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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 08.08.1933
- Erscheinungsdatum
- 1933-08-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-193308084
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19330808
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19330808
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Riesaer Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1933
-
Monat
1933-08
- Tag 1933-08-08
-
Monat
1933-08
-
Jahr
1933
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 08.08.1933
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Gerichtssaal. Diebstahl im Dresdner Renn-Verein. In dem auf der Prager Strafte befindlichen Büro deS Dresdner Renn-Vereins wurde am Morgen des IN. Juni ein dreister Diebstahl ausgesührt. Ein in dem Schalterraum sich aushaltenber Mann benutzte eine kurze Abwesenheit des Kassenbeamten, um mit einem Ziegelstein das Schalterfenster einzuschlagen, ein hinter dem Fenster liegendes Bündel Papiergeld an sich zu reiften und dann die Flucht zu er greifen. Der Diebstahl war planmäftig vorbereitet, denn es gelang dem Dieb zunächst zu entkommen, weil er vorher zwei Türen mit Holzkeilen festgeklcmmt hatte, so daft seine Verfolgung auf Schwierigkeiten stieft. Mit dem Melde, cs handelte sich um über 4600 Mark, flüchtete der Täter ins Treppenhaus und gelangte über eine Hintertreppe durch ein Grundstück auf der Waisenhausstrafte ins Freie, wurde aber in einem Hausdurchgang der Ringstrasse von Straften- passanten, die durch die Rufe der Verfolger aufmerksam ge worden waren, aufgehalten und der Polizei übergeben. Bei dem Täter handelte es sich um den SN Jahre alten bisher unbestraften Tischler Karl Pochaska aus Dresden, der sich setzt wegen schweren Diebstahls vor dem Dresdner Amts gericht verantworten muftte, wo er in vollem Umfange ge ständig war. Er gab eine Erklärung für die Tat^ nach der er wegen mißlicher Verhältnisse in Schulden geriet, diese Schulden mit Hilfe von Nennwettgewinnen aus der Welt zu schaffen hoffte, was ihm aber nicht gelang, weil er beim Wetten die in der Regel geliehenen Gelder verlor und da durch in immer gröftcre Bedrängnis geriet. Da er durch seine Wettätigkcit mit den Verhältnissen im Büro des Dresdner Renn-Vereins vertraut wurde, kam ihm nach seiner Darstellung der Gedanke, sich durch einen Diebstahl einige hundert Mark zu verschaffen. — Das Amtsgericht billigte dem Angeklagten mit Rücksicht auf sein bisher ein wandfreies Vorleben und seine Notlage mildernde Umstände zU und verurteilte ihn unter Anrechnung der vollen Unter suchungshaft zu 6 Monaten Gefängnis. Eine Bcwährnngs- frist lehnte das Gericht ab, weil es der Ansicht war, daft nach der ganzen Ausführung des Diebstahls eine solche nicht am Platze war. Wege« betrügerischer Schädigung von Gesellschaftsreise»!»