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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 15.04.1933
- Erscheinungsdatum
- 1933-04-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-193304152
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19330415
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19330415
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Riesaer Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1933
-
Monat
1933-04
- Tag 1933-04-15
-
Monat
1933-04
-
Jahr
1933
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 15.04.1933
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Witterung M GeWUeit. Don Professor Dr. mcd. et Phil. F. Köhler. DKGS. Daß der Mensch mit seinem körperlichen und geistigen Befinden empfindsam auf Witterungseinflüsse an spricht. ist eine Tatsache, die den meisten Menschen zum Bewußtsein kommt. Goethe hat sich damit schon in seinem „Versuch einer Witterungslehre" (1825) beschäftigt. Nietzscln: hat in bezug auf sich selbst darüber recht merkwürdige Mitteilungen hinterlassen. Während der Frühling mit seinem zunehmenden Licht und seinen lauen, von ein schmeichelndem Dust durchzogenen Lüften in den meisten Menschen eine deutliche Erhöhung der Spannkraft und eine seelische Hossnnngsfreudigkcit wachruft, leiden andere an einem Mattigkcitsgefühl und an -Schwermütigkeit, die erst mit dem Stetigwerden der Temperatur, mit dem Nahen de4 Sommers, sich lösen. So zeigt die SelbsVmordstatiMk zum Ausgang des Frühling? ihren Höhepunkt. Im Alltäg lichen lösen Wittcrungsänderungcu, insbesondere das Hexan nahen eines barometrischen Minimums, bei manchen Men schen Arbeitsunlust, Hinfälligkeit und nervöse Reizbarkeit aus. Der graue Himmel stimmt die Lebenslust herab, während der sonnige Himmel sich in der Herzcnsstimmung und in rosiger Laune widerspiegelt. Rheumatiker tragen geradezu ein Barometer in sich, der sie den Witterungs umschlag Voraussagen läßt. Manche nervenempsindliche Menschen spüren das Nahen eines Gewitters stundenlang vorher, so daß sie unruhig und arbeitsunfähig werden, was sicher mit Vorgängen elektrischer Natur zusammenhängt. Alte Narben werden bei feuchter Witterung häufig schmerz haft, Hühneraugen machen sich vor Regenwetter besonders peinigend bemerkbar. Man spricht daher von „wetter fühligen" Menschen. Wie eigenartig sich bestimmte Natur erscheinungen, Sturm, Gewitter, Erdbeben, in der Tier welt auswirken, ist bekannt. Die Lebenskraft der Bakterien in ihrer gefahrbringen den Auswirkung für den Menschen wird durch das Wetter gesteigert oder gehemmt. Alle Bakterien haben ein Tem- peraturoptimum, d. h. eine gewisse Temperaturbreite, in der sie sich am lebhaftesten vermehren. Tuberkelbazillen werden im Sonnenlicht in wenigen Minuten abgetötet. Darmbaktericn erweisen sich im Sommer als besonders gefährlich, was sich durch die erhöhte Säuglings- und Kindersterblichkeit an Brechdurchfall bemerkbar macht. Daß naßkaltes Wetter in den Uebergangsmonaten, in den Svät- herbsttagcn und beim Scheiden des Winters, die Menschen besonders emvfänglich sür Erkältungen, insbesondere für Grivve, macht, ist bekannt. Diphtherie, Scharlach, spinale Kinderlähmung treten von September bi? November in gehäuftem Maße auf. Eholeraepidemien fallen vorzugs weise in den Sommer und pflegen