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8. Vellage zimi Riesaer Tagevlatt. Freitag, st. Juni IN88, allen»?. 88. Jaßrg. ziidii!im«MM »kl PWWlkll. vbz. Berlin. Der ReichSverband Dentscher Poft» «nd Telegraphenbeamte«, mit seinen fast 150 000 Mitglie dern die größte Fachbeamtenorganisation der ganzen Welt, der hauptsächlich die Postbeamten der unteren Besoldungs gruppe« umfaßt, hielt am Mittwoch unter starker Beteili gung der Vertreter aus allen Teilen des Reiches im großen Saale des ReichSwirtschastsratS seinen 22. Verbandstag ab, der mit dem Jubiläum des 25jährigen Bestehens des Ver bandes zusammenfällt. Der VerhanblungSsaal war Mit Blumenschmuck, Hakcnkreuzbannern und den Bildern des Reichspräsidenten und des Reichskanzlers Adolf Hitler ge schmückt. Der Verbanbstag war gleichsam die Abschluß tagung der Organisation in ihrer bisherigen Form. Der Reichsverband, der in seiner Zentrale und in den Bezirks vereinen über große WohlfahrtSorganisationcn für seine Mitglieder, Genesungsheime, Fcriensicdlungen und Ver sicherungen verfügt, bleibt zwar zur Verwaltung dieser Einrichtungen und als Wohlfahrtsorganisation bestehen, aber seinen ursprünglichen Zweck, die Vertretung der be ruflichen und sozialen Forderungen seiner Mitglieder, wird er nicht weiter verfolgen, nachdem diese Interessenvertretung auf die Fachgruppe Post des Deutschen Beamtenbundcs übergegangen ist, dem die Verbandsmitglicder nunmehr als Einzelmitgliedcr angehören. Der Hauptgeschästssührcr des Deutschen Beamteubun- des Gunkel wies in einer Begrüßungsansprache auf diese Umschaltung hin, die ganz in der Linie liege, die die natio nale deutsche Revolution verfolge: die Abkehr vom organi satorischen Klassenkampf, die Aufhebung der Stanbcsgegen- sätze und stattdessen die Zusammenarbeit der verschiedenen Gruppen im Sinne deutscher Volksgemeinschaft. Dabei wandte sich der Redner gegen die Auffassung, als sei der Klassenhader durch die gewerkschaftlichen Organisationen von unten her herausbeschworen worden. Diese Organisa tionen seien nur der Gegendruck gegen den Druck von oben gewesen, Auch in der Beamtenschaft seien von oben chine sische Mauern deS Standesdünkels gegen unten errichtet worben. Diese Mauern müßten jetzt fallen in der großen Postfamilie, zu der die Beamtenschaft der Postverwaltung jetzt sich zusammenschließc. Der JubiläumsvcrbandStag be deute also keine Begräbnisfeier für den ReichSverband, son dern leite seine Auferstehung in einer neuen besseren Form ein. In der neuen Organisationsform könnten die in ihrem starken Verband so gut geschulten Mitglieder des ReichsvcrbandeS besonders wertvolle Hilfe leisten, nm die erhabenen Gedanken des Führers Adolf Hitler durch die Verwirklichung einer wahren Volksgemeinschaft auch im Bcamtenkörper in die Tat umzusctzen. Der Führer der Fachgruppe „Post" im Deutsche« Beam tenbund, Schneider, sprach sich bei seiner Begrüßung des ReichsverbandstageS in ähnlichem Sinne ans. Der Verbandstag nahm diese Begrüßungsreden mit starkem Beifall auf und unterstrich mit besonders lebhaften Beifallskundgebungen die dann folgenden Reden, in denen Vertreter aus dem Saargebiet und aus Danzig die unwan delbare Treue ihrer Kollegen zum deutschen Mutterland und ihre Verbundenheit mit der deutschen Revolution bekun deten. Der neue Führer des Reichsverbanbes, Postschaffner Reichardt, erstattete dann den Geschäftsbericht deS Vorstan des, der eine außerordentlich günstige Entwicklung der Ver bandsarbeit seststellt. Der Redner würdigte unter dem Bei soll der Verbanbstagsabgcordncten die Arbeit auch derjeni gen Vorstandsmitglieder, die jetzt infolge der neuen Entwick lung von ihren Plätzen scheiben. Nur mit einem Satz streifte er den