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" ".Die Wünsche und Erwartungen eines unerfahrenen jungen Mädchens gehen vielleicht immer um einiges über bas Erfüllbare hinaus, Herr Almroderi Und gewisse Ent» täuschungen sind wohl in jeder Ehe unvermeidlich. Aber Ith meine, -aß die Enttäuschungen^die eine in jeder Lebens» läge bewährte Korrektheit bereiten kann, durchaus nicht die schlimmsten sind. Wir Hamburger sind eben noch immer gewöhnt, die von Ihnen getadelte Eigenschaft mehr für einen Vorzug als für einen Fehler zu halten." »Worin Sie von Ihrem kaufmännischen Standpunkt aus ja auch wahrscheinlich recht haben." Er wollte sich beherrschen, aber erhalte doch nichtver» hindern können, daß etwas Sarkastisches, ja, beinahe Gering schätziges im Klang seines scheinbaren Zugeständnisses ge wesen war. Am Ende konnte er doch auch nichts dafür, daß Hie kühle Ueberlegenhcit in diesen Hellen grauen Augen so fatal aufreizend auf ihn wirkte, und daß er die An wesenheit dieses hanseatischen Patriziers instinktiv wie die Nähe eines Feindes empfand, der gekommen war, ihn seinem Weibe vollends zu entfremden. Wie er dies« beiden Blutsverwandten da zum ersten Male seit achtzehn Monaten wieder nebeneinander sah, fühlte er ihre innerliche Zu sammengehörigkeit viel deutlicher^ als sie ihm während I ein er Verlovungszeit zum Bewußtsein gekommen war. In ihrer Haltung, in ihrer Art, sich zu geben oder sich zu ver schließen, ja, selbst in ihren Gesichtszügen entdeckte er plötzlich Aehnlichkeiten, dis seinen Zorn aufstachelten und ihn mit einem kaum zu unterdrückenden Unmut erfüllten gegen beide. Es hätte nur der kleinsten Herausforderung bedurft, seinen Ingrimm in Hellen Flammen auflodern zu lassen, und er empfand es geradezu al« eine demütigende Bevormundung, daß Helga durch eine Aenderung de« Ge sprächsthemas dieser Möglichkeit vorbeugte. „Uebrigens möchte ich dich noch etwas fragen, Cäsar — ätwas, das ich nicht hinausschieben darf, da Henry vielleicht schon im nächsten Augenblick hier ist. Du bist über feine geschäftliche Lage unterrichtet — nicht währ?" „Soweit das für einen Außenstehenden möglich ist — ja. Aber du sagst, daß du ihn erwartest? Er ist also ebenfalls in München?" „Er überraschte meinen Mann an diesem Morgen durch feinen Besuch. Aber ich kann dir auf das bestimmteste ver sichern, daß das Zusammentreffen ein rein zufälliges ist. Margarete hat mir erklärt, daß sie seit langer Zeit nichjs Mehr von ihm gehört habe. And Henry konnte keiye Ahnung von ihrem Hiersein haben. Er kam ja auch lediglich in der Absicht, mir das Darlehen zurückzuzahlen, das ich ihm vor anderthalb Jahren gegeben." Hubert Almröder war aufgestanden, weil er dap Haus mädchen mit einem Briefe eintreten sah und wdil die Form wie die zarte Reseda-Farbe des Billetts eine ganz bestimmte Vermutung in ihm geweckt hatte. „Entschuldigen Sie mich für einen Augenblick," sagte er hastig. „Es handelt sich möglicherweise um etwas sehr Eiliges." - " Und noch ehe sie sich dem Erker hatte nähern können, Kahm er der Dienerin das zierliche Briefchen aus derHand. Mitten im Zimmer stehenbleibend, öffnete er den Umschlag und las. Zn diesem Augenblick gab es nichts auf- der Lelt, da« ihn auch nur in annähernd demselben Maße interessiert hätte wie die rasch hingeworsenen Zeilen auf diesem stark und süß duftenden Blatte. Selbst wenn Läsar Frederiksen feine Stimme nicht fast bis zum Flüstern ge dämpft hätte, würde der Maler darum wahrscheinlich nicht» dadon vernommen haben, als