beim Herannahen des Winters zu erlöschen; sedoch sind auch Winterepidemien nicht unbekannt. Die einseitig bakteriologisch eingestellte Auffassung Robert Kochs, die in scharfem Gegensatz zu der nun ebenfalls zu ausschließlich genommenen, auf die Boden beschaffenheit und aus den Stand des Grundwassers ab zielenden Anschauungen Pettenkofers stand, ist nach unseren heutigen Erfahrungen nicht mehr haltbar. Sehr deutlich ist der Einfluß der Witterung auf die Atmungsorgane. Für die Lungenentzündung und für die Tuberkulose liegt ein Minimum der Todesfälle in der Zeit vom Juli bis Oktober. Es folgt dann eine regel mäßige, deutliche Steigerung bis zum Mril, der sich ein Absinken bis zum Juli anschließt. Lnftdruckveränderung macht sich für viele Menschen in der Atmung und in der Herztätigkeit bemerkbar. Da bei einer üteise vom Flache land in das Hochgebirge ohne Zwischenaufenthalt der menschliche Körper einem jähen Luftdrurkwechsel ausgesetzt wird, vertragen Herzschwäche oder an leichter Erregbarkeit des Herzens Leidende häufig den Aufenthalt im Bergland schlecht. Darauf ist bei beabsichtigten Hochgebirgskuren zu achten. Man sollte nicht Tuberkulöse z. B. nach Davos oder Arosa schicken, ohne sich des ungcschwächtcn Zustandes ihres Herzens vergewissert zu haben. Die Erregbarkeit des Herzens verursacht in unzweckmäßiger Auscnthaltshöhe leicht Schlaflosigkeit, Herzklopfen, Atcmbeschwcrden und allgemeine Reizbarkeit. Durch die im Sommer gesteigerte Bakteriemncnge und die mit ihr einhergehende beschleunigte Nahrungsmittel verderbnis zeigen gewisse Krankheitsgruppen einen An stieg der Häufigkeit und der -Sterblichkeit im Hochsommer. Der Herbst gilt wegen seiner gleichmäßigen Wilteruugs- lage in unseren Breiten allgemein als die günstigste Jahreszeit. Gleichmäßige Winterkältc gilt im allgemeinen sür den Menschen als gesund. Anderseits pflegen die häufigen Plötzlichen Umschläge des Wetters im Winter sich für den menschlichen Körper nachteilig anszuwirken. Dazu sind die meisten Menschen gerade im Winter, wenn die Natur nicht hinaus'lockt und gesellschaftliches Leben die langen Abende beherrscht, besonder? angespannt oder in geistiger Arbeit an die Stube gefesselt, so daß hohe An forderungen an die körperliche und geistige Widerstandst kraft gestellt werden. Die Sterblichkeit an Altersschwäche ist im Winter erhöht, aber auch Nerven-, Herz-, Lungen-, Nierenkrankheiten und der auf Temperaturschwankungen hin gesteigerte Rheumatismus machen sich in der kalten Jahreszeit unangenehm bemerkbar. Darin liegt auch dec Grund, daß eine gesundheitliche Ausspannung in Gestalt eines Kurausenthalts in sonnenrcicher, gleichmäßig kalter Schneelandschaft Geist und Körper nachdrücklich zu be leben Pflegt, zumal, wenn die Möglichkeit zu stählendem Wintersport den Stoffwechsel kräftig aurcgt. Organisch Gesunde pflegen sich in der Kälte alsbald recht wohl und leistungsfähig zu fühlen. Bei blutarmen Personen be deutet freilich die Kälte ost einen zu starken Reiz, so daß selbst lebhafte Körperbewegung der Wärmeentziehung gegenüber nicht den erforderlichen Ausgleich mitzubringen vermag. Die Steigerung des Appetits in der Winterkur ist stets als ein willkommenes, günstiges Zcicl>en des Er folges zu werten. Sie WmnUkW ter kwerdslole». Reue Untersuchungen. EK. Trotz einer