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trmr zu vrtngem, wie Frauen vielleicht erwarten. Rur vie Angst, dich zu verlieren, überwand meine Hemmung und läßt mich von meiner Liebe zu dir sprechen.* Angewidert sagte Evelyn: »Wie merkwürdig, daß diese Ihre Hemmungen so gar nicht sunktionierten, als Sie an die Dame Ihrer Herzens schrieben. Der Bries Manches, der in meine Hände ge langte. war ja nur der Widerhall Ihrer Worte, voll glühender Liebesbeteuerungen und gSnzlich ohne jegliche Hemmungen. Blanche nahm bestimmt nur den Ton auf, den Sie anschlugen.* Gastons Lächeln schwand. Er sah ein. daß er eine falsche Saite angeschlagen hatte und änderte unverzüglich seine Taktik. „Gut, sprechen wir nicht mehr von Gefühlen, Evelyn! Aber vielleicht sind Sie sachlichen Gründen zugänglich? Eie haben mich durch den Skandal, den Sie provoziert haben, ruiniert. Ich mußte um Urlaub einkommen und bin zur Disposition gestellt, erhalte meinen Abschied, wenn nicht...* „Ich möchte richtigstellen, daß nicht ich eS war, die den Skandal provozierte, sondern Siel* »Sie irren! Meine Verfehlung hätte nie zu solchen Maßnahmen meiner vorgesetzten Behörden geführt, wenn nicht durch Ihre, mich schwer kompromittierende Art der Flucht ein solcher Skandal entstanden wäre!* „Auch das ist Ihre Schuld! Warum haben Sie mich mit Gewalt daran gehindert ohne Aussehen zu erregen, abzureisen?* Gaston biß sich auf die Lippen. Er hatte diese Frau unterschätzt! Sie war nicht so leicht seinen Zwecken ge fügig zu machen, wie er sich gedacht hatte. »Wollen wir nicht darüber streiten*, lenkte er ein, »wer den größeren Fehler gemacht hat. Die Tatsache steht jeden falls fest, daß Sie durch die Art Ihrer Flucht mich alS Beamten unmöglich gemacht haben. Jedenfalls verlangt meine Behörde, daß ich für Ihre abenteuerlich« Abreise »ine der Oeffentlichkeit glaubhafte Erklärung geben und durch mein weiteres Zusammenleben mit Ihnen jedem Sldtsch ein Paroli bieten kann. Deswegen bitte ich, daß Eie, wenigstens der Oeffentlichkeit gegenüber, wieder sich als meine Frau gebärden. Sonst ist meine definitive Ent lastung aus dem Staatsdienst nicht zu vermeiden.' »Di« Sprache, die Sie jetzt sprechen', antwortet« Evelyn, »verstehe ich sehr viel bester. Ihre Interessen verlangen eine scheinbare Aussöhnung mit mir. Aber meine Selbstachtung gestattet mir nicht, mich Ihren Inter esten zu opsern!' »Ich appelliere an Ihre Menschlichkeit, an Ihr Mit gefühl !' »Und wo war Ihre Menschlichkeit und Ihr Mitgefühl, als ich Sie bat, mich in Frieden ziehen zu lasten?' »Das war etwas anderes, die Interessen des Dienstes...* »Sparen Sie Ihre »orte! Ich war lange genug Diplomatenfrau, um zu wissen, daß niemand etwas dabei gefunden hätte, wenn ich, .meiner angegriffenen Gesund heit' wegen, in eia europäisches Bad gereist wäre. Wenn meine Rückkehr sich dann immer wieder verzögert hätte, bis Sie schließlich auf einen anderen Posten versetzt worden wären und unsere Scheidung ohne Aufsehen hätte voll zogen werden können. Aber aus irgendwelchen Gründen sind Sie auf diesen Vorschlag nicht eingegangen.' »So wünschen Sie also meinen Ruin?' »Ich wünsche ihn nicht, aber ich kann ihn nicht ver hindern!* »Sie könnten eS sehr gut, wenn Sie sich entschließen, »och eine »eile, der Form nach, bet mir auszuhalten!* »Nie werde ich Mich dazu entschließen!* »Ist daS Ihr unabänderlicher Entschluß?' »Ja! Ich habe «einen Anwalt bereits beauftragt, die erforderlichen Schritte einzuleitett.' »Das werden Eie zurücknehmen!' Eine drohend« Falte erschien rwischrtzGaSon- Auae»- braue«. s »Ich denke gar nicht daran.' »Und Sie glauben, ich werde Sie so ohne weiteres freigeben?