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Bürger, mahnend muh ich's sagen: Schützet eure Schmuckanlagen! Oh, wie kann man sich erbosen. Wo jetzt alles steht in Rosen. Wenn ein Frevler heimlich still Naht, der frech sie pflücken Mill. Nicht allein durch Blumenknicken, Nein, auch noch durch andre Zickes Macht sich mancher unbeliebt! Beispielsweise Kerls es gibt, Die, anstatt wie alle andern. Auf den Wegen nur zu wandern. Seitwärts, kaum ist's zu versteh'» Durch gepflegte Rasen geh'n. Oft genug, man könnt' verzagen. Sieht man selbst mit Kinderwagen Mütter auf beblumten Beeten. Nicht zerfahren nur, zertreten Wird manch' Blümchen, Pflänzchen fein. Darf so was gestattet jein? Durch die schönsten Schmuckanlagen Sieht man ost auch Kinder jagen Grad als wär zur wilden Hatz Das der schönste Fußballplatz. Sträucher, mühsam großgezogen. Sieht man da zerknickt, verbogen. Abgetreten ist das Gras. Pfui, ihr Rangen, schämt euch wzrs! Alle Blumen, Sträucher, Triebe, Was der Gärtner voller Liebe Hat zum Schutz euch anvertraut. Jeder soll mit jedem neuen Tage sich daran erfreuen. Pfui, wer ruchlos das zerstört. Was uns allen angehört! Ich weih ja nicht, schöne Leserin, lieber Leser, ob ihr euch durch die vorhergehenden Zeilen getroffen fühlen könnt. Ich weiß ia nicht, ob ihr auf euren täglichen Spa ziergängen an beblumten Beeten, gepflegten Rasen- und Schmuckanlagen Vorbeigehen miißt. Ich bin nur dazu ge kommen, hier ein Paar mahnende Worte zu sprechen, weil ich aus meinen sämtlichen Ausflügen in Gottes schöner Natur immer wieder die Beobachtung machen mußte, daß die oben geschilderten Sünden geschehen. Zu der Zer störungswut gesellt sich meistens nocb Unsauberkeit und jeglicher Mangel an Ordnungssinn, wie ich das in der ver gangenen Wocke wieder in einem großen Strandbad sel-en tonnte. Ueberall auf der großen Liegewiese sah man Butterbrotpapier, leere Bierflaschen, Wurstpellen und Brotrcste umhcrliegen. Trotz der aufgestellten Abfallbe hälter denkt kein Mensch daran, dieselben zu benutzen. HS ist einfach scheußlich! Geht ihr zu einem Strandbad hin, Ihr Jungen und ihr Alten, Dann müßt auf etwas Ordnungssinn Und Sauberkeit ihr halten. Werft euer Butterbrotpapier Nicht einfach auf die Wiese. Es stehen doch» Behälter hier. Den Abfall werft in diese. Seid ihr aus Sauberkeit bedacht. Dann wird sich jeder freuen. So aber, wie ihr jetzt es macht, Muh man ein Strandbad scheuen, * Nachdem man nach den unfreundlichen kühlen Tagen des Borsommers schon gedacht hatte, es wird überhaupt nickst Sommer werden, haben sich nun doch einige sehr schöne heiße Sommertage eingestellt. Wochenlang glaubten die Menschen, es müßte doch eigentlich einmal etwas wär mer werden und als dann die Wärme da war, stöhnte man sofort: „Mein Gott, ist das eine Hitze!" Man sieht, das selbst St. Petrus es nicht allen Leuten recht machen kann. Mir, der ich kein überflüssiges Fett an mir habe, macht die Hitze nichts aus. Ich freue mich über jeden Sonnenstrahl, der mich bräunt und meinem bleichen Ge sicht etwas Farbe gibt. Aber die Dicken, o weh, v Weh, die stöhnen und schimpfen, wenn es die liebe -sonne ein mal gut meint, so wie Herr und Frau Wumba, die an den heißen Tagen ihren fast ständigen Aufenthalt in ihrem Eisschrank nahmen. DttMer Vogelwiese 1932. tsd. Nachdem nunmehr die letzten Anmeldungen ein gegangen sind und die Platzverteilung an die Fieranten statt gefunden hat, ist festzustellen, daß bei der Dresdner Vogel wiese, die am S. Juli ihren Anfang nehmen wirb, eine weit höhere Fierantenzahl zu verzeichnen ist als in den vorher gehenden Jahren. Auch ein charakteristisches Zeichen der Zeit: es wollen besonders viele die Verdienstmögltchkeit, die ihnen das größte sächsische Volksfest bietet, ausnutzen. Weit über MN Vcrkaufsstände der