reichen Ernte an Brotgetreide und Kartoffeln, die uns im vergangenen Jahr bcschieden war, stellen die Aerztc eine besorgniserregende Unterernährung bei großen Teilen unseres Volkes sest. Diese traurigen Verhältnisse treten iin? in grellem Lichte entgegen in einer Untersuchung „lieber Unterernährung", die Dr. Fclir Böen heim in der „Deutschen Medizinischen Wochenschrift" veröffentlicht. Er gebt davon aus, daß die Mittel, die der Erwerbslose erhält, nicht ausreichen, um ihm eine ge nügende Ernährung zu gewähren. So bat das Berliner Statistische Amt die Kosten sür dir Ernährung einer fünf köpfigen Familie im Oktober porigen Jahres auf 75,40 Mark berechnet. Da die Unterstützung für eine solche Familie 88 Mark betrügt und 30 Prozent für die Woh nung zu rechnen sind, so bleibt sür Nahrung, Heizung, Kleidung und die log. Knlturbedürsnisse eine Summe übrig, die nicht einmal für die Ernährung ausreicht. Die Wohlfahrtsküchen liefern für 15 Pfennige ein warmes Mittagessen, mit dem man den Kalorienbedarf decken kann, aber doch nur durch die billigsten Nahrungsmittel. Boeu- hcim ist der Ansicht, daß dieses Mindestmaß der Nah rungszufuhr vielfach nicht erreicht wird. Durch Unter suchung von Haushaltungen von Wohlfahrts-Empfängern und auch noch in Arbeit befindlichen Personen hat er z. T. erschreckende Zahlen gefunden, die an die der letzten Kriegsiahre erinnern. So verzehrten in der Familie eines arbeitslosen EhevaareS mit sechs Kindern jede Vollperson 1483 Kalorien. Die Hvgiene-Kommission des Völkerbundes hat kürzlich als Grundmaß einen Verbrauch von 3000 Kalorien täglich sestgelegt, daS aber vielleicht um 300 Kalorien zu hoch liegt. Als Durchschnitt sür Arbeitslose in Deutschland wurde vom Völkerbund bei einem wöchent lichen Unterstützungssatz von 12,23 Mark eine Zufuhr von 61,7 Gramm Eiweiß und 2227 Kalorien berechnet, wozu bemerkt wird, daß diese Menge „unterhalb der sür eine ausreichende Ernährung notwendigen Menge" liege. Boenhcim bat nur solche Fülle von „Unterernährung" genauer beobachtet, bei denen die Gewichtsabnahme nicht durch irgendwelche Krankheiten hervorgernsen wurde und 10 Kilogramm und mehr betrug. In allen diesen Füllen wurde ein besonders starker Eiweißmangel sestgestellt. Als Erscheinungen einer allseitigen Untcreruührung ist zu nächst daS Schwinden des Körperscttes anzulehen. Nicht selten wurde von Unterernährten, die vorher nicht zu viel wogen, in einem Jahre 10 bis 15 Kilogramm ver loren. Die Gewichtsverminderung bei Erwachsenen im Alter von 20 bis 60 Jahren, bei denen cS sich also noch um keine Austrocknung wie bei Greisen handeln kann, trat bei Männern stärker auf als bei Frauen, dagegen war die Zahl der unterernährten Frauen unter den beob achteten Personen fast dreimal so groß. Bei der Unterernährung sind auch starke seelische Ver änderungen zu beobachten. Auffallend sind Ermüdung, kine Verttauenntsüe lür öa; Publikum ist das Riesaer Tageblatt. Man erkennt dies nicht nnr an seiner Beliebtheit bei seiner großen Lescrzahl. son dern anch daran, daß es täglich in vielen Fällen von seinen Beziehern mit dem Ersuchen UM Kat unkl ^U5kunlt in Anspruch genommen wird. Wer noch nicht Abonnent ist, sollte cs sofort werden. Die Norteilc des Bezuges sind für jeden Leser so bedeutend, daß der Bezugspreis von 2.— zuzüglich 23 cz!