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Riesaer D Tageblatt und Avista^ Elbeblatt und Ameiaett. Postjcheckkvnlo: Dresden lLLe Giro lasse Riesa Nr. S2. und Anzeiger lElbeblatt und Anzeiger-. »rahtanschristr Lagebiatt Riesa. Das Riesaer Tageblatt enthält die amtliche« Bekanntmachuugea der SmtS-au-tmanuschast Grokeuhaiu. des Amtsgerichts, der AmtSauwaltschast beim Amtsgerichte «nd des Rates der Stadt Riesa, des Aivamawts Riesa und des HouvtzaNamts Melke« 262. Mittwoch, 11. November 1S25, obenvs. 78. Johrg. Da» Riesäer^ägebIätt^rsch«lU^«ttÜ^T»^^endI^^v^hr^ttl^ürnäyme"der Lonn^un^MtägeT^Brzuidpret-.'^gen^öraurzähiung^ür^mei^vcöna^^piär^THenmg durch B osi^de^ -urch Bolen. Für den Fall des Eintreten« von ProduktichiSoerteuerungen, Erhöhungen der Löhn« und Materialienprers« bebakten wir un« da« Recht der Preiserhöhung und Nachsorderung vor. A n;eigen ,llr di« Nummer de» Ausgabetage« sind bi« 9 Uhr vormittag« aufzugeben und im voraus zu bezahlen; eine Gewähr für da» Erscheinen an bestimmten Tagen und Plagen wird nicht übernommen. 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Die von einem Teil der öffentlichen Meinung mit einer gewissen Spannung erwartete Rede des englische» Aupeu» Ministers anläßlich des feierlichen Bankettes zu Ehren des ncugewählten Lorö-ManvrS von London ist gehalten worden. Ihr Inhalt und noch mehr die Forme», die diese Rede be gleitet haben, geben Anlab zu allseitiger Uebcrraschnng. In Deutschland hat man, wenigstens so weit man Wert daraus legt, über Formen und Beglcitworte hinweg in den Kern des politischen Problems vorzudringen, das nun seit Mona ten die Oesfentlichkeit beschäftigt, erwartet, daß Chamberlain die Gelegenheit zu einer Klärung der in letzter Zeit wiede rum recht undurchsichtig gewordenen Atmosphäre benutzen würbe. Ter englische Staatsmann hat sich wieder einmal lediglich darauf beschränkt, den sogenannten, fast schon zu Tode zitierten „Geist von Locarno" zn beschwüren. Ueber die greifbare nnd bleibende Materialisation dieses allmäh lich unheimlich zn werden beginnenden Geistes hat sia; Herr Chamberlain ausgeschwiegeu. Um das Empfinden einer natürlichen Enttäuschung über bas Ausbleiben posi tiver Antworten auf von dem deutschen Reichskanzler nnd dem deutschen Außenminister in der Form von Feststellun gen recht positiv gehaltenen Frage« im deutschen Volke ab zuschwächen, hat Chamberlain seine über allgemeine Be teuerungen im wesentlichen nicht<hinauSgehcnden Worte mit einer symbolischen Tat gekrönt. Er hat den zn seiner Lin ken sitzenden deutschen Gesandten aus dem feierlichen Pokale, dem „Liebcsbechcr", zugetruukcn und hat die anderen Völ ker anfgefordert, so schnell wie möglich das Gleiche zu tun. Also nun wird wohl bald ein allgemeines Brudcrschaftstrin- kcn beginnen. Der Deutsche stützt mit dem Franzmann au, der Franzose mit Avd el Krim, der Amerikaner mit Japan und so weiter. Ob bei diesem Trinken ans dcn^ Liebes bechern aller Völker, das ja nun wohl durch die Handlung des englischen Außenministers elvgeleitet worden ist- der 7,war physisch-änherlich, seelifchipolitisch aber durchaus nicht trinkfeste Deutsche die gerade jetzt notwendige Nüchternheit bewahren wird, die unserem Volke unter Ilmständcn wieder einmal einen ebenso greulichen KatzeiHammer ersparen kann, wie er seinerzeit nach dem begeisterten Hinabschlürfeu des