kläglich. Trotzdem weist uns gerade die Entwicklung der letzten Zeit verstärkt aus den südosteuro päischen Raum hin. Nicht die erhoffte Erleichtern«» der Ausfuhr bracht« daS Jahr 1SS1, souder» eine sinnlose Absperrung wichtigster Einfuhrländer, die he»te zu einem Kampfe aller gege» alle «uszuarte» droht. Wir brauchen aber die Ausfuhr nicht nur deshalb bitter nötig angesichts unseres zusammengefchrumps- ten Jnlanbabsatzes, sondern vor allem auch, um unsere Währung aufrecht zu erhalten. Wir müssen für die Zukunft mit weiter sinkenden Ausfuhrziffern rechnen. Wir haben es aber in der Hand, unsere Einfuhr freiwillig und planmäßig zu beschränken, um wenigstens auf diesem Wege einen ge wissen Ausfuhrüberschuß zu erzwingen. Die gleichen Forderungen wie von der Kammer werben aus anderen Motiven von der Landwirtschast vertreten. Nachdem die Landwirtschaft für Getreide -en vollen Zoll schutz genießt, den sie seit Ausgang des vorigen Jahr hunderts erstrebt, wünscht sie jetzt eine gleiche Ausschaltung -er Auslandsware auf allen übrigen landwirtschaftlichen Märkten. Es muß jedoch zweifelhaft erscheinen, ob au? die sem Wege allein der Landwirtschaft noch zu helfen ist. Aber mit tiefster Besorgnis muß jetzt festgeftellt werde«, daß in der Landwirtschast ein geradezu revolutionärer Umbildungs prozeß vor sich geht, der anf Handel und Industrie schwerste Rückwirkungen haben muh. Wenn die letzte Osthilfe-Ver- ordnung, wie es heißt, nur den tatsächlich schon bestehenden Verhältnissen in der Landwirtschaft legalen Ausdruck ver leiht, so sind hier die Grundlagen aller SchulLverhältnisse und die Geltung von Treu und Glauben in einem Matze gefährdet, daß man saft von einer Ausschaltung der Land wirtschaft a»S «nserer Wirtschaftsordnung sprech«« kann. Bezeichnend war, daß man bet der Osthilfe-Verordnung au die gewerblichen Gläubiger zunächst offenbar überhaupt nicht gedacht Hatte. Dem entschiedenen Vorgehen der Kam mern gelang es wenigstens, eine gewisse Mitwirkung der Gläubiger aus Handel, Industrie und Handwerk bei der Abwickelung der Sicherungsverfahren zu erreichen. Einen bedauerlich breiten Raum in den Arbeiten der Kammer nahmen wieder die Stenern ein, — ein betrüb liches Zeichen auch dafür, daß die Steuergesetzgebung noch immer in Fluß ist. Wie im Kriege, hängt die Ueberwin- bung dieser furchtbaren Zeit nicht zuletzt davon ab, daß jeder auf seinem Posten äußerstes leistet und daß die Ge samtheit nicht ihre innere Widerstandskraft verliert. Wir wollen hoffen, daß die schweren materiellen Opfer, die allen Bevölkerungskreisen jetzt und in Zukunft auferlegt werben, und die seelischen Lasten, die uns auch das kommende Jahr aufbürden wird, vom ganzen deutschen Volke mit derselben Ruhe und Selbstzucht getragen werden. Nur wen» das dentsche Volk lernt» in der Armat z« leben» in der eS sich seit de« Verlust des Krieges befindet — die es bisher nur immer nicht erkenne« wollte —, wird es die innere Freiheit gewinn««, die erste Boranssetzung ist sür die Wiedererlangung der äußeren Freiheft. ZIk slrilW Pulle Sn ötWlte- MMuM * Berlin. Ueber die strittigen Punkte in den Still- Halteverhandlungen berichtet das „B. T." daß die bentsch« Delegation gestern de« Mitglieder« der