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Vermischtes. Da» Bonner Schwurgericht, das den Arzt Dr. Peter Richter wegen Ermordung der Frau Mertens »um Tode verurteilte, beschloß, Richter zur Begnadigung ,u empfehlen. Revisionsurteil in einem Meineid «Pro zeß DaS Schwurgericht Breslau verbandelte gestern in der Strajsackre gegen die Viehhändler Wilbelm Bogel aus Äiltisch, der vor Jahresfrist wegen Verleitung zum Mein eid vom Schwurgericht in Oels zu einem Jahre Zucht« »auS und drei Jahren Ehrverlust verurteilt worden war. DaS Reichsgericht batte als NevistonSinstanz das Oelser Urteil aufgehoben und die Sack« zur nochmaligen Ab- urteilung an da» Breslauer Schwurgericht verwiesen. Nach Abschluß der umfangreichen Beweisaufnahme erklärte der ZtaatSanwalt, daß das Oelser Schwurgericht doch keinen Fehlspruck gefällt hätte, und beantragte wie damals er neut zwei Jahre Zuchthaus und drei Jahre Ehrverlust. Das Gericht konnte sich jedoch von der Schuld de» An geklagten nickt überzeugen und sprach ihn nach längerer Beratung frei. Ein Vater erdrosselt sein uneheliche» Kind. Der 25 jährige LandwirtSsolm Bruno Mackus aus Sckweinert-Hanland hat in Schwerin «Warthe- seine un- belich« Tochter auf offener Straße erdrosselt. Er hatie sie Mutter, die eben erst mit ihrem etwa drei Monate alten Kinde aus dem Säuglingsheim entlasse» worden oar, mit dem Wagen vom Bahnhof abgebolt. Während der Fahrt durch die Stadt verstand er es, die Mutier aus kurze Zeit zu entfernen, indem er iie mit dem Einkauf von Zigaretten beauftragte. Nach ihrer Rückkehr fand sie da» Kind aus dem Wagen sterbend vor. Es stellte sich her- auS, daß eS erdrosselt worden war. Machus. der sofort verhaftet wurde, hat bereits ein Geständnis abgelegt. Es muß angenommen werden, daß er sich der UnterhaltS- vflicht entziehen wollte. Verzweiflungstat eine» alten Arbei ters. AuS Lochem «Provinz Geldern^ wird gemeldet: Ein deutscher Werkmeister, der länger al» ein Menschen alter in Holland gearbeitet bat, davon über SO Jalne in den Lochemer Lederwerkeu, war vor zwei Jahren bei der Betriebsumstellung entlassen worden. Er konnte wegen seines hohen Alters keine anderweitige Beschäftigung sin ken. In seiner Verzweiflung drang er in das Büro der Lederwerke ein und schoß auf den ersten und den zweiten Direktor. Beide Direktoren wurden lebensgefährlich ver letzt. Später erschoß der alte Mann sich selbst. Die hol ländischen Behörden haben die Leiche zur Bestattung in Deuticklaird freigegeben Schmarotzer des Re nnbetriebes wurden von der Berliner Kriminalpolizei gefaßt. Drei Leute hatten seit längerer Zeit die deutschen Buchmacher um IM 000 Mark Beträge daourck gejchädigt, daß sie durch geschickte Einschaltungen Funkmeldungen und Televbongespräche über ausländische Rennen aohörten und noch vor Weiterver- teiluna der Nachrichten „Wetten" placierten. l 00 Stunden am Steuer. Die Stadt Boston hat ihre große Sensation. Der Chauffeur Carlson ent schloß sich zum Beweise dafür, daß sich ein verschuldeter VerkchrSunfall auck durch die allerstärkste Erschöpfung nicht rechtfertigen lasse, zu einem öffentlichen Experiment, das geradezu unmenschlich scheint. Er kündigte eine Dauer fahrt durch die Straßen Bostons an und setzte selber die Dauer dieser Fahrt auf IM Stunden fest. Im Auto fuhr ein Kontrolleur mit, der einesteils für die leiblichen Be dürfnisse des