Volltext Seite (XML)
Hradeauföen Emreiom d>wwt es au! 15.-21. OXioveriyrr Mr W «r mlrml »mim lxr«»? Ein Handwerk darf der Bub nicht treiben, Denn dazu ist er viel zu gut, Er kann so wunderniedlich schreiben, Ist ein so feines junges Blut! .ES muß schon etwas Beßres sein" — ja, so dachten viel« Eltern, die eS gewiß gut mit ihren Kindern meinten, be sonders vor dem Krieg, als Deutschland seinen Platz noch an der Sonne hatte. Das Handwerk, das in früheren Zeiten hochgeehrt war, erschien ihnen nicht mehr fein genug für ihre verwöhnten Lieblinge. Aber heute, wo das Handwerk seinen Charakter bewahrt und doch weiter mit der Zett mitgegangen ist, geht den Menschen mehr und mehr auf: Das ist kein einseitiger Be ruf, vielmehr einer, der vielfältige Kenntnisse und Ueber- blick über das Ganze verlangt, Aufstiegmöglichkeiten in ge sunden Grenzen bietet und so „recht eigentlich die Arbeit der Mitte" im besten Sinne des Wortes ist. Die Lehrzeit ist eng verbunden mit wertvollem Unter, richt in der Werkstatt und in den gewerblichen Berufs schulen. Späterhin können sich strebsame Gesellen und Meister in Fortbildungslehrgängen und auf Meisterschulen mit Fortschritt von Technik und Wirtschaft vertraut machen und ihr Sonderwissen abrunden. Aber die Werkstatt mit ihrem Drum und Dran ist in Einkauf, Lager, Verwaltung, Arbeitsweise und Arbeitsteilung, Haltung der Werkzeuge und Maschinen, in Berechnung und Buchführung, kurz in allen Zweigen wirtschaftlicher BetriebSführung auf die Er- fordernisse der modernen Zeit gesund und klar eingestellt. Sie ist schon ei» Reich für sich, in dem unendlich viel Lebenserfahrung von einem jungen Menschenkind einge heimst werden kann. Sie ist und bleibt -er Kern der Hand werkerlichen Ausbildung. Gesellenzeit — Wanderzeit leider längst nickt mehr für jeden jungen Handwerker, wie er sie vor der Erfindung der Eisenbahn ,Mtf Schusters Rappen" selbstverständlich ge nießen konnte. Aber wen der Wissensdurst heute noch treibt, ferne Länder zu besuchen, wie es vor allem die Zimmerleute noch eifrig üben und wie es für die Meisterprüfung er wünscht ist, dem wird es heute bequemer gemacht als in der Urväter Zeiten. Ein Handwerker ist ein kleiner König in seinem engeren oder weiteren Reich, freilich kein Serenissimus, dem die ge bratenen Tauben wie im Märchen ins Maul fliegen, son dern ein Mann mit viel Arbeit und Verantwortung, der Mit der Zeit mitgehen muß. Dafür winken ihm aber noch andere Möglichkeiten. Sind nicht mit die besten und be rühmtesten Industrieführer, wie Alfred Krupp und der alte Borsig, aus dem Handwerk hervorgegangen? Die Entfaltung des ganzen Menschen, das Sichversenken in den Sinn des Lebens läßt Männer des Handwerks zu Dichtern und Denkern werden — leuchtende Vorbilder sind HanS Sachs, „ein Schuhmacher und Poet dazu", und der Theosoph und Mystiker Jakob Böhme, weiland Schuh machermeister in Görlitz. Die Beziehungen zur hohen Kunst liegen für eine Reihe von Handwerkszweigen, auf der Hand, in denen die Schön heit der zu verarbeitenden Werkstoffe, da» immer weiter sich vervollkommnende Fingerspitzengefühl für die edle Form wahrhaft künstlerische Neigungen und Fähigkeiten wecken helfen. Peter Bischer, der berühmte Nürnberger Erzgieher der deutschen Renaissance, war Handwerksmeister im aller besten Sinne des Worts, und daS heutige Bildhauer, und Golbschmiedehandwerk macht auch noch den Weg frei zur höchsten Leistung. Wir dachten bisher vor allem an die jungen Männer. Aber auch den Mädchen und Frauen steht der Weg zur Gesellin und Meisterin, zu selbständigem, frohem, gestal tendem Schaffen offen. Welch wertvolle Ergänzung der Erwerbsmöglichkeiten für die deutsche Frau, die verant wortungsfreudig ihr Schicksal in die eigenen Hände nimmt! Durch ihr Schassen