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Gerichtssaal. Ueble Folge» einer «iichtliche« Tanzsaalbekauntschast. Gemildertes Urteil. Lin« reichlich dnnkl« Angelegenheit be- schästigt« die fünfte große Fertenstraskammer des Land- aerichtS Dresden. Der Sachverhalt war folgender: Eine auf der Katserstraße wohnhafte Schlossersfrau Knötzfch hatte am SO. Dezember vergangenen Jahres während des Besuches eines Neustädte» TanzlokalS die Bekanntschaft eines jün geren Mannes gemacht, der mit ihr tanzte und auch sonst für sie bezahlte. Um Mitternacht wurden noch zwei ander« Lokale ausgesucht und bann «ine Kleingärtenkolont« durch» schritten. Unterwegs kam der »avalier mit gewissen An. trägen, die seine Begleiterin abwics. Darüber in Erregung geraten, versetzte er ihr «inen Faustschlag ins Gesicht. Frau »nötzsch kam zum Sturz. Während dieser Augenblicke soll ber Versuch unternommen worden sein, ihr die Handtasche zu entreißen. Lange Zeit war nach diesem nächtlichen Vor kommnis verstrichen. Am 24. Februar dieses Jahres trasen sich betde zufällig ans einem anderen Dresdner Tanzsaale. Der einst so freigebig« Kavalier wurde sestgenommen. Es handelte sich nm einen E4 zu Chemnitz geborenen, in Dres. den-Friedrichstadt wohnhaften Schmied Snrt Walter Siegert, der bereits ähnliche Geschichten gemacht hatte, indem er Tanzbekanntschastcn nach den Dresdner Zwingeranlagen oder auf andere Plätze gelockt und dort der in den Hand taschen verwahrten Barbeträge beraubte. Der wiederholt vorbestrafte Schmied hatte wegen der zuletzt erwähnten Handlnngen, die sich teils als Straßenraub oder als Dieb ¬ stahl im Rücksalle barstellten t« ber Sitzung 5eS Gemein, samen Schöffengerichts Dresden vom 17. Juni 1V2S ein Jahr zwei Monat« Gesangni» auserlegt erhalte». Set», U»- schulbSbeteuerungen im jetzigen Fall« Knvtzsch sanden daher keinerlei Glauben. Am «. Avril stand er deshalb «ieberm» wegen versuchten Raubes vor dem Gemeinsamen Schössen- gertcht, da» ihn zu eine« Jahre sechs Monate» Gefängnis verurteil " ' . - - .. StraWan zwar -a«! de» Einrpipkungen reichlichen AlkoholgenusfeS gehandelt iünft« «rotz« ^stark unter haben mag. lK—a.) BerkehrSnnsälle »or Gericht. - «tue »enmgltickte «ächt, liche Probesahrt. Am IS. April gegen 4 Uhr morgen» er- eignete sich ans der Grotzenhatner, Ecke Fritz-Reuter-Gtraße, «in Uysals, bei dem ein« ganze Anzahl Personen in Lebens gefahr Mvebten. Dort wurden an den Schienen der elek trischen Straßenbahn Gchweißarbeiten ausgeführt. Zu ge nannter Morgenstunde kam ein Lieferkrastwagen in rasen der Geschwindigkeit landwärts gefahren. Der Führer des selben, dtr IM» zu Zittau geborene und in Dresden-Löbtau wohnhafte Fahrm«ister eine» Transportunternehmens Paul Erich Posselt hatte offenbar jene mitten aus der Straße ge legene nüd auch entsprechend geslcherte Baustelle viel zu spät beachtet oder ein zu schnelles Tempo angeschlagen. Sein Fahrzeug rannte einen Gperrbock um, stieß mit voller Wucht gegen einen Montagewage« der Straßenbahn, besten Perron glatt abgerissen wurde, prallte zurück und streifte «in in der Nähe befindliches Zelt, in dem die Schweißarbeiten ausge- führt wurden und kam bann nach etwa vierzig Metern zum Stillstand. Ein i« Zelt beschäftigter Arbeite» wugde ver- letzt, er war Neben Wochen erwerbsunfähig krank. Der «Mw-Lest Latt^eM^eMM^WH^ge«^ den. Posselt und vier ^vettere Insasse»; seines Krastwagens uÄor- »r dem .afstg«r «otper«rlevung und Uebertretuna ber Kraftverkehr». Bestimmung« verantworte«. Der Angeklagte gab an, ber Lieferwagen sei von ihm erst repariert worbe», was bis Mitternacht bauerte. Er sollte am andere« Tage wieder nach