* »Ich wüßte nicht, wie Sie mich festhalten könnten.' Ein höhnisches Lächeln prägte sich um Gastons Mund-, Winkel. »Sie scheinen eine Scheidung für die leichteste Sache; von der Welt zu halten und wissen nicht, daß das Gegen-! teil der Fall ist, sofern einer der beiden Partner seine! Einwilligung versagt. Ich erkläre Ihnen, daß ich Ihnen jede Schwierigkeit machen werde, die in meiner Macht liegt, ehe ich Sie freigeb«!' Evelyn erkannte nicht die Tragweite dieser Drohung- Sie fühlte sich im Bewußtsein ihres guten Rechts sichert »Ich glaube, daß Ihre Schuld für jeden Richter offen zutage liegt.' »So, das glauben Sie? Und wo sind Ihre Unterlagen für meine Schuld? Sie waren ja so unklug, mir die be weisenden Briefe vor die Füße zu werfen, statt sie sorg« fällig aufzubewahren. Welche Dokumente wollen Sie nun dem Gericht vorlegen? Sie wollen vielleicht die betreffend^ Dame als Zeugin laden lassen. So suchen Sie sie nur- Es dürfte Ihnen einigermaßen schwer werden, sie zu finden. Sie ist nicht mehr in Kairo. Und welche Zeugen haben Sie sonst noch? Wer hat etwas Positives gesehen tz Auf bloßen Kolonialklatsch hin scheidet kein Richter ein«? Ehe. Und selbst wenn Sie den Nachweis brächten, sy würde es Sie nichts nützen. Denn Sie haben mir ja Ver-i zeihung gewährt.' »Ich Ihnen Verzeihung?' »Man hat uns gestern Arm in Arm spazierengcheil sehen. Sie haben mich heute in Ihrem Zimmer emp fangen. Dem Gericht genügt das als Zeichen, daß Sie mir vergeben haben. Fragen Sie nur Ihren Anwalt.' »Und mit solchen Mitteln wollen Sie gegen mich kämpfen? Ja, wünschen Sie denn, daß ich Sie nicht mehr für einen Gentleman hatten soll?' Gaston zuckte leicht zusammen unter diesem Hieb. »L la guerre comme L Is guerre!' antwortete er. „Sis können von mir nicht erwarten, daß ich auf Sie Rücksicht nehme, während Sie mir kaltblütig den Todesstoß ver-! setzten. Im Kriege sind alle Mittel recht, und Sie werde» sehen, daß ich noch zu ganz anderen greifen werde, wemt Sie es nicht vorziehen, Ihren Frieden mit mir zu machen.^ Seine Miene war nur noch nackte Brutalität uns Drohung. Evelyn fühlte den Ekel in sich aufsteigen. Mit den Worten: »Ich habe mit Ihnen nichts mehr z« .besprechen', ging sie in ihr Schlafzimmer, dessen Tür siH zuschlotz. Erst als sie nebenan Gastons Schritte verklinge«, hörte, atmete sie auf. Aber die Unruhe in ihr blieb. Neuntes Kapitel. Die Unterredung mit Gaston hatte Evelyn doch heftiges erregt, als sie sich zugeben wollte. Gastons Drohunge« hatten etwas Erschreckendes; st« hielt ihn jeder Schandtat für fähig. Evelyn fühlte sich ihm auf diesem Gebiet durch« aus unterlegen. Sie wußte, warum Gaston kämpfte. Mich» nur um seine Rehabilitierung, sondern noch um etwass anderes. Gaston besaß kein eigenes Vermögen. Rach dell Scheidung von ihr war er auf seine Bezüge als Beamtet angewiesen. Die aber reichten fiir die Lebenshaltung, dill er gewöhnt war, nicht entfernt aus. Gaston würde alsch die Scheidung unter allen Umständen schon deswegen z« verhindern suchen, weil er ihr Vermögen nicht heraus* geben wollte. Vielleicht gar nicht konnte? Plötzlich schoß ihr beängstigend der Gedanke durch dech Kopf, daß dieser Mensch ja noch immer von ihr eine Bank^ vollmacht besaß. Wer konnte wissen, was er mit ihrenki Vermögen angefangen hatte oder noch anfangen würde B Sie selbst hatte sich ja bisher um geschäftliche Dinge nii! gekümmert, hatte alles vertrauensvoll ihrem Satten über« lasse«. Wo sollte sie sich nun auf einmal Rat holen? Sie rief ihre« Rechtsanwalt an^md bat um ein« eiliaM Unterredung. Mattre Duformantel