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44 S. Beilage zum Riefger Lagevlstt. Vonnavenv, Ti. Fevrnar 1SS1, ave«dS. 84. Jahrg. Um «Iss Agrsrprogrsmm. Di« wir erfahren, wird da» Reichekabinett di« Beratun gen über da» «grarproaramm des Reich,ernährungsmini- ster» heute vormittag ^ortsetzen. Sestern haben außer inter nen Besprechungen der beteiligten Ressorts noch Verhandlun gen mit den Vertretern der Genossenschaften stattgefunden, da oer Ausbau de» Genossenschaftswesens der Punkt des Agrar- Programm» ist, den da» Kabinett augenblicklich behandelt. Dabei dreht e» sich um folgende»: Während der Konsument z. B. in Dänemark nur 2S Prozent mehr für di« Agrarpro dukte bezahlt, als der Erzeuger erhält, beträgt die Spanne zum Kleinoerkaufsprei» in Deutschland 10V Prozent. 3« Lrelfe» der Landwirtschaft steht man nun auf dem Ltaudpuott, daß die Landwirtschaft do» Senoyenschastswesen ganz ander» ««»bauen muß. um diese Vrei»fpanne zu ver- minoeru. Der ihr hieran» entfallend« Gewinn würde schon ein« wesentlich« Hilfe für die Landwirtschaft bedeuten. Daß da» G«nossenschast»weien noch nicht vollkommen durchgrbil- det ist, geht noch an» der Tatsache hervor, daß nach Angabe von Genossenschaft»?«»« selbst z. D. die Reichswehr nur ein Zehntel ihre» Bedarfes an Futtermitteln usw. über die Ge- aossenschast bezieht. Die hier möglich« Verbesserung der Organisation ist für eine Reihe von Kabinettsmitgliedern die Voraussetzung für die Zustimmung zu den vom Reichsernährungsminister ge- forderten gleitenden Zöllen. Die Schwierigkeit liegt nur darin, daß dieser Ausbau eine gewisse Zeit erfordert. Die Zollermächtigung würde also, wenn an der geschilderten Vor aussetzung festgehalten wird, vorläufig nicht in Kraft treten. Aus diesem Dilemma einen Ausweg zu suchen, das dürfte Aufgabe der heutigen Kabinettsberatungen sein. Dazu ist weiter zu bemerken, daß die umstrittenen Fragen des Agrar- Programms, Veredelungswirtschaft und Holz, ebenfalls erst noch geklärt werden mutzten. LnGe Leöe«!e» -er Sa-rr-rie In einer vom Vorstand de» Reichsoerbande« der deut schen Industrie zur Agrarpolitik angenommenen Entschlie ßung werden gegen di« landwirtschaftlichen Wünsche auf wettgehenden Schutz Her agrarischen Beredlungspolitik die ernstesten Bedenken erhoben. Es sei klar, daß die Verwirk lichung derartiger Wünsche die handelspolitischen Beziehungen Deutschlands stark gefährden müsse. Für den deutschen Export seien mehr als drei Millionen deutsche Arbeiter und Angestellte tätig. Auf die Aufrechter haltung dieses Exporte» und auf seine weitere Steigerung könne angesichts der besonderen Lage Deutschland» nicht ver zichtet werden. Die beantragten Zollmaßnahmen müssen da her in ihrer endgültigen Wirkung der Landwirtschaft einen viel größeren und dauernden Schaden zufügen, als sie vor übergehend in einzelnen Fällen Erleichterungen bringen kön nen. Bereit» vor Jahresfrist hab« der Verband ausführlich die lleberzeugung begründe», daß eine wirkliche Gesun- düng der deutschen Landwirtschaft nicht möglich sei ohn« eine umfassende und planmäßig«, aus Förderung der Sel »fi tz i l s e abgestellie Agrarpolitik, die sich die Senkung der land wirtschaftlichen Produktionskosten, dis Verbesserung der OualitSt und die Reform der Absatzorganifationen zum Ziele seht. Obwohl die Berechtigung dieses Gedankenganges auch von landwirtschaftlicher Seite nicht bestritten