«« i verurteilt. Im August des Jahres 1930 muftten 262 Ferienreisende auf dem Hauvtbahnhof in Leipzig die Mitteilung entgegen nehmen, daft sie nicht abfahren könnte», weil die für die Fertcnfahrt eingezahlten Spargelder am Tage zuvor ans den Geschäftsräumen des Reisebüros gestohlen worden seien. Die Inhaber des Reisebüros hatten auch tags zuvor der Kriminalpolizei die Meldung von einem in ihren Geschäfts räumen verübten Einbruch erstattet: 14 000 Reichsmark seien in barem Gelbe gestohlen worden. Man hegte alsbald Zweifel, ob diese Angaben richtig seien. Die Inhaber des Reisebüros wurden in ein Verhör genommen, eine Unter suchung wurde eingeleitct und setzt sind sic von der dritten Großen Strafkammer beim Landgericht in Leipzig wegen gemeinschaftlich begangenen Betrugs zu se zwei Jahren Ge fängnis, 2000 Geldstrafe und je drei Jahren Ehren- rechtsvcrlust verurteilt worden. — Beide Angeklagten, näm lich der Kaufmann Hermann Gricme und der Kaufmann Johann Bemann aus Breme» leugneten entschieden, als Inhaber des Reisebüros „Sachsen" Gelder veruntreut zu haben: sie blieben bei der Darstellung, daft die eingezahlten Gelder ihnen gestohlen worden seien. Die Angeklagten hatten aber gegen sich den durch die Untersuchnngsbchörde ermittelten Tatbestand und insbesondere auch die Aussage eines aus dem Zuchthause vorgesnhrtcn Zeugen, der ganz bestimmt bekundete, man habe ihn dazu gewonnen, gegen ein Entgelt von -MW Reichsmark einen Einbruch in das Reisebüro „Sachsen" zu verüben, nm den Diebstahl der an gesammelten Gelder norspiegeln zu können. Man habe ihm auch gesagt, er schädige niemand, weil die Gelder ja ver sichert seien. Leider habe man ihm den Auftrag schließlich doch nicht erteilt. Das Gericht sah die beiden Angeklagten als überführt an und verurteilte anfterdcm noch einen Rei fenden Theodor Plcuft ans Bremen wegen Begünstigung zu zwei Monaten Gefängnis. MlNWMWr ZeiieMM vor EMl. vdz. Berlin. Das Schwurgericht des Berliner Land gerichts verhandelt seit Montag gegen den 22jährigcn Arbei ter Erwin Kerber und 12 weitere kommunistische Angeklagte wegen gemeinschaftlichen versuchten Totschlags, schweren Landfriedcnsbruchs, Bedrohung und Vergehens gegen das Waffenverbot. Dem Strafverfahren liegt der Fcueriibcrsall zugrunde, den am Abend des 14. Januar Kommunisten lege« daS ue« eröffnete SA.-Heim in der Boyenstraße 12 im Ein Hemmschuh ist die Wissenslücke, der Unterricht die beste Brücke. Lehrer für Sprachen, Musik, kaufmännische oder andere berufliche Ausbildung findet der Lern freudige rasch durch eine kleine Anzeige im Riesaer Tageblatt Anzeigen-Annahme tn Riesa, nur Goethestraße 89. Berliner Norden verübt haben. Zwei Nationalsozialisten sind bei diesem Ucbcrfall durch Schüsse erheblich verletzt worden. Der eine erhielt einen Steckschuß in den Ober schenkel, der andere einen so gefährlichen Bauchschuß, daft er nur ivie durch ein Wunder mit dem Leben davongekommcn ist. Der als Rädelsführer angcklagte Erwin Kerber, der auch die Schüsse abgegeben haben soll, leugnete hartnäckig jede Schuld. Er gab zu, daß er aus dem kommunistischen Verkchrslvkal in der Hochstraße nach dem in der Boycn- strafte befindlichen kommunistischen Lokal von Schulze ge rufen worden sei, weil es hieß, daß dieses Lokal von den Nationalsozialisten bedroht werde. Tatsächlich hatten sich einige Nationalsozialisten aus dem neueröffneten SA.-Heim in das gegenüberliegende kommunistische Lokal begeben, nm dort Einspruch dagegen zu erheben, daft die Scheiben ihres Heims durch Stcinwürfe von Kommunisten zertrümmert würden. Bei dieser Gelegenheit war es aber noch nicht zu einer Schlägerei gekommen, sondern die in der Ueberzahl befindlichen Kommunisten drängten die Nationalsozialisten wieder auf die Strafte. Kerber behauptete nun, bei seinem Eintreffen sei diese Auseinandersetzung schon zu Ende ge wesen. Er habe sich an einen Tisch gesetzt, sei eingeschlafen und erst erwacht durch den Lärm von zwei Schüssen auf der Strafte. Daraufhin sei er erst nach dem SA.