Lenkers zu sorgen hatte und dann aber eine noch wichtigere Funktion ausübt«: ständige Aussicht zu üben, ob Carlson auch niit zunehmender Erschöpfung die gleiche Zuverlässigkeit besäße. Während dieser vier Tage ließ sich Carlson lediglich in Abständen von etwa anderthalb bis zwei Stunden etwa» Milch reichen. Sonst nahm er nichts zu sich. Als die geradezu mörderische Fahrt beendet war, richtete sich Carlson im Auto auf uno winkte den Tausenden von Zuschauern freundlich zu. Kein Mensch hätte dein Chauffeur auch nur das geringste ange- merkt, daß er eine so gewaltige Nervenleistung hinter sich hatte. Al» Carlson sich aber anschickte, seinen Wagen zu verlassen, übermächtigte ihn eine leichte Ohnmacht. Man brachte ihn in ein berettstehendeS anderes Auto, das mit weichen Kissen ausgepolstert war Als sich der Kraftwagen dann gleich in Bewegung setzte, um Carlson in ein Privat- Sanatorium zu bringen, versank der Chauffeur in einen ungewöhnlich tiefen Schlat, auS dem er erst wieder nach 10 Stunden erwachte. Jedenfalls aber ist Carlson der glatte Beweis gelungen, daß auch die schwerste körperliche Anstrcnguua nick tbiu reichen kann, dem Krastwagenlenker bei mangelnder Pflichterfüllung eine Rechtfertigung -u schaffen. Lnrelge» 8omlsbena-kvsaabe Merser lagevlstte« mit Ankündigungen für Ionntag oder Montag wolle man sofort abgeben lasten. Unzeigen-Annahme und unentgeltliche Hilf« bei Anfertigung von Anzeigen täglich von srüb 8 Uhr ab VeRLlllkÄelle »« Mer»« lasedlstter Mesa, mir voeLesttaSe SS. kernrul ßlr. 20. Ein Todesopfer beim Bran d in der Ber liner Lackfabrik. Bei dem Brand in einer Lackfabrik im Osten der Stadt wurden, wie bereits gemeldet, zwei Personen verletzt Nunmehr ist eine der Berichten, ein« 26 Jahre alte Arbeiterin, ihren schweren Brandwunden erlegen. Zwei Männer im Rhein ertrunken. Beim Baden im Rhein am sogenannten Stap geriet gestern nachmittag ein 43 jähriger Mann in einen gefährlichen Strudel und wurde in die Tiefe gerissen. Sern Kollege, ein 40 jähriger Mann, versuchte, ihm Hilfe zu bringen, wurde aber ebenfalls von dem Strudel erfaßt und versank so fort. Der Vorfall spielte sich vor den Augen Ser entsetzt am Ufer stehenden Frauen und Kinder der beiden Män ner ab. Tod eines Ehepaares durch Starkstrom Bei der Pommerelleschen Ueberlandzentral« Goddeck ereig nete sich ein schwerer Unglücksfall Bon der net»en dem Haus« eines Werkmeisters errichteten Antenne hatte sich «n Draht gelüst, der auf die tiefer liegende 220-Boltlicht- leitung siel und init einem Ende auf die Erde hing. Al» die Hausfrau kurz darauf in den Garten ging, berührte sie den herabhängenden Draht und wurde durch den Schlag sofort getötet. Ihren Mann, der barfuß hinauslief, er eilte das gleiche Geschick. Absturz eine« Kinderwagen» vom Dach Eine Familie in Neustadt (O.-S ) hatte Vie Gewohnheit, den Kinderwagen täglich mehrere Stunden auf ein flaches, acländerlose» Hau-dach zu schieben, wo da» Kind sich sonnen sollte. Gestern geriet der Wagen in» Rollen und stürzte auf die Straße. Da- Kind wurde getötet. . Raffinierter Geldraub in Köln. Gestern Mittag erhob eine Kölner Musiklehrerin einen Betrag von 47M Mark al» Erbschastsgeld an der Kasse eines Geschäftshauses. Als sie die Kasse verließ, trat der Chauf feur eines auf dec Straße stehenden Auto» auf sie zu und teilte il,r mit, das Geschäft stelle ihr der Sicherheit