im Hause, die innigere Beziehung zu den Gebrauchsdingen und durch erfinderische Betätigung in weiblichen Handarbeiten bringt sie ja die gegebenen Vor- auSsetzungen mit und leistet heute vor allem in schmückenden Handwerken Hervorragendes. Der Wille oder der unwillkürliche Trieb zu etwas Schöpferischem- das sich auch im Arbeitsbereich de« kleinsten handwerklichen Daseins entfalten kann, das Verlangen nach etwas Neuem, Wertbildendem, verbunden mit Gewinn streben in gesunden Grenzen, macht daS Handwerk zu einem ganz wesentlichen Träger der werdenden Kultur. Arbeiter, möchtest du nicht, daß deine Kinder, wenn sie Neigung und Begabung dazu treibt, an solchem Kultur aufbau helfen und damit die eigene Lebensstellung zuver- lässig bessern? Angestellter und Beamter, wollt ihr nicht auch Sohn und Tochter, die dafür ernsthafte Lust verspüren, wieder Handwerker mit festem Boden unter ihren Füßen werben lasten? VW Bklkii »kl WWkllMbeit. Mit der Handwerksarbeit ist der Begriff der Wertarbeit aufs engste verknüpft. Für den Handwerksmeister ist die Herstellung eines Erzeugnisses keine Angelegenheit unper sönlicher, lebloser Fertigung, sondern eine lebendige Gestal tung unter Einsatz der ganzen Persönlichkeit. Wird man einen Tischler, der gerade bei der Arbeit ist, fragen „Was tust du da?", so wird er nicht wie ein Fabrikarbeiter, der tagtäglich die gleiche Verrichtung an seiner Maschine macht und kaum weiß, wozu der von ihm gefertigte Massenartikel verwandt wird, sagen, „Ich verdiene Geld" ober „Ich hobele", sondern er wird erklären, welches Möbelstück er herstellt. Der Handwerker stellt trotz der auch in den Klein betrieben durchgeftthrten Arbeitsteilung ganze Erzeugnisse her, denen er sein persönliches Gepräge gibt. Er lebt den ganzen Werdegang seines Werkes mit. Schon wenn etwa der Tischler mit seinem Kunden über den Auftrag zur Herstellung eines Zimmers verhandelt, versucht er, dem Geschmack seines Auftraggebers entsprechend, den Entwurf so zu gestalten, daß der Kunde merkt, der Handwerksmeister versteht ihn und schafft etwas, das nur für ihn allein paßt,' soll doch das Heim seiner Persönlichkeit angepaßt sein. Ein Bauer will ein andersgeartetes Wohnzimmer als ein Groß industrieller, und dieser ein anderes als eine Dame. Jeder will „etwas Besonderes", was man „nicht überall sieht",' der Handwerksmeister aber muß den meist noch recht un klaren Angaben des Auftraggebers Gestalt geben. Und dann kommt der Holzeinkauf, die richtige Wahl und Zusam menstellung der Furniere, die Herstellung der Furnier platten, der Zusammenbau der Möbel, die plastische Gestal tung des Erzeugnisses. Die Arbeit stellt ein Zusammenschafsen aller im Betriebe Beschäftigten bar. Der Lehrling, der nur erst Handlanger dienst« leisten durfte, ist nicht weniger stolz auf die Arbeit „seines Betriebe»" al« die Gesellen, die die Hauptarbeit machten, ober der Meister, der leitend und mitschaffenb das Werk vollbrachte. Wer hat noch nicht gesehen, miterlebt, mit welchem Stolz ein Handwerker von den Werken erzählte, die er durch seiner Hände Arbeit schuf! In den Handwerksbetrieben findet man noch häufig daS alte patriarchalische Verhältnis zwischen dem Meister und sein,en Gesellen und Lehrlingen. Meister und Geselle füh len sich eins im gemeinsamen Schaffen und Gestalten. Heute, wo in manch einer Arbeitsstätte unfreiwillig der muntere Klang der Werkzeuge nur selten zu hören ist, hungert sich der Meister mit seinem Gesellen, den er nickt entlassen will, durch. Solange sie irgend schaffen können, suchen sie sich ge- meinsam durchznschlagen und vor allem ihren Verpflich tungen gegenüber Staat und Lieferanten nachzukommen. Biel stilles Heldentum hat der -Handwerkerstand aufzu weisen. .Nationalsozialismus und wahrer