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Gerichtssaal so ooo RM Geldstrafe wegen Tabakschmuggels Das Amtsgericht Olbernhau verurteilte den vielfach vor bestraften tschechoslowakischen Staatsangehörigen Wenzel Kraus wegen fortgesetzten Tabakschmuggels und Paßver- gehens unter Einziehung der beschlagnahmten Schmuggel ware zu einem Jahr Gefängnis und 60 000 RM Geldstrafe oder ersatzweise zu weiteren sechs Monaten Gefängnis. Lin Wirtschaftsschädling Das Chemnitzer Gemeinsame Schöffengericht verurteilte den 51 Jahre alten Kaufmann Mendel Schoel Ro se nzw ei g aus Warschau wegen Konkursvcraehens und Kreditbetrugs zu zwei Jahren einen Monat Gefängnis. Ro- senzweiahatte sich jahrelang unter Vorspiegelung falscher Tat sachen Waren auf Kredit beschafft und leine Lieferanten um rund 70 000 RM geschädigt Obwohl er den Osfenba- rungseid geleistet hatte, spielte er sich als zahlungsfähiger Käufer auf. Außerdem hatte er seine Bücher derart unor dentlich geführt, daß keine Uebersicht über seinen Vermögens stand möglich war. Der mitangeklagte 48 Jahre alte kauf männische Agent Weidlich, der in zwei Fällen die unwahren Angaben Rofenzweigs bestätigt hatte, erhielt 200 NM Geld strafe. Erst Zeugin — daun Angeklagte. Am 7. Dezember vorigen Jahres verurteilte das Schwurgericht den Arbeiter Waldemar Thiel aus Zeithain- Lager wegen ZengenmcineidS zu neun Monate» Gefängnis und zwei Jahren Ehrverlust unter Anwendung des Straf-, mildcrungSparagraphen 157. Thiel hatte in einem Ehe scheidungsprozeß beeidet, zu einer Arbeiterin Elisabeth gcsch. Kirsch keine chewidrigcn Beziehungen gehabt zu haben. Im Lchivnrgcrichtsverfghren gegen Thiel beschwor wiederum die Kirsch, ehcwidrige Beziehungen zu Thiel nicht unterhalten zu haben. Der Staatsanwalt erhob nun mehr Anklage gegen die Arbeiterin Kirsch wegen Zengen- meincids. Das Schwurgericht verurteilte sie nach langer geheimer Sitzung unter Anwendung des Strafmilderungs paragraphen zu sechs Monaten Gefängnis. Wegen fahrlässiger Tötung verurteilt. Das Dresdner Gemeinsame Schöffengericht verhandelte tm Rittergut Cunnersdorf b. Mittclebcrsbach gegen den LSjährigc« Kraftwagensiihrer Ernst Kurt Mitschcl auS Mittclebcrsbach wegen fahrlässiger Tötung. Der Ange klagte hatte am Vormittag des 17. Januar mit einem Lieferwagen den dreijährigen Sohn des Gutsbesitzers Vor werker aus Cunnersdorf tödlich überfahren. Nach der An klage sollte er nicht genügend aufgepasit und auf der teil weise vereisten Straße zu schnell gefahren sein. Der Un fall ereignete sich am Eingang des Dorfes Cunnersdorf in der Nähe der Staatsstraße. Der Knabe wollte vor dem Kraftwagen noch schnell aus die andere Straßenseite ge langen. Der Angeklagte verteidigte sich damit, daß das Kind, nachdem cs das Nahen des Autos bemerkt hatte und stehen geblieben sei, im letzten Augenblick in den Wagen hineingelausen sei. Nach einer Ortsbesichtigung und Ver nehmung mehrerer Zeugen verurteilte das Gericht -en An geklagten wegen fahrlässiger Tötung und Verkcbrsttber- tretnngen zu einem Monat Gefängnis, bewilligte ihm aber eine Bewährungsfrist. , Odiei' oi^Li' o 8 5^ o bö Vermischtes. Drei Neberfälle zum Raub von Mieten. Drei Ueberfälle auf Personen, die Miete einkassiert hatten, spielten siel, gestern in Berlin ab. Nachmittags gegen 6 Uhr wurde im Hause Sclieffelstraße 26 in Lichtenberg der 63 Jahre alte Verwalter Fclilow von vier unbe kannten Männern mit vorgehaltenen Revolvern gezwungen, ihnen das Geld, das er soeben cinkassiert hatte, auszulietern. Die Täter ergriffen mit ihrer Beute von 3092 Mark die Flucht und entkamen. — Um dieselbe Zeit