wegen ein Auto zur Verfügung. Die Dame, mißtrauisch geworden, ging zum Telephonapparat eine» nahen Waren hauses, um bei der Bank anzufragen, ob dies stimme. Der Krastwagenführer folgte ihr bi» in die Zelle, angeblich um rbr behilflich zu sein. Die Dame spürte plötzlich in der Telephonzelle ein Kratzen im Halse und roch bitteren Mandelgeruch. Man fand sie später bewußtlos in der Zelle. Die Mappe, welche die 47M Mark enthalten hatte, war leer. Genaue Angaben über das Auto konnte di« Dame nicht geben. Der Fischdampjer „Scharnhorst" bleib» verschollen. In der zweiten Hälfte de» Mai wurde die Nachricht verbreitet, daß die Besatzung de» an der Murman - Küste verschollenen deutschen Fischdampfer» „Scharnhorst" sich in einem russischen Gefangenenlager befinden sollte. Diese Nachricht wurde Ende Mat auf Grund eines Bericht» der deutschen Botschaft in Moskau für unrichtig erklärt. DaS Auswärtige Amt in Berlin bat aber die Ermittlungen fortseben lasten, und das General konsulat in Leningrad teilt nunmehr mit, daß sämtlich Küstenwach ckisse, Vermessungsschiffe usw. angewiesen wor den seien, Nachforschungen nach dem Wrack des Dampfers „Scharnhorst" und nach dessen Besatzung anzustellen. Bis her sind die Maßnahmen zur Auffindung der Verschol lenen ohne Ergebnis geblieben. Der Verbleib des Fahr zeugs und auch der Mannschaft konnte nicht ermittelt wer den. Wie davon gesprochen werden konnte, daß ein Heizer des Dampfers namens Schmidt sich in einem russischen Konzentrationslager aufhalten solle, hat sich nicht her ausgestellt Selbstverständlich werden aber die Nachfor schungen noch fortgesetzt werden. Irrsinn oder Verbrechen? Die Mordkommis sion der Berliner Kriminalpolizei beschäftigt sich augen blicklich mit einer eigenartigen Affäre. Auf dem Polizei präsidium war ein 19 jähriger Monteur in Begleitung mehrerer Leute erschienen, in deren Gegenwart in einem Lokal er behauptet hatte, er habe im Grünewald seine Geliebte erwürgt. Er hatte auch angegeben, daß die Tote in der Nähe des Jagdschlosses Grünewald liege. Nach dem Morde sei er so entietzt gewesen, daß er in einen, Lokal sich durch Trunkenheit vor den schrecklichen Vor stellungen habe retten wollen. Den anderen Gästen im Lokal hatte er von der Tat berichtet und auf deren Ver anlassung erschien er nun vor den Kriminalbeamten. Er würbe in Haft behalten, nachdem er sein Geständnis wie derholt hatte. An dem angeblichen Tatort im Grünewald wurde jedoch keine Leiche gefunden. Die weiteren Ermitt lungen ergaben sogar, daß das angeblich ermordete Mäd chen noch lebte und nie mit dem Verhafteten im Grüne Wald gewesen sein will. Trotzdem blieb der Monteur bei seinem „Geständnis" uno meinte, er habe sich dann wonl in der Person des Mädchens geirrt uno es sei eine andere, die er ermordet habe. Der Mann sitzt noch immer in Haft. Die Kriminalpolizei setzt ihre Ermittlungen in dieser seltsamen Angelegenheit fort. SllWmWkW. Plauderei von Johanne- Thomas, Riesa. Wieder einmal ist die Zeit gekommen, wo man aller drten zu fröhlichen Wanderfahrten rüstet. Im Freundes, kreise erzählt man sich von vergangenen, schönen Erleb nissen beim Reiicn und Wandern: und überall herrscht die Vorfreude über künftige Ueberraschungen, die neue Fahrten bringen werden. Wir sitzen zu viert an der Zahl in meiner stillen Klause um den Tisch, dampfen aus meterlangen Tabaks pfeifen, und erzählen