/ Zustellgebühr monatlich ein wirklich ge ringes Entgelt ist. Riesaer Tageblatt. Mattigkeit, Unlust, die geringe Arbeit zu verrichten, die auch dem Erwerbslosen noch obliegt, besonders bei Frawm. Ebenso eine ..reizbare Schwäche". Nicht selten hört man von Olmmachtsanfälle». Wie stark dw Lebens- Unlust gestiegen ist, zeigt das Auschwcllen der Selbstmorde, deren Zahl in Berlin in den Monaten Januar bis September 1930 138.3, 1931 1122, 1932 1685 betrug. Der Schlaf ist unregelmäßig und häufig nicht erfrischend. Der Stoffwechsel ist bisweilen gestört. Auch bei Personen, die infolge großer Gewiclstsabnalnnc Eruährnngszulage erhielten, konnte in vielen Fällen keine genügende Steigerung des Gewichts, erzielt werden; di-st Zulagen reichten nicht ans, nm einmal eingetretene Scbä den zu beheben. Das Blut der Unterernährten weist mit unter Anzeichen einer Blutarmut ans. Ob dadurch eine Zunahme der Tuberkulom hervorgernsen wird, ist nicht mit Sicherheit zn sagen, doch lassen nach Ansicht Boenbeiins einige Mitteilungen befürchten, „daß wir uns auch in die sem Punkte den Kriegszuständen wieder nähern." Wenn trotzdem die schweren Hungererscheinnngen des Krieges nickt anstreten, so liegt das wohl an der der Oncckität nach immer noch bessere» Nahrung von heute Als Boen- heim diese Untersuchungen in der Berliner Medizinischen Gesellschaft vortrug, führte in der Anssprach- Dr. Born stein aus, „daß endlich Maßnahmen ergriffen werden müssen, nm anch den letzte» im Volke hei vernünstiaer Verteilung des Vorhandene» restlos zn sättigen. Man be mühe sich jetzt, von den vorhandene» 7 Milliarden Liter Magermilch mit je 3 Prozent Milch Eiweiß, die zum größte» Teil aus Vieh verfüttert werden, bedeutende Men- aen für die menschlich? Ernährung nutzbar zn machen. Anch der Käse dürfe nicht vergessen werden, der der beste Eiweißträger ist: Fleisch fei nicht unbedingt nötig. „Gleichwohl trete ich Gr einen Fleischzusatz gerade bei den Aermste» als psvchi'che Nahrung ein, weil nun ein mal der Mensch im Fleisch etwas Besonderes sielst und dos Fehlen ihn besonders bedrückt," snhr Bornstein fort. „Gerade bei den Enterbten des Glücks ist eine Fleisch zulage aus seelischen Gründen notwendig." Mer MMend MlliiMe nah er IM. vdz. Das Statistische Reichsaint veröffentlicht soeben eine Uebersiclst über Höbe nnd Verteilung de? stenerpslich- Ugen Vermögens in Deutschland im Jahre 1928. Ans der Statistik gebt die Tatsache hervor, daß es in Deutschland im Jahre 1928 nicht weniger als 3174 'Millionäre gab. Ei» Vermögen von über fünf Millionen bis zehn Millionen hallen 131, ein Vermöge» von über zehn Millionen Mark 49 Personen. An der Gesamtzahl der Steuerpflichtigen ge messen mackste die an sich hoch erscheinende Zahl d,-r 'Millio näre nnr 0,1 Prozent ans. An „nickst natürlichen" Millio nären, d. h. vermögeusstenerpslichtigen Gesellschaften und Körperschaften, wurden im Jahre 1928 5528 gezählt, von denen 431 ein Vermögen von über zehn Millionen Mark besaßen. In der untersten Gruppe der Vermögensslalistik, die Vermögen bis zu sechstausend Mark umfaßt, wurden 309 527, in der Gruppe von 6000—10000 : 809 509 nnd in der Gruppe bis 20 000: 805.317 natürliche Personen ge zählt. In diesen drei untersten Vermögensgrnvpen wurden 69,68 sämtlicher StenerpsUchtigen, also weit über die