drangen 2 Männer in die Wohnung der Portierfrau des HauscS Boppstratze 11 in Neukölln, Lina Markus. Sie richteten ihre Pistolen auf die überraschte Frau und entrissen ihr die Mietgelder in Höl>e von etwa 1000 Mark. Auch sie sind, ehe sich die Frau von ihrem Schreck erholen konnte, uner kannt entkommen. — Kurze Zeit danach wurde die 69 Jahre alte Witwe Schneider im Flur ihres HauseS Kpffhäufer- straße 2 von einem unbekannten Mann überfallen. Er entriß ihr die (sleldtasche, die 300 Mark in Silber enthielt. Frau Schneider hatte dieses Geld in einem Hause in der Goteustraßc, das ihr ebenfalls gehört, einkassiert. Der Täter muß sic beobachtet haben und ihr unauffällig ge folgt sein. Auch er konnte mit seiirer Beute entkommen. Selbstmord im Backofen. Einen entsetzlichen Tod suchte in Ziehmenoorf in der Altmark die 40 Jahre alte Ehefrau des Landwirtes R. Nach einer el-elichen Aus einandersetzung beschloß sie, sich das Leben zu nehmen. Sie stand nachts auf, zündete in dem auf dem Hofe be findlichen Backofen Feuer an und kroch dann in den Ofen hinein. Als der Mann hinzukam, konnte er sie nur mit großer Mühe aus dem Ofen herausholen. Der Arzt konnte jedoch nur noch den Tod feststellen. Selb st mord eines Geschäftsführers der Webwaren ei nkaussgesellfchaft in Ham- b u r g. Wie erst jetzt bekannt wird, hat sich der zweite Ge schäftsführer der Hamburger Webwareneinkaussgescllschaft, Koß, am Dienstag voriger Wocl>e erschossen. Von zustän diger Stelle erfahren wir dazu, daß vor etwa acht Tagen bei der Gesellschaft durch den ersten Geschäftsführer eine Revision stattgcfuudcu hat, bei der Unregelmäßigkeiten in der Kasse festgestellt worden waren. Auf seinen Antrag hin wurden dann sofort Revisoren zur näheren Nach prüfung eingesetzt. Als Koß davon hörte, beging er Selbst mord. Wie hoch sich die Unregelmäßigkeiten belaufen, konnte noch nicht festgestcllt werden. Man glaubt, daß eine Summe von etwa 10000 Mark in Frage komme. Die ge nauen Feststellungen sind natürlich durch den Selbstmord des zweite» Geschäftsführers erlieblich erschwert. Großf^uer bei Lodz. In einem Dorfe bei Lodz sind in drei Stunden 33 Bauernhäuser und 150 Wirtschafts gebäude durch Feuer vernichtet worden. 20 Dorfbewohner erlitten Brandverlctzungen. 22 Todesopfer bei dem Taifun auf den PhiIippine n. Der Wirbelsturm, der am Samstag Zwei drittel der Stadt Jolo zerstört hat, hat nach den bis herigen Feststellungen mindestens 22 Todesopfer gefordert. EinsturzungM in vlmütz Olmüh, 3. Mai. Bei einem Schulneubau in Olmüh- Repcin stürzte ein Gerüst ein, auf dem acht Arbeiter beschäf tigt waren. Einem der Arbeiter gelang es, sich an einem Fensterrahmen festzuklammern; die andern wurden in die Tiefe gerissen und unter den Trümmern des Gerüsts begra ben. Sie erlitten insgesamt schwere Verletzungen. Einer von ihnen starb aus dem Transport ins Krankenhaus. Selbstmord eines Hamburger Direktors Hamburg, 3. Mai. Der zweite Direktor der Hamburger Webwaren-Einkaufsgesellschast, Koh, Hal, wie erst jetzt be kannt wird, in der vergangenen Woche Selbstmord verübt. In der Kasse sollen Unregelmäßigkeiten festgestellt worden sein. Als Koh erfuhr, daß zur Rachprüfung der Angelegen heit Revisoren eingesetzt werden sollen, erschoß er sich. I« Felseneck-Prozetz stellte st» am Montaa bei «röffuuua der Sitz»«, Sera»«, daß einer der kommunistischen An,»klagten, Ben«, nicht er. schienen war, sondern krank im Unt»rsuchung«gifSnoni« liegt. Der berbeigeenfene Gerickttzaeet erklärte, e« liege bei Genz rin schwerer nenrotbischer Hereanfall vor; Wenz wär« nicht verbandlunagsähig. — Auf Antrag