Wilsonbccbers eingetreten ist, erscheint leider nach den bisherigen Ersahrungcn recht zweifelhaft. Die Weltlage ist in diesem Augenblick vom englischen Standpunkt aus leicht zu überschauen. Ueberall in dem weiten britischen Reiche gährt cs und brodelt cs, von Mossul bis nach Indien und dem fernsten Osten. Die Dominien zeigen eine ständig wachsende Reizung zur Selbständigkeit. Tie Vereinigten Staaten von Nordamerika beginnen wirt schaftlich und als militärische Beherrscher der Meere immer mehr an die Stelle Englands zu Lücken. Marinepolitische Kreise in England haben ihre Befürchtungen in dieser Hii>- sich kürzlich recht deutlich ausgesprochen. Ta kommt cs England vor allem daraus an, sich nun in Eüropa den Rücken frei zu machen und dort für einige Zeit wenigstens den Status auo zu befestigen, zumal auch Sowjetrußland immer unangenehmer zn werden beginnt. Frankreich wie derum seufzt unter unerträglicher finanzieller Atemnot. So hat England den Zeitpunkt für günstig gehalten, die Pa-j Britannica an Stelle der Pax Gallica in Europa aufzurich ten, b. h. das System Poincarö, die militärische Brutaliiäc, durch das System friedlicher Ausbeutung und Niederhaltung zu ersetzen, wie es das große Kvlonialvolk seit Jahrhunder ten rings in der Well erfolgreich durchführt. Die Freude Chamberlains und sein in Guildhall sichtbar zur Schau ge tragener Stolz sind also berechtigt. Nun kommt es darauf an, zum erhofften Zeitpunkt die notwendigen deutschen Un terschriften zu erhalten, ohne irgendwie dokumentarisch oder in öffentlicher Erklärung den Preis für den Gewinn zu be zahlen. Die Geste des Edelmutes und des moraliWen Wortes ist seit jeher die Waffe Englands gewesen. Fon tanes Wort besteht zu recht: Wenn der Engländer Christus sagt, meint er Kattun. Wie kommt es aber, daß im gleichen Zeitpunkte, der den Trunk aus dem Liebesbecher heräuf- beschworen hat, die Entente unS in Men neuen Entwaff- nnngssorderungen einen Becher gereicht hat, der so bitter zn sein scheint, daß die Reichsregieruyg vorläufig es noch unterlassen hat, ihn mit seinem Jnhalte'dem deutschen Volke zu kredenzen? Wie steht es mit der Verringerung der Be satzungstruppen, mit der Beseitigung der Kölner Schande, mit der Erleichterung des Saarreviers, mir der Beschleu nigung der Räumungstcrmine in den anderen Zonen? Wie steht es mit der Schaffung menschenwürdiger Lebensbedin gungen für unsere Volksgenossen unter fremder Herrschaft? Tas sind Fragen, Sie aufs engsle-mit dem heiligen Geiste von Locarno zusammenhängen und deren Beantwortung uns Herr Chamberlain schuldig geblieben ist. Wir haben in der Nachkriegstzeschichte bisher sehr schlechte Erfahrungen mit dem Vertrauen aufWngland gemacht, ob wohl wir uns immer wieder ehrlich ^bemüht haben, eine Verständigung zu schaffen. Jedesmal, auch wenn uns unter der Hand weitgehende Ermnntörnngen zuteil geworden sind, sind wir betrogen worden. Man denke an die Zerschneidung Oberschlesicns, an bcu Raub des McmcllandcS, an die ver schiedenen Danzigcr Zwischenfälle, an die immer sich wie derholende» Klagen Les Saarlandes, gu die Besetzung des RnhrgebieteS, an die Versprechungen die unS bei Aufgabe des passiven Widerstandes gemacht worden find, an Dawes- plan, Kölner Zone und tausend andere Tinge. Mqn denke endlich daran, daß Herr Chamberlain den deutschen Außen minister Strescmann in recht wenig