Hälfte, gezählt. Das gesamte der Vermögenssteuer unterliegende Ver mögen betrug 1928 117,3 Milliarden RM. Es befand sich in Händen von 2 879 222 Steuerpflichtigen. Gegenüber der Veranlagung des Jahres 1927 war eine Zunahme des Vermögens um 18,3 Milliarden RM. oder 18,5 Prozent zn verzeichnen. Gleichzeitig hatte sich die Zahl der Stencr- pslichtigen gegenüber 1927 nm 13 Prozent erhöht. Der größere Teil dieses Vermögens von über 117 Milliarden Mark befand sich un Besitz von natürlichen Personen. Nur vierzig Milliarden waren in Händen juristischer Personen, im Besitz von Gesellschaften usw. Die Verteilung der Steuerpflichtigen selbst zeigt ein noch viel stärkeres Ueberwicgen der natürlichen Personen. Nnr rund vier Prozent der Steuerpflichtigen waren nichtnalür- liebe Personen. Daraus ergibt sich, daß die Höhr des Durch schnitts >crmögens bei den natürlichen Personen geringer war als bei den Gesellschaften. Durchschnittlich kamen im Privatbesili ans einen Steuerpflichtigen rund 28 0')0 Mart, bei den nichtnatürlichen Personen aber 310 000 Mark. Wenn auch die Berechnung des durchschnittlich auf eine Person entfallenden steuerpflichtigen Vermögens nur ein nnvolltvmmnes Hilfsmittel zur Beurteilung des Wohlstan des in bestimmten Gebieten ist, so geben die gewonnenen Zahlen doch einen gewissen Anhaltspunkt. Das steuerliche Durchschnitisvermögen einer Privatperson betrug in Preußen 30061, in Bavern 21 900, in Sachsen 31 593, in Württemberg 22 722, in Baden 22 016 Reichsmark. Der höchste Dnrchschnittssatz findet sich >u Hamburg mit 60 IM, der zweithöchste Betrag in 'Mecklenburg-Strelitz mit 32 842 R'M. Das niedrigste Durchschnittsvermögen verzeichnete Waldeck mit 18 286 Reichsmark. Ein Anhaltspunkt sür die soziale Gliederung und steuerliche Leistungsfähigkeit der ciu- zeknen Gebiete ist ihre Durchsetzung mit Vermögensstener- pslichtigeu. Während im Reichsdurchschuitt aus einhundert Einwohner nnr 4,61 VermögenSsteucrpslichtige entfallen, ist dies Verhältnis in einzelnen Ländern günstiger, so in Bremen, Schanmbnrg-Lippe, Waldeck, Hessen, Württem berg, Oldenburg, Baden, Lippe, Braunschweig, Bahcrn, Thüringen, Anhalt, Lübeck und Mecklenburg-Schwerin. Unter dem Reichsdurchschnitt lagen Mecklenburg-Strelitz (4,56), Sachsen (4,17), Preußen (4,23) und Hamburg ,3,60-. Nrerwer ötreMe. Dresden als Kunststadt. — August der Starke. — Im Atelier der Zeitgenossen. tsd. Daß Dresden eine Kunststadt ist, wissen die Dresd ner, doch kümmern sich nnr die wenigsten um das Kunst leben unserer Zeit und zehren nnr noch von dem alten Ruhm früherer Tage. Ja, cS gibt Dresdner nnd Dresd- nerinnen, die noch nie in der weltberühmten Gemälde galerie waren, geschweige denn in einer unserer modernen Kttnstausstellnngcn. Ein Konzert, das Theater findet immer noch leichter Anklang, aber die bildende Kunst ist recht in den Hintergrund des allgemeinen Interesses geruckt, und mit Bitterkeit beklagen sich Dialer und Bildhauer über die Lauheit ihrer Mitbürger Ob daran die eine oder andere absurde Richtung moder ner Malerei die Schuld trägt? Ich kann mich wohl erin nern, daß in den Jahren von der Jahrhundertwende bis zu Kriegsbcginn die Kunstausstellungen stark besucht waren, daß vor Neuerscheinungen beliebter Künstler sich die Menge staute, während jetzt die Säle erschreckend leer