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Diesmal scheint kein Zorn Seim Kurfürsten ov der Niederlage vorhanden. Lachen- bietet er seine Rechte, die Kronentaler zerbrechen und Eisenstangen biegen kann, dem Gegner zur Versöhnung. Lagt der Krenßler, ohne einzuschlagen, trocken: „Hält nicht mehr aus meine Hand, als die vom Kan didaten Reichmann, Kurfürstliche Gnaden!" „Er weiß, Krenßler?" „Und bin deshalb hier, für meinen unglücklichen Schüler zu bitten. Reichmann sitzt verzweifelt daheim, die Hand ist abgenommen. Er weiß nicht, wovon er sich nnd seine alte Mntter ernähren soll, Kurfürstliche Gnaden." August beißt betreten die Lippen. Er hat im lär menden Trubel seines Hofes die zerbrochene Kandi ¬ datenstand, die sem Gels zuruckgewlesen, ganz ver gessen. Hm — zum Krüppel gedrückt, weil — na ja, zum Donner — weil der Kerl besser fechten konnte als Kurfürst August, der berühmte Fechter seiner Zeit! Und wird freilich nun sein Lebtag keine Waffe mehr anrtthren. „Kurfürstliche Gnaden?" „Sein Kandidat soll die nächste gute Psarre in Meinen Landen haben. Und eine künstliche Hand von dein besten Meister obendrein. Ist er nun zufrieden, Krenßler?" Bauliches vom Riesaer Rathansplatz vor 50 Jahren. Unser heutiger Rathausplatz, eine Anlage, die unS' schon manche Freude bereitet hat, ist noch gar nicht so lange Zeit im Besitz seiner gegenwärtigen, äußeren Gestaltung. Wir wissen, daß er und ein Teil seiner heute bebauten Umgebung noch bis zum Jahre 1874 Schloßvorgarten-Anlagen gewesen sind, die von einer Mauer umfriedet und hie und da unterschiedlich ge ziert ivaren. Nachdem 1874 die Stadtgemeinde Riesa vom Frhrn. v. Welck das Rittergut gekauft hatte, und nachdem seit 1875 im alten Herrschaftsschloß unser heimisches Stadt- und Rathaus zu erblicken ist, ging auch die Umgestaltung des alten Schloßvorgartens bald vor sich. Nene Baupläne entstanden, deren Ziel die heutige Entwicklung und Gestaltung der Stadt bau-Anlagen um das Rathausviertel herum waren. Noch standen die alten Klostergebäude vor dem Herrenhaus, bergwärts vom heutigen Rathaus aus gesehen, in welchen auch 1850 das neue königliche Ge richtsamt untergebracht worden war; aber bald nach dem 1874er Kaufvorgang verlieh man der Schloß- garten-Anlage den diamen „Albert"-Platz zu Ehren des damals regierenden sächsischen Königs, welchen Namen der Platz auch bis 1910 behalten hat, um ihn dann mit dem sachlicheren Namen „Rathausplatz" zu vertauschen. Natürlich überstürzte sich die Planierung und Aufteilung des Platzes zu Banstellen nicht ohne wei teres. Vox genau 50 Jahren begann aber durch einen wichtigen Kauf- und Bauvorgang die Umgestaltung des Rathausplatzes sichtbare Gestalt anzunehmen; es geschah dies mit dem Bau des Pietschmaunsche« Hauses Ecke Rathansplatz und Großenhainer Straße, dem Hanse, in ivclchem jetzt der Kaufmann P. Starke einen schwunghaften Handel mit allerlei nützlichen Sachen betreibt. AuS dem Sitzungsbericht der Riesaer Stadtver ordneten, die am 29. März 1883 über Verschiedenes zu Nutz und Frommen unsres Gemeinwesens be rieten, erfahren wir zunächst, daß Herr I. H. Pietsch mann die östliche obere Eckbaustelle am „Albertplatz", 195 Quadratmeter mit 15 Meter Straßenfront, »m den Preis von 8,50 Mark pro Quadratmeter käuflich erworben hatte. Dieser wichtige Kanfvorgaug errveckte schon am 3. April 1883 in unserem heimischen Zeitungsnnter- nehmeu, dem „Riesaer Tageblatt" leinst „Elbeblatt und Anzeiger") folgendes interessante Echo: „Mit dem Kaufvorgang des Herrn Pietschmann ist ein wichtiger Schritt zur Bebauung des Albert- Platzes und somit zur Verwirklichung des Planes, diesen Platz mit der Zeit durch ein Häuserviereck ein-, zuschließen, geschehen. Die an der östlichen Seite des Platzes befindlichen Parkanlagen, deren Erhaltung von mancher Seite gewünscht wird, werden dadurch allerdings fallen müssen; allein, wenn man bedenkt^ daß diese Anlagen in ihrer exponierten Lage wohl nicht in einem ordentlichen Zustande erhalten werden konnten, daß ferner der Platz durch Bebauung seiner Seitenfronten an Schönheit nur gewinnen kann, so wird mau dem Fall jener Anlagen keine Träne nach weinen. Wünschenswert bleibt nur, daß sich für die weiteren Baustellen an jenem Platze bald weitere Baulustige finden, damit derselbe möglichst schnell ganz freigclcgt werden könnte. Dadurch würde auch die Geschäftslage des Platzes eine bessere werden; nicht minder würde der Ratskeller, der in seiner gegen wärtig versteckten Lage von Fremden oft gar nicht gefunden wird, geschäftlich gewinnen; auch märe die „Marktplatzfrage" sofort gelöst. Zwar verspricht der geplante „Neumarkt" an -er Bahnhofstraße s. Zt. ein Marktplatz ersten Ranges zn rverden, dessen Verwirk lichung allerdings noch in weitem Felde liegt." So ziemlich viel Wissenswertes erfahren wir zur Sache aus diesen Zeilen; manches ist ausgeführt wor den, manches schon wieder verändert und manches nie ins wirkliche Leben gerufen worden von den ange führten Plänen und Gegenständen. Aus einer Pressenotiz vom 25. April 1883 läßt sich feststellen, daß zufolge des Pietschmannschen Bau vorhabens in den Apriltagen vor 50 Jahren ein Teil der Parkanlagen, die damals auch noch vor dem Rat haus sich befanden, abgeholzt iind gleichzeitig der letzte Rest der ehemaligen Schloßgarten- nnd Straßenmauer welche einst das herrschaftliche Schloß von der Stadt trennte, niedergerissen wurde. Gar bald erklangen die vertrauten Töne rüstiger Arbeit; Hacke, Schaufel, Kelle und Hammer wurden gehandhabt um den Ban zu vollenden, auf welchen die damaligen Bewohner unsrer Stadt nicht wenig neu gierig, nnd, nach seiner wirklichen Vollendung, nicht wenig stolz waren. Gewerbefleiß und Unternehmer- Inst hatten somit den ersten Schritt getan, um hier, am alten Schloßvorgarten, das Nützliche mit dem Angenehmen zu verbinden. Bor 50 Jahren also war es unser verdienter Riesaer Gewerbetreibender und Mitbürger I. H. Pietschmaun, der den Anfang machte mit der Um- und Neugestaltung des Banbildes unsres heutigen Nat- hausplatzes. Das verdient hier festgehalten zu wer den. Inzwischen hat der Platz seinen -ritten Namen erhalten; nach der deutschen Erhebung zu Anfang des Jahres 1933 ward ihin der Name „Hindeuburgplatz" beigelegt. I. Th., R. Hemrick Ublemarnr- Riesa. Druck «nd Verlas von Langer u. Wiuterlick. Rieia. — Lür die Redaktion verantwortlich: Matter zur ZMege der Keimattieöe, der Keimatsorschung und des Keimatschuhes. Erscheint in zwangloser Folge als Beilage zum Riesaer Tageblatt unter Mitwirkung de« Bereln« Heimatmuseum kn Riesa, Nachdruck, auch INU Qiielle»<mgade «rtoleck Nr. 32 Riesa, 22. Jali 1933 6. Aahrga», Die Ablösung des dem Rittergut Bobersen bei Riesa zngestandenen Schradenholzgefälles. von Johannes Thomas, Riesa. Quelle: Lots, die bei dem Rittergut Bobersen in -en Jahren 1841 usw. vorgekommenen