-Heim hinüber gegangen und habe dort die Ansammlung seiner Genossen gesehen. Ein anderer Angeklagter, der 19jährige Arbeiter Johannes Klapper belastete dagegen Kerber schwer. Klapper gab an, er sei aus einem anderen kommunistischen Verkehrs lokal zur Verstärkung nach der Boyenstraße gerufen worden, und er habe gesehen, wie Kerber aus die im Eingang des SA.-Hcimcs stehenden Nationalsozialisten mehrere Schüsse aus einem Trommclrevolvcr abgab. Der Mitangeklagte Ttabcnow habe sich auf die Erde gelegt, damit Kerber besser zielen konnte. Kerber habe nachher seine Waffe in einem Keller hinter dem Ofen versteckt. Die übrigen Angeklagten leugneten die ihnen zur Last gelegten Handlungen. Heute Dienstag wird voraussichtlich der Prozeß zu Ende geführt werden können. ÄnniMiMer MM mmlllll. Vor der 4. Ferienstraskammcr des Landgerichts Dres den stand der 28 Jähre alte Glasmacher Paul Gottkried Wyrba aus Radeburg wegen Besitzes kommunistischer Druckschriften. Der Angeklagte, der der KPD. seit mehre ren Jahren angehört hat, war kommunistischer Kurier für die Stadt Radeburg. Bei ihm wurden bei einer Haussuchung am 2. März kommunistische Schriften gesun den, und zwar zwei Broschüren und vor allem zwei Ent schließungen, in denen zum Generalstreik und zu hochver räterischen Umtrieben aufgefordcrt wurde. Der Ange klagte bestritt, von dem hochverräterischen Inhalt Kenntnis gehabt zu haben und machte im übrigen geltend, daft die Schriften, als er nach der Auslösung der KPD. alle Bro schüren und Flugblätter verbrannt habe, übersehen worden seien. Die Behauptung des Angeklagten, die beiden bei ihm gefundenen Entschließungen bereits im Dezember oder Januar erhalten zu haben, wurden allein durch die Tat sache widerlegt, daft in ihnen von der Regierung Hitler— Papen—Hilgenberg und von den Februar-Notverordnun gen die Rede war. Die Strafkammer verurteilte Wyrba wegen Vergehens gegen die Notverordnungen vom 4. und 28. Februar 1933 zu 8 Monaten Gefängnis. Ein zweiter Angeklagter, der Geschäftsinhaber Karl Paul Fritz Wessel, wurde sreigesprochen. AO MkM FMeil Alfs... Deutscher Student bricht alle Gegelslugrekorde. d. Königsberg. Viel länger als einen vollen Tag blieb der Königsberger Philologieftudent mit seinem Segel flugzeug „B. Loerzer" sGrunauer Baby) in den Lüften über dem Frischen Hass und errang damit noch vor dem offiziellen Rhänsegelflugwettbewerb <vom 6. bis 20. August) -für Deutschland die Weltsegelflugmeistersck>aft, wenn man diesen Ausdruck einmal gebrauchen darf, zurück. Es ist noch nicht lange her — kaum 10 Jahre — da sah man die Segelflieger sowohl als Sportsleute wie als Flug beflissene spöttisch über die Schulter an. Man hielt sie nicht für voll und glaubte nichf an die Entwicklungsmöglichkeiten des Segelfluges. -Hätten sich die Pioniere der Segelfliegerei durch diese Einstellung weitester auch '„flugsachverständiger" Kreise in ihrem himmelstürmenden Bemühen abhalten lassen, es wäre wahrlich nicht viel aus