angenehmer Weise „be richtigt" hat, als er erklärte, Deutschland könne im Falle eines französischen Aügrisfcs auf cnglische Waffcnhilfe rech nen. In den BruderschaftStrank von Londön wirb noch maucher bittere Wcrmutstropfen falle». Wir können zu frieden sein, wenn es nicht gerade Tropfen tödlichen Gistcö Al WWSWl WU öMkMIM. Abreise des Reichspräsidenten. ss Berlin. Der Herr Reichspräsident ist gestern abe»d 8.54 nach Süddcntschland abgereist, um den Regierungen von Württemberg, Baden und Hessen eine» Besuch abzu- statten und anschließend auch die Stadt Frankfurt a. M. zu besuchen. In der Begleitung des Herrn Reichspräsidenten befinden sich Staatssekretär Dr. Meißner «nd der persönliche Adjntant, Major v. Hindenburg. . Zur Stuttgarter Reisendes Reichspräsidenten. -s Stuttgart. Der Staatsanzeiger widmet dem Reichspräsidenten, Gcncralseldmarschall v. Hindenburg, zu seinem heutigen Besuch bei der württcmbergischcn Regierung einen herzlichen Bcgrüßungsartikel, in dem es zum Schluß heißt: „Wenn sich jetzt Stuttgart nicht in dem prächtigen Ge wände zeigen kann, wie in den Tagen des Frühlings und Sommers, so wird Loch auch au kühlen Novembertagcu in dem begeisterten Empfang, den das Schwabenland dem Reichspräsidenten bereiten wird, die Wärme des Gefühls zum Durchbruch kommen, das wir dem verehrten Gast ent- gegenbringen, die Treue sich betätigen, mit der Württemberg zum Reiche und zu ocm Mann steht, der ihm zum Symbol der Einheit des Reiches geworden ist." Die Ankunft in Stuttgart, Stuttgart Ter Reichspräsident Gencralseldmar- schall von Hindenburg ist heute vormittag 9M Uhr mit dem Berliner Schnellzuge hier cingetrosfen. Zn seinem Empfang hatten sich aus dem mit Fahnen reich geschmückicn Bahnsteig einaefunden: Staatspräsident Bazille, -er Minister des Innern, der Landtagspräsident nnd der Oberbürgermeister Tr. Lautenschlagcr. Beim Verlassen des Bahnsteiges eriöv- ten von den benachbarten Bahnsteigen stürmische Hochrufe. Der Reichspräsident schritt dann unter den Klängen des Deutschlandliedes die inmitten des Bahnhofsvorplatzes aul gestellte Ehrenkompagnie des Reichswehr Fnsanteric-Ncgts. 13 ab, auf deren linken Flügel die Gencraliiär der alten Armee Aufstellung genommen hatte. Nach dem Parademarsch der Ehrenkompagnie fuhr der Reichspräsident mit dem Staatspräsidenten in offenem Kraftwagen zum Residenz schloß. Eine ungeheure Menschenmenge umsäumte die Straßen und bereitete dem Reichspräsidenten auf dem ganzen Wege mit jubelnden Hochrufen und Hüteschwenkcn einen begei sterten Empfang. Ueber 30 000 Personen halten sich beim Polizeipräsidium zur Spalierbildung gemeldet. Im weiten Viereck des Residenzschlojscs harten außer einer Ehrenwache der Schutzpolizei die farbentragenden Studentenverbindungen mit ihren Fahnen Aufstellung ge nommen. Unter den Klängen des Deutschlandliedes schritt der Reichspräsident die Front der Ehrenwache ab. Entblöß ten Hauptes sang die Menge sämtliche Strophen des Teursch- landlicdcs. Vom Refidenzschlotz f«hr der Reichspräsident «ach dem Staatsmiuifterium, wo ihm die Minister, das Präsidium des Landtages nnd die Fraktionsnihrcr vorgc, stellt wurden. (Fortsetzung des Berichts Seite 3.) Die Aufnahme der Chambeplain-Rede. )t Berlin. Zu der von Chamberlain aüf dem Guild- Hall-Bankett gehaltenen Rede schreibt die Tägliche Rund schau n. a.: Wir wollen nicht versuchen, den