Stillhaltekonserenz ein ausführliches Memorand«« über d«« deutsche» Stand punkt z« den schwebende« Frage« übergebe« habe. Es sei damit zu rechnen, daß eine Regelung Ende nächster Woche zustande komme. Die Ausländer verlangten für die ge plante einjährige Sttllhaltefrist ein« Ivprozenttge Abdeckung der in Anspruch genommenen Kredite und »war solle die erste Rate in Höhe von v v. H. am 1. Mär, fällig sein, während die zweite Rate September bis Oktober zu zahlen wäre. Deutschland stehe jedoch anf dem Standpunkt, daß eine Belast««» mit einer 10»roz«»tigen AbzahlnngLqnote angesichts -er Wirtschaftslage «nd -er zu erwartenden Ver ringerung der deutschen Ausfuhrüberschüsse nicht tragbar sei. Die deutsche» Delegiert«, hätte« »«her «ine Abzahlung von ö v. H. in Vorschlag gebracht. Schwierigkeiten machten auch die Transferierungsbestimmungen für diese Summe. Die Ausländer verlangten, daß bi« Reichsbank bi« Ver pflichtung übernehme, die im Rahme« des Sttllhalteabkom- mens benötigte« Devisen zur verfügnng zu stellen. Di« RetchSbank wehr« sich aber hartnäckig gegen dies« Forderung. Sie könne sich angesichts der unübersehbaren Entwicklung der deutschen Devtsenhtlan, mir verMchten, ihr V.öglfchstks Dresden. In der Gesamtfltzung der Jndustrte- und Handelskammer am 7. Januar ivöS erstattet« der Präsident den Jahresbericht. Darin heißt «S «. a.: D«r wirtschaftlich« Niedergang Deutschlauds Lebe i« vergangen«, Jahre die dramatische Form einer Katastrophe angenommen. Im vorjährige« Jahresbericht habe er die Trtbutlasten und di« Ausgaben wirtschaft in Deutschland als di« besonder«« Ursachen der deutschen Kris« bezeichnet. Jetzt sel «S schon z« spät» den Zusammenbruch ans,«halte«. 3« spät vor alle« hab« «an in, »«»land di« sür die ganz« Weltwirtschaft ruinöse« Fol. a«, der t« Ponngpla» »«gesehen«, Tributregrluna er kannt. Als die Reparation-schuld Deutschland» zunächst sür ein Jahr suspendiert wurde, konnte da» nicht mehr die er- bösst« Beruhigung in die gestörte Weltwirtschaft bringen. Im Gegenteil: Di« an sich dankenswerte Aktion des Prä- stbenten der Bereinigten Staaten wurde so ausschließlich al» Sturmzeichen gedeutet, baß «tn beispielloser Zusam menbruch der internationalen Bertrauensbeziehungen zwi schen Gläubigern und Schuldnern die Folge war. Diese Wirkung wurde noch verstärkt durch die StöruugSpolitik Frankreichs, die de« Hooverpla» eutgegeuarbritete. SS zeigte sich nur zu rasch, daß die Panik unter den Kapital gläubigern Deutschlands nicht mehr zu bannen und die Kündigung der gesamten in den letzten Jahren nach Deutsch land geflossene« Kredite nicht mehr auszuhalten war. Bor allem zeigte sich sofort wteder da» alte Bild, daß jeder Ver such Deutschlands, Hilfe oder Erleichterungen vom Aus lände zu erlangen, mit Forderungen Frankreichs auf poli tischem Gebiet beantwortet wurde. I« dieser Lage drang endlich in weit«« Kreise« de» bentsche« Volkes die Erkennt nis durch» daß wir niemals aktiv« Hilfe vom Ansland zu erwarte« habe«, besonders nicht, solange wir nicht unsere Kräfte bis znm äußersten «»spanne«, um «ns selbst z« helfe«, und daß insbesondere auch alle noch so schweren poli tischen Zugeständnisse nutzlose Opfer bedeuten, mit denen wir nicht einmal