war ein sehr kluger und sehr würdiger alter Herr. Aber er hatte wenig Zeit. Eine sehr große Praxis und noch größere Interessen auf politischem Gebiet ließen ihm nur wenig Muße für den einzelnen Fall. So hatte auch Evelyn, als sie bei ihm saß, nicht die nötige Ruhe, ihre Fragen und Besorgnisse mit ihm aus führlich zu besprechen. Immerhin erfuhr-sie, daß Gastons Behauptung, ihr zweimaliges Zusammensein mit ihm würde vom Richter vermutlich als Beweis einer stattgehabten Versöhnung angesehen werden, auf Richtigkeit beruhe. Auch nahm sie den Rat mit fort, bei ihrer Bank sofort die notwendigen Schritte zu unternehmen, um Gaston die Bankvollmacht zu entziehen. Zwischen Tür und Angel fragte sie noch, wie lange der Prozeß wohl dauern würde. Mattre Duformantel zuckte bedauernd die Achseln. Nach den Mitteilungen, die sie ihm heute gemacht hätte, bei den erst noch zu beschaffenden positiven Beweisen von Gastons Untreue könne man da noch gar nichts sagen. Sie möge sich auf ein bis zwei !Jahre mindestens gefaßt machen. Aber es wäre ja auch denkbar, daß Monsieur Dalandier seinen Standpunkt ändern und zu einem Entgegenkommen sich bereit finden lassen würde. Dann würde alles viel schneller vonstatten gehen. Als Evelyn den Advokaten verlassen hatte, empfand sie zum ersten Male das Gefühl weiblicher Ohnmacht. Da waren verschiedene Dinge zu tun, die sie nicht allein er ledigen konnte, weil sie es nicht gewöhnt war und auch nicht erlernt hatte. Ihr Vermögen war möglicherweise in Gefahr. Es mußte revidiert werden, was Gaston mit ihrem Geld gemacht hatte. Aber wie faßte man so etwas gv? Sie hatte nicht die geringste Ahnung von Geldsachen. Bedrückt kehrte sie in ihr Hotel zurück. »Madame', sagte der Angestellte der Rezeption höflich, »ein Herr war hier und hat nach Madame gefragt. Hier feine Karte mit der Telephonnummer. Der Herr erbittet einen Anruf von Madame!' Evelyn las und atmete erlöst auf. Lothar war hier! War in Paris! Er würde sich ihr nicht versagen. Aber konnte sie ihn noch einmal mit ihren Privatangelegen heiten belästigen? Lothar hatte doch wirklich genug für sie getan. Aber sie hatte sonst keinen Menschen, an den sie sich hätte wenden können. So entschloß sie sich zu einem telephonischen Anruf. Lothar war selbst am Apparat: seine sympathische Stimme, seine sofortige Hilfsbereitschaft und seine Er kenntnis von der Wichtigkeit aller ihrer Besorgnisse er füllten sie sofort mit Beruhigung. Er verabredete mit ihr eine Zusammenkunft in einem ruhigen Restaurant in der Nähe der Opöra und fügte hinzu, daß er es für besser hielte, wenn er sie nicht selbst ft» ihrem Hotel abhotte, da sie fortab damit rechnen müßte, durch Gaston beobachtet zu werden. AlS Evelyn pünktlich um sieben Uhr in einem Taxi vorgefahren kam, wartete Lothar bereits. Er hatte Mühe, sein heißes Glücksempfinden bei ihrem Anblick zu verbergen. Run er Evelyn wieder erblickte, fühlte er ganz, wie bitter er sich nach ihr gesehnt hatte. Schöner, noch schöner schien sie ihm geworden zu sein. Aus dem schwarzen Velourkleid erblühten Hais und Arme in makelloser Reine und edelster Form. Ihr Gesicht hatte das Müde der Resignation verloren, strahlte Lothar ent gegen. Tief beugte er sich auf ihre Hand. Rur mühsam konnte er sich so weit fassen, um ein paar ungezwungene Worte zu finden und in ein unbefangenes Gespräch mit der Geliebten zu kommen, die vertrauensvoll neben ihm ging. Als sie gemeinsam das vornehme Restaurant betraten, folgten dem schönen Paar viele Blicke. Lothar hatte einen kleinen Tisch in einer Rische reservieren lassen, in der sie sich unbelauscht unterhalten konnten. Sie