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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 21.02.1931
- Erscheinungsdatum
- 1931-02-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-193102215
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19310221
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19310221
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Riesaer Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1931
-
Monat
1931-02
- Tag 1931-02-21
-
Monat
1931-02
-
Jahr
1931
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 21.02.1931
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44. 4. veiwze z» »leseer «„Men», SI. FeSrmw 1S81, «Se»»-. 84. J«hrg. Diese Frage tritt des öfteren in der Sprechstunde an den Arzt, besonders den Nervenarzt, heran: allerdings nur , ... , das en mit dem Geistes- oder Nervenkranken zu einer Qual für den gesunden Ebevartner werden kann, sondern auch mit Rücksicht auf die Nachkommenschaft von weittragender Bedeutung ist. Jeder einzige Mensch wird MMer Mimin. Das neue Ttadtoberhanpt. — Pleite des Planetariums. — UeberschStznna des Sports. — Sine nationale Lat? — Die Pirnaer Kurrende im Heimatschntz. — Erzgebir» gische Bolksspiele. — Winter ans dem Grobe« Sinter, berg. — Sogenannter Karneval. Nachdruck verboten. „Nein, er gefällt mir nicht, der neue Bürgermeister!" So stadtvolitisiert ein unzufriedener Bürger gelegentlich des Osterspazierganges in Goethes „Faust!" Die Dresdner Stadtverordneten haben kürzlich ein neues Stadtoberhaupt gewählt. Der Wahlgang und was ihm vorausging, ist noch in guter Erinnerung. Ober bürgermeister der Landeshauptstadt wird Herr Dr. Külz, der schon einmal mehrere Jahre hindurch den zweiten Bürgermeistersessel in unserem Rathaus einnahm, dann Reichsminister wurde und vorher wie nachher einfluß reiche Stellungen bekleidete. Sein Gelöbnis, für das Wohl der Stadt Tag und Nacht arbeiten zu wollen, mutet er freulich an. In allen seinen bisherigen Aemtern hat er sich als ein kenntnisreicher und in Verwaltungsgeschäften erfahrener Mann erwiesen, dem auch die Gabe der Re präsentation eigen ist. Hoffen wir, daß sich die in ihn gesetzten Erwartungen erfüllen, daß er auch seine Nicht wähler befriedigt und daß kein Bürger das eingangs zitierte Wort Goethes auf ihn anzuwenden braucht- Bleiben wir noch ein wenig bet den städtischen Ange legenheiten Da gab's in der letzten Stadtverordneten sitzung ein langes Gerede, fstur recht viele Worte, auf Taten wird heute verzichtet. Aber das soll anderswo auch so sein. Die Verdoppelung der Gemeindebiersteuer hat man abgelehnt, wohl in der richtigen Erkenntnis, daß das Gastwirtsgewerbe sowieso kaum noch „giebsen" kann. Einen sehr interessanten Beratungsgegenstand bildete das städtische Planetarium: dieses reichlich eine halbe Million kostende Institut an der Stübelallee, in dem man den Kreislauf der Sterne bewundern kann. Man versprach sich einen dauernden Massenbesuch und stellte einen nam haften Astronomen als Direktor an. Aber die „bildungs- hungrigen Massen" blieben aus, die spielten lieber Fußball, und nun werdnr zwangsweise alle Kosten für Errichtung und Ausstattung de» Institut- auf den städtischen Ber- mögensstamm übernommen. Etwas Tröstliche- hat dieser Mißerfolg. Man ist zu der Erkenntnis gekommen, daß da- im Planetarium gepflegte MssenSgebiet der Allgemein heit recht fern steht und tröstet sich damit, daß e- im ganzen heiligen deutschen Reich kein Planetarium gibt, da- in finanzieller Beziehung einen ausreichenden Erfolg zeitigte. Das soeben Angeführte leitet mich zur Ueder- schätzuna des Sports. Dessen Wert und Bedeutung bleibt unbestritten, aber unnötig ist eS, daß ihm allwöchent lich die Presse viele Setten widmet