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Riesaer H Tageblatt Drahtanschrift Tageblatt Riesa. Fernruf Nr. 20. Postfach Nr. LL Postscheckkonto: Dresden 1589. Girokasse: Riesa Nr. SL und Anzeiger lElbeblM und Anzeiger). Da» Riesaer Tageblatt ist da» zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der AmtShauptmannschaft Großenhain, des Amtsgericht» und der Amtsanwaltschaft beim Amtsgericht Riesa, des Rates der Stüdt Riesa, des Finanzamt» Riesa und des HauptzollamtS Meißen behördlicherseits bestimmte Blatt. 237. Sonnabend, 10. Oktober 1931, abends. 84. Iakra. Da» Riesaer Tage blau rrschemt jeden Tag abend» >/,6 Uhr mit Ausnahme der Sonn- und Festtage. Bezugspreis, gegen Vorauszahlung, für einen Monat 2 Mark 25 Pfennig ohne Zustell» aebühr. Für den Fall de« Eintreten« von Produktion-Verteuerungen, Erhöhungen der Löhne und Materialienpreise behalten wir un« da» Recht der Preiserhöhung und Nachforderung vor. 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Geschäftsstelle: Goetbeftraste SS Verantwortlich für Redaktion: Heinrich Uhlemann, Riesa; für Anzeigenteil: Wilhelm Dittrich Riesa. — »S8 Milk NkMMll WW OW. L«si nsus keieksminisisr. — NMsr beim ksi<ksvrssi6entsn. rvisckvntsguns l.sn6tsges dsenctst. Berlin. 10. Oktober Reichspräsident von Hindenburg Hal gestern abend den Reichskanzler Dr. Brüning in seinem Amte als Reichs kanzler bestätigt. Aus Vorschlag des Reichskanzlers Hal der Herr Reichs präsident den Reichsminisler Dietrich al« Reichsminister der Finan zen und Stellvertreter des Reichskanzlers. den Reichsminister Dr. h. c. G k o e ne r als Reichswehrmi- nister. den Reichsminister Dr. h. c. Stegerwald als Reichs- arbeitsminisler. den Reichsminister Dr. Schätzet als Reichspostminister, den Reichsminister Dr. h. c. Schiele als Reichsminister sür Ernährung und Landwirtschaft bestätigt und mit der Wahrnehmung der Geschäfte des Reichs. Ministers des Auswärtigen den Reichskanzler Dr. Brüning, mit der Wahrnehmung der Geschäfte des Rcichsminiskers des Innern den Reichswehrminister Dr. h. c. Groener be auftragt. Zum Reichswirtschaftsminister hat der Herr Reichsprä- sident aus Vorschlag des Reichskanzlers den preußischen Staatsmlnister a. D. Pros. Dr. Warm- bold, zum Reichsverkehrsminisler den bisherigen Reichsminister ohne Geschäftsbereich, Treviranus, und zum Reichsminister der Justiz den Staatssekretär im Reichsjustizministerium Dr. Joel ernannt. Das bisher vom Reichsminister ohne Geschäftsbereich, Treviranus, verwaltete Amt des Reichskommisfars sür die Oststelle wird anderweitig beseht werden; die Entscheidung hierüber fleht noch offen. * Der Kanzler rechnet ans eine Mehrheit Berlin, 10. Oktober. In politischen Kreisen beschäftigt man sich jetzt schon leb haft mit der Frage, ob das zweite Kabinett Brüning Aus sicht hat, im Reichstag eine Mehrheit zu finden. Die Ansich ten sind recht geteilt, der Kanzler selbst aber rechnet ziem lich sicher mit einer Mehrheit. In der Tat gilt es als sicher, daß die Sozialdemokratie auch diesem Kabinett gegenüber ihre Tolerierungspolitik fortsehen wird. In Kreisen des Kabinetts rechnet man auch damit, daß sich die Gruppen der gemäßigten Rechten mit Ausnahme der Deutschen Volkspartei, deren Parteivor stand übrigens gestern abend seine Beratungen fortsetzte, dem Kabinett nicht versagen werden, und daß es auch gelingen wird, die Bedenken der Bayrischen Volkspartei aus der Welt zu räumen. Der Bayrischen Volkspartei wird es darauf ankommen, gewisse Sicherheiten dafür zu erlangen, daß das Kabinett keine Reichsreformpläne ver wirklicht, denen die Bayrische Volkspartei nicht zustimmen könnte, und daß im übrigen eine Korrektur gewisser Teile der letzten Notverordnung eintritt, wie z. B. in der Frage der Gemeindeumschuldung den Ländern noch stär- ker entgegengekommen wird. Ueber die Verhandlungen mit dem Vertreter der Bayrischen