stellten gemein sam daS Menü zusammen, und Lothar bestellte einen edlen Wein dazu. Kellner truaen eine Uniabl kleiner Matten mit ausgesuchten Vorspeisen auf. Dann kam eine riesige Languste und schließlich die getrüffelte Poularde. Die Eisspeise, der Mokka waren serviert, die Zigaretten angezündet, als Lothar endlich das Gespräch auf Evelyns Sorgen brachte. Er pflichtete ihr darin vollständig bei, von seilen Gastons mußte man sich auf allerhand gefaßt machen. »Wie sind die finanziellen Verhältnisse Ihres früheren Gatten?' fragte er. »Er hatte, als wir uns verheirateten, so gut wie kein, eigenes Vermögen.' „Glauben Sie, daß das ein Grund mit ist, warum er Ihnen die Scheidung verweigert?' „Ich fürchte! Zunächst verfolgte er wohl die Absicht, mich zu veranlassen, eine Scheinehe weiter mit ihm zu führen, damit er weiter im Dienst bleiben kann. Nachdem ich ihm das jetzt endgültig abgeschlagen habe, will ich ab warten, ob er nicht doch einlenkt. Wenn es ihm ernst ist mit seinen Drohungen, so wüßte ich nicht, welche anderen Zwecke er damit verfolgt außer geldlichen.' „Hatten Sie den Eindruck, daß seine Drohungen wirk lich ernst gemeint find?* ! »Vollkommen!' „Dann müssen Sie vor ihm auf der Hut sein. Man muß zunächst mit der Möglichkeit rechnen, daß er Sie als di« Schuldige hinstellen will. Darf ich mir die Frage erlauben, ob Ihre Vermögensverhättnisse es Ihnen gestatten, auf die Unterhaltspflicht Gastons zu verzichten?' „Wenn mein Vermögen intakt ist, ja!* „Dann werde ich Ihnen morgen einen zuverlässigen Treuhänder schicken, der sehr bald festgestellt haben wird, wie es mit Ihrem Vermögen bestellt ist. Er wird Ihnen ferner ein Schreiben für Ihre Bank mitbringen» das Dalandier die Verfügung über Ihr Vermögen entzieht. Unterschreiben Sie es sehr bald und sehen Sie zu, daß es morgen früh um neun Uhr bei Ihrer Bank ist.* „Wäre es sehr unbescheiden von mir, wenn ich Sie bitten würde, an meiner Stelle mit dem Treuhänder zu verhandeln? Ich verstehe von Bankangelegenheiten und Vermögensverwaltung nicht das geringste.' „Durchaus nicht! Ich hätte Ihnen das sogar an geboten, aber ich wollte nicht aufdringlich erscheinen.' Evelyn sah Lothar herzlich an: „Ausdringlich? Sie? Der einzige Freund, den ich habe? „Ich danke Ihnen, Evelyn, für dieses Wort!* Lothar streckte ihr die Hand hin. »So werde ich alles für Äe erledigen. Schicken Sie mir morgen alle Bankpapiere und sonstige Unterlagen. Ich werde dann versuchen, alles schnellstens zu klären. Eine Frage noch: Haben Sie ein Testament gemacht?* »Ja! Gaston hat mir ein Dokument vorgelegt, in dem wir uns gegenseitig zu Erben cinsetzten, und ich habe es unterschrieben.* Lothärs Gesicht wurde sehr ernst. Eine plötzliche Angst ergriff ihn. „Was haben Sie denn?* Evelyn hatte sein Erschrecken wohl bemerkt. „Ach, nichts!' versuchte er abzulenken. „Wollen wir I jetzt nicht von erfreulicheren Dingen reden? Was wollen wir mit dem angebrochenen Abend beginnen?' „Auch das überlasse ich Ihnen!* »Dann schlage ich eine gemütliche Künstlerkneipe im Mont Martre vor, die noch nicht für amerikanische Passanten hergerichtet ist. Dort werden Sie ein Stück echten Pariser Lebens sehen.* Bald darauf saßen sie in einem »einen verrauchten Lokal der Rue Ramey und erheiterten sich an den geistvoll vergnügten Improvisationen des SünstlervölkchenS. Es konnte nicht ausbleibe», daß Evelyns schöne Er scheinung Gegenstand mehr oder weniger versteckter Huldi gungen wurde. Evelyn «ahm das lachend auf, so, wie man Späße von Kindern htnnimmt. Aber Lothar empfand «ine heftige Eise sucht. Bald dränate er »um Aukbrnib. Lvelvn lolat«