er in Erwiderung auf Helgas lebt« Wort« froste: ... Suaft «»» Wissenschaft.. Von Lee LanbeSnnioerfität. Der außerordentliche Pro- feffor an der Universität Greifswald Dr. de vssr ist vom 1, April 1VSS ab -um planmäßigen außerordentlichen Pro- seffor der nordischen Philologie in der Philosophischen Fakultät der Universität Leipzig ernannt worden. Reue» Ldeater i« Leipzig. Sonntag, den IS: November findet im Neuen Theater in Leipzig außer Anrecht eine Ausführung -ed neuinszenierten „Parfioal" von Richard Wagner unter Leitung des Generalmusikdirekjörs Gustav Brecher und des OperndirektorS Walther Brügmann statt. In der Parti« des Gurneman- beendet Kammersänger Ztcharo vraor von oer «neuer »ra-rgoper in« menge» G-Mvtel. D« übrigen Hauotvartten sind mit Willy Kitten lVarsivaN, R. vockelmann l«Mforta-s, L. Läßner IKling- ^Ä5^die Partie der Kundry singt hier zum ersten Male M. Maschmann. Tic sechs Solistinnen in „Klingsors Zaubergarten" sind M. Krämer-Bergau, A. Eleve, I Koegcl, E. MoSkalenko-Ritter, T. Schmeidler und E. Schulz-Dorn bürg. — Wie in den bisherigen Ausführungen wirten auch diesmal Mitglieder der Ehorvereinigung des Gewand hauses, des Leipziger MänncrchvreS und des Thomaner chores in dankenswerter Weise mit. Beginn der Bor- stellung 8,9V Uhr, Ende 10,15 Uhr. Hierdurch wirb den auswärtigen Besuchern Gelegenheit zu bequemer Hin- und Rückfahrt geboten. Schriftliche Borbestelluugen werben an ' Mr die Kinder. ES gibt für sine Mutter kein größere- Vergnügen, als ihre lebendigen Puppen anzuziehen, und die reizenden Kleidchen, die wir heute im Bilde bringen, sind so einfach her-ustellen, aber dabei doch so anmutig, daß es eine wahre Freude ist, das vollendete Machwerk mitsamt seiner Träge rin anzusehen! Man läßt die Kleider sür die kleinen Mädchen trotz -er kalten Jahreszeit gern ausgeschnitten, denn der Anblick der dicken Äermchen ist ein zu allerliebster. Tie Wohn räume sind ja geheizt und draußen beschützen wollene, warme Mäntel, unter die noch Jacken gezogen werden kön nen, und Gamaschen die nackten, kleinen Gliedmaßen. Das rosa Samtkleidchen folgt der weiten modischen Be wegung, indem rosaseidene Rüschen volantartig abstehend ein Drittel des Kleidchens bedecken. Um -en Hals legen sich dieselben seidene», ausgezackten Rüschen in rundem Ausschnitt, und der rosa Samthut vollendet das Ganze in harmonischer Weise. Das Modell kann natürlich auch in jedem anderen Stoff ausgeführt werden. Aus himmelblauem Crepe de Chine ist -er kleine Hän ger, der durch seine Garnierung etwas Besonderes erhält. Ein breiter Saum aus himmelblauen Sawtmargeriten mit goldenem Fadenkelch entspricht der Halsumrandung, die auf der linken Schulter ihren Abschluß in einer großen, blauen Samtrosette findet. Ein gekräuselter, blauer Samt hut mit Goldfäden und langer, blauer AUaSschleisc ergänzt das entzückende Bild, das die kleine Modedame für alle ihre Bewunderer üarstellt. Tie kleine Menschheit ist ja glücklicherweise nicht so schwer anzukleiden wie die große, obwohl die Mütter kei neswegs glauben dürfen, daß es ihren Töchtern gleichgültig ist, was sie anhaben. Ein Fräulein von drei Jahren wen det und dreht sich vor dem Spiegel genau so, wie sie es von ihrer Mutter gesehen hat, und wenn diese darüber er staunt oder gar zornig ist, Hot sie cs nur sich selber zuzu schreiben, denn Erziehung ist.....Beispiel! Renat« Ramm. orr sagens»« or» sreuen »yrarer» iworr reyr enrgegen- genommen. Auswärtige Besucher können sich die Karten durch Nachnahme