uns, was einst uns schönes begegnet« beim Wandern durch die Heimat. Ein jeder von uns hat so sein besonderes geliebtes Stückchen Heimaterde, wo er immer wieder gern weilen möchte, das ihm sein Eldorado ist, von dem er begeistert ist, und von dem er natürlich besonders gern erzählt. Der eine liebt die Berge, der andere die Täler, jener die flache Hejdelandschast: jeder hat nach seiner Meinung da» Schönste an Schönheiten der Natur erlauscht. Und alle haben sie recht, wenn man eben be denkt, daß die Heimaterde so vielseitig an Schönheiten ist. Die Reihe des Erzählens kam an mich. Nun, von mir ist im Kreise der Eingeweihten bekannt, daß ich ein rechter, froher Wanderer bin. Ob mich Sorgen drücken, ob mir der Menschen kleinlich Streiten den Tag verderben will — Man möge mich deshalb recht oder falsch verstehen — immer noch hab' ich mich am besten wiedergefunden, wenn ich zum Wanderstabe griff, und hinauszoa in die Welt, um an deren unberührter, vom Menschenhatz ver schonter Herrlichkeit mich zu erfreuen, und mir neue stärke zu holen für den Kampf im Leben. Die stelle, wo mich es immer und immer wieder mit gewisser Sehnsucht hjnaezogen hat, das ist die sächsisch- böhmische Grenzecke um den hohen Schneeberg herum. Von der will ich jetzt ein wenig plaudern, so, wie ich sie sah, und wie sie auf mich gewirkt hat. Im stillen Gasthof „Zaunsknechts", oder nach Sem Besitzer genannt, „Ottomühle", ist mein Quartier. Es liegt so recht friedlich in einem wenig belebten, lieblichen Gebirgsbachtale, dem dec Biela, unweit Rosental-Schweizer mühle. Bon hier au» läßt sich gut wandern hinein ins Böh mische, und am liebsten war mir immer der Weg nach dem Hohen Schneeberge. Mit prallem Ränzlein geht es frohgemut im tau frischen Morgen fort vom freundlichen Quartier: ein Lied aus den Lippen pilgere ich talaufwärts, an den kleinen Häuschen des ObergrundeS und an der rauschenden Worm- mühle vorbei, hinein in den frischen, grünen Wald. Ab wechselnd recht» und links de» Wege» begegnet mir daS hurtig springende Wasser des Bielaoaches, dem man hier in seinem schmalen Oberlauf nicht zutrauen würde, oatz :r talabwärts, bis gen Königstein hinunter, Mühle qn Mühle treibt. Sein lustige» Plätschern ist mir angenehme Harmonie zu meiner Freude am herrlichen Wandertage, iie noch echöbt wird durch den Morgengesang der Wald vögel, die von Ast zu Ast und von Baum zu Baum ge treulich mir am Wege voraushüpfen. Saftiges Grün um rahmt den Bachlauf der Biela und hohe Tannen umsäumen meinen Weg, durch deren Geäst die Wände globiger Sand- steinriesen im Morgensonnenlicht glänzen. Allein und im morgenschönen Wald — wer da- immer so erleben könnte! Es ist mir, als ginge ich, einem Ge heimnis nach, das irgendwo im Zauber der Natur ver borgen liegt.^und wonach mich die Schönheit deS Morgen waloes von Schritt zu Schritt immer begieriger macht es zu entdecken. Bald bin ich an der Stelle, wo von links aus dem Waldgehänge der alte Pascherweg, von Roscntal kommend, in die Straße nach Böhmisch-Eiland mündet: unweit davon liegt eine wunderschöne Waldkchneiie: die alte Eins. Im mer mußte ich hier ein wenig verweilen, ist doch gerade dies Fleckchen so recht zum Träumen geschaffen — es ist wie ein Stück auS dem Märchenwald, in wundervoller Ruhe der Natur. Doch weiter geht'» — die Sonne steigt höher; sie zeichnet bunte Perlen in die noch