Handwerksgeist sind wesensverwandt. Das Streben nach gestaltender, wertschaf- fender Arbeit, der Gemeinschaftssinn, das Zusammengehö rigkeitsgefühl aller im Handwerk Tätigen, mögen sic am Amboß daS glühende Eisen formen, an der Hobelbank schaf fen oder an der Töpferscheibe aus weichem Ton mit kuust- reicher Hand schöne Gefäße erschaffen, alle ließen keine StandeSunterschiede auskommen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. DaS Handwerk war ein festes Bollwerk gegen den Marxismus, der vergeblich versuchte, einen Keil in das Handwerk zu treiben. Handwerksgeist — Gemein schaftsgeist — Handwerksarbeit — Wertarbeit sind die Grundpfeiler handwerklichen Schaffens, Befriedigung über da» Schaffen und Gestalten aber der goldene Boden, auf dem wirkliche Berufsfreude entsteht. Möge die HandwerkS-Werbewocke dazu beitragen, dem Handwerk die langersehnten Aufträge zu beschaffen, daß bald wieder in jeder Werkstätte der frohe Gesang der Arbeit ertönt. M -M zulMMlSllM »es Semen Mdnmks. vdz. Berlin. Wie von zuständiger Stelle erklärt wird, will das von der ReickSregiernna setzt beschlossen« Gesetz über den vorläufigen Ausbau deS deutschen Hand werks nicht der Regelung des ständischen Aufbaues der Wirtschaft vorgreisen. S« will aber di« gesetzliche Grund- lag« schaffen, nm das setzt in Organisationen mannigfacher Art »eroliederte Handwerk zu einem Verbände zusammen- zuschweißen und durch Uebertraauna des bisher den Ländern obliegenden Vollzüge« des Handwerksrechts aus die Reichs regierung di« Wege für weitere Maßnahmen zu ebnen. Di« Zusammenfassung des Handwerks in einer Svitzen- orgamsation soll unter Ersetzung des bisherigen demokra tischen Prinzips durch den Führergrundsatz und durch di« Einführung allgemeinerDflichtinnungen zur organisatorischen Erlassung aller selbständigen Handwerker verstärkt und ver tieft werden. Dies« Zusammenfassung stoße auf keine be- sonderen Schwierigkeiten, weil alle Betriebe, die dem Hand- werk zuzurechnen seien, durch die Eintragung in die Hand werksrolle (Handwerksnovelle von 1929) namentlich festge- legt seien. Bei der Neuregelung der Verhältnisse deS Handwerk« würden die Belang« der Gesellen, Lehrlinge, sowie sonstigen Hilfskräfte di« gebührrnde Berücksichtigung finden. lroH wird dasHondwerh wieder leKmM 2./ UIM '//// 7// //>/ V , 1 ''i I ls „Vielleicht?!" sagte er nach einer Weile langsam und aus tiefem Sinnen heraus. „Vielleicht aber wäre alle anders gekommen, wenn Anita sich nicht gleich so Hals über Kopf in die Ehe mit deinem damaligen Kollegen gestürzt hätte..." „Möglich! Aber Anita- Stolz und Selbstgefühl waren durch deine Abkehr von ihr aufs tiefste verletzt. Diese überstürzte Ehe war ja auch nur so eine Art Ver- zweiflungsschrttt; sie war von Anfang an nicht glücklich. Aber was ich sagen wollte und was ich heute schon den ganzen Abend über aus dem Herzen habe — ich möchte stich im Zusammenhang damit auf etwas vorbereiten und wollte, ehrlich gestanden, zunächst einmal deine Stimmung ondieren." Manfred von Ragenthin sah ihn erwartungsvoll an. „Mein Vater sprach gestern davon, daß er die Absicht hat, dich in diesen Tagen einmal auszufuchen", fuhr Molnar mit leichtem Zögern fort. „Mich... ?" Manfred von Ragenthin halte sich unwillkürlich zurück- gelehnt. Die Finger seiner Linken spielten in der Lust. Ganz deutlich erinnerte er sich in diesem Augenblick jenes Abends, an dem er in aller Oeffentlichkeit harte, scharfe Worte von dem alten Molnar hatte anhören müssen — Worte, di« er nur mit Rücksicht auf das Alter deS Mannes und aus Achtung vor dem Vater ver einstigen Geliebten ruhig hmgenommen hatte. „Ich weiß, woran vu Denkst", unterbrach Molnar sein« G r-anten. „Aber du mußt bedenken, daß mein Vater matz- los erbittert war. Er hat Anita