wurde, sei bis her zu seiner Durchführung nur sehr wenig geschehen. Der Reichsoerband fordert daher im Interesse der Landwirtschaft die sofortige Inangriffnahme der in feinem Gutachten ent wickelten Maßnahmen. Jugend in den Gportvrrbänden setzen, wenn sie in den Grenzen des Anstandes bleibe. Die Arbeitersvortler br- kündeten ja auch ganz offen ihre Politik, ohne daß dos Ministerium ihnen die Mittel sperre. Dir Verteilung der Gelder erfolge ftrena paritätisch. . Nachdem noch Aba. Erfing (Z.) besondere Bildung«- «nd Schulungskurs« für Erwerbslose und für die Jugend im besonderen gefordert hatte, wurde di« Writerberatung auf Sonnabend vertagt. Mell» MleWWMWMkii. Freispruch oder geringe Geldstrafen für blutige Ausschreitungen. Kattowitz. Dor dem Bezirksgericht in Tarnowitz haben die «Verhandlungen wegen einzelner Terrorakte» dir sich während der Mahlzeit im Kreise Tarnowitz znor- traaen haben, begonnen. Die bisherigen Urteile find nicht neeignet, irgendwie abschreckend auf die Täter zu wirken. Non einem Dutzend der Täter, die sich meistenteils aus Aukständischenkreisen rekrutieren, ist die Hälfte Wege« „Mangel« an Beweisen" freigesvrochen worden. Die übrigen wurden mit Geldstrafen von 20 bis 40 Zloty <0,50 bis IS RM.) belegt. So wurde z. B. ei» Ank- ständischer, der «ine» deutschen Stimmzettelverteiler bi« in dessen HanS versolgte «nd ihn sowie dessen Mutter blutig schlug» zu SO Alottz Geldstrafe verurteilt. Mebrere Aufständische, di« gewaltsam in da« Han» eine- Schuh machers Viassetzna eiugedrungrn waren, wurden kreige- sprachen, da ihnen angeblich nickt nackgewiesen werden konnte, daß sie sich unter den Eindringlingen befunden batten. In Alt-Revten wurde seinerzeit rin SO jähriger deutscher Etimmzettrlverteilrr von einem Aufständischen Übel zngerichtet. Der Täter wurde sreigesprochen, dafür aber in einem anderen Fall, wo ihm feine Beteiligung nackgewiesen werden konnte, «u 40 Zloty Geldstrafe ver urteilt. 2 Aufständische an« Groß-Piekar, die beschuldigt wurden, zahlreich« Fensterscheiben bet deutschen Ein wohnern eiugeschlagen ,n haben, wurden nach der Ver nehmung von 11 Zeugen freigesvrochen, weil ihnen ein« direkt« Schuld angeblich nicht nackgewiesen werden konnte. Ein Eisenbatznbramter au« Bobrownik, der einen deutschen Vertrauensmann gewaltsom ans dem Wahllokal binau«. geworfen Hatte, »urd« zu SO Zloty Geldstrafe verurteilt. Smn W Miller-rertW. vd». Berlin Der BerkebrSau-schust de» RrichSta»« beschäftigte sich mit Eingaben des RetchSvrrband« Deut scher Spediteure und der Gemeinschaft Deutscher Kratt- wagentzalter, die stch gegen den von der Rricksbab« mit der Firma Sckenker abgeschlossenen Vertrag wenden und verlangen, dah dieser Vertrag nicht in Kraft gesebt wird. Auf Vorscklaa de« Berichterstatters, de« Aba. Mollath )WV.) beschloß der Ausschuß einstimmig, dir Eingaben der ReichSregiernng zur Berücksichtigung zu überweisen. Ferner wurde eine Entschließung angenommen, die die ReichSregiernng ersucht, di« Rechtslage eingehend zu prüfen und dem Reichstag Bericht zu erstatten. VMM »er Mllmr Will m SlSNW der llMlen ReMmel-AMBm. XBerlin Der Volizeivrästdent teilt mit: Am Sonn, tag, 22. Februar, findet im Lustgarten «ine Kundgebung des Reichsbanner« statt. Der Anmarsch beginnt um 12.30 Uhr. Alle anderen Kundgebungen, wie kl, verschiedentlich in der Presse angrkündigt wurden, find für de» 22. Februar im