der Segelfliegerei ge worden. Aber sie ließen sich nicht kleinkriegen, sie bissen die Zähne aufeinander, wenn -s nicht gleich geraten wollte. Sie erprobten ihre „Schwinge» und schließlich flogen sie wirk lich, flogen allen ihren Miesmachern über die erstaunten Köpfe hinweg . . . Als man in Deutschland mit dem Segelfliegen begann, bald nach 1920, da waren einige hundert Meter Gleitflug eine „schöne Leistung", zwei oder drei Kilometer waren ein Rekord. Dann kam Ferdinand Schulz, der ostpreußisch« Volksichullehrer, der es auf 20 und mehr Kilometer brachte. Ter Tnuerscgelflugrekord wurde zum ersten Male im Jahre 1922 aufgestellt. Die beiden deutschen Sportflieger Martens und Hentzen hielten sich gleitend und schwebend drei Stunden in der Luft. Nebeneinander wechselten nun Dauerrekorde und Streckenrekorde im Segelflug einander ab. Im Segeldaucrflug rangierten damals nach den Deut schen bald die Franzosen an der Spitze mit 8 Stunden, ein Rekord, den Schulz bereits 1924 mit 9 Stunden überbot. Einem belgischen Konkurrenten, der danach 12 Stunden tm Gleitflug sich hielt, schlug Schulz im Jahre 192S mit vollen 14 Segelstunbcn. In bunter Reihe steigerten danach Dinort, Ortelsburg, Henschel und schließlich kaliforinische Flieger auf 15, 18 und 22 Stunden. Den Kaliforniern hat nun der Ost preuße Schmidt die Dauerrekordkrone entrissen . . . Die Ttreckenrekordc sind entsprechend gewachsen. 1929 flog Johannes Nchring, der wie auch Schulz ein Opfer des Flugsportes geworden ist, mit einem Segelflugzeug 72 Kilo- meter weit, und Kronfeld erreichte bald darauf 175 Kilo meter Strecke . . . Allen diesen und den Erfahrungen aus jüngster Zeit ist zu entnehmen, daft die Entwicklung des Segelflugsportes noch lange nicht abgeschlossen ist. Gustaf Lilienthal, der vor wenigen Monaten verstorbene Bruder des Altmeisters der Fliegerei, Otto Lilienthal, sagte kurz vor seinem Tode: „Der Segelslug gibt uns noch mancherlei Rätsel auf. Seine Kinderkrankheiten aber können als überwunden gelten. Es ist dem Menschen heute schon möglich, sozusagen ohne Maschine nach modernen Begriffen auf den Wolken reitend, Berge und Täler zu überfliegen und sich ein bestimmtes Ziel zu setzen. Ein Jahrtausende alter Traum: Beherrscher der Lüfte zu werden, ist Wahrheit geworden . . ." Die neue Leistung eines deutschen Segelfliegers beweist, wie recht Lilienthal hatte. Rimdfunk-Programm. Mittwoch, den S. August. Berlin — Stettin — Magdeburg. 9.00: Schulfunk: Berliner Licht leuchtet in der ganzen Welt, — 15.20: Stunde der Frau. — 16.30: Militärkonzert. — 17.1S: Christuskreuz und Hakenkreuz. — 17.35: Für Hausmusik. — 18.05: Was uns bewegt. Wehrkreispfarrer Müller. — 18.40: Die Funkstunde teilt mit ... — 18.45: Stimme zum Tag. — 19.00: Stunde der Nation. Aus München: Das heimliche Reich. Hörwerk von Alois Johannes Lippl. Musik von Werner Egt. — 20.00: Losung. — 20.05: Darum lob' ich den Garten! — 20.50: Künstler der SA. — Danach bis 24.00: Tanzmusik. Königswusterhausen tz.OO: Berl. Progr. — 9.35: Kindergymnastik. — 9.50: Für die Frau: Allerlei Wissenswertes vom Einkochen. — 10.10: Schul funk: Zeppelin erobert Deutschland, Hörspiel von Rüdiger Dorr. — 11.45: Deutsche Wanderskizzen. — 14.45: Kinderstunde: Kin dertheater. — 15.45: Dichter reisen: Gregor Heinrich: „Märkische Landschaft". — 16.00: Konzert. — 17.00: Artisten bei der Ar- beit. — 17.20: Divertimenti des 16jährigen Mozart. — 18.05: Berl. Progr. — 18.35: Viertelstunde Funktechnik. — 19.00: Berl. Progr. — 20.00: Kernspruch. — Anschließend: Zur Jubiläums- Funkausstellung: Die Arbeit der Rundsunkkammer. — 20.10: Orchesterkonzert. — 20.50: Winke, bunter Wimpel . » .1 Eine Ballade von Alfred Karrasch. — 23.00: Aus Königsberg: Nacht» konzert. 