und dabei der Rekord- Ha s ch e re t Vorschub leistet. Man läßt sich die ausführliche Würdigung eine- bedeutenden Länder-Fußballsptel» noch gefallen, erfreut sich an der körperlichen Ertüchtigung unserer Jugend, wenngleich der Sport aller Gattungen militärische Erziehung nie ersetzen kann. Wenn aber «ine Rodelfahrt einen Thüringer Berg hinab eine nationale Tat genannt wird, so bezeichnete man den „Sieg" in einem Zweicr-Bobrennen, dann bleibt dem Plauderer, mit Respekt zu sagen, „die Spucke weg". Nee, da kann ich nicht mit. Eine nationale Tat ist etwas ganz andere-! Wir sind einer solchen dringend bedürftig. Aber sie voll zieht sich nicht auf der Rodelbahn. In unserer prosaischen Gegenwart gehört die E hiltung m«d sott daher stet», bevor er den Ehebund schließt, einen Arzt, besonders den seine- Vertrauens, über seine eigenen Gesundheit-Verhältnisse befragen und ihm offen und ehrlich alle» erzählen, wenn er an sich ein Leiden bemerkt. Nur der Arzt kann und wird ihm auf Grund wissenschaftlicher Erfahrungstatsachen am besten raten können und ihn so vor manchem Unbeil bewahren. Es ist sicher besser, unter großen Opfern und Herzensgualen einen beabsichtigten Bund mit dem kranken Ehepartner nicht einzugehen, al ba-eigene Leben und das eventl. Nachkommen so leicht fertig auf» Spiel zu setzen. Es kann daher nicht dringend genug jedem Menschen, der heiraten will, geraten werden, vorher den Arzt zu befragen, um für die Zukunft unab sehbare» Unglück zu verhüten. Wenn wir d/ibei besonder» die seelischen Erkrankungen berücksichtigen, so soll daS Be stehen einer ausgesprochenen Geisteskrankheit überhaupt die Ehe ausschließen. Es ist doch gar nick» s" selten, daß z. B. Paralytiker, bei denen die ersten Erscheinungen meist den Angehörigen verborgen bleiben, oder als „nervös" ausge faßt werden, in Unkenntnis des schweren Leidens heiraten. Der Altersschwachsinn, das Jugendirresein und andere Formen des Irreseins, die mit heiteren und trauriaen Verstimmungszuständen einhergehen, sind selbstredend eine strickte Gegenanzeige für eine Herrat. Wie oft stößt der Arzt, wenn er überhaupt über solche Dinge gefragt wird und dann seine ärztliche Meinung kundgibt, aus offenen Widerstand der Angehörigen. Antworten wie „das ist gar nicht so schlimm, er ist nur nervös und nicht geisteskrank", hört der Arzt oft genug aus dem Munde der Gebildeten. Wenn der eine Ehepartner geistesgesund ist, gelingt es dem Arzt noch öfter, ihn vnn dem folgenschweren S'"-itt abzu bringen. Doppelt schwer ist dies aber der zwei seist.-'kranken Individuen, zumal oftmals gerade in Bezug auf die Ehe Geisteskranke eine gesteigerte gegenseitige Anziehungskraft besitzen. Die Frage, wie weit Kindern, die der Ehe eines Geisteskranken entstammen, später gleichfalls eine Ehe zu verbieten ist, läßt sich nickt allgemein beiahen. Hier muß stets von Fall zu Fall entschieden werden. Die schwersten Erkrankungen, wie Idiotie und gemeine Fallsucht, auch unter dem Namen Epilepsie bekannt, sind selbstverständlich ausgesprochene Gegenanzeigen für die Eheschließung. Den sogenannten Süchtigen, wie Morphinisten, Kokainisten und Alkoholisten, kann nicht dringend genug von einer Heirat abgeraten werden. Ihre Nachkommenschaft zei t stets die Zeichen von mindestens leichtem Schwachsinn. Das große Heer dex Psychopathen, als nervöse überreizte Menschen jedem bekannt, bietet im Grunde kein direktes Verbot -iner Heirat. Selbstverständlich müssen hier Erfahrungen, an den Eltern und Verwandten des betreffenden Kranken mit ausschlaggebend sein, um eine Ehe zu befürworten oder abzuraten. Gegen eine Ehe der leicht nervösen M-nschen dürfte im allgemeinen vom ärztlichen Standpunkt aus nicht? einzuwenden sein. Allerdings müßte auch da wieder