Ablösungen und Entschädigungen; Archiv. Bobers. In früheren Jahrhunderten, etlva seit dem Jahre 1400 herum, hat die alte sächsische Adelsfamilie derer von Köckeritz in der Gegend von Großenhain und vor allem in nnd um Elsterwerda sehr viele Besitzungen gehabt 1). Ein Stamm dieser Familie kam u. a. auch in den Besitz des der Stadt Riesa benachbarten Rit tergutes Bobersen, worüber wir aus einem Lriginal- Erbregister vom Jahre 1620 sehr genau unterrichtet sind 2). Aus dieser Tatsache, daß also vor mehreren Hundert Jahren die Köckeritze einmal mit fast ganz Nordsachsen und einem Teil der heutigen Provinz Sachsen belehnt gewesen sind, ergaben sich bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts auch gewisse Besitz- Kuriositäten des eben erwähnten Rittergutes Bober sen mit der Waldgegend des berühmten Schradens. Bobersen hatte an einige Einwohner gar mancher Schradendörfer Herrschaftsrechte, so daß diese Einwoh ner dem Rittergntsherrn zu Bobersen untertänig, dienst-, fron- - und zinspflichtig waren; außerdem hatte der Bobersener Schloßherr laus der Zeit jenes gemeinsamen Familienbesitzes dieses ganzen Land komplexes der Köckeritze) vererbte Rechte an den Waldbestaud des Schradens: alljährlich stand ihm ein genau festgesetztes Quantum Holz zu, das früher die Schradenbauern dem Bobersener Gutsherrn nach Bo- berscn frei fahren mußten, welches Recht aber etwa zu Ausgang des 18. Jahrhunderts in eine jährliche Geld rente umgewandelt wurde. Diese Rente erhielt Bobersen vom Amte Großenhain ausgezahlt, da der tzchradenwald bis zur Teilung Sachsens (infolge des 1) Vgl. hierzu „Unsere Heimat", 2. Jahrg. 192g, Beil. Nr. 46. 2i Val. „U. H." S. Jabrg. 1932, Beil. Nr. 23/24. Wiener Kongresses 1815) zum alten Amtsbezirk de» Königlich Sächsischen Amtes Großenhain gehörte, Nach 1815 wurden die Dinge nun anders; Sachsen ward in die beiden heute noch erkennbaren Teile ge teilt: die preußische Provinz und den heutigen Frei staat, das ehemalige Königreich, Sachsen. Demzu folge kam der Schradenwald in preußischen Staats besitz, und die Berechnung des SchradenholzdeputatS für das Rittergut Bobersen nahm wieder die alte« Naturallieferformen an. Am 11. November 1839 provozierte die Kgl. Preu ßische Regierung zu Merseburg aber auf Ablösung dieses Holzdeputats, welches der Preuß. StaatsfiskuS an das im Kgr. Sachsen gelegene Rittergut seit 1815 zu verabreichen hatte. Mit der Regulierung dieser Angelegenheit wurde infolge der seit 1833 mit -e» Bobersener Gutsherrn entstandenen Streitigkeiten von der Preuß. Negierung, bezw. deren General- Kommission der Provinz Sachsen zu Stendal, der Oekonomie-Kommiffar Pohl und später der Regie« rungsaffessor Haake zu Liebenwerda, von der Sächf. General-Kommission für Ablösungen nnd Gemetn- heitsteilungen zu Dresden der Advokat Dr. Bielttz und der Oekonom Drasdo aus Großenhain beauftragt. Nachdem unter der Leitung -er genannten Perso nen die beantragte Ablösung nach jahrelangen Ver handlungen endlich 1846 völlig zustande gekomme« war, ward zwischen i. dem Friedrich Wilhelm Mogk, Senator zu Oschatz in Sachsen, als Besitzer des MannlehngnteS, Bobersen, welcher als solcher durch den Kanzleischei« des Kgl. Sächs. Appellationsgerichts zu Dresden (als Lehnshof) vom 10. März 1840 legitimiert war, als Berechtigten, vertreten durch seinen Bevollmächtigten, de« Finanzprokurator und Advokaten Friedrich Wilhelm Lorenz zu Großenhain, und