Volkspartei hinaus wird der Kanzler bis zum Zusammentritt des Reichstages sicher auch mit den übrigen parlamentarischen Gruppen noch Fühlung nehmen, um die Reichstagstagung entsprechend vorzuberei ten. Aber auch wenn es Dr. Brüning voraussichtlich gelingt, ,cin neues Kabinettsschiff zunächst um die Klippe eines Mißtrauensvotums herumzuführen, so glauben doch erfah rene Parlamentarier nicht, daß dieser Regierung ein lan ges Leben beschieden sein wird. Schon bald werden die Verhandlungen mit den Arbeitgebern und Arbeitnehmern über den Lohnabbau und über weitere Ersparnisse an den Soziallasten beginnen müssen. Das ist der schwierigste Punkt. Aber auch die übrigen Probleme des wirtschaft lichen Notprogramm- für den kommenden Winter, die schon im ersten Kabinett Brüning so langwierige Debatten ver ursachten, werden der neuen Negierung die größten Schwie rigkeiten bereiten Nach dem Scheitern Brünings müßte logischerweise Dr. Hugenberg die Aufgabe der Kabinetts bildung übernehmen. In parlamentarischen Kreisen der Mitte glaubt man allerdings, das würde nur eine kurze Episode sein, der die Betrauung einer gemäßigten Persön lichkeit mit der Aufgabe der Bildung eines rechtsorientierten Kabinetts folgen würde. Am Freitag wurden sogar schon Namen genannt wie der des früheren Reichswehrministers Dr. Geßler und der des früheren Reichskanzlers Dr. Cuno. Als ebenso wahrscheinlich kann man es aber auch betrach ten, daß ein Kabinett Hugenberg zunächst unter Duldung des Zentrums eine Reichstagsmehrheit findet und später den Reichstag auflöst. Jedenfalls sind die politischen Sor gen durch die Bildung des zweiten Kabinett- Brüning noch keineswegs beseitigt. Wirtschaftsminister Warmbold Juftizminister Joel Ne Wen Men RMmMer. * Berlin. Reichswirtschaftsminister Professor Dr. phil., Dr. der Landwirtschaft, ehrenhalber, Hermann Warm bold wurde 1876 in Klein-Heinstedt (Bezirk Hildesheim) ge boren; er studierte Landwirtschaft und Volkswirtschaft, wurde 1911 Landwirtschaftlicher Organisator in Estland und 1913 Letter der Abteilung für Wirtschaftsberatung bei dem Hauptritterschaftsdirektorium in Berlin. 1917 wurde er Professor an der landwirtschaftlichen Hochschule in Hohen heim und 1919 Ministerialdirektor im Lanbwirtschaftsmint- stertum in Berlin. Dem Kabinett Stegerwald im Jahre 1921 gehörte er als Landwirtschaftsminister an. Nach sei nem Rücktritt wurde er 1922 Vorstandsmitglied der Badi schen Anilin- und Sobafabrik in Ludwiashafen. Neichsjustizminister Dr. snr. Enrt Walter Joel wurde 1865 in Greiffcnberg (Schlesien) geboren; er studierte Jura und wurde 1899 Staatsanwalt in Hannover und später in Berlin. 1906 wurde er Reichsanwalt in Leipzig, 1998 Vor tragender Rat im Neichsjustizamt und 1917 Direktor in diesem Amte und stellvertretender Bevollmächtigter zum Bundesrat. 1929 wurde Dr. Joel zum Nnterstaatssekretär und später zum Staatssekretär im Reichsjustizministerium ernannt Seit dem Rücktritt des Reichsiustizministers Professor Dr. Bredt ist Dr. Joel Leiter seines Ministe riums. * Ter WWlMwt »II »le MllWM» MWWiMkk. * Berlin. Der Reichspräsident hat am Freitag den aus der Reichsregierung ansgeschiedenen Reichsmimstern die Entlassungsnrkunben mit persönlichen Begleitschreiben übermittelt. Das an den bisherige« Reichsminister des Auswärtigen Dr. Curtius gerichtete Schreiben hat nachstehenden Wort laut: „Sehr geehrter Herr Reichsminister! Ihrem Anträge auf Entbindung von dem Amte deS NeichsministerS des Auswärtigen habe ich in Würdigung der mir vorgetragenen Gründe mit dem anliegenden Er lasse entsprochen. Mehr als fünf Jahre haben Sie der Rcichsregierung angehört und sowohl in dem Amte des Neichswirtschaftsministers als auch in dem des Reichs ministers des Auswärtigen in pflichttreuester Arbeit Ihre ganze Kraft in den Dienst des Reiches gesetzt. Es ist mir daher bei Ihrem Scheiden aus der Neichsregierung