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Mil einem geübten Boxhst» Pis» etne nervig« Hand den Tnuckenbold znrück. Birgit fiel kraftlos i» die Anne ei«» hochgewachsenen «am«», tvährend sich »er Betrautem murrend mch mit geducktem Kopf eutferust. Da» Ach» de, GaSlater« siel a»f, Birgit» zarte», fchueewetßo» «eficht, da» nckt"gefchloss««en Auge« an der bretstuBruflMr» A«Ttze», dtttMe»Prlz. krage, ihre» MauielS schimmer« da» Helle Oval ihrer schmale» Züge» tu rührende, Kindlichkeit. Unter de« Heim», schwarzen Hütchen drSngst sich da» «eiche, stlber- »land« Haar Herda» «ad umwob da» »art« Antlitz mit ot»em Sstahstüschei». Die hart« Züge »e» Manne» wurde» »eich beim An- »Na diese» «nbekomtteu Madonnengefichtcheu». »er »»achte diese rührende Mädchengestalt sei», di« mu diese Zeit i» »em armselige» Viertel aufgestmcht war? Welch glücklicher Zufall, datz tr, «m feine» «eg abznkürze», durch diese Gegen» gekomnst». Er bepgst sich noch einmal prü fend ü»er da» blaffe Mädchen, da» sich setzt laugst»« aus. richtete und verwirrt »der die Luge» strich Er half ihr vollends aus und, urit ehrerbietiger Per- »euguug eine» Schritt zurücktrestnd, sag« er nun: »Ich Hoss«, mein Kräulei», da» dieser Schrecke» nun überwunden ist. Gestatten Sie mir aber, »ah ich Sie bis »» Ihrem Ziel begleite, den» ich könnte e» nicht verant wort«». Sie »och einmal unbeschützl einer ähnliche», fata le» Situation ausgesetzt zu wissen." Virgil, in deren Wangen bei de» »orten de» Fremde» langsam di« Farbe Wiederkehr«, sah ihren Beschützer dankbar a»: .Sie si»d sehr liebenswürdig", erwiderte sie einfach. ^Jch glaube, ich bin schon am Ziel. Die» »der da» nächste Hau»" — sie sah an »en schlecht beleuchte«» Rümmer» empor — .auch e» sei«. Ich suche hier ei« arme Familie, bei der e» gllt, Rot,» ltnoern." Sie ging schnell ei» paar Schritt« weiter, machte halt «nd wand« sich zu »e« Unbekannten. -Hier ist es schon. Darf ich Ihnen mm für Ihre ritter liche Hilfe danke»? »er weih, wie e» mir ohne Ihr Da- zwischemrete," — st« schauer« noch einmal zusammen in »er Erinnerung an die eben durchlebte, häßliche Szene — Mir einer scheue, und doch anmutige» Gebärd« reicht» sst ihm die Hau», von der st« den gram» Wildleder hand- schuh gezogen hat« Er beug« stch über diese klein« Han», von der ein Dust zu ihm emporströmt«, wie von frische» Veilchen, wem, die erste Arühlmgsson« sie zu« Lebe« erweck» hm. ,Ea war mir «ine Ehr«, Ihueu eine» Dienst «weise« -n »ürfen, «ei» gnädige» Fräulein. Ich Hoss«, daß Sie mm ungestihrde» heimtommeu werden." Roch einmal verbeug« er sich, dann schritt er schnell und elastisch in die Dunkelheit der Sellergasse hinein. Mir hochklopsende« Herze» schritt Birgit Sibeliu» dir knarrende», schiefen Treppenstufen hinaus, di« zu der Lrm lichen Dachwohnung der Familie Schltecker führtet». Einen Augenblick hielt sie auf dem Treppenabsatz inne. Roch einmal dachte ste an die schrecklichen Minuten zurück, dir ste soeben durchlebt und ans denen ste durch das Da- zwischen»««!» de» sympathischen Unbekannte« errettet worden war. Diese sremde Stimme in ihrer dunklen Ruhe — hatte ste rkicht etwas gehabt vom Slang der Stimme de» geliebten Vaters? Und diese ruhigen, be herrschten Augen, wie tief m»d warm waren ste in ihre Seele gedrungen! Hätte ste einen Bruder besessen, ste hätte stch ihn so ge wünscht, wie diese» Fremde«. Ste dachte noch einmal an den Augenblick zurück, da st« geborgen an seiner Brust geruht, geborgen und beschützt wie et» Bogel, der vom Sturm verschlagen wurde. Und dennoch, wie ander» war es — und Im gleichen Augenblick schoß eine Glntwell« durch