de« Staatsanwalts beschloß das Gericht, am Montag nicht »u verbandeln, sondern dir Sitzung ,«nächst auf Dienstag »» »ertagrn. Dann werd« man sich schlässta »erden, ab »bue tzen Ange klagten Gen» »erhandelt «erden könne. Urteil im Rigaer Damrarth. )l Riga. Nach dem Urteil des ArirdenSrichter in der Klaae der neuen Domverwaltung gegen die deutsche Dom- gemeinde auf Räumung der Ballarat« und der Küller- wohnunarn mutz die deutsche Domgemeind« alle Räume der Domkirchr mit Ausnahme einer einzigen Sobnung verlaffen. Al Caporres Berufung endgültig verworfen. )l Washington. Di« Revision Al Eaponr» beim Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten gegen sein« Verurteilung zu 11 Jahren Gefängnis «ege« Steuerhinter- »iebung ist verworfen wordeu. Rundfunk-Programm. Mittwoch, den 4. Mai. Berlin — Stettin — Magdeburg. 6.00: Funk-Gymnastik. — Anschließend bis 8.15: Frühkonzert. Neues Tonkünstler-Orchester. — 9.00: Schulfunk: „Balladenstunde. Deutsche Geschichte in der Ballade". (Opern- und Kammersänger Richard Klewitz). Am Flügel: Dr. Wolfgang Herbert. — 11.30: Aus Leipzig: Mittagskonzert. Das EmdS-Orchester. — Als Einlage gegen 12.30: Wettermeldungen. — 14.00: Richard Wagner (Schall platten). — 15.20: „Aus Arbeit und Leben". „Fabrik. III.: Hör bericht aus dem Deutschen Arbeitsschutzmuseum. — 15.45: „Mut ter und Sohn". — 16.00: Personenoerzeichnis zu nachfolgender Uebertragung. — 16.05: Aus der Volksbühne (Theater am Bii- lowplatz): Opernschule des Stern'schen Konservatoriums. — 17.05: Von dem Dachgarten des Warenhauses Karstadt: Unterhaltungs musik (Kapelle Eslm Schachmeister). — 17.30: Jugendstunde. „Bal laden von Peter Schnellbach". — 17.50: Das musikalische Magazin. Ein Querschnitt durch musikalische Neuerscheinungen. — 18.30: „Rechtsfragen des Tages". — 18.55: „Die Funk-Stunde teilt mit ..." — 19.00: „Stimme zum Tag". — 19.10: „England in den letzten vier Wochen". — 19.30: Alt-Berliner Tanz-Abend. Kapelle Otto Kermbach, unter Mitwirkung von Alexander Fleß- burg (Tenor). — 21.00: Tages- und Sportnachrichten. — 21.10: Aus Hamburg: „Der Strom — ein Leben". Auftakt von Eberhard Brahms. — 22.00: Politische Zeitungsschau. — 22.15: Zeitansage usw. — 22.30—24.00: Aus München: Konzert de» Rundfunk-Or chesters. Margot Leander (Sopran), Willy Stuhlsauth (Violine). KSnigswusterhausen. 5.45: Wetterbericht. — 6.00: Funk-Gymnastik. — 6.15: Wie derholung des Wetterberichtes. — Anschließend: Frühkonzert. — 9.00: Berliner Programm. — 9.30: Selbsterlernen von Plakat schristen. — 10.00: Neueste Nachrichten. — 10.10: Schulfunk. Eine Riesentaube fliegt über den Ozean. — 12.00: Wetterbericht. — An schließend: Schallplatten-Konzert. — Anschließend: Wiederholung des Wetterberichtes. — 13.30: Neueste Nachrichten. — 14.00: Kon zert. — 14.45: Kinderstunde. Kindertheater. „Durch di« Wüste". — 15.30: Wetter- und Börsenberichte. — 15.45: Frauenstunde. Mein Küchengarten aus Balkon und Dach. — 16.00: Pädagogischer Funk. Der Landlehrer als Biichereileiter. — 16.30: Uebertragung des Nachmittagskonzertes Hamburg. — 17.30: Technische Erfindung und Wirtschaftskrise. — 18.00: Musik und Rasse. — 18.30: Berliner Programm. — 18.55: Wetterbericht. — 18.55: Viertelstunde Funk technik. — 19.10: Volkswirtschastssunk. Die Wirtschaftslage Eng lands. — 19.30: Berliner Programm. Weilchen beim Wein, der kühl und golden in grünem Galse perlte. Dann traten sie gemächlich den Weg zur Bastei an durch die märchenschöne Heimlichkeit des Uttewalder Grundes, der in mäßiger Steigung zu dem berühmten Aussichtspunkt der Sächsischen Schweiz führte. Zu Füßen der moosbewachsenen