entsprechende Gegenleistungen erkaufen könnten. Aus diesem Gedanken heraus richtete die Kam mer am 21. Juli den dringenden Appell an die Reichsregie rung, auf keinen Fall von ausländischen Regierungen wirt schaftliche Hilfe gegen politische Zugeständnisse einzutau schen. Die Kammer erhob dies« Forderung tn der Erkennt nis, daß außenpolitische Nachgiebigkeit keine Entlastung Ser Wirtschaft bringen kann und -atz auf weite Sicht gesehen jedes politische Opfer — auch wenn es vorübergehend kleine wirtschaftliche Vorteile bringt — schließlich von der deutschen Volkswirtschaft mit Zins und Zinseszins bezahlt werben muß. Die Wirtschaft kan« nur in einem freien Staat ge deihe». Hierbei wirb »erkauut, daß alle Rotmaßuahme« öffentlicher Gewalten im besten Fall« «ur dazu diene» können» das Leben notdürftig in Gang zu halte«, daß man aber von keiner Maßnahme irgendeiuer Regierung erwar ten «nd verlange« kann» daß sie allein zu einer wirkliche« Wiederbelebung nuferer Wirtschaft führe. Im selben Maße wie er seinen wirtschaftlichen Erfolg durch politisch« Ein griffe bedroht sah, hat mancher Unternehmer nur zu sehr gelernt, Hilfe aus der Not nicht mehr von der eigenen Kraft, sondern von Regierungsmaßnahmen zu verlangen. Demgegenüber haben wir eS im letzten Halbjahr mehrfach unternommen, auf die Möglichkeit und Notwendigkeit der Selbsthilfe hinzuweisen, die in der Kraft und dem Willen der Wirtschaft liegen. Die Wege, die wir gehen» sind steil «nd steinig. Durch die Schrumpfung der deutschen Kapitalbasis, hat die seit 2 Jahre« vorhandene Depression in Industrie «ud Handel eine Verschärfung erfahren, deren Ausmaß durch die Zahl der Zusammenbrüche und Arbeitslosigkeit deutlich gekenn zeichnet wird. Die Kammer muß eine schlimmere Bilanz für das Jahr 1981 ziehen. Die Zahl -er von der Kammer bearbeiteten Bergleichsanträge, die gegenüber 1980 nur von 123 auf 188 gestiegen ist, kann insofern als symptomatisch gelten, weil bei einer viel größeren Zahl von Insolvenzen als früher gar nicht erst eine Erledigung durch Vergleich versucht, sondern sofort der Konkurs eröffnet wurde. Nach den Beobachtungen der Kammer ist aber auch die Zahl der Konkursanträge, bei denen die vorhandene Masse nicht ein mal mehr zur Durchführung des Konkursverfahrens aus reichte, erheblich gestiegen. Die Erwerbslofeuzifferu zeige«, daß in unserem Bezirk die wirtschaftliche Not einen besonders hohe« Grad erreicht hat. Die Zahl der Wohlfahrtserwerbslosen ist in unserem Bezirk höher gestiegen als im übrigen Sachsen: namentlich die Belastung der Mittelstädte des Bezirks, allen voran Freital und Pirna, hat einen erschreckenden Stand erreicht. Die Arbeitsuchenden bezifferten sich Ende Dezember im Be zirk des Arbeitsamtes Dresden auf 108 Ovo gegenüber 83 000 zur gleichen Zeit des Vorjahres. Das Bild unserer Wirt schaftslage wird aber überhaupt nicht ausreichend durch den Stand der Arbeitslosigkeit gekennzeichnet. Unsere Situa« ttou wird bestimmt durch die furchtbare Armut au Geld kapital. Schon vor Jahren hat mein Vorgänger zu einer Zeit, als überall über mangelnde Kreditgewährung geklagt wurde, darauf hingewiesen, daß nicht «reditmangel, so«, -er« Kapitalmangel in der dentfche« Wirtschaft herrscht. In der