Fall des früheren Verbandsvorsitzenden Kugler. Er sagte: Ich als Nationalsozialist lehne es ab, mich mit einem Mann zu befaßen, der sich jetzt hier nicht verteidigen kann, weil er sich in wenigen Tagen vor den Richtern zu verant worten hat. Mit allem Nachdruck betonte Reichardt, daß die Mitglieder deS Reichsverbandes auch in der neuen Organi sationsform ganz im Sinne des Führers Adols Hitler für die Erhaltung «nd Sicherung des deutschen Bernssbeamten- tums eintrete« würben. Einstimmig wurde vom Verbanbstag eine Entschließung angenommen, in der die Neuordnung der Beamtenorgani- satton als im Zuge der Volksgemeinschaftsidee des neuen Staates liegend begrüßt wirb. Der Verbanbstag fordert die Mitglieder auf, tatkräftig am Aufbau des neuen deutschen Beamteubundes mitzuarveiten. In treuer Gefolgschaft, im Sinne und Geiste des Führers an der Schaffung der deut schen Volksgemeinschaft mitzuwirken, sei heilige Pflicht und Aufgabe aller NcichSverbändler. Mit überwältigender Mehrheit wurden dann auch die durch die neue Organisationsform bedingten Satzungs änderungen beschlossen. Einstimmig wurde Postschaffner Reichardt als Rerbandsvorsitzender gewählt. Au den RcichSverbaudstag schloß sich abends eine natio nale Abschlußkundgebung. MIIlWS-MWdW lkk Mlemfei. vdz. Berlin. Als Abschlußfeier zu dem letzten Ber- banbstag des Reichsverbandes Deutscher Post- und Tele graphenbeamten in seiner alten Organisationssorm wurde am Mittwoch abend in dem festlich geschmückten Plenarsaal des ReichSwirtschastsrats eine Kundgebung aus Anlaß des 25jährigen Bestehens dieses Verbandes veranstaltet. Der Verbandsführcr Reichardt konnte als Gäste Vertreter des Reichspostministeriums und anderer hoher Dienststellen, Vertreter der befreundeten Postorganisattonen und eine ganze Reihe alter VerbandSveterane begrüßen, die an der Gründung ber Organisation der Postbeamten aus den untersten Besoldungsklassen beteiligt waren. Als Vertreter des ReichspostmtnisterS würdigte Postrat Dr. Zindars die Standesarbett, die der ReichSverband in den 25 Jahren seines Bestehens geleistet habe bis jetzt, wo er sich in die EinheitSorganisatton der deutschen Postbeam ten eingliedcrn wolle. Der ReichSpvstmintstcr begrüße auf das lebhafteste den Zusammenschluß der Postbeamtenver- bändc zum Eiuheitsbund, denn gerade diese einheitliche Organisation verbürge unter der Einwirkung der nationa- len Volkserhebung die Ausschaltung der Klasscugcgcnsätze auch bei der Beamtenschaft. Der Beamte besinne sich jetzt wieder auf sich selber. Er erkenne von neuem an, daß er ein Glied deS ganzen StaatSorgauiSmus sei und sich nicht in einen Widerstreit zum Staatsganzen setzen könne. In dem organisatorischen Zusammenschluß liege eine Stärkung des Staatsbewußtseins unserer Beamtenschaft. Wenn die Beamten aus den niedrigen Besoldungsgruppen mit beson derer Begeisterung an dieser Einigung teilnehmen, so be wahrheite sich auch hier wieder das Wort, daß der ärmste Sohn des Vaterlandes im allgemeinen auch ber getreueste sei. Der Reichspostminister sehe cs als seine Ehrenpflicht an, sich in der Fürsorge für die Beamtenschaft von niemand übertreffen zu lassen. Berbaudssiihrer Reichardt und Verbandssekretär Wil helm Frick schilderten die Kämpfe und Verfolgungen, unter denen vor 25 Jahren und schon früher die damals sehr schlecht bezahlten und schlecht behandelten unteren Postbeam ten sich zur Erreichung besserer Lebensbcdinguugen zu- sammengcschlossen hätten. Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Beamtenbundes, Gunkel, versicherte, baß die neue EinheitSorganisatton der Beamtenschaft mit derselben Energie wie die alten Verbände und ganz im Einklang mit den Bestrebungen des Volkskanzlers Adolf Hitler dafür sorgen werde, daß die schlimmen Zustände der überwunde ne» Epoche nicht wiederkehren. Im gleichen Sinne sprach sich auch der Leiter der Postfachgrupve im DBB.. Schneider, auö. Von den Veteranen ber Organisation sprachen Rothe»-, Kratosil «nd Remmers, die an ihre alten VerbaudSkamc- raden den Appell richteten, ihre Kraft nun unvermindert in den Dienst der neuen Einheitsorganisation zu stellen. Die von musikalischen Darbietungen umrahmte Feier wurde mit Hcilrusen auf den Reichskanzler und mit dem gemeinsamen Gesang des Deutschlandliedes und Horst- Wesscl-Licdcs geschlossen. M MM INI »M SA-MM AM Wl SMt. »Berlin. Vor dem Schwurgericht des Landgerichts N hatten sich am Donnerstag der ISjährige Arbeiter Emil Beilsnß und der 21 Jahre alt« Arbeiter Erwin Schoel wegen Mordes an dem LA.-Mann Hermann Tielsch und wegen versuchten Mordes an den SA.-Männern Seclig, Ihlenfeld und Abholz zu verantworten. Die beiden Angeklagten waren Mitglieder des verbotenen Rotsrontkämpserbundcs Wegen Beihilfe zum Morde sind die Kommunisten Ernst Behling und Heinrich Holzer angeklagt. Der Gegenstand der Mordanklage ist der Feuerübcrsall, den die Angeklagten am 9. September 19S1 in der Gneisenau- ftraße im Südwcsteu Berlins auf das nationalsozialistische Verkehrslokal „zur Hochburg" auSgeführt haben. Der Uebersall wurde von dem nach der Tat geflüchteten und bis her nicht wieder ergriffenen Führer des UntergaueS Zen trum des verbotene» NotfrontkämpfcrbundcS, Hermann Tschäge, planmäßig vorbereitet und es wurde ein Stoßtrupp gebildet, der die Ausgabe batte, das Lokal der National sozialisten zu umstellen und zu beschießen. Außer Tschäge gehörten diesem Stoßtrupp noch der Organisationsleiter Erwin Rätsch, der Literaturobmann Emil Beilfuß vom Rot- frontkümpferbund und der Kommunist Schock an. Als die Kommunisten kurz vor Mitternacht das Verkehrslokal er reicht hatten, schossen sie die beiden SA.-Posteu Tielsch und Seelig nieder und feuerten zahlreiche Schüsse in das Lokal, durch die zwei weitere SA.-Männer, Gerhard Ihlenfeld und Hermann Abholz, am Schenkel und Unterarm schwer ver wundet wurden. Tielsch verstarb an einem schweren Hals- schuß kurz nach seiner Einlieferung i» das Urban-Kranken haus, während Seclig, der einen schweren Leber- und Nicrenschnß erhalten hatte, gerettet werden konnte. Er ist jedoch noch heute zu 75 v. H. arbeitsunfähig. Die Mörder Bcilsuß, Schoel, Tschäge und Rätsch wurden nach der Tat durch die Flüchtlingsorganisation der Kommu nistischen Partei „Die Rote Hilfe" nach Sowjctrußland ge schasst, ivo Beilfnß und Schoel bis zum Sommer 1082 ver blieben. Da beide von den Verhältnissen in der Sowjet union jedoch schwer enttäuscht waren und unter den dortigen Bedingungen nicht leben konnten, kehrten sie nach Deutsch land zurück. Schoel äußerte ebenso wie der vor mehreren Wochen wegen des FenerüberfallS in der Richardstraße und des Mordes an dem Gastwirt Heinrich Böwe zu Zuchthaus verurteilte Kommunist Walter Guhl, daß er ein deutsches Gefängnis der russischen „Freiheit" vorziehe. Bcilsuß sagte bei seiner Vernehmung, man habe ihm für den Fall seiner Teilnahme an dem Mordüberfall freie Reise nach Rußland und feste Anstellung zugesagt. Dieses Versprechen habe ihn zur Tat bewogen. Die Angeklagten Behling und Holzer wurden am 17. Dezember des vorigen Jahres ergriffen. Zur gestrigen Verhandlung sind besondere polizeiliche Vorkehrungen getroffen worden. Nm Eingang zum Zu hörerraum stehen Polizeibeamte und durchsuchen die Zu hörer nach Waffen. Auch im Saal ist verstärkter Polizei schutz eingesetzt worden. Der Verhandlung, die mehrere Tage dauern wird, wohnt ein medizinischer und ein Schieß sachverständiger bei. Es sind 18 Zeugen geladen. Bei