verschiedensten Art sind ver geben worden, und die Zahl der Schaustellungen, Karussells wird sich um die 200 herum bewegen, während in mehr als lNN Schankzelten und Vergnügungslokalen die Besucher der Vogelwiese sich zur leiblichen Stärkung seßhaft machen können. Infolgedessen herrscht augenblicklich auf den Elbwiesen oberhalb Antons emsigste Geschäftigkeit, und wer wiederholt seine Schritte nach dem Gelände lenkt, muß staunen über die von Tag zu Tag beobachteten Fortschritte im Bau an großen und kleinen Zelten und Buden, die dort aus dem Boden hcrauswachsen. Und je näher der Tag der Eröffnung heranrückt, um so lebhafter wird das Treiben. Es wird geklopft und gehämmert, gesägt und gehobelt und genietet, daß schon sehr kräftige Nerven dazu gehören, um dieses „Konzert" auszuhalten. Aber die vielen Hammerschläge und Nieten sind nicht zu vermeiden, denn die zuständigen Behörden stellen mit Recht an die Sicherheit der Zelte, Karussells, Gebirgsbahnen und anderer Schaustellungen die höchsten Anforderungen, und die'Bezieher der Vogelwiese wissen, daß es in ihrem eigensten Interesse liegt, diesen Forderungen voll nachzukommen. Schon aus Siefen kurzen Andeutungen ergibt sich, daß alle Besucher der Vogelwiese auf ihre Losten kommen werden, vorausgesetzt, daß dem be Seht hier das schöne Bildchen, Der Ticke, voller Harm, schrickt: „Sag mal, mein Mathildchen, Ist dir es auch so warm? Ach glaub' das Eis ist alle, sieh doch mal nach, mein Kind» Wenn ja, in diesem Falle, Hol neues uns geschwind r' Dock) sie spricht: „O, du Ticken, Laß bloß mich hier in Ruh', Du kannst dich selber schicken. Ich schwitze mehr als du!" Die sommerliche Hitze scheint bei manchem nicht nur auf den Körper, sondern auch verheerend auf den Geistes zustand zu wirken. Man merkt das am besten, wenn man die Nachricht liest, die uns vor wenigen Tagen aus Lon don zugegange» ist. Nach dieser Nachricht hat fich in Lon don eine Gesellschaft gegründet, die sich den stolzen Namen „Nationales Laboratorium für pshchische Erforschung" zu gelegt hat. Diese Gesellschaft bringt als erste Sensation: Ein Ziegenbock soll in einen Jüngling verwandelt wer den. Ein Experiment, das der Leiter dieses sonderbaren Laboratoriums, Harry price, nach den Formeln alter Magierbücher des Mittelalters, probieren will. Diese For meln hat er studiert und herausgefunden, daß es möglich sein mllsfe, aus einem Ziegenbock einen Jüngling zu machen. Selbstverständlich ist dieses Experiment an einige Bedingungen gebunden. Ort der Handlung: Der Brocken mit seinem Hcxentanzplatz: nötig zum Gelingen find: ein Ziegenbock und eine Jungfrau reinen .Herzens. Ersterer ist sehr leicht zu beschaffen, wäyrend die Auswahl unter den Kandidatinnen schon etwas schwieriger ist. Es könnte ja sein, daß das Experiment mißlingt, und schon würde man sagen, die Jungfrau wäre nicht reinen Herzens gewesen. Trotz solcher Bedenken hat sich nun doch ein« Kandidatin in der 21jährigen Tochter eines deutschen Arztes und einer schottischen Mutter, mit Namen Urta Gordon, gefunden. Diese reine Jungfrau soll die Magier sprüche dem Ziegenbock nachts um 12 Uhr auf dem Brocken vorlesen. Dann soll das große Wunder geschehen. Aus dem Ziegenbock entsteht ein Jüngling, der, anstatt zu meckern, in formvollendeter Rede einen Licbcsantrag vom Stapel läßt. Auf diesem nicht mehr ungewöhnlichen Wege hofft die schöne Urta, die in der heutigen Zeit alle Hoffnungen auf einen Mann aufgegeben hat, doch noch zu einem solchen zu kommen. Die Expedition der englischen Magiergesellschaft ist bereits nach dem Brocken unterwegs, um ihr Experiment in Säene zu setzen. Die Hitze wirkt aus das Gehirn, Hier habt ihr den Beweis, Macht einen Umschlag um die Stirn Dem Harry schnell mit Eis. Nun stehen wir mitten in der Reisezeit. Alles will hinaus