vorher der Arzt gefragt werden. Organische Nervenleiden, wie Rückenmarkschwindsucht und ähnliche Erkrankungen de» Nervensystems, sollten allgemein Gegenanzeigen sein. Es kann also somit nicht dringend genug jedem den kenden Menschen empfohlen werden, vor Eingehen der Ebe von dem Arzt sich beraten zu lassen, ihm ungeschminkt und offen die Wahrheit zu sagen und dann die Entschlüsse zu fassen. Die öffentlichen Eheberatungsstellen dürften zwar in dieser Hinsicht schon manches Gute geleistet haben, da endgültige Urteil sollte aber, wenn es sich um Geistes kranke handelt, doch dem Svezialarzt überlassen bleiben. schrecklichen Andenkengreul sind geschlossen und im Ort herrscht wohltuende Stille. Nur ein paar frische Mädel rodeln mit Schnellzugsgeschwindigkeit die vereiste Dorf straße hinab. Werden wir bezüglich eines rechten Winter- bildeS auf unsere Kosten kommen? Äon Moldau her waren wir ziemlich verwöhnt und das ganze Elbtal herauf hatte Tauwetter der Schneedecke arg zugesetzt. Doch der Wetter bericht meldete vom Großer^Winterberg 70 Zenti meter Schneehöhe. „Gehen Sie lieber* die Fahrstraße hinauf, die Waldwege sind sehr schwierig!" hatte ein Ein geborener geraten. Also los! sstur ein kleines Häuflein Wanderer hatte sich von der Landungsstelle aus mir auf den Weg gemacht und zerstreute sich bald nach verschiedenen Richtungen. So stampfte man allein durch den immer tieser werdenden Schnee und was sich dem Auge bot, erfreute daS Herz. Kein Lüftchen regte sich, kein Tier gab einen Laut, das große geheimnisvolle winterliche Schwei gen de- deutschen Waldes! Immer höher steigt die Straß» an. An einer Biegung Aussicht. Ganz anders nimmt sich jetzt die vielgestaltige Felienwelt des Elbsandsteingebjrge» auS. Und nun der Blick hinab ins Tal, hinüber aus eine weite, wette Schneedecke, aus der verstreut einige Ort schaften herausragen. Auf dem anderen Ufer dieKaiser « kröne, eine schön geformte dreizackige Felsgruppe und dahinter der hochragende Zirkelstein. Immer höher hinan. Dem schneebedeckten Nadelwald folgt jetzt kahler Laubbaumbestand. Er trägt den Silberschmuck des Rauh frostes, unsagbar zart und feingestaltig, mutet an wie ein unübersehbare Filigranarbeit. Und die Schneemenge? Ich rate: zieht lange Stiefel an! Der Weg führt nun ein Stück eben dahin, dann noch eine kleine Steigung und wir stehen vor dem behaglichen Winterberghaus. Anheimelnd ist'» in seinen wohlig durchwärmten Räumen mit ihrem sehenswerten Geweihschmuck. Zwei Stunden hat der Auf stieg in Anspruch genommen und für den Rückweg steht nur die Fahrstraße und der Wu^elweg zur Verfügung. Alle anderen Wege sind nicht gebahnt. Was da- bedeutet, sollte der Plauderer noch erfahren. Nach dem Genuß einer herrlichen Rundsicht begann auf gleicher Straße der Abstieg. Unterwegs riet eine, jedenfalls vom Teufel stam mende Stimme: Versuch'» mal mit dem Bergsteig! Anfang» ließ er sich ganz gut an und schien auch ein wenig ausge treten. Aber dann! Immer steiler wurde diese „Prome nade". Unter der Schneedecke befand sich eine üble Eis- kruste. unterbrochen von spitzem SteingerSll. Die sonst so tüchtigen «Gebrüder Beine" nahmen eine derartige Stropezierung übel und zu wiederholten Malen machte man Bekanntschaft mit «Mutter Erde". Den Ansprachen seiner ihn begleitenden Ehesponsin hat sich der Plauderer geflissentlich entzogen, indem er sich immer in respektvoller Entfernung hielt. Nun, auch die schlechtesten Wege haben einmal ein Ende und zog man das Endergebnis de» Tages, dann blieb doch ein köstliches Erlebnis der Winter auf demGroßenWinterberg. In die Landeshauptstadt zurückgekehrt, bleibt die Er innerung an da» diesjährige FafchingStreiben. Macht Schluß damit, es war oberfaul tz Gern sei der Jugend harmloser