424. Fortsetzung.) „Tue ich auch, nötigenfalls mit Gewalt! Adio, Hannel«, und laß mir das Mittagessen warm stellen, wenn ich nicht rechtzeitig zurück sein sollte." Draußen auf dem Flur stülpt« sich Ernst seinen zerknitter ten Jagdfilz auf, griff nach dem bleibeschwerten Reitstock und ging dann nach den Ställen hinüber. Zehn Minuten später trabte der Trakehner Fuchswallach zum Hoftor hinaus. Stein setzte sich im Sattel zurecht und ließ das Pferd Schritt gehen. Was die Johanna doch manchmal für närrische Einfälle hatte. — Prinzeß Maria Kreyn und — er, einfach lächerlich! Der alte Herr würde ihn ja für verrückt l)alten, wenn er Dummheiten! An so eine Unmöglichkeit, so ein« ganz und gar ausgefallene Kateridee durfte man nicht einmal denken! Aber er tat es doch Wen das Mädel wohl einmal heiraten mochte? Sicher irgendeinen Prinzen aus einem ehemals regierenden Hause, zum mindesten einen mediatisierten, einen Lobkowih, Schönburg, Thurn und Taxis, Schwarzenberg, oder auch einen ungarischen Magnaten; denn die Esthftzys Festtztis und Mansfeld-Colorades zählten dort ebensoviel wie hier die Kreyns. — Und natürlich — ein weidgerechter Heger und Jäger muhte es sein, ein Kerl, der das Herz auf dem rechten Flecke hatte, dem Jogdjoppe und Schmierstiefel lieber waren, als Frack und Claque und weiße Bindel Der Halaer blickte auf. Ein paar Graukrähen strichen quarrend ab, schackernd flattert« «ine Elster dem Holze zu. — Die starken Nachtfröste der letzten Tage hatten den Laubfall beschleunigt, eine dichte Schicht rostroter Buchenblätter be deckte den Weg. — Im Unterholz saß in beschaulicher Ruhe ein Flug Dompfaffen, Meisen und Kleiber turnten in -en Zweigen herum, rastlos klopfte ein großer Buntspecht die rissige Rinde eines alten Ueberhälters ab. — Ueberall war Leben und Lewequng. Hundert Schritt« weiter stand «in Sprung Rehe, zwei abgeworfene Böcke waren dabei, und ein alter Rammler mit griesgrauem Grind hoppelte gemäch lich in die gegenüberliegende Dickung. Wie glücklich doch so ein Geschöpf war! Wußte nichts von all den Leiden und Sorgen des Menschendaseins, lebt« nur in den Tag, für den Tag. Ach was! Ernst riß sich unwillkürlich zusammen — solche weichmütige Stimmungen durfte man gar nicht erst Herr über sich werden lassen — das war etwas für alte Jungfern, die Patiencen legten und einen asthmatischen Mops hätschelten — der Tod kam noch immer früh genug, und bis Ldhin? „Fröh lich gelebt und selig gestorben — heißt dem Teufel die Rech nung verdorben!" Irgendwo in dem Schweigen des herbstlichen Waldes flog ein schwacher Ton auf — ein halberstickter Ruf und nun wieder: „Hil—fe! Hil—fe!l" Stein beugte sich vor — lauschte da, da drüben war es gewesenl Er gab dem Wallach die Sporen, preschte, säst auf dem Pferdehals liegend, quer durch die niedrige Kiefern schonung, sah den Grenzweg