zustelle» lassen. Gastspiel der Metropolitan Lpera Rewyork in Dentsch, land. Der Intendant der Städtischen Kurverwaltung in Baden-Baden, D>. Waag, sührt Verhandlungen mit den: Kapellmeister Artur Vodanzkn, Dirigent der Metropolitan Opera Newyork, um im Frühjahr 1P26 mit den Mitglieder» der Metropolitan Festspiele ganz besonderer Art unter BodanzkyS Leitung in Baden-Baden stattsinden zu lassen. Eine dieser Aufführungen soll anschließend an die Festspiele in Baden-Baden im Rahmen der Salzburger Festspiele und in einem der Berliner Opernhäuser wiederholt werden. Rosa Samtkleid mit gleichsarbenen seidenen Volants. " „Um es'zurückzuzahlen, sagst du? Doch nicht die Sanze Summe?" „Ja. Die ganze Summe. Das Geld liegt, wie du siehst, noch dort auf dem Speisetisch." Der Konsul strich mit beiden Händen seinen Bart. Sein Gesicht hatte sich nicht verändert; ober Helgrr kannte ihn gut genug, um ihm trotzdem die Erregung anzufehen, in dre ihre Bestätigung ihn versetzt hatte. „Das überrascht mich. Du hast mit deinem Bruder gesprochen?" „Nein. Ich war noch nicht aufgestanden, als er kam, und er entfernte sich wieder, ehe ich von seiner Anwesenheit erfuhr. Ich beschwöre dich, Cäsar: sage mir die volle Wahrheit. Wie ist es um ihn bestellt? Ist er wirklich in der Lage, jetzt einen so großen Betrag zu zahlen?" „Wenn er nicht andere darum bestehlen will — nein l Soweit meine Informationen zuverlässig sind — und ich bin gewiß, daß sie es sind, steht er zum zweiten Male vor dem Bankrott." „O mein Himmel — ich habe es geahut," flüsterte Helga mit zuckenden Lippen; aber als sie sah. Laß Hubert sich in diesem Augenblick wieher nach ihnen ümwandte, nahm sie alle Kraft ihres starken Willens zusammen, sich zu beherrschen. „Ich habe nochmals um Entschuldigung zu bitten," sagte der Hausherr, in dessen Augen eine lebhafte Unruhe flackerte. „Aber ich erhalte La soeben eine unangenehme Nachricht, die mich zu meinem Bedauern zwingt, mich für kurze Zeit zu beurlauben. Ich habe doch wohl Las Ver gnügen, Herr Frederikfen, Sie bei meiner Rückkehr noch hier zu finden?" „Das zu versprechen, bin ich allerdings nicht in der Lage. Es wird ganz davon abhängen, wann: ich meine Schwester sprechen kann." „Nun, ich habe Vertrauen genug zu Helgas Geschick lichkeit, Sie festzuhalten. Es handelt sich ja auch aller Doraussicht nach nur um eine kurze Abwesenheit, und ich verschiebe die Verabschiedung darum auf später. Auf Wieder sehen, liebster Schatz!" Er war aus Helga zugetreten und neigte sich über sie herab, um ihre Stirn zu küssen. Sie ließ die Liebkosung mit der starren Regungslosigkeit einer schönen Statue über sich ergehen, und ihr Blick folgte ihm nicht, als er raschen Schrittes das Gemach verließ. Sobald sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte, kam jedoch wieder Leben untz Bewegung in ihre Gestalt. Sie neigte sich vor und umfaßte mit beiden Händen Cäsar Freoeriksens Rechte. „Du darfst mir jetzt nichts mehr verheimlichen — nichts — nichts l Auch wenn es das Allerschrecklichste ist, was du mir zu sagen hast. Ich bin ja in einer so grauenhaften Angst um Henry. In meinem Herzen ist eine Ahnung, daß er überhaupt nicht wiederkommen wird — daß er — o mein Himmel, mein Himmel, warum bin ich nicht schon gleich nach dem Empfang deines Briefes der Stimme gefolgt, die mich trieb, zu ihm zu eilen!" Sanft strich der Konsul mit der freigebliebenen Linken über ihre zuckenden Finger. „Beruhige dich, Helga! Wenn dein Bruder gesagt hat, daß er noch einmal hierher zurückkehren