Mummenschanz gegönnt, aber der abendliche und nächtliche Radau in der Innenstadt war alle» andere al» schön. Selbst in Köln und südlich de» „Weißwurst- AeauatorS", worunter man die Mainlinie zu verstehen hat, war'» die-mal stiller al» sonst und der wirklich« Karne- Val ist eine rein süddeutsche und katholische Angelegenheit mit strengster Trennungslinie zwischen Fastnacht und Aschermittwoch. Bei unS prügelte man mit Pritschen sinn los aufeinander ein, warf Feuerwerkskörver in die Menge und gefiel sich in geschmacklosen Verkleidungen. Die mit großen Kosten verbundenen Foschingsseiern vornehmer Gaststätten aber hätten gern noch mehr Gäste gesehen. Der rechte Lebenskünstler machte sich'» daheim gemütlich. Bei einer Flasche Pfälzer tat dies Emil. lesen. Eine Schrift wird nicht um deS geschrieben, sondern damit sie wieder dient der Aufbewahrung der Gedanken .... Schreiber selbst, sondern hauptsächlich für andere, und sie ermöglicht ihre Weiterleitung und Verbreitung. Sie ist deshalb umso wertvoller, je größer der Kreis von Zeit genossen und Nachfahren ist. der sie lesen kann. Einigkeit ist ein großes Gut. Einheit ist die wichtigste Forderung an eine brauchbare Schrift. 500 000 lernen nach der Schätzung eine» unserer Gegner jährlich die EinheilSkurzschrift. Von Beamten und Angestellten wird sie gefordert- Alle Viel schreiber, alle, die im wissenschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Leben tätig sind, erleichtern sich ihre Arbeit ungemein, wenn sie die Einheitskurzschrift beherrschen. Leider ist noch nicht an allen Schulen Gelegenheit, sie zu lernen. Alle Eltern, Lehrer und Erzieher sollten deshalb fordern, daß an jeder Schule, auch an jeder Volksschule, die Möglichkeit bestehen muß, sich die Einheitskurzschrift anzu- eignen. Mil Mu- M MUMM HM»? Bon Dr. med. Martin JasfS, Nervenarzt, l Diese Frage tritt des öfteren in der Sprechstunde noch viel zu wenig, wenn man bedenkt, daß nicht durch eine so enge Verbindung, wie es die Ehe ist, Zusammenleben mit dem Geistes- oder Nervenkranke: Mfl- »Ak MÜMMM „Weg mit der zeitraubenden, schwierigen Langschrift! Unsere Sechsjährigen müssen Kurzschrift lernen. Natür lich eine ganz einfache, leichte, eine Bolttkurzschrift!" So lassen sich die Gegner der EinhejtSkurzschrtft vernehmen end glauben dadurch die siegreich vovdringende zu schädi gen. Ja nach Geschmack und Richtung bieten sie an da» System Scheithauer, die Jnternattonalstenoaraphte. die Volksverkehrskurzschrtft von Schrey, da» Dretmanner- system Eggeling-Vossen-Wetekamp, da» System Dr. Range (Berlin) und viele andere. Wer bestimmt, welche» System das Kind lernt? Die Eltern, der Lehrer, die Schule? Welch ein Wirrwarr! Schlimmer al« im vorigen Jahr hundert, wo wenigsten» die von jedem erlernte Lang- schritt den Stenographen verschiedener Systeme einen ge meinsamen Schriftverkehr gestattete. Die Kurzschrift würde nicht der Verständigung der Volksgenosse« untereinander dienen, sie hätte den Charakter einer Geheimschrift. Welch bittere Enttäuschung, wenn in „die goldene Zeit der ersten Liebe" gleich einem zerstörenden Rauhreif die Erkenntnis bricht, baß „er" „ihre" und „sie" „seine" Schrift nicht lesen kann! Wie schwer der Entschluß: Lernt man um in der Liebe oder in der Schrift! Man steht wohl ein, daß es so nicht geht. Soweit die deutsche Zunge klingt, darf e» nur eine BolkSkurzschrift geben! Aber welche von den vielen angebotenen mutz zur „Zwangskurzschrift" erhoben werden? Glaubt man, daß die Volksturzschriftler sich einigen können? Jeder hält sein System für das richtige, das beste, das einzig mög liche. Auf zum Streit! heißt- die Lösung. Schöne Aus sichten für die Zukunft, nachdem der Friede durch die Einbeitskurzschritt angebahnt und fast