und allen fehlt das Geld. So auch mir und meinen lieben Freunden. Aber kleine Sonderfahrten machen wir trotzdem. Zwar nicht im eleganten Reiseautomobil, son dern in Bubbclkamps Geschäftsdreirad mit Anhänger für die Kinder. Allen bringt es Wohlbehagen, Es ist wirklich wunderfein. Wenn man so in offnem Wage» In die Gegend saust hinein. Stolz blickt man nach allen Seiten, Winkl und grüßt und nickt und lacht. Läßt von jedem sich beneiden, Der's noch nicht so weit gebracht. Neue Vorschriften für den Kraftfahrer über den Ge brauch der Hupe sind jetzt herausgegeben worden, wo nach die Hupe nur noch in Tätigkeit gesetzt werden darf, wenn durch das Herannahcn des Kraftfahrzeuges Wegebe nutzer oder Fußgänger gefährdet werden. Nicht mehr zu lässig ist, vor jeder Kreuzung zu hupen, - ebenso darf nickt mehr gehupt werden, um den Kraftfahrzeugen ein schnel leres Vorwärtskommen zu ermöglichen. Man stelle sich vor, wenn man als Kraftfahrer auf einer belebten Ver kehrsstraße, auf der das Publikum wie Kraut und Rüben durcheinanderläuft, sogar ost genug in Gruppen zusam men auf dem Fahrdamm steht, um sich ju unterhalten, vorwärts kommen möchte, ohne die Hupe zu gebrauchen. Ich habe dieses Kunststück gestern versucht. Jedesmal, wenn ich Personen vor meinem Wagen hatte, stieg ich aus, ging zu ihnen hin und sagte: „W ü r d e n sie nicht die Güte haben, ein wenig auf die Seite zu tre ten? Ich möchte mit meinem Wagen etwas weiterfahren. Vielleicht sind Sie so freundlich und benutzen für Ihren weiteren Weg den Bürgersteig. ,^Haben Sic denn keine Hupe an Ihrem Wagen?" sagte mir der eine, während der andere bei meiner Bitte zu seinem Begleiter sagte: „Der Hal sie wohl nicht ni ehr alle zusammen." Jedesmal s habe ich meine übergroße Höflichkeit mit allerhand dum men Bemerkungen der Passanten büßen müssen Soll ich nun der Polizeivorschrift entgegen, auf belebten Ver kehrsstraßen weiter Huven oder soll ich den dabintösenden Passanten, d-- von Straßendiizivlin und Verkehrsregeln nichts wissen, einfach in die -Hacken fahren? so oder so, wie man's macht, macht man sich strafbar! Gewiß, man kann als Kckaftlabrer, und ein gewandter .Kraftfahrer tut es schon sowieso, das Huven einschränten. Besonders da durch das Huven oft das Gegenteil von dem erreicht wird, was man will. Tenn oft genug erlebt man, daß Leute, die dahindösen, gerade durch das Hupen, anstatt aus der Fahrbahn in die Fahrbahn bincinsvringen. Daß an Straßenkreuzungen das Signal wegfallen soll, kann ich auch nicht gutheitzen: denn ohne daß man durch ein Hupensignal sich gegenseitig bemerkbar macht, muß man, um Unfälle zu vermeiden, in den belebten Verkehrs straßen der Großstadt an leder Straßenkreuzung seinen Wagen so ziemlich zum Stillstand bringen und wieder anfahren lassen, um eine reibungslose Abwicklung des Krartwagenverkehrs an diesen Stellen zu ermöglichen. Ein Zustand, der auf die Dauer auch nicht zu halten ist. Immer und immer wieder liest man neue Vorschriften für Kraftwagenführer. Es wäre bei der heutigen Verkehrs entwicklung doch auch angebracht, einige Vorschriften für die Fußgänger zu erlassen, die sich in ihrem Benehmen auf der Straße doch auch der heutigen Zeit anvasten müssen. Die einfachste Veickehrsvorschrift für den Fußgänger, beim Ueberaueren der Straße zuerst links und dann rechts zu sehen, wird fast nie beackitet. Ebemowenig beachtet man, daß der Fahrdamm der Straße für Fuhrwerke und nicht zum Spazierengehen da ist. Daß das stehen mitten aus dem Fahrdamm nicht statthaft ist und die Fahrbahnen der Fuhrwerke und Autos kein« Stätten sind, auf denen man ein kleines ^ckwäi-cken abbalten kann, soll auch jedem Passanten täglich eingc: Lm- mert werden. Dann würde das Huven, über das tick so manch Zartbesaiteter aufregt, schon von leibst eingeschränkt