werde, so wird er auch feine Zusage halten. Und es ist ja möglich, daß er seine Situation hoffnungsvoller ansieht, als meine Gewährsleute sie ansehen konnten. Nur das-mit diesem Gelds da — das will allerdings auch mir sehr wenig ge fallen. Er muß außerordentliche Mittel aufgewendet haben, um es zu beschaffen. Denn sein Kredit reicht schon längst Himmelblaues Crepe de Chinekleid mit einer Bordüre von gleichsarbenen Samtblumen mit goldenem Kelch nicht.mehr aus, um solche Summen flüssig zu machen. Ich will dir nicht verhehlen, daß ich nur seinetwegen nach Berlin gefahren war, und daß es die unerfreulichsten Dinge waren, die ich bei meinen vorsichtig eingezoaenen Er kundigungen erfuhr." „So ist wirklich olles in Erfüllung gegangen, was du damals voraussagtest. Die Hilfe, dis ich ihm gewährt, ist ihm zum Verderben geworden?" „Wenn es so ist, hast du jedenfalls keinen Anlaß, dich jetzt mit 'Vorwürfen zu peinigen. Deine großmütige Ab sicht rechtfertigt alles, was du getan." „Nein! Ich hätte dir Gehör schenken, hätte dir folgen sollen — du hattest mich ja eindringlich genug gewarnt.* „Und doch habe vielleicht auch ich damals geirrt» An mir wäre es gewesen, ihm einen anderen Weg zu zeigen als den, der mir als der richtige erschien. Denn nicht sträfliche Leichtfertigkeit ist es, die Henry in seine gegen wärtige verzweifelte Lage gebracht hat, sondern die nichts würdige Gewissenlosigkeit der Menschen, die sein Ver trauen zu gewinnen verstanden. Ich weiß, daß er in diesen anderthalb Jahren rechtschaffen und unermüdlich ge arbeitet hat, daß er bescheidener und anspruchsloser gelebt hat als der ärmste Kommis, und daß er heute ein wohl habender Mann sein müßte, wenn ihm nicht die beiden wichtigsten Erfordernisse des Kaufmannes fehlten: Menschen kenntnis und sicheres Urteil in der Würdigung der.Erfola- Möglichkeiten." „Als er damals vor mich hintrat, glaubte ich, ihm meine Achtung versagen zu müssen — heute würde ich ihn vielleicht anders beurteilen, wenn — nun, wenn eben nicht jenes Geld dort wäre, das mich wieder an allem irre werden läßt." Helga hatte seinen Worten gelauscht, wie wenn sie sänftigenden Trost und neue Hoffnung aus ihnen schöpfen wollte, nun aber ließ sie wieder den Kopf sinken. „Ich bitte dich von Herzen, Cäsar, ihn nicht zu verur teilen, ehe wir nicht seine Rechtfertigung gehört haben. Ich kann ja nicht daran glauben, daß er fähig sein sollte, eine Schlechtigkeit oder eins Ehrlosigkeit zu begehen," . Der Konsul zog seine Uhr. „Wenn es zu deiner Beruhigung beiträgt, daß ich mich nach Henry umsehe, so will ich gern versuchen, seinen Aufenthalt ausfindig zu machen. Ich weiß, daß er hier einen Geschäftsfreund hat, zu dem er in ziemlich leb haften Beziehungen steht. Vielleicht kann ich bei ihm Näheres erfahren." „Ich danke dir von ganzem Herzen sür dies freundliche Anerbieten, Cäsar! Ich werde in der Tat erst dann wieder aufatmen können, wenn ich ihn lebend und ge sund vor mir sehe. Daß wir von diesem Gelbe nicht einen Pfennig annehmen werden, brauche ich dir wohl nicht erst zu versichern." „Darüber und über einiges andere werden wir später reden, Helga! Und ich denke, wir werden uns verstehen, wie wir uns noch immer verstanden haben — mit einer einzigen Ausnahme, bei der die Folge mir hoffentlich unrecht gegeben hat." Sie verstand, worauf er anspielte, und sie wandte das Gesicht zur Seite, ohne ihm zu antworten. Und als be reute er, was er gesprochen, ging er mit herzlichem, aber raschem Abschied davon. lFortscbung folgt.)