Er öffnung des Prozesses teilt der Vorsitzende, Landgerichts direktor Schmidt, mit, daß die Haupttäter immer noch in der Sowjetunion seien. Als er dann nach Verkündung des Er- össnungsbcschlusses den Angeklagten Beilfuß ausfordert, sich zur Anklage zn äußern, erklärt dieser: „Ich muß in schärfster Form gegen die Voreingenommenheit protestieren ...." — Der Vorsitzende unterbricht sofort diese Ausführungen des Angeklagten und erklärt, daß er es auf keinen Fall dulden könne, daß von dem Angeklagten Kritik geübt werde. Die Angeklagten sollten sich auf sachliche Verhandlung einrichten. - Der Vorsitzende gibt daun dem Angeklagten Schoel das Wort, der erklärt, daß er mit der Tat nichts zu tun hätte, sondern nur als Mitwisser nach Rußland mitgeflüchtet sei. Die dortigen Verhältnisse seien aber so schlecht gewesen, daß er es nicht mehr aushalten konnte und nach Deutschland zu rückkehrte. a- Rundfunkübertragung aus dem Prozeß wegen Ermordung des SA -Mannes Tielsch. Berlin. sFunkspruch.) Der heutigen Verhandlung gegen die Kommunisten Beilfuß und Genossen wegen der Ermordung des SA.-Manncs Tielsch wohnen Vertreter des Propagandaministerinms und der Funkstnndc bei. — Vor dem Platz des Vorsitzenden, vor dem Zeugentisch, der An klagebank und dem Platz des Staatsanwaltes sind Mikro» !I M III >!I III 1. Am 24. Dezember des Jahres 1812 reitet der preußische Hauptmann Joachim Döllnitz, geheimer Kurier des Freiherrn vom Stein, aus Petersburg kommend, über di« verschneiten Hügel des schlesischen Berglandes. Mit Absicht meidet er di« großen Poststraßen und nimmt lieber die einsamen, von Marodeuren unsicher gemachten Waldwege in Kauf, denn es ist nicht gut, sich einem lauern den Feind offener als nötig zu zeigen, besonders wenn dieser auf den Kopf des Geheimkuriers eine Belohnung von tausend Pistolen gesetzt hat — lebendig oder tot. Seit Jahr und Tag setzt Hauptmann Döllnitz das Leben für sein Vaterland aufs Spiel. Aber das Leben allein gilt wenig und alles di« Tat. So ist «r, von Rußland kommend, mit falschem Paß über die polnische Grenze gegangen und reist von da aus in Zivilkletdung als ein Bankier Möbius, wohn haft in Berlin und augenblicklich in Geschäften aus Warschau kommend, in das Herz Schlesiens. Noch vor Mitternacht will er bei Freunden auf Schloß Löbau sein, das auf halbem Wege zwischen Breslau und der Feste Glogau liegt. Der Hauptmann läßt den Rappen in ruhige Gangart fallen. Aufmunternd klopft er dem müden Tier den Hals. Es hat brav durchgehalten l Von neuem setzt heftiges Schneetreiben ein und macht den eiodrechenden Abend zur Nacht. Hauptmann Döllnitz zieht seinen Mantel fester, drückt di« Pelzmütze tiefer ins Gesicht, wechselt di« Hand, di«, von Frost erstarrt, di« Zügel hält. Nach einer Stunde Ritt leuchtet von fern, in einer Wald speis«, ein einsames Gehöft. Nun gibt der Hauptmann dem Rappen noch einmal die Sporen. Bor dem kleinen Fachwerkhaus, das, strohbed«ckt, unter der Schneelast fast zusammenzubrechen droht, springt der Kurier vom Pferd und klopft in besonderem Scblaa dreimal an di« niedere Tür, die sich kurz darauf vorsichtig öffnet und dann, als der alte Heidebauer den Reiter erkennt, in freudiger Hast ganz aufgerissen wird „Mutter — der Herr Hauptmann ist dal" ruft der Alte ins Haus. Und während er Döllnitz die Hände schüttelt und ihn bittet einzutreten, kommt die alte Bäuerin aus der warmen Stube geschlürft, das dicke Umhängetuch auf der Brust haltend, und zwinkert mit trüben Augen in das grelle Licht des flimmern den Schnees. „Der Herr Hauptmann . . ." stammelt der zahnlose Mund. Die Bäuerin sucht nach Worten, die ihr nicht lo schnell zur Hand sind, wie die Freude, die ehrlich in ihren Augen steht. Und während