Eindruck dieser Rede zu verwischen, indem wir Zweifel an ihrer Aufrichtig keit äußern. Wir nehmen vielmehr Chamberlains Worte so» wie sie gesprochen worden find und wir geben unserer seits der Hoffnung Ausdruck, daß von Seiten der alliierten Negierungen diesen Worten ehebckidigst Taten folgen werden, die aller Welt und vor allem unS Deutschen den greifbaren Beweis dafür liefern werden, daß sie ernst und aufrichtig gemeint waren. Chamberlain sagte, kein Staats mann werde cS wagen, die Verantwortlichkeit vor der Ge schichte zu übernehmen, von unseren Lippen den Becher der Hoffnung zu reißen, den Locarno geboten habe, und keine Station werde es wagen, die Last des Vergebens auf sich zu laden, die auf jeder Nation ruhen würde, die der Welt ihr größtes Bedürfnis und ihre tiefste und stärkste Hoffnung vorenthält. Das ist auch unsere Meinung, und eben darum, weil wir dieser Meinung sind, setzen wir Vertrauen in die Worte Chamberlains. Er kennt unsere Forderung, daß bei der Regelung der Rückwirkungsfrage den Lebensbedingungen Deutschlands Rechnung getragen werden muß, und er weiß, daß dies die Vorbedingung ist, unter der wir zur Vollen dung des Werkes von Locarno mitwirken können. Er mutz sich also sagen, daß, wenn diese Vorbedingung nicht erfüllt wird, nicht auf uns, sondern auf diejenigen, die sie nicht erfüllt haben, die Last des Vergebens ruhen würde, von der er sprach. Möchten die Beschlüsse der alliierten Regierungen im Einklang stehen mit den schönen Worten, die Chamber lain auf dem Guildhall-Bankett in London gesprochen hat und möchten sie so den Weg zur Vollendung des Werkes von Locarno frei machen. Die Rückwirkungen. )t London. Ter diplomatische Berichterstatter der Westminster Gazette schreibt, Luther werde bald in der Lage fein, die Lculschnationalen vor das erste endgültige Ergebnis von Locarno zu stellen. Leider scheine Leine Hoffnung zu bestehen, datz die französische« Garnisonen vermindert werden sollten; aber dafür werde Las bestehende System der Nadelstiche und die dauernde Einmischung in die örtliche Verwaltung beseitigt werden. Die französische Regierung, die aufrichtig freundschaftliche Beziehungen zu Deutschland wünsche, wisse wahrscheinlich nicht, was ihre Beamte» im Rheinland täten. Briand sei in Locarno zu einer vollständigen Amnestie im Rheinland bereit gewesen. Er habe die gesamte Lage mit dem deutschen Botschafter in Paris in aller Freundschaftlichkeit erörtert. Obwohl Briand nicht bereit fei, allen deutschen Forderungen zu ent sprechen, von denen einige zu weit gingen, so fei er doch be strebt, einen Beweis des neue» Geistes zu erbringe». Sie deMehMn WwimM »er Winlen. Berlin. Wie wir von diplomatischer Seite erfahren, sollen am Mittwoch abend gleichzeitig von London und Paris aus halbamtliche Mitteitungen über die Neu regelung des BesatzungSregimeS berauSgegeben werden. In Berlin erwartet man mit größter Spannung diese Ankündigungen der alliierten Kabinette, die damit den Boden sür die Programmerklärungen vor den Parlamenten vorbereitcn sollen. Es iit aber mit aller Sicherheit anzu nehmen, datz die alliierten Koinmuniqnees nur allgemein gehaltene Ankündigungen entbalien werden, die erst nach träglich durch die Reden der Ltnatsinünner eiper genauen Jnteroretiernng bedürse». WkiWklMU U LMM Das zweifelhafte Ergebnis -er Reichstags abstimmung. * Berlin. Mir