Berlin zurücklausen und daher am Boxborfer Berg noch auSprobtert werden. Weil ü Hunger verspürte, hab« er zuerst ein« Löbtauer Wirtschaft aufaesycht, sei dort mit Bekannten ztisammengetrosstz« «n» mit ihnen erst nach einem Tanzlokal gefahren, von wo aus um » Mr «wrgen» bi« notwendige Probefahrt unternommen worden ist. Posselt bestritt betrunken gewesen zu sein. Er habe nur 28 Gla» vier und eine Taste Kaffee genossen, eS wäre auch keine Schwarzfahrt gewesen- Dem Anträge b«S Staatsanwalt«» entsprechend wurde der Angeklagte wegen fahrlässiger Küv» perverletzung und Uebertretuna der Krastverkehrsbesttm- mungen zu 1 Ro«at Gefängnis verurteilt. Strafschärfend kam ber hohe Grad ber Fahrlässigkeit in Betracht. lK— »uch die übrigen renoeis« mft kn i« Uutosq»W-W, jetzt ein rvtgestempelter, guter, alter Eintaujendmarkichem Nichts mehr gilt... nun ja .. cha müssen wir Men sogar an unseren festgewurzelten und teilweise angeborenen An- fichten irre werden." »Siehst du wohl," triumphierte Anita. „Du näherst dich endlich der richtigen Erkenntnis. Alles, was einst wertvoll war, ist heutzutage eine Bagatelle, über die mau gar nicht erst redet. Ein Nichts, an das kein vernünftiger Mensch tippt. Denke doch nur an die netten Wochen de» vorigen Jahres in Westerland. Saßest du schließlich nicht höchst persönlich dabei, als ich gleich allen anderen — mit den bekannten Herren nach dem Bade stundenlang, nicht besonders weit von ihnen entfernt — in der Sonne lag? — Fandest du die neuen Tänze nicht zum mindesten humorvoll? Warst du nicht über meinen Charleston mit dem langen Rennreiter geradezu entzückt. Ich habe mit eigenen Ohren gehört, wie Lu den Text nachsummtest: Ich tanze Charleston, Du tanzst Charleston, Er tanzt Charleston. Ein bissel blöd, uh gesteh es zu. Abo «ch abscheulich süß. Muschi . . . Und tragt deine gräilict Jugendfreundin — die Lüderitz — nicht ein Röckchen, da« i^re schiefgewackelten Ane zeigtBitte . . . habe ich in einem einzigen Punkt „Aber ein anständiges junges Mädchen darf darum doch müh nicht ihren Verlobten beliebig wechseln. Selbst einer Toilette gegenüber beweist die wirMche Dame, hat sie sie erst L«r Modistin abgenommen, einigen Konservatismus." „Armes Muschi, jetzt widerlegst du dich sogar selbst! Hast du dein lila Saintkleid — ausdrücklich angenommen und bezahlt — nachdem nicht ein halbes dutzendmal umändern lassen, eh« du es einmal trugst? Und erst dein neuer Pelz. Wieotele Nachmittage war Herminchen mit ihm unterwegs, viermal mindestens hast du den neuen Pullover umge- »echselt. Run, auch ich gedenke nur solange di« Kavaliere zu tauschen, bis ich mir etwas Pafiendes und auch zu Gesicht und Charakter Stehendes erwischt habe. Aber... aber ... du solltest jetzt schon lange ruhen. Dies hat der Geheimrat gleichfalls und mit Recht befohlen." Frau Adelheid Krumbholz sah sehr abgespannt aus. „Ja, ja, ich werde mich auch sofort niederleg«. Mir ist, seitdem ich hier bim eigentlich noch kein« Tag ganz wohl gewesen. Ein lähmendes Gefühl von Druck oder Schmerz «prüft mich." „Armes, kleines Muschi. .. müde bist du. Da» heutige, fimst herrliche Esten war nichts für dein Schnäbelchen. Komme ich in ungefähr drei Stunden wieder zurück, wirst du dich ganz munter geschlafen haben. Dann nehmen »vir auf der Terrasse unseren Mokka. Das wird fein, nicht?" „Du gehst also doch, trotz meiner Warnung?" „Du sollst sehe», Muschi, wie bald du mich deswegen tsloben wirst!" Sprach », knixte tief und gravitätisch, schulterte mit einem allerliebste«, kindlich übermütigen Lachen den Tennisschläger und entschwand. Als Ke durch den dusterfüüt« Tag, an den zahlreichen, herrlich