Geschichte des dentsche« Bankwesens bedeutet das verflossene Jahr in vieler Hinsicht einen Wendepunkt. Bon einer staatlichen Bevormundung der Banken verspricht sich die Kammer nichts. In der Entwicklung des Bank- wesenS unseres Bezirkes ist al» bedeutsamer Ereignis allerdings der Zusammenschluß der Allgemeinen Deutschen Crebitanstalt mit der Sächsischen Staatsbank zu buchen. ES ist kein Wunder, daß angesichts des furchtbaren Kapital mangel» allerhand Pläne in Deutschland auftauchen, um auf künstlichem Wege den Goldvorrat zu vermehren, besonders als England und die nordischen Staaten den Goldstandard verlieben. Die Sammer hat sich demgegenüber mit aller Entschiedenheit dafür eingesetzt, daß an der dentfche» «Sh- rung ««ter keine« Umstände« gerüttelt werde« dürfe. Die sächsischen Industrie- und Handelskammer» haben sich noch im November gegen jede zwangsweise Beeinflus- tuns der Zinshöhe ausgesprochen, weil ein künstlicher Zins- satz die Verhältnisse letzten Endes nicht bessern, sondern nur noch mehr verwirren muß, wenn ander» man nicht zu einer vollständigen Planwirtschaft unter Auflöfung des kapitalisti schen Wirtschaftssystems schreiten will. Die Reichsregie» 8llMW Mlkk WWWW. Glück ««» End« d«S «rtegSmtntfte,» ««gftmt. d. Da» offiziell« Frankreich steht trauernd an der Bahre de» «riegSmtnifterS Andri Maginot. Wer hätte et« solche» Ende de» baumstarken, erst öSjährtgen Manne» prophezeien können? Maginot, da» unbestrittene Haupt der französischen Kriegspartei, ist nicht mehr. Die rechte Hand Poincars» ging dahin, von niemand mehr betrauert al» dem großen Meister. Seit 1V2V zeichnet AndrS Maginot verantwortlich für die RüftungSpoltttk Frankreich». Seitdem hörten di« Versuche nicht mehr auf, «in, Verständigung zwischen Frankreich «nd Deutschland zu Hintertreiben. Da» letztemal machte Maginot von sich reden, al» er jene» unglücklich« Ab rüstungsmemorandum an da» Genfer BölkerbundSsekre- tariat schickt«, da« Frankreich» AbrüstungSberettschaft in einem höchst merkwürdigen Lichte zeigte. Keine Gelegenheit ließ Maginot vorübergehen, ohne daß er nicht Frankreichs Sicherheitsverlangen mit den schroffsten Worten betont hätte. Maginot war hauptsächlicher Vertreter t«n«r franzö sischen NachkriegSmentalttät, die Deutschland di« Schuld für die Verelendung der Länder und Völker ausbürdete. Seinen höchsten Triumph erlebte Maginot unmittelbar nach dem Weltkrieg und zur Zeit der Ruhrbesetzung. Frankreichs Gewaltpolitik im deutschen Westen hat in Maginot den vssensten und wärmsten Befürworter gesunden, Da er sich der Freundschaft Poincarss rühmen konnte, genoß Maginot tn der französischen Oeffentlichkeit ein hohe» Ansehen. In jungen Jahren — 1910 — ließ sich Andrö Maginot tn di« »Kammer wählen. Den raschen Aufstieg verdankt er nicht zuletzt der Gunst seine» älteren Freunde» Poincars. Als der Krieg ausbrach, saß Maginot als Unterstaats sekretär im Kriegsmtnisterium. Obwohl seine Freunde ihn davon abzubrtngen suchten, meldete sich Maginot als Kriegs freiwilliger. AIS gemeiner Soldat zog er ins Fel- un zeichnete sich vor Verdun so aus, daß er zum Unteroffizier befördert wurde. Mit einer schweren Verwundung kehrte er schließlich nach Paris zurück, um sich die letzten