Lustgarten verboten. Mit Rückficht an? offenbar beabsichtigte Störungen wird darauf tzingewirsen, daß dir Polizei die zugrlaffene Knnd- oebung des Reichsbanner« gegen Störungen jeder Art schützen und rin» etwaige Beeinträchtigung d«S Dersamm- lungSrecht« mit allen Mitteln verhindern wird. Ans di« strafrechtlichen Folgen von VersammlnnaSstörungen wird tzinaewiesen. Andere Aufzüge al« di« genehmigten werden in Durchführung de« bestehende« Demonstrati»nS»»rbote« nicht geduldet werden. ffkiie rimitk m m.Menkomrl". X Berlin. Im Lichtspieltheater Colosseum, Schön hauser Allee, Ecke Gleimstraße, läuft zur Zeit, wie in anderen Theatern »DaS FlStenkonzert von San«s»nei". Gegen Abend sammelten fick gestern viele, meist jugendliche Personen vor dem Theater an. und argen 7'/, Ubr war di« Menschenmenge auf etwa 2000 Köpf« angewachsen. Di« Polizei mußte wiederholt gegen die Menge vorgeben, da sie versuchte, in da« Kino einzudrinae». Gegen den Eingang de« Theaters wurden Sier geworfen, und man hörte Nieder rus« auf den Film. Im Kino selbst tzrrrichte bi« gegen 9 Uhr abend« Ruhe. Dann setzten auch da Störungen ein. Dir Vorführung wurde durch Zwischenrufe unterbrochen, und schließlich warten einige Personen Stinkbomben. Die Polizei nahm 18 männliche und eine weibliche Person fest. In der 10. Abendstunde kam e« von neuem zu starken An- sammlungen vor de« Colosseum, di« «rhrsach durch Schutz- Polizei mit dem Gummiknüppel auSeinanderaetrieben wurden. Einer der Ruhestörer warf ein« Fensterscheibe der Kinos ein. Er wurde verhaftet NlWIllW Mttk l» SmWtUIiM. vd». Be » lin. D«r »an»hatt«an«schnß de» Reick«, tags setzt« am Freitag die allgemeine Aussprache über den Gantzhalt des Skrichsminifterinm« do« Fnnern kort. Dabei spielt« zunächst die bolschewistische Vropaaanda in Deutsch- land «in« Molle, di, namentlich von dem ZentrumSabgeord- neten D. Schreiber aus« schärfst« bekämpft wurde. Bei aller Aufrechterhaltung der Gewiffe»«srrib«it fordert« D. Schreiber doch ein energische« Eingreifen de« Staate». Auch RetchOtnnenwintster Dr. Wirth mißbilligte diesen Ein bruch der Barbarei und Unkultur in einem Kontinent, der der Träger der Kultur durch Jahrtausend« gewesen sei. Ebenso energisch äußerte sich der Minister auch «ege« de« !Nrcht4radikali»mn«. Weiter nahm in der Debatte da« verbot de« Remarane- Film» einen breiten Raum «in. Der WirtichaslSpartriler Vetzold erklärt«, er hab« den Film sowohl in Frankreich wie auch in Deutschland gesebrn und nicht den geringsten Anlaß gefunden, an diesem Film Anstoß »« nehmen. Da« verbot sei allerdings verständlich, wenn man von der Vor- fübruna de« Films Unruhen befürchten müsse. Freiherr Von Dhünge« (Landvolk) vernrteilte den Film überhaupt, weil er nur die im Kriege bervorgrtretrnen schleckten Eigen- jchaften der Menschen schildere, nickt aber die guten. Der Sozialdemokrat Schreck dagegen kritisierte da« Verbot al« rin« Verbeugung der Filmobervrkfstrlle nickt nur vor der Straße, sondern geradezu vor der Goffe. Der Sozialdemo krat Chrtfpie» wie« in diesem Zusammenhang auch auf da« verbot »in,« sozialdemokratischen PropagandafilmS .In« dritte Reick" hin, da« erfolgt sei, während gleichzeitig nationalsozialistische Hetzfilme zugelaffen würden. Bus eine Frage de« Abg. Urisplen <S.) erklärte Minister Dr. Wirtb» dem Ministerium seien verschicdcntlick An regungen !