Felsen rieselte leise plätschernd ein Bächlein. Bäume mit seltsam gewundenen Stämmen wuchsen aus den Steinritzen, einten sich oben zu gold- durchschimmertem Blätterdach... In staunender Bewunderung schritt Barbara an der Seite des großen, schlanken Mannes dahin, der nun auf einen flachen, kaum kniehohen Stein zuging und, seinen Mantel darüber breitend, seine Begleiterin zu kurzer Rast aufforderte. Mit gefalteten Händen saß Barbara da und blickte andächtig umher. „Wie ist das alles herrlich", sagte sie endlich, „als wolle die Natur die Größe und Güte ihres Schöpfers preisen." „Das tut sie überall, auch im geringsten Blümchen und Sandkorn", erwiderte Plesstng. „Jeder Schritt unter freiem Himmel bringt uns ihm näher, der uns schuf und die Erde schenkte. Aber es ist altmodisch geworden, an Gott zu glauben" — um den schönen, festgeschnittenen Mund zuckte ein bitter spottendes Lächeln —, „dafür beten wir die Technik an." „Ich glaube", erwiderte Barbara leise, ganz in träu mendes Schauen versunken, „weil ich glauben muß, um glücklich zu sein." Da legte sich eine Hand auf die ihre, warm und be hütend. „Mit Ihnen ist gut wandern, Barbara Pohl", tönte die tiefe, klingende Stimme neben ihr. „Man meint, Ihnen zu schenken — und wird beschenkt. Ich freue mich über den Zufall, der uusere Pfade sich kreuzen hieß in der traurigsten Zeit meines Lebens." Plessing erhob sich, reckte die Schultern und nickte der erglühenden,Barbara zu. Und als sie gemächlich die letzte steile Höhe erklommen, begann er von seiner Frau zu erzählen: „Sie war sechzehn, ich vierundzwanzig Jahre alt, als wir uns kennenlernten — ein zartes, schlankes Ge- schöpfchen von geradezu ätherischer Schönheit und von jener bestrickenden Liebenswürdigkeit, die alle Herzen ge winnt. Von der ersten Stunde an fühlten wir, daß wir füreinander bestimmt waren. Es dauerte noch manches Jahr, ehe Marions Vater, ein englischer General, sich entschließen konnte, sein einziges Kind einem Ausländer zu geben. Aber da wir unentwegt aneinander festhielten, Marion mehrere glänzende Partien ausschlug und meine Privatverhältniüe auch für englische Begriffe günstig waren, mutzte zuletzt sein Widerstand unserem Wunsche Weichen. Gottlob hat meine Marion es nie bereut, mich geheiratet zu haben. Wir waren unendlich glücklich, sech zehn Jahre lang. Dafür muß man dankbar sein." Schweigend lauschte das Mädchen. Und wiederum empfand der in Rückerinnerung versunkene Mann diese stille Teilnahme, die der Worte nicht bedurfte, um sich zu offenbaren, unendlich wohltuend. Als sie aus dem Walde heraustraten auf den gittcr- umfriedeten Felsenvorsprung der weltbekannten „Bastei", griff Barbara, ohne es zu wissen, nach dem Arm ihres Be gleiters, so überwältigend war der Anblick, der sich ihnen bot. Nackte Felsblöcke stürzten in jähem Fall herab, wuchsen zu stumpfen Kegeln oder spitzen Steinnadeln empor, ballten sich zu riesigen Klumpen, barsten, wie aus dem Erdinnern herausgeschleudert, in Nässenden Rissen auseinander, zwischen denen schaurige Abgründe gähnten. Als sie in der engen Straße hielten, deren steile Häuser reihen die Sonne schon verdrängt, dankte Barbara mii wenigen Worten für den schönen Tag. Aber aus den grauen Augen brach ein Leuchten, das mehr verriet als sie ahnte. Des Mannes Blick jedoch war mit Blindheit ge schlagen. Plessing sah das Leuchten noch vor sich, als er heim wärts fuhr. Fast hatte cs ihn gerührt. Wie wenig Freude mochte diese kluge, gütige Frau in ihrem arbeitsreichen Dasein erlebt haben, daß ein Ausflug sie so erfreuen konnte! Und im Impuls des Augenblicks tat er ein übriges, lieh