werden. Also, liebe Verkehrspolizei, als nächste Verord nung: Vorschriften über das Verhalten der Fußgänger auf belebten Verkehrs st ratzen! Kinder, habt ihr zarte Nerven, ?shr seid schuld an dem Gebot, T-aß wir kaum noch Huven denen, Huven aber tut sehr not! Da döst der und da döst jener Aut dem Straßendamm einher, Auf die Seite träte keener. Wenn das Hupsignal nicht wär. Also laßt uns hupen, bitte. Bis daß jeder, der nickt fährt. Achtet seihst auf seine Schritte Daß er den Verkehr nicht stört. Ernst Lächerlich- liebten Volksfest auch das nötige gute Wetter beschicden sein wird. Die Aussichten dafür sind nach dem übereinstim menden Urteil der Sachverständigen günstig. Für die glatte Abwicklung des Verkehrs hat das Polizeipräsidium Dresden die nötigen Bestimmungen ausgearbeitet, und der Rat der Stadt Dresden gibt wie üblich die Bestimmungen für den Gewerbebetrieb auf der Vogelwiese bekannt, die sich eng an die in den früheren Jahren gültigen Vorschriften anschließen. xlsiodtz sinsru Hauns odns XVodnune; nisrnanä kann idv kinäsn! -------- MMe Ctmillk-Men. Man hält unfern so eifrig mit Lippenstift und Farb puder hantierenden Damen das Beispiel der alten Ger maninnen vor, die sich solcher Mittel nicht bedient hätten. Aber man befindet sich dabei in einem schweren Irrtum, denn das Schminken ist nicht nur zu allen Zeiten üblich gewesen, sondern auch bei den germanischen Frauen bereits in ältester Zeit nachzuweisen. Der ältere Plinius berichtet von dieser altgermanischen Schminkmode, die er übrigens ebenso bei den Dakern, Sarmaten und Kelten seststellte. Im Hohen Mittelalter war das Schminken allgemein verbreitet, wobei allerdings die Ansichten über die sckfönste Gesichts- särbe auseinandergingen: bald wollte man „wie die Lilien" aussehen und bald wie die Rosen. Von den Engländerinnen des 12. Jahrhunderts hören wir, daß sie Bläsje für be sonders fein hielten; daher hungerten sie, ließen fick zur Ader und strichen lveiße oder graue Farbe über die Haut. Die Französinnen des 12. Jahrhunderts dagegen wünsch ten, reckt hübsch rot zu erscheinen, und griffen de-halb zu den Farbtöpfcn, aus denen sie sich fleißig a: inalten. Die deutschen Frauen taten es bald den Engländerinnen und bald den Französinnen nach. Zu der heroischen Kur, die nach der Erzählung des Predigers Geiler von Kavscrsberg eine Frau in Frankfurt anwandte, indem sie zur Ver treibung der Runzeln sich die Haut ätzen ließ, griffen aller dings nur wenige. Man benutzte vielmehr alle möglichen Schminken, die schon aus dein Altertum bekannt waren. Das Wort „Schminken" ist erst im 15). Jahrhundert aul- gekommen, während man vorher dafür einfach „färben" sagte. Es stammt aus dem Griechischen, wo „imigma" eine heilende Hautsalbe bedeutete. Tie hcrumziehenden Quack - salber, die solche Toilettenmittel feilbvlcn, bedienten sich des gelehrten Namens zur Anpreisung ihrer Wundcrware, und im Volk wurde dann diese Bezeichnung bis zur Un kenntlichkeit des fremden Ursprungs umgcbildet. Tie alt deutschen schminken wurden aus dustendcin Harz und Pflanzenfarbcn, aus Mehl, Fetten und einer Art Seegras bereitet. Doch nahm man auch weniger harmlose Mittel, wie Mennig für die rote nnd Quecksilber für die lveiße Farbe. Die Mode war selbst in bäuerlichen Kreisen all gemein verbreitet, und die Geistlichen eiferten lustig gegen dieses „Anstreichcn des Gesichtes". So erklärte Berthold von Regensburg die „Verfälschung des von Gott geschaffe nen Antlitzes" geradezu für eine Gotteslästerung. Im Nibelungenlied wird bei einem Hoffest „der Frauen ge fälschte Farbe" erwähnt, und Walther von der Vogelweide preist am Weibe „die eigene Färbung, sodaß ihr Weiß nnd Rot nicht vergeht". In einem Sprichwort der Zeit beißt es: „Gezwungene Lieb und geriebene Rütc lind beide nichts wert."