ür «inen organisatorischen Umbau de« Rnnd- snnkwesen« zugeaanaen, er sei bereit, die am Rundfunk wesen interessierten Kreis« zu den Beratungen zuzuzieben. Dr. Strathmanu «Tbr.-Soz.) wirs aus die bolschewistische Vropagauda im Rundfunk bin und warnt« vor dem Ab» gleiten de« Rundfunk« in die bloße Sensation. Im Ministerium wird alles Material gesammelt. Organisatorisch ist das geschehen, was geschehen konnte, um diesem Radikalismus geistig zu begegnen. Ich denke nicht daran, die Gedankengänge dieser ungeheuerlichen Aufwühlung des Kulturgutes in Europa mit dem Gummi knüppel zu bekämpfen. Wo sich die Gelegenheit geboten hat, habe ich die kirchlichen Instanzen aller Konfessionen gebeten, sich mit diesen geistigen Strömungen der Na- ttonalsozialisten auseinanderzusetzcn. Jetzt kann man schon beobachten, daß von der geistigen Seite her eine Aus einandersetzung mit diesen begonnen hat. Darüber wird noch zu sprechen sein, wenn die Opponenten der Rechts parteien wieder anwesend sind. Als vor dem Kriege an einigen Universitäten Katholiken sogenannte Weltanschau ungsprofessuren erteilt wurden, erhob sich in Deutsch land ein ungeheurer Sturm der Entrüstung. Wenn aber jetzt Nationalsozialisten ohne strenge wissenschaftliche Vor bildung an Hochschulen berufen werden, wird man unter der deutschen Prosessorenschaft kaum ein Wort des Wider spruchs hören. Es heißt in den deutschen Landen, der Bürgerkrieg steht vor der Tür. Ein Bürgerkrieg steht nicht vor der Tür. Es wird hier und da Wohl einige Prügeleien geben, die vielleicht bezirksmäßige Ausdehnung erfahren werden, doch werden diese mit Polizeilichen Mitteln allein nieder geschlagen werden können. Die Reichsregierung, wie auch die preußische Staatsregie- rung werden nicht eine Minute zögern, das Notwendige zu tun. Im übrigen kann man der Meinung sein, daß ein gewisser Höhepunkt der radikalen Well« erreicht ist. Doch muß man sich vor Augen hatten, daß auf eine Welle eine zweite folgen kann und daß es nicht allzu schwer ist, bei der steigenden wirtschaft lichen Not die Bevölkerung aufznr^izen und für politische Zwecke auszubeuten. Ueber die Absichten der National sozialisten sind wir genau unterrichtet. In ihren Reihen sind diejenigen, die uns die Mitteilungen zukommen lassen, denn dort hält man nicht dicht. Es wird z. B gesagt, ich hätte Thüringen bespitzeln lassen. Wie ist eS aber ge wesen? Die Nationalsozialisten haben sich selbst ber mir gemeldet, mit Namen und genauer Wohnungsangabe, und haben sich bereit erklärt, gegen Bezahlung Mitteilunsen an mich kommen zu lassen. Der Volksparteiler Dr» Cremer kritisierte die poli tische Dättakeit oersckiedener vom Ministerium unterstützter Svortverbände zugunsten des Zentrum«, sowie Auswüchse der Kleinstaaterei, die z. B. dazu führten, daß »in Preuße au« Bayern verbannt werden könne. Minister Dr. Wirth erwiderte darauf, daß durch die nationalsozialistische Pro paganda die Svortverbände von selbst in da« politische Fahrwasser gedrängt würden. Er selbst könne gar nicht etwas so schlimmes in der politischen Betätigung der M ^stch 2ftosr«ttsn distsr-, aoOti ttslnsn i-lOOti. Sl»l» »ppchMllO»'» krisst-, »imcl ct»ochgsri ctt« ds- V»k,rtsio Sulochslch-kckchi-tt»»-» Gis gchSOtirviscrttsdsst« ^tssrstts Mr ctsn 5>rsis TI» ^/chrctsri vlsl vsrisngl unct ssrntt urnossslLt. Oskisr rsusl-tt siiss noll svkuosli ^/omrich < ^unoossslLl. Oskisr rsusktt siiss rmtl WOmm« -MsulQLMüXlrofik rkoSLnea