der Alte den Rappen in den Stall bringt, nimmt die Bäuerin Mantel und Pelzmütze des Hauptmanns und hängt sie zum trocknen In der niederen Stube ist wohlige Wärme. Döllnitz ietzi sich behaglich auf die Ofenbank, die Alte langt aus der Röhre die irdene Schüssel mit dicker Suppe und stellt sie, mit dem Holzlöffel daneben, vor Döllnitz auf den Tisch. Der Haupt- mann langt zu. Das heiße Essen weckt die eingefrorenen Lebensgeister, gibt Kraft für das Ende der beschwerlichen Reise. Der Bauer ist hereingekommen und nimmt neben oem Hauptmann Platz Sein fragender Blick ruht erwartend auf dem Kurier. Aber der will nicht sprechen, der ißt jetzt Da sagt der Alte zögernd: „Den Braunen hab ich parat, Herr Hauptmann! War ein schwieriges Ding, das letztemal, ihn zu verstecken vor den Schnüfflern. Ganz draußen in die Kuhle hab ich ihn bringen müssen, sonst hätten sie mich wey- geschnapvt mitsamt dem Braunen — die Mordbrenner, die elenden!^ , Döllnitz, der mit seinem Essen fertig ist, langt befriedigt nach seiner Ledertasche und holt den Tabak vor. Er stopft sich die Pfeife und reicht auch oem Bauer das Kraut hinüber. „Hat nun alles bald ein Ende, Justus! Alle Not und fremde Gewalt wird zusammenbrechen — die Freiheit ist auf dem Marsch!" Der Alte hängt an den Lippen des Kuriers, als ob sie Himmelsbotschaft verkündeten Dann sagt er, mit einem schweren Seufzer, wie erlöst: „Gott qeb's, Herr Hauptmann! Wär alleweil schon Zeit . .." Steif sitzt die Bäuerin da. Ihr Gesicht ist hart. Di« Augen starren ins Leere. „Heut ist heilige Nacht, und Kried» mll sein auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen . . Heiser krächzt ihre.Stimme, schmerzhaft. „. . . das Letzte haben sie uns ausgepreßt, die Mörderbrut das ist unser« Christmess« Heuer!" Die Frau kann nicht mehr weinen. Das verlernt sich bei all der Not, Jahr um Jahr. Ein bellender Husten schüttelt krampfhaft ihren knochigen Leib. Schweigen lastet in der Stube. Die Tabakswolken der Männer, die ihre Pfeifen allmählich leer geraucht haben, c liegen blau und dick in der Luft. s Schwer erhebt sich Döllnitz, die Rast ist zu Ende. Die Bäuerin holt Mantel und Pelzmütze, der Alte führt den Zraunen vor die Tür. , Das Schneegestöber hat aufgehört. Der Himmel ist sternen- i /ar, der eisige Wind schweigt Der Hauptmann schwingt sich in den Sattel. Er reicht den ! »eiden die Hand zum Abschied. „Kopf hoch, Justus! Wir chaffen'sl" Die Alten drücken dem Offizier die Hand. „Viel Glück aus , Sen Weg!" Döllnitz gibt dem Gaul die Sporen und sprengt in die mondhelle Winternacht hinaus. Wenn er gegen Mitternacht auf Schloß Löbau sein will, muß der Braune ausgreisen. 2 Auf der großen Poststraße, die von Dresden nach Breslau ührt, reist zu gleicher Zeit ein Schlittengespann. Der Reitknecht Jean des französischen Hauptmanns Lefevre oer auf Schloß Löbau in Quartier liegt, fährt die Frau seines Hauptmanns, Madame Jeannette Lefevre, die auf Wunsch ihres Mannes aus Paris mit Extrapost zu End« des Jahres in das Hauptquartier der Armee, nach Dresden, geeilt ist Inzwischen aber Ist der Hauptmann nach Schlesien abkom mandiert und der Besatzungsarmee zugeteilt worden, die ihm die Verwaltung des Kreises Löbau unterstellte. So Hai Lefevre seinen Reitknecht Jean als französische Kurierpost nach Dresden geschickt, um seine Frau nach Jahren der Trennung am Weihnachtsabend bei sich zu haben. Für den Reitknecht ein willkommener Auftrag, denn Dres den ist seine Heimatstadt. Er ist geborener Sachse und nur in französische Dienste gepreßt. Sein Hauptmann ist ein erträa sicher Vorgesetzter, und zu essen hat ein Soldat der Besatzu»!' armer reichlich. — Jean tut willig leinen Dienst, solang« iß, di-> Sache nicht ans Leben geht.