ihren Körper —, als ist am Mittaa auf de» heimlichen Sptuiergaüg an der «chwedenschanze am Herzen Hans. Egons geruht, alS seine leidenschaftliche» Süsse ihr Gessths Überflutet hatten l Lärmende Kißderstdttme» ritzet? ste au» Ihren Träu mereien u»d «rtnuerteu ste au ihre Pflicht. Ste klopfte a» «die Tür mtt den» eingedrückten, verbeulten Ramenschild, auf de» da» Wort .Schlstcstr" kaum noch zu lesen war, so sehr Hatten Kinderhände Hara» gearbeitet. Und schon Miere "stch ble Tür. " Ein paar Flachsköpfe, ärmlich, aber sauber gekleidet schauten neugierig heraus, um dann, al» ste Birgit er kannten, mit einem Aubelruf auf ste zuzuftürzen. Wie kleine Pferdchen schnupperten ste an der Handtasche Bir gits, und kleine Fingercherr versuchte», de» Verschluß zu öffnen. Birgst wehrst lachend diesen stürmischen Angriff ab. .Ihr Rangen! Wollt ihr wohl warte« und still seins Ihr wißt, Mutter soll keinen Lärm höre»! »er sich setz? ganz artig »ort auf die Küchendank hinsetzt und ganz ruhig ist, der .. " Sie hatte noch nicht ansgeredet, als alle drei auf die Bank zuftürmten, während das Jüngste, das auf seinen kurze», dicke« Beinen noch nicht so schnell vorwärts konnte, jammernd hinterher wackelte. Birgit «ahm das kleine, schreiende Etwas zärtlich auf de» Arm und fetzte e» vor sichtig auf die Pank. «Paßt mir gut auf den kleinen »alter auf, damit ev keine» Purzelbaum macht!" ermahnte ste. Darauf öffnest ste ihre Tasche und entnahm ihr ei» paar bunte Pfefferkuchen und rotbäckige Aepfel. Mit einem Freudengeschrei griffen Hst kleine» Hände »ach de» kost bare» Leckerbissen. .Habe ich euch »m» endlich die Mäulchen gestopft?" fragte Birgst lachend «ad mst dem Finger drohend. Dan» ging ste aus den Zehenspitz«» ins Nebenzimmer, wo in einem Lehnsessel, noch bleich und verfalle», die Witwe Schlieckeu säst Ei» Freudenschimmer überzog ihr verhärmte» Ants litz, als ste Birgitt erblickst. «Run, Frau Schltecker, wie geht «S uns heust?" .Wenn ich Sie sehe, geht «S mst gleich bester, «ei» gute», gnädiges Fräulein Sibelt»-. Dst Medizin deA Doktors, de« Sie mir geschickt habe», hat schon ein wenigs geholfen. Der Husten läßt nach, und ich bin schon ei äs wenig besser auf den Füßen. Rur wie ich heute früh ver sucht habe, -« waschen, da wollst es »och gar »ich? gehen." .Aber liebe Fra« Schltecker, ich habe Ihnen doch ver boten, stch so anzustrengen. Unsere Trina sollst doch morgen zum Helfen kommen. Mr hatten zu Hause schor» alles danach eingerichtet." Frau Schltecker strich stch verleg« über ihre geflickt' Schürze. .Verzeihen das gnädige Fräulein; aber wird so ein feines Herrschastsmädchen, wie Ihre Trina, nicht dst Rase rümpfen über unsere Armeleutewäsche? Ich bin auch ein mal in einem feinen Hause in Stellung gewesen, und ich Weitz, da ist man ander« Wäsche gewöhnt wie die von meinen kleinen Rangen. Früher war es bei uns auch anders, Fräulein Sibe lius, als die Zeiten besser waren und ich noch nicht krantz und als mein guter Malto" — hier zuckte es Weh um ihre» verhärmten Mund — .noch seinen Verdienst heimbrachte. Er vertrank keinen Groschen, das wissen alle Schiffsherren hier in der Stadt. Damals konnte man stch immer noch etwas anschaffen. Aber damit ist es nun vorbei. Man kann soviel flicken, wie man will, einmal hat man doch nur Lumpen in den Händen." Birgit legte mitleidig ihre Nein« Hand auf dst ver arbeitest Rechte der braven Frau. .Auch das wird sich alles wieder bessern, liebe Frau Schltecker. Vor allem müssen Sie erst wieder auf die Beine kommen, das Uebrige wird sich finden, dafür lassen Sie meinen Vater nur sorgen. Wie schmeckt denn