dem für den 23. November zu erwar tenden Beginn der Reichstagsverhaudlungen wird der par- lamentariichc Kampf nm die Annahme und Ratifizierung der Verträge von Locarno beginnen. Man vermute: in varlamcniarisct^n Kreisen, daß die Regierung, falls iicy die Verhandlungen über die Rückwirkungen hinzichcn sollten, zunächst die Unterzeichnung der Verträge von Locarno in Loudon am 1. Dezember ohne Zustimmung des Reichstages und «ur mit emer Ermächtigung des Reichspräsidenten ans Grund von Artikel 45 der Verfassung versuchen wird. Tic Ratifiziertrug -er Verträge könnte dann aui Grund vo.c Absatz 3 des Artikels 45 nachgeholt werden. In parlamen tarischen Kreisen macht man aber scvvn ücnie daraus aus merksam, daß mit der Ratifizierung der Verträge aucv daZ Schlußproiokoll angenommen werden mutz, und daß dieses Schlußprotokoll außer der Annahme der Vertrüge aucy die Zustimmung Deutschlands zum Eintritt in den Völkerbund fordert. Es ist verfassungsrechtlich zweifelhaft, ob die An nahme und die Ratifizierung der Verträge mit einfacher Mehrheit erfolgen kann. Deutschland verpflichtet sich im Wesrpakr zur Garantie der Westgrenze, die die Freiherr der Entscheidung bei einem kriegerischen Konflikt schon im gewissen Umfang verbindet. Nach Artikel 45,2 der Reichsverfassung kann aber Kriegser klärung und Friedensschluß nur durch ein Rcichsgcsetz er folgen. Diese ausschüeßlichc Vollmacht des Reichstages über eine Kriegserklärung wird durch die Garauticbcstimmungeu beschräukt. Gauz uuzweiselhaft ist aber, daß diese Beschrän kt»«« der Bollmachteu des Reichstages durch die Verpflich tung Deutfchlauds aus die Bölkerbuudssatzuugeu erfolgt, die bekauutlich in Artikel IS Absatz 4 «ud Artikel 1k die Ver pflichtung zur unbedingten Teilnahme an militärischen Aktionen des Völkerbundes vorfieht. Diese Verpflichtung wird durch das zu den Vcrirägcn von Locarno gehörende Schreiben der alliierten Mächte über Artikel 16 nicht aufge hoben, sondern nur eingeschränkt. Tic Verpflichtung Deutschlands auf die Völkerbundssatzung bedeutet also eine Einschränkung der Vollmachten, die den Reichstag in Artikel 45 der Reichsverfassung Absatz 2 gegeben sind, und damit eiuc Verfassungsänderung. Die Annahme des Schlußprotokolls wird somit einer Zustimmung von einer Zweidrittelmehrheit des Reichs tages bedürfen. Nach dem augenblicklichen Stand -er Ansichten der Rcichs- iagSfraktioncn, immer freilich unter der Voraussetzung hin reichender Rückwirkungen, würden für die Annahme der Verträge, falls die innerpolitischen Schwierigkeiten, die die Sozialdemokratie macht, überwunden würden, zur Ver fügung stehen: Sozialdemokralen 131, Zentrum 69, Deutsche Volkspartci 51, Demokraten 32, Bayrische Volkspartei 19, zusammen 392 Abgeordnete, während die Zweidrittelmehr heit des Reichstags 329 Abgeordnete ansmachk. Würde« nun die 21 Mitglieder der Wirtschaftlichen Vereinigung gleich falls insgesamt zustimmcii, so würden immer nur 323. aber nicht 329 Stimmen zur Verfügung stehe». Tie unbedingte Opposition jTcntschnativnale 111, Nattvnalsvzialisten 14 und Kommunisten 45) haben also mehr Stimmen, als ein Drittel des Reichstages ausmacht. Die Zweidrittelmehrheit des Reichstages würde noch mehr gefährdet sein, wenn Abgeord nete der Mittelparicien aus Bedenken gegenüber den Ver trügen von Locarno in der Schlnßabstimmung sich -er Stimme entbleiten.