hergestellt ist! Ein volles Jahrhundert lang wogte ja der Kamps auf kurz- schriftlichem Gebiete hin und her, gehässig, blind, wütend, fanatisch, ost nicht wahrhaftig und — immer unentschieden. Wer will die Verantwortung übernehmen für ein weiteres Jahrhundert fruchtlosen Ringens der Systeme unterein ander? Ist die Frage der BolkSkurzschrift überhaupt dringend? Gibt es beim Schreiben nicht viel Wichtigeres zu verein- fachen als die Schrift? Ist denn die Schrift der ewige Stein des Anstoßes, die unversiegliche Quelle unendlicher Fehler, oder ist es unsere „folgerichtig aufgebaute" „Recht schreibung"? Welche Erleichtern-"- würde es »-en Kin dern bringen twnn der Grindsatz Geltung hä te:„Schreib«, wie du sprichst!" Also: sil fi soist aus der kwelle. Schon kommen die Einwände: „Wo bleibt da die Logik, die Wortfamilie, die Abstammung?" Ist es logisch, wenn man „des" und „Zeugnis" mit Nund°s, „dessen" und „Zeugnisse" aber mit ss, wenn man „während" mit h schreibt, obgleich es doch mit dem Hilfszeitwort „war" und nicht mit dem Eigenschaftswort „wahr" zusammen hängt und was dergleichen „Seltenheiten" mehr sind? Wenn in unserer (beinahe hätte ich geschrieben heiligen) Orthographie erst einmal reine Bahn geschaffen würde, dann wäre Zeit genug für wichtigere, lohnendere Arbeit. Die Verfechter mancher als Volkskurzschrift empfohlener Systeme führen als zugkräftigen Beweis für die Güte und Leichtigkeit ihrer Schriftung an, daß sie schon von Keinen Kindern erlernt und richtig gelesen und geschrieben worden ist. Solche Versuche sind auch mit der Einheitskurzschnft gemacht und glücklich durchgeführt worden. Armin Schmidt au» Fürth hat diele mit siebe» Jahre» erlernt mit» schrieb 1'- Jahr später schon ISO Silben in der Minute. Mit solchen vereinzelten Fällen ist aber nicht» zu beweisen, viel wichtiger ist - zu erfahren, wie sich di« Meh^ahl der iktnder dazu stellt. Daß die Einheitskurzschrift an jeder höheren Schul« mit Erfolg gelehrt werden kann, unterliegt keinem Zweifel. Aber wie steht e» an unseren Volksschulen, deren Ober- Nassen durch Wettrennen nach dem Berechtigungsschein fast von allen letchtlernenden Kindern entblößt sind? Kann da die EtnheitSkurzschrift nutzbringend unterrichtet werden? Diese Frage ist mit einem unbedingten Ja zu beant worten. Durch mehrere Versuchslehrgänge ist nachgewiesen: Die Hälfte der Kinder au» den beiden letzten Schuljahren ist fähig, bei zwei Wochenstunden in einem zweijährigen Kursus die Einheitskurzschrift so zu lernen, datz sie ihr sicheres Eigentum ist, daß sie 60 biS 100 Silben nach- schreiben und flott wiedertesen können, während ihre noch Langschrift bohrenden Kameraden mit Mühe und Not 30 Silben zu Papier bringen. Ja, sie lernen die Kurz- schrtst besser, als die richtige Anwendung der deutschen Sprache oder das Rechnen, obgleich auf jedes dieser Fächer wohl sieben Jahre lang wöchentlich durchschnittlich fünf Stunden, also 7 mal 40 mal 5 — 1400 Stunden, auf die Kurzschrift aber nur 160 Stunden verwendet worden sind: eS werden weniger System-, als Richtigschreibe-, Fall- und Zetchenfehler gemacht, und die Kinder haben einen ge naueren Ueberblick über die EinheitSkurzschrift als über da» Gebiet de» Rechnen». Es ist ein herzerfrischender Anblick zu beobachten, wie sie Aussätze, Diktate, Be merkungen in den Wissenssächern mit gelassener Selbst- Verständlichkeit geläufig niederschrciben und fliehend vor- SchreibenS willen gelesen weive: sie nicht nur für den die in vielen Städten und größeren Landgemeinden Sach sen» vorhandenen Kurrenden. Also kirchliche Kinderchöre, die im Gottesdienst Melodienführer sind, auch Chorauf führungen bieten und bei Begräbnissen singen. Hier und da besteht auch noch der Kurrendegesang vor den