da» Esse» au» der Küche vom Frauenverein?" Aua» Schltecker UdchelstHankbar. «L SN LLL'LZS'SLL .Sie sollten nur einmal sehen, wie sich meine Aettre.Se- tsellschaft drausstürzt. Ste kratzen inst bettiah -üi Boden au» den Töpfen." „ . .Nun!", sagte Birgit heiter, «dann werden wir noch eine Portion zulegen müssen, denn mst scheint — mir scheint", ste drohte der blaffe« Frau mit dem Finger, »daß hier die Mutter über den Kinder« zu kur- kommt; und doch ist Ihre Kräftigung jetzt die Hauptsache. Die groben Mädchen find ja nun glücklich unttrgebracht, und ich höre zu meiner Freude, daß sie recht anstellig und fleitzig find, vielleicht kann später einmal die eine oder die andere zu uns ins Haus kommen." .Sie find ein Engel", flüsterte die Frau, und sah mtt ehrfurchtsvollen Blicken zu dem jungen Mädchen auf. .Jeden Abend bett ich für Sie und Ihr Glück." In BirgitS seelenvolstu Augen blühst «kn versonnenes Lächeln aus. Sie dachte daran, daß zur gleichen Stunde Hans Egon stch rüstete zu dem Le- in da» alte Haus der Sibelius' und zu dem Vater. Vielleicht würde da» Gebet der einfachen Frau stch verbinden mit ihrem eigenen Flehen, daß Gott ihre Liebe krönen möge mit dem Segen des geliebten Vaters. . . AlS ste Nach herzlichen Abschiedsworten das Haus ver ließ und rasch um die Ecke bog, um in eine belebst Straße zu gelangen, in der keine Gefahr lauerst, löste sich aus dem Schatten de- gegenüberliegenden Hause» eine hohe Männergestalt und folgte der rasch Dahinschreitenden, immer wieder sorgsam umherspähend, ob auch keine ver dächtige Erscheinung noch einmal den Weg des fremden Mädchens bedrohen könnte. Erst al» Birgit Sibelius in die hellerleuchtest Lange straße kam, gab der Unbekannte es auf, ihr zu folgen. Nun war er beruhigt. Die Glocke der alten Marienkirche sandle sech» dunkle Schlag, über di« winterliche Stadt, als Birgit die Granit- stufen zu de« väterlichen Haus« emporeUte. Durch den unangenehme« Zwischenfall mit dem Be- trunkenen hatte ste stch verspätet. So hatte stch auch ihre Hoffnung, Hans Egon noch eine» Augenblick zu sehen, ehe er stch beim Vater anmelde» ließ, nicht erfüllt, denn schon beim Heretnkommen erkannte ste an der Kleiderablage den dunklen, weichen, englischen Mantel, den HanS Egon am Nachmittag getragen hatte. Während ste ihre« Pelz ablegst, den Trina ihr abnahm, strich Birgtt mtt einer heimlich zarten Bewegung unmerk- bar über den leicht nach Juchte« duftende» Herrenmantel. .Du!" flüsterten ihre Lippe» lautlos. Unwillkürlich näherte ste sich der Tür, dst das Herrenzimmer de» Baiers von den übrigen Räume» abtrennte. Mit klopfendem Herzen hätte ste die hellere Stimme HanS EgonS und die dunklere des Vater», in einem scheinbar ernsten Gespräch. .Mein Gott!" sagte ste vor stch hin und preßte die ge falteten Hände auf das wlld schlagende Herz, »gib, daß sich alle- zum Besten wendet." Ste wandte stch rückwärts zur Treppe und ging lang sam, immer wieder auf den Stufen wie lauschend ver harrend, hinauf in ihr Helles Mädchenzimmer. Konsul Jürgen Sibelius und Graf HanS Egon von Rauenstein saßen stch in dem schweren, gediegenen Herrenzimmer gegenüber. Der Konsul faßte HanS Egon noch einmal scharf ins Auge. .Ich kann Ihnen den Borwurf nicht ersparen, Graf Rauenstetn, daß die Art Ihrer Werbung Birgit gegenüber einem kleinen Ueberfall gleicht. Es mußte Ihnen bekannt fein, datz meine Tochter aus einem Hause stammt, in dem die alten Traditionen und Formen in allen Dingen deS Lebens unverbrüchlich gewahrt werden. So hätte Ihre Werbung erst bei mir vorgebracht werden müssen» ehe Sie stch dem unerfahrenen, jungen Mädchen