blühenden Dorgarten der fetzt auch wieder äußerlich vor Säubertest blitzenden Villen und Pension-Häusern vorüber, dahinschritt, fiel die letzte Hemmung von ihr ab Solange hatte ein geheimer, ihr unerklärlicher Widerstand gegen die« Zusammentreffen mit ihrem neuesten Verehrer bestanden. .Jedoch der fest langem lebendige, leidenschaftliche Wunsch, sich sowohl für di« durch Kerst erfahrene Bernach- läffigung am jetzt für seinen Brief zu rächen, entfesselte sie Natürlich würde sie diesmal zurückhaltender sein al» sonst. In der Fern« meldete eine Uhr die vierte Nachmittag»- stunde. Ansta bsttr.also reichlich Zeit. Wenige Schrüte weiter lebte die Gräfin Lüderitz in einer Pension. Wenn sie schleunigst ein paar Blumen erstände und gelegentlich ihrer Ueberretchuna allerlei iwer den Fürsten in Erfahrung brachte, denn der Wappenring genügte ihr doch nicht ganz zur Befriedigung ihrer Wißbegier. Die Gräfin hatte sehr gut gespeist uno befand sich deshalb in ausgezeichneter Laune. Ähr« kräftig gebogene Nase erschnupperte förmlich den Zweck von Anita Krumbholz Besuch. „Ah, du hast dich also damit sozusagen „gesuno" aeschrteben Llnitachen," lächelte sie auf den Tennisschläger herab „Erzähle doch, wie diese sonst übertrieben exkluswe Durchlaucht übrigen» das Urbild kiHner, sieghaft« Männlichkeit — sicy ... «..„„.^»lasten hat." Die Schlaue erriet also alle». Da» war in diesem Falle umso bester, weil es jeden diplomatfichen Bertuschungsver- such überstüffia machte. Amt« KruoShoh bemüht« sich, lediglich ein möglichst kühles Gesicht zu mach«. Daneben reizte es sie, die Gräfin zu ärgern. , „Ach, Tonte Gräfin, ich glaube gar »richt, daß er wirklich ein Fü rst ist»" Empört fuhr di» hagere Gestatt in de« jugendlich geschnittenen Gewand aus pfirskhsarbener Seide auf. „Habe tch es nicht gesagt. Ich, die nur spricht, was sie verantworten kann!" „Ja, ab« woher wollen Sie es denn mtt allen Einzelheiten wissen, Tantchen?» Augenscheinlich wohnt der Fürst außer- halo Wiesbaden»-" „Allerdings verfchmW er das Hotel- und Penfion-getriebe Der Mann will seine Ruhe haben. In dieser Beziehung fit Wiesbaden eine Kleinstadt. Hätte er etwa im Nassauischen Hof Wohnuna genommen, wurde er auf Schritt und Tritt beobachtet, besonders, sobald durchgesickert wäre, daß er hier eine paffende Lebensgefährtin suchen will." „Und die» alle» hat er Ihnen anoertraut," wunderte sich Anita mtt einem leicht spöttischen Unterton bei äuhwuch durchaus ehrerbietiger Haltung." „Wieso »nir anvertraut? Wie meinst im das?" „Woher wüßten Eie denn sonst so prachtvoll über ihn Bescheid, Tante Gräfin?" „Ich habe vor einer Woche einen Spaziergang zu einer reizenden Billa in d« Nähe gemacht ... du kennst sie übrigens auch Sie fit dem Stil der allen, verträumt wirkenden Rothenburger Häuser nachgebildet. Die Besitzer sind auf Reisen und habend« dem Fürsten für den ganzen Sommer oermietet. Im Erdgeschoß sitzt ein aller, etwa» wunderlicher und zudem fast tauber Hauswart. Den habe ich mtt Tabak und Alkohol redselig zu machen verstanden. — Meine Fragen habe tch ihm freilich aufschreiben müssen. Las hindert ja aber an der Deutlichkeit seiner Antworten nicht». Der Fürst Llitzmart, berichtete er mir, sei zwar eia hoch nobler Herr, der mtt dem Geld nicht kirausex« .. . aber em menschenscheu«? und in vielen Dingen absonderlicher Kauz dazu... der zur Bedingung für seinen Einzug gemacht habe, daß sein Inkognito auf das Strengst« gewahrt bleib«. Das wurde nun freilich nur lehr unvollkommen erreicht. Gelegentlich« Besuche, so der de» Fürsten Letzingen und de» jüngeren Liope-Siegstetn — das Wappen am Auto --- die Post unter