beson deres Bedürfnis, Ihnen für die Dienste, die Sie während dicker schweren Jabre dem Vaterlande geleistet haben. namens des Reiches wie auch persönlich meinen aufrichtigen Dank auszusprechen. Mit diesem Tanke verbinde ich meine besten Wünsche für Ihre weitere Arbeit wie für Ihr per sönliches Wohlergehen und verbleibe mit freundlichen Grüßen Ihr ergebener fgez.) vonHtndenburg." Tas Schreiben an den scheidende« Reichsverkehrs» Minister Tr. v. Gnsrard lautet: „Sehr geehrter Herr Reichsminister! In der Anlage lasse ich Ihnen die Urkunde zugehen, durch die ich Ihrem mir durch den Reichskanzler übermit telten Anträge auf Entbindung von dem Amte des ReichS- verkehrsministers entsprochen habe. In einem langen Be amtenleben haben- Sie in den verschiedensten Stellungen dem preußischen Staate und während der letzten schweren Jahre in den Aemtern des Reichsministers der Justiz und zuletzt des Reichsverkehrsminisrers auch dem Reiche in pflichttreuester Arbeit wertvolle Tienste geleistet. Hierfür Ihnen namens des Reiches wie auch persönlich meinen aufrichtigen Tank auszusprechen, ist mir bei Gelegenheit Ihres Scheidens aus der Reichsregierung eine angenehme Pflicht. Meine besten Wünsche begleiten Tie in den wohl verdienten Ruhestand. Mit freundlichen Grüßen bin ich Ihr ergebener fgez.) von Hindenburg." Das an den Reichsminister des Inner« Dr. Wirth ge richtete Schreiben lautet: „Sehr geehrter Herr Reichsminister! Ihrem mir von dem Reichskanzler vorgetragenen An träge um Entbindung von dem Amte als Reichsminister des Innern habe ich mit dem anliegenden Erlasse entspro chen. Für die während schwerer Zeit in diesem Amte ge leistete pflichttreue Arbeit spreche ich Ihnen namens deS Reiches wie auch persönlich meinen Tank aus. Mit de« besten Wünschen für Ihr weiteres Wohlergehen und mit freundlichen Grüßen ergebener fgez.) von Hindenburg." M WM WM Selm MMMeM. Berlin. (Funkspruch.) Ter Herr Reichspräsident empfing heute die Herren Adolf Hitler und Reichstagsab- geordnete« Hauptmann a. D. Göring und nahm von ihnen einen ausführlichen Bericht über die Ziele der national sozialistischen Bewegung entgegen. Hieran schloß sich eine Aussprache über innen- «nd außenpolitische Fragen. Berlin. (Funkspruch.) Ter für heute vormittag an gesetzte Empfang Hitlers beim Reichspräsidenten hatte be reits um 10 Uhr vormittags vor das Reichspräsidenten palais eine größere Menschenmenge — wie es sich später herausstellte — in der großen Mehrzahl Nationalsozialisten gelockt, die von Minute zu Minute anwuchs. Tie Polizei, die den Bürgersteig vor dem Palais selbst für das Publi kum gesperrt und auch vor der Wilhelmstraße bis zum Wilhelmplatz umfangreiche Sicherheitsmaßnahmen getroffen hatte, sah sich schließlich gezwungen, die gegenüberliegende Straßenseite durch starke Postenketten und durch Seile ab zusperren. Gegen Nil Uhr erschien in einer Taxe der nationalsozialistische Reichstagsabgeordnete Göring, der sich kurze Zeit im Palais aufhielt und dann wieder in einer Taxe abfuhr. Hitler, der im Auto um N12 Uhr vorfuhr, wurde mit stürmischen Heilrufe« begrüßt ohne daß es in dessen zu weiteren Kundgebungen kam, da er sofort im Retchspräsibentenpalais verschwand. Berlin. (Funkspruch.) Um NI Uhr, also nach mehr als etnstünbiger Dauer, mar der Empfang Hitlers bet Hindenburg beendet. Inzwischen war die Menge vor dem Palais noch weiter stark angewachsen. Als gegen N12 Uhr der nationalsozialistische Reichstagsabgeorbnete Goebbels im Auto die Wilhelmstraße durchfuhr, wurde er von seinen Anhängern mit lauten Heilrufen begrüßt. Nach 12 Uhr rückte die Polizei in Autos mit neuen Verstärkungen an. Als Hitler erschien, wurde er mit anhaltenden Heil- rufen aus der Menge empfangen. Sein Anto und seine Begleitung fuhr in Richtung Wilhelmplatz davon. Die Menge zerstreute sich daraufhin, ohne baß es zu weiterev Kundgebungen kam.