näherten." D?r schöne, junge Mensch senkst wie schuldbewußt dst Auge», feine StiMms nahm eftst» warmen, zitternden «läng an. »Sst habe» nur zu recht, »Ach z» tadel», verehrstr Herr Konsul. Aber Sie vergessest dst Leidenschaft ttne» stür mischen Herzen», da» nicht »ach Louventto» und gesell- schaftlichen Forme« fragt, wenn et um da» LebenSglück geht." Der Konsul sah de» Sprechende» er»ß an. «Diese Leidenschaft eine» stürmischen Herzentz, wie Sie eS nennen, Herr Graf, »ochst vielleicht angebracht sei» bei gewisse« andere» Damen: Um so petultcher HLte» Sst einer Birgit Sibelius gegenüber Form und Rücksicht beob achte» müssen. Jh, Vorleben und Ihr Ruf, Gräf Rauen stein, geben mst, offen gestanden, »ich» dst Gewähr für da» Lebeu»glück meiner einzigen Tochter. Wären Sst erst zu mir gekommen patt zu Birgit, ich hätte Ihre Werbung — ich muß e» Ihne» leider offen sagen — -urückgewiefen. »st dst Dinge allerdings jetzt liege», muß BirgitS Entscheidung auch in» Gewicht falle». Sie haben also zu Ihre» Gunsten eine gewisse Zwang». - läge geschaffen, Herr Graf." Han« Ego» unterdrückst mühsam ein triumphierende» Lächeln. Also war sein Krieg-plan doch der richtige ge wesen. , . ' Laut aber.sagte e, und blickst dabei dem Konsul frti^ mittig in die ernst blickende» Auge«: »Ich will «ich nicht besser machen, wie ich bin, Herr Konsul. Ich habe das heiße Blut der Raueustein, da» mich vielleicht ei» wenig stürmisch hin- und hergetrstbeu Hai; aber nun, da ich in Fräulein Birgst dst Fra« gefunden habe, dst ich unbewußt in allen anderen gesucht, nun werd« ich auch beweise», daß ich niO nur da» heiße Blut de» RauenstetnS, sondern auch ihre Treu« geerbt habe. Dst Verbindung, auf dst Sie vorhin angefpielt haben, ist ge löst. Di« betreffende Dame wird in den nächste« Lage» die Stadt verlassen." DaS Gesicht de» Konsul» wurde um einen Schein freundlicher. «Das zu hören, ist mir lieb. Und nun, Herr Graf, lasse« Sst mir Zett bi» morgen. Ah werde heute noch mst Meiner Tochter sprechen." Er erhob sich, so das Zeiche« zum Aufbruch gebend. Hans Egon verbeugst sich tief und ging mtt elastische» Schritten lautlos über die weichen Perserteppiche, in denen sei« Fuß versank, zur Tür. Der Konsul schritt, in schwere Gedanken versunken, i» seinem Zimmer aus und ab. Der Anttag des Grafen Ranenstein war ihm nicht so überraschend gekommen, «st er sich soeben den Anschein gegeben hatte. ES war ihm ein stichst« gewesen, durch gute Bekannte von BirgitS Inter esse für den junge» Grafen zu erfahren und seine Schlüsse daraus zu ziehe«. Er hätte gewünscht, und er hatte eS auch fett jenem Ball im Hause der alten Exzellenz von Wildburghausen erwartet, daß Birgtt zu ihm sprechen würde. Daß ste ihm jmehr offenbaren würde, als sie eS getan hatte. ES mochte wohl viel mädchenhafte Scham ste gehemmt haben, den« nur scheu und stockend hatte ste es vermocht, den Besuch des Grafen bei dem Vater anzukündigen. Wieder einmal empfand er eS mit schmerzlicher Gewiß heit, wie unersetzlich eine Mutter im Leben eines jungen Mädchens war, und noch dazu einer solchen Mutter, wie Birgit ste besessen hatte. Er trat vor daS große Oelbild über seinem Schreib- ,tisch, das die engelhaft schöne Erscheinung seiner Satti«, der Rose Sibeliu», zeigst. Mit umflorte« Auge« ver senkst er stch i» die reinen Züge der ihm allzufrüh Ent rissenen. „Wie würdest du entscheiden, wen» du jetzt unter un» welltest, einzig geliebte Fran?" fragst er stumm das Bild. Dst grauen, Men Augen in dem beseelten Frauen antlitz sahen zu dem Einsame« hernieder, al» lebst» sie und llts «ollst» sst auf seine Summ« Frag« antworte«.