Vie» Fürsten richtiger Adresse wären längst ausge fallen. Al» Bedienung hat er nur einen sehr schweigsamen Diener, dem Durchlaucht offensichtlich als einzigen reftlo» vertraue." „Seltsam," lächelte Anita Krumbholz und gab den ungläubigen Zug, der ihr« vollen Lippen umspielte, nicht auf. „Dielleicht stimmt aber doch irgend etwa» nicht mtt seiner Echtheit^ Di« Gräfin bekam ihren roten Vergerfleck am Hal», den > weder Buder noch Crem« zu verdeck« vermochten. „Wenn man selbst aus alter, vornehmer Famcfte stammt, i-at man noch außerdem ein zuverläfiiges Auge für Rasse und Familie. Anita Krumbholz sah ein, daß sie die Gräfin gerade setzt nicht erzürnen durste. Sie küßte ihr deshalb- mtt schelmischer Unterwürfigkeit, abbittend, die willig überlastens Rechte. „Sie müssen halt immer wieder em bißchen Nachsicht mit ver Anita Krumbholz haben, Tante Gräfin," schmeichelte sie Die Gräfin zeigte sich Venn auch schnell wieder versöhnt. Sie könnte die gelegentlichen Zuwendungen und längeren Einladungen von selten der reichen Jugendfreundin zudem nicht «wehren, ohne sich unwillkommene Beschränkungen n ihrer Lebenshaltung aufzuerlegen. Auch litt sie, trotz der Edelraste ihrer Borfcchren, an einer krankhaften Neugier, oie zu befriedig« sm, jetzt Anita, sowett sie dar für ange messen hielt, beeist«. . „ , „Er hat mich nämlich zuerst verkannt, Ihr Fürst, gestand ne lachend. „Es war zum Totlachen. Sein toternste», chmales, rassiges Gesicht überflog ein deutlich sichtbarer Plitz, als er das erstemal — vor zwei Tagen — auf mich mll der Frage zutrat- „Gräfin Marinka, nicht wahr?" — Da mußte ich lachen, vb ich wollte oder nicht. Zu komisch! Ein anderer, weniger aristokratisch ausscbauender Herr hatte nämlich vor kaum fünf Minuten von mir wist« wollen, ob ich vielleicht d's Poldi aus Tutzig wär' " „Solch ein Prolet," entrüstete sich die Gräfin. „Ein Fürst war's gerade nicht. Immerhin ein angenehm genährt aussehender Gutsbesitzer aus der Nähe von München Nachher hat er höchst fidel mit »ms gelacht. „Da hab« sich wohl sämtliche Kurgäste, die Herumstand«, dabei beteiligt?" forschte die Gräfin spitz. „Das stimmt nicht, Tante Gräfin. Aber der Fürst hat so herzlich gelacht, wie tch ihm das bei seiner sonstigen Ernst haftigkeit nie zu getraut hatte. Und ordentlich lieb hat or dabei ausgesehen? „Und dann hast du wohl dein« uxch»« Nam« genannt," argwöhnte die Gräfin. „Ist »nir nicht eingefall«. Wie wäre ich dazu gekommen? Man ist doch nicht aus Körlinch« an der Persante. Hatte er sich mir vielleicht vorgeftellt? Was ging mich zuerst an, wie er hieß oder was er trieb? Nachher HStt' ich'» freilich gern gewußt." „Was «ar beim duwfichen geschehen?" „Eiaetttltch nicht». Wir hatten miteinander gqckmdert. So recht harmlos, wist« Eie. Richt aerade vom Wetter und der Brunnenparade, aber auch nicH von Doktor Bornokofs Derjiingungsmethode, di« übrigens schon wieder veraltet sein soll oder von Paneuropa, dem bei unserem Table d'haute üblichen Unterhaltungsstoff. Bon Berlin und was man da hast tut ttnd nrcP tt«, wenn man fesch und gesund ist und > das »Sitae Kleingeld hab" „Darüber hast du chn natürlich belehrt und er hat andäihttg o-er gelangwettt^ugehVrt. nicht währ?" „O nein! Der weiß bester Bescheid als ich! Ich habe ja noch nicht einmal M Reim« am der Avus mitgemacht. Schlietzlich, nur mtt Än «tdere» Thema aufzubringen und ihn näch etwa, z« hakten, Habei ich gefragt, ob er Tennis spiele. Alsdann ist die Parti« M präzis« fünf Uhr verab- redet. Nachher habe ich ttakürlich wissen «voll«: mit wem. In Berlin sagö Ma» da» vdcher." „Mtn, undM hat er dir «ine» Deckname» azigegzhen?" -vrtfetzuug folgt.