sehr geliebt unv wie seinen Augapfel gehütet. Man mutz er ihm also wohl nachsehen. Es sind doch nun auch viele Jahre darüber ver gangen, und wenn er nun zu dir kommt mit einer Bitte, die ihm gewitz nicht leicht wird — tu eS mir zuliebe, Manfred, weise meinen alten Vater, der so viel Schwere hat durchmachen müssen, nicht ab..." Es dauerte eine Weile, bis Manfred von Ragenthin sich zu einer Antwort aufrafste. „Weitzt du, um was es sich handelt?" fragte er mit merkwürdig rauher Stimme. „Nimm es mir nicht übel, Manfred", bat Molnar, „aber ich möchte meinem Vater nicht vorgreifen, bin auch gar nicht befugt, darüber zu sprechen. Nur soviel möchte ich dir — als Freund dem Freunde — sagen: Es handelt sich um so etwa- wie ein — Vermächtnis Anitas." Wieder schwieg Manfred von Ragenthin. Eine tiefe Erregung hatte von ihm Besitz ergriffen. Ein Ver mächtnis Anita- — was mochte eS sein? Und warum kam ihr Vater erst nach so vielen Jahren damit heraus? Der alte Molnar — nein, man konnte ihm nicht mehr grollen. Er war ja auch im Recht gewesen, wenn er seiner Empörung über den „Betrug" an Anita, wie er eS ge nannt, Ausdruck gegeben hatte. Datz er sich dabei in der Form vergriffen und die Grenzen erheblich überschritten hatte — nun, man konnte es schon verstehen. Heute war man ja auch längst darüber hinweg. „Wirst du seinen Besuch annehmen?" forschte Hans Molnar mit bittendem Blick. Manfred von Ragenthin richtete sich auf. „Gewiß — natürlich!" „Und wann darf er kommen?" Manfred von Ragenthin überlegte kurz. „Uebermorgen, wenn es ihm recht ist. Aber bitte nicht vot Abend, wir stecken jetzt tief in der Arbeit." Molnar schien von einer schweren Sorge befreit. Er griff nach der Hand des Freundes. Fest lagen beider Hände ineinander. Manfred von Ragenthin- Wesen schien mit einem Male leicht und jugendlich beichwinar geworden. Ein Heller Glanz stand in seinen Augen. Er ließ eine neue Flasche Wein kommen, der man fleißig zusprach. „Ich weiß nicht, Hans", sagte er nach einer Weile, „ist es der Wein, der so in- Blut geht und einen wieder ordentlich jung macht? Oder ist es die Erinnerung? Oder die Erwartung?" Molnar lächelte still vor sich hin. „Wir wollen es nicht entscheiden, Manfred", erwiderte er und führte sein Glas versonnen an Lie Lippen. Es war spät geworden, als sie endlich aufbrachen. Manfred von Ragenthin erreichte gerade noch den Nacht-, zug, der ihn nach Hause führte. Er lehnte sich tief in das Polster zurück. Durch das eintönige Rattern des Zuges klang wie eine ferne, süße Melodie der Name Anita... Als er am andern Morgen etwas verspätet und mit schwerem Kopf erwachte, stand ein trübes, dunstiges Licht in seinem Zimmer. Während er sich wusch und immer neue Fluten kalten Wassers über den Kopf stürzte, der von dem ungewohnten, überreichlichen Alkoholgenutz brannte und schmerzte, stieg die Erinnerung an den vergangenen Abend klar und deutlich vor ihm auf. Aber es war merkwürdig — das schien alles so wett, so unendlich weit zurückzuliegen! War es wirklich erst gestern gewesen? Ihm war fast, als wäre da- ein anderer Ragenthin gewesen, der da gestern abend mit Hans Molnar gezecht hatte. Ein Ragenthin, der ihn absolut nichts anging, und für dessen Tun er nicht verantwortlich war. Er trat an das Fenster und sah in den Park hinab, dessen leuchtende« Grün hinter einer dichten, fahlen Dunstwand verborgen war. Wolken jagten über den Himmel hin. Es sah nach Gewitter aus. Manfred von Ragenthin begab sich in das Eßzimmer und nahm ein paar Tassen starken, schwarzen Kaffees zu sich. Die Schwägerin schien es für ihre Pflicht zu halten, ihm Gesellschaft zu leisten. Er gab auf ihre neugierigen Fragen nur halbe, ausweichende Antworten, so daß sie ihn, ein bißchen beleidigt, bald wieder allein ließ.