bleiben. Es ist hier nicht der Ort, solche Fragen zu entscheiden. Alle Kunstsrennde hassen von der Neuordnung im Vater land auch für die Knust eine Belebung und Erhöhung. Wenn wir aber dem Gedanken, daß Dresden eine Kunststadt lei, näher treten wollen, so ist in diesem Jahre just die rechte Zeit dazu gekommen, feiern wir doch die Erinnerung an den Mann, der für Dresden erst dieses Prädikat geschaffen hat, an August den Starken. Schon hat sich Dresden gerüstet, daS Gedenkjahr wür dig zu begehen; die Ausstellung im Schloß wird am 13. April eröffnet, und andere Vorbereitungen sind getrof fen, aus die wir bereits an dieser Stelle hingcwiescn haben. Möge aber dabei der Dresdner in all den Rückerinnerungen nicht vergessen, der zeitgenössischen Künstler seiner Hcinmt- stadt zu gcdcukeu, die nach Jahren unerhörter Entbehrun gen liir Anerkennung und Förderung dankbar sind. Viele tüchtige Schassende kenne» wir von den Ausstel lungen des Kunstvcreins her, doppelt lohnt eS sich, einen dieser Künstler — cs braucht nicht immer ein Prominenter zu sein — an der Stelle seines Schassens, im Atelier, anf- zusuchen. Greifen wir einen dieser Schassenden he-rans. Da ist Georg Gelbke. Wer hätte noch nicht seine belebten Zeich nungen, seine Bilder nnd Radierungen vom Sportplatz ge sehen und in der flotten Wiedergabe momentersaffender Beweglichkeit bewundert? Ein ernster Schaffender, der es genau nimmt nnd nie leichtfertig über künstlerisches Wol len hinwegtändelt. Im Aquarell ist er weich, farbig, eigen willig. Exotische Fische stellt er in ihrer bunten Seltsam keit, mit den durchsichtigen Leibern und den geschmeidigen Bewegungen in ihrem Eigenleben dar, Möwen im Flug, die schaumigen Wogcnkämme streifend. Die Porträtbildcr Georg Gelbkes verraten bestes Können, in seinen Radie rungen hat er Blätter von besonderer Schönheit ge schaffen, am kräftigsten aber entwickelt sich seine künstle rische Persönlichkeit in den Sportbildern, die, ost karten artig gefaßt, den menschlichen Körper spielend beherrsche». Ein anderer Künstler: Wilhelm Georg Kügler. Seine Landschaften wie Figurenbildcr zeigen besondere Farben freudigkeit, ohne doch jemals gewollte Effekte zu bringen. Wenn er die Glut der nntergehendcn Sonne über das Elb- bild der Insel bei Pillnitz auSgießt, so daß selbst in den Schatten noch da? Weben des Lichtes nachklingt; wenn er in dem Kinderporträt dem lachenden Gesicht weiche Töne zn gebe» weiß, nnd den Händchen die Beweglichkeit wirklichen Lebens, so ist dies ein Ausdruck seines künstlerischen Emp findens, das doch immer voll Harmonie bleibt. Ein Franen- bildnis, ein Hindenbnrgbild, Zeichnungen und Figuren bilder geben einen llcbcrblick über das Schassen eines Künstlers, der viel Können mit Persönlichkeit verbindet. Unter den künstlerisch hochstehenden Plakaten der Neuzeit finden wir vielfach seinen Namen. Mit diesen kurzen Hinweisen ist durchaus nicht knnK.- lerisches Wirken voll gewürdigt, vielleicht aber regt cs an, daß kunstliebende Dresdner und Besucher der Stadt sich ein wenig mehr mit ihren Zeitgenossen befassen und dadurch einen Eindruck erhalten, daß viel Können anch letzt der Zeit die Prägung gibt und Dresden nicht zn Unrecht auch heute den Namen einer Kunststadt trägt. Regina Berthold.
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