KriegS- lahre ausschließlich parlamentarischen Geschäften zu widmen. Der Unteroffizier Maginot zog bald al» Herr in» Krieg»- Ministerium ein. Er tat sich immer darauf etwas zugute, daß er den Feldzug al» gemeiner Soldat mitgemacht und die Schrecken de» Krieges am eigenen Leibe kennengelernt hatte. Jedermann gönnte diesem Frontsoldaten da» Kreuz der Ehrenlegion, da» ihm PotncarS ISIS selbst an di« Brust Als Locarno die Aera -er Verständigung »wischen Deutschland und Frankreich «inleitete, hielt Maginot sich im Hintergrund. Er glaubte fest daran, daß seine Zett noch kommen würde. Während der Abrüstungskonferenz hofft« er, den französischen Standpunkt mit aller Deutlichkeit zu vertreten. Für diese Genfer Konferenz hatte er bereits umfangreiche Vorarbeiten abgeschlossen, al» die Krankheit ihn aufs Totenbett warf. Da» auf sein« Rüstungen stolze Frankreich trauert um einen seiner besten Männer. Fast als ein warnendes Vorzeichen möchte man «S deuten, baß am Vorabend einer großen historischen Konferenz der intransigente Maginot von der Schaubühne der Weltpolitik abtreten mußte. Ile KOMM WWW Les ImWeil MM. * Paris. Trotz amtlicher Zurückhaltung und halb amtlicher Dementis ist man in parlamentarischen Kreisen fest davon überzeugt, daß Ministerpräsident Laval die dnrch de« Tod Maginots eiugetretene Lage z« einer Umbildung seines Kabinetts anf dem Wege des Gesamtrücktritts be- nntze« will. Diese Auffassung wirb dadurch verstärkt, baß Laval selbst in einer Privatunterredung von einer in der nächsten Woche bevorstehende« „Ueberraschung" gesprochen haben soll. Wenn Briand tatsächlich aus gesundheitlichen und politischen Gründen zurücktreten wollte, beziehungS- weise von seinen Gegnern innerhalb des Kabinetts ausge» schisst wird, so ist seine Ersetz««« durch den Rationalisten «ud frühere« Sozialisten «nd „Abrttstnngsfachmaun" Paul Bonconr durchaus möglich. Er wäre sowohl der Kammer linken wie der Senatsdemokratie, der er jetzt angehört, ge nehm und böte der Rechten andererseits weitgehend« Sicherheiten in bezug auf die Verfechtung des französischen Standpunktes in Lausanne und Genf. Daß Paul Boncour den Außenministerposten seit Jahren anstrebt und haupt sächlich aus diesem Grunde in das parteipolitisch gemäßigte, dafür aber höchst patriotische Senatslager übergegangen ist, unterliegt gar keinem Zweifel. Ebenso hat sich auch der für de« Sriegsmiuisterposte« genannte PainlevS der Rechten durch seine begeistert aufgenommene Rebe auf der Pariser Abrüstungskundgebung wärmstens empfohlen. Der Mini sterpräsident wäre also in der angenehme« Lage, zwei Flie gen mit einer Klappe zu schlagen. Das heißt, sein Kabinett nach links zu ergänzen und gleichzeitig für die bevorstehen den Konferenzen „zuverlässige Kräfte" zu gewinnen. An dererseits ist es jedoch auch sehr gut möglich, daß Laval die feit Monaten ausgeübte Leitung der Außenpolitik nicht an der Hand gibt, sondern lieber bas Innenministerium dem starken Mann Tardieu überläßt. Für die Besetzung üeS Kriegsministeriums scheinen Hainlevs, der Präsident des Heeresausschusses der Kammer Fabry und schließlich eben falls Paul Boncour die meiste« Aussichten zu haben.
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