vor sich und nein, es war keine Täuschung, keine Halluzinationen der überreizten Nerven — zwei wüste, brutal aussehende Kerle hatten einen aufbäumenden Gaul zum Stehen gebracht, griffen mit gierigen Händen nach der schlanken Mädchengestalt, die nur noch halb in dem verrutschten Sattel hing. „Hil-feül" Der Halaer nahm den Reitstock mit dem schweren, blei- ausgegosscnen Silberknopf verkehrt: „Hund verfluchter!" Mitten in die grinsende, schreckenstarre Grimasse hinein krachte der Hieb, dem blitzschnell ein zweiter folgte. „Hund! — Du Hund!" Aechzend und wimmernd lagen die beiden Banditen am Boden, im Nu sprang Ernst ab, schnallte den Kandarenzügel los und schnürte die Arme der Polacken aneinander, daß der elastische Lederriemen tief einschnitt. „So—o—o! Das wird wohl halten!" Schwer atmend richtete er sich auf und wischte den Schweiß von der Stirne. Da stand Maria schon an seiner Seite und schlang ihre Arme um ihn wie «in schutzsuchendes Kind. „Ich ich — ich danke Ihnen!" Ein fassungsloses Schluchzen» haltloses Weinen So zart, wie man es den derben, von Wind und Wetten s'bräunten Händen gar nicht zuaetraut hätte, streichelte Sie.» die Schulter des jungen Mädchens. „Durchlaucht! Ich bitt« Siel Di« Gefahr ist sa nun vor über!" Sie sah zu ihm auf, unter Tränen lächelnd. „Mein Schutz geist! Mein Nothelfer!" „Prinzeß — Maria!" Ganz leise sagte er es, und mit einem Male kam der Gedanke: Wenn ich setzt diesen frisch roten Mund küsse, wird sie mir nicht wehren. — Aber nein — so nicht — so doch nicht. „Fühlen Sie sich kräftig genug, um allein in den Sattel zu kommen? Ich kann nämlich diese beiden Kanaillen hier nicht loslassen, trau der Teurvel so 'nem heimtückischen Luder!" Und dann räumte er feinen Gefangenen die Taschen aus: Zwei Mehrladepistolen, zwei Gummiknüppel, zwei feststehende Messer. „Ein ganzes Waffenarfenal! Vorwärts ihr Bestien!" Ein peitschender Hieb mit dem Reitstock» taumelnd, blut überströmt zottelten die Wegelagerer vor Ernst her. — Der lachte nur. „Wie kam denn die Geschichte, Durchlaucht?" Maria klopfte ihrer aufgeregt tänzelnden Stute den schlanken Hals. „Ach Gott, ich bin heute zum ersten Male wieder ausgeritten, aber unterwegs wurde Hensels Pferd lahm, da schickte ich ihn zurück, und wie ich nun hier an di« Grenzdickung kam, brüllte es auf einmal „8roil" Im nächsten Augenblick war ich auch schon gepackt, konnte nicht mal mehr nach meinem Browning greifen wenn Si« nicht im letzten Augenblick dazwischen gekommen wären!" „Ja, es war wohl allerhöchste Zeit, na, gewesene Schmerzen hab' ich gern, das Wörtchen „wenn" spielt eben mitunter «in« große Rolle." Ein paar Sekunden lang schwieg das junge Mädchen, dann sagte es leise mit abgewandtem Gesicht. „Herr von Stein — ich kann Ihnen hier so nicht danken, wie ich wohl möchte, aber —" „Doch, das können Sie, Durchlaucht," fiel « rasch «in, „wollen Sie mir ein Versprechen geben?" „Und — das — wäre? fragt« sie zögernd. „Mein« Schwester packt schon ihre Siebensachen, st« fährt noch heute abend nach Piskowitz zurück — und — und Sie sollen sie begleiten, ich wollt« eben nach Romolkowitz reiten, um mit Ihrem Herrn Vater darüber zu sprechenl" „Der dann ganz allein wär« — ohne mich iFortfetzunafolat.)
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