Häusern, so in Leisnig, wo Meister Franziskus Nagler den Dirigen. tenstab führt. Als er vor mehreren Jahren seine kleine Slngschar mit nach Dresden brachte und seine Kurrendaner ihre frischen Stimmen durch den großen BereinShaussaal schallen ließen, wurde es den Zuhörern warm um» Herz. Kürzlich ließ sich nun an gleicher Stelle die Pirnaer Kurrende, ebenfalls vom Heimatschutz gerufen, hören. Auch der Pirnaer Kirchenchor, nur aus Mädchen bestehend, darf getrost auf die Vortragsreise gehen, hat er doch in dem in sächsischen Sängerkreisen hochgeschätzten Kirchenmusik direktor Büttner einen kunstbegeisterten Leiter und Ge- sangspädagogen. Die Pirnaer boten einen feingewählten Liederstrauß, aus fünf Jahrhunderten, deutsche Spiel-, Scherz-, Tanz- und Reigenlieder, aber auch ernste Ge sänge. AufS trefflichste diszipliniert, sang der stimmlich glänzend beschaffene Chor alles mit tiefem Empfinden und Mitfühlen. Von Lied zu Lied steigerte sich der Beifall und nur erst nach Zugaben entließ man die sangessrohe Schar. Pirna kann stolz auf seine Kurrende sein, die dem Namen ihrer Heimatstadt Ehre macht. Dann war in diesen Tagen noch ein anderes Stück BolkStvm nach Dresden gekommen: die Max Rothe- Spiel e r a u s S ch l e t t a u. Es ist eine Bolksspielerschar, die sich nach dem Verfasser erzgebirgischer Gedichte, Er zählungen und Komödien, Oberlehrer Max Rothe in Buchholz, nennt. Die Spieler stammen aus der „Schlaat", auf Hochdeutsch Schlettau und sprechen daheim wie in der Fremde die erzgebirgische Mundart. Sie sind keine Berufs- schauspieler, sondern einfache Leute auS dem Volke, haben aber auch die Grenze des Dilettantismus schon erheblich überschritten. Ihr Spiel ist von größter Natürlichkeit, und da sie bereits mehr als 100 Aufführungen hinter sich haben, so ist ihnen auch eine beachtliche Bühnengewandtheit eigen. Nach wiederholten Gastspielen im Äolkswohl hatte auch der Gewerbeverein die Erzgebirger für einen Abend gewonnen und hier führten sie Max Rothes köst lichen Schwank „Der Jahrmarktsrausch" auf. Die Hand- lung zu schildern, würde zu weit führen, es fei aber nur betont, daß der Autor in seinem Werk wurzelechte, lebens- wahr gezeichnete Gestalten auf die Bühne stellte und daß dieser Schwank von vollsaftigem gesunden Humor erfüllt ist. Wahre Lachsalven durchbrausten den Saal und man er- freute sich an solch urwüchsigem BoUStum, wie es im säch sischen Erzgebirge noch seßhaft ist. Man mag das Derk Max RvtheS und seiner Getreuen nicht unterschätzen. Immer mehr will das Bodenständige und Eigenartige aus unserem Volke verschwinden, durch diese mundartlichen Stücke wird aber an seiner Erhaltung wertvolle Arbeit geleistet. Der fröhlichen Spielerschar sind gern noch weitere Erfolge im ganzen Lande zu wünschen. Will man sich das Her» leicht und den Körper für sech weitere Arbeitstage widerstandsfähig machen, dann gibt'S nur ein Gebot für den Sonntag: Hinaus in die Statur! Auch wenn nicht gerade Frau Sonne lacht. Mr Dresdner haben nun eine reiche Auswahl von Wanderzielen. Die Bretterhelden streben zu Tausenden hinauf ins Mich« Erzgebirge, nach Geising, Altenberg, Frauenstein und Moldau. Aber da» Gedränge früh und abend» auf den Bahnhöfen ist nicht nach jedermanns Geschmack. Wählen wir also mal die sonst so stark bevölkerte Sächsische Schweiz, die wegen ihrer Nähe, was das Fahrgeld anlangt, noch de» Vorzug der Billigkeit hat. Bi» Schmilka-Hirsch- mühle geht die Fahrt, dann trägt uns das Motorboot volkstümlicher Werte mit zu den dankbarsten Ausgaben , zwischen kleinen Eisschollen hinüber nach dem dicht am ideal gesinnter Kreise. Zu solchem Volk-gut gehören auch j Walde gelegenen Dörfchen Schmilka. Die Buden mit dem
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