vor einem großen Geschäft halten und von dort einen Korb mit allerlei Delikatessen an Barbaras Adresse mit seiner Karte senden. „Zur Stillung des durch unser schönes Wandern hoffentlich vorhandenen Appetits! Mit bestem Gruß d. O.", las sie, als ihr kurz darauf der Korb abgeliefert wurde. Und sie neigte den Kopf und küßte die Zeilen, die neue Güte des geliebten Mannes offenbarten. Lange lag sie schlaflos vor Glück in dieser Nacht. Arme Barbara — sie glaubte, an der Schwelle des Paradieses zu stehen — und sah nicht das flammende Schwert, das ihr den Eintritt wehrte. Sie sah nicht, daß Brigitte, die, wie sie sagte, mit Meta Stark im Kino ge wesen war, ebenfalls mit weit geöffneten Augen und zer- lützten Lippen dalag und verschwiegen ins Dunkel lächelte. * . * Viel zu sehr war die junge Brigitte mit ihren eigenen Sorgen und Plänen beschäftigt, als daß sie die Verände rung, die in den letzten Wochen mit der Schwester vor- gegangen war, wahrgenomumen hätte. Sie sah nicht das stille Leuchten in den grauen Augen, nicht die anmutiger. weicher gewordenen Bewegungen, den federnden Gang, hörte nicht den glockenschwingenden Unterton geheim gehaltenen Glücks in der warmen Stimme, merkte nur mit Befriedigung, daß Barbara in der sorglichen Wacht über sie merklich nachgelassen, das viele Fragen über Tun und Tageslauf unterließ und jede Antwort gläubig hinnahm, ohne die Unwahrheit zu entdecken, die dahinter steckte. In ein wahres Netz von Lügen hatte Brigitte sich all mählich verstrickt. Erst zaghaft und zögernd, dann mit der Beharrlichkeit der Verzweiflung, die nicht mehr zurück kann. Als sie Erich Buchmann nach jener überraschenden Ab- schiedszärtlichkeit wiedergesehen, hatte er sie unbefangen wie stets begrüßt. Nur ein lausbubenhafter, lachender Seitenblick verriet die neue Vertrautheit. Brigittes Entlassung schuf eine neue Lage. Daß man sich nicht mehr in den Werken sah, war Buchmann ganz recht. Um so weniger würden die Kollegen von seinem neuesten Flirt erfahren, der letzthin große Fortschritte gemacht hatte. Täglich trafen sie sich nun irgendwo heimlich in der Stadt. Brigitte kaufte auf Kredit zwei Abendkleider, deren schimmernde Seide in weichen Falten ihren schöngebauten Körper umschmeichelte, jede Bewegung ihrer feingliedrigen Grazie hebend, ohne auffallend zu wirken. Wie sie je be zahlt werden sollten, wußte sie nicht; es sei denn, daß Bar bara es tat, sobald die Verlobung mit Doktor Buchmann ihr gemeldet werden konnte. Diese Kleider trug sie bet den gemeinsamen Besuchen von Kabaretts und Lebeweltlokalen. Brigitte konnte es wagen, hier so geputzt zu erscheinen, weil sie wußte, daß niemand aus ihrem und Barbaras kleinem Bekanntenkreis je solche Luxusgaststätten betrat. Draußen deckte ihr ein facher Mantel die ganze Pracht ja zu. Und Buchmann freute sich des Aufsehens, das er hier mit seiner schönen Freundin erregte. Sie glaubte fest an des Mannes redliche Absichten. Der Welterfahrene, der schon so viele Liebesabenteuer hinter sich hatte, verstand es ausgezeichnet, diesen Glauben wach zuhalten, ohne sich auch nur mit einem Wort zu binden. Er beklagte seufzend seine Junggeselleneinsamkett, hoffte, heiraten zu können, sobald „eine ordentliche Gehalts zulage" erfolgte, „denn das Leben heutzutage ist sündhaft teuer — und man will seinem jungen Frauchen doch auch etwas bieten können". Inzwischen aber wollte man gute Kameradschaft hatten und recht lieb zueinander sein. Was Wunder, wenn das unerfahrene junge Ding seine vorsichtig gewählten Worte zuthren Gunsten auslcgte und sich in rosigste Aukunfts- hofsnunaen hineinträumtei