taufeuchten Gräser einer von hohen Fichten umschlossenen Äaldwiese; froh- gemut folge ich dem Pfade, bis mich eine verwitterte Weg- jäule mit ihrer Aufschrift belehrt, daß ich vom Eilänber Fahrwege abbieaen mutz, um nach dem Hohen Schneeberg zu kommen. Aber ich tausche Schönes mit noch Schönerem ein. Bon der Wegbieaung nach links bergaufwärts kommt der Wanderer ins Tal der dürren Biela. Dieser alte Seitenarm des Bächleins ist die meiste Zeit des Jahres ausgetrocknet: nur zur Regenzeit und zur Zeit der Schnee- schmelze trägt er die Wasser zu Tal. Der neue Talgrund, der anfangs weitgeöffnet vor mir liegt, schließt sich mit wachsender Wegsteiaung zusammen, bis der mißweg, nrben dem Bielaarm laufend, in eine von steilen Wänden einge- schlossen- und von hohem Waldbestand überdachte Schluckt «inmündet, deren zerrissene Form mich an die Schönheit der Wildbachtäler unserer Alpen erinnert. Hier könnte man glauben, daß der Wald voller Sagen und Geisterspuk steckt, und die Phantasie gibt sich eine kleine Weile mit diesem Gedanken ab: das lustig springende Eichhörnchen wird zum huschenden Waldgeist und in der düsteren Ferne meint man die gütige Waldsee zu sehen, wie sie das Rudel Rehe, das eben oen Höhenweg kreuzt, sicher führt. Eine Stunde wunoerbarer GotteSnähe ist dies Stück- chen Weg dem Wanderer, der noch rechte Freude hat an unberührter, reiner Natur, wie sie vom Schöpfer der Welt den Menschen zu ihrer Erbauung geformt worden ist. Hier verspürt man nichts von den sonst überall zu hörenden Geräuschen moderner Transportmittel, die staubauswir belnd dem Wanderer selbst in einsamsten Gegenden den rechten Genuß an dec Landschaft verderben — bis in diesen stillen Winkel hat sich noch keine Technik gewagt. Mag'S zur Freude aller der, die dieses stille Tal kennen und lieben, auch noch lange so bleiben. Der Weg naht sich der böhmischen Grenze, deren Ver lauf an den alten, aus Augusts de» Starken R«gierungSz«it stammenden, mit dem polnischen und sächsischen Wappen geschmückten Grenzsteinen zu erkennen ist. Der schmale Grenzsteia führt nnck heraus au» dem heimatlichen Walde und bringt mich kurz vor dem tschechischen Zollhaus aus die Staatsstraße, die Dresden mit Bickenbach verbindet. Ein seltsamer Hauch geht von den rot-weißen Ärenzpfählen aus, überhaupt berühren GrenzpfShle eigenartig. Sind sie doch die äußeren Zeichen der Trennung von Nationen, die teils freundlich, teils feindlich zueinanderstehen können, je nachdem eS den Hochmögenden in den benachbartem Staaten beliebt. Grenzpfähle stimmen nachdenklich; und diese hier an meinem Wanderwege rufen Erinnerungen wack aus der Zeit des alten, lebensfrohen Oesterreiches. Damals herrschte lustiges Treiben an dieser Grenzstätte, das nach dem Kriege einer strengen Vorsicht weichen mutzte; so wie es eben nickt anders sein kann, wenn neue Staaten zueinander in Verbindung treten wollen. Doch! hat sich mit den tschechischen, neuen Hütern der Grenze gar bald auch ein freundlicher Verkehrston finden lassen. Freilich, manches ist anders wie früher, und ich bin mcht verliebt in die neuen Herren; deutsch bleibt eben deutsch. Jedoch, will ick weiter, so muß ich halt mein Ränzlein auch dem Herrn Oberaufseher präsentieren. Er findet aber nichts, was zu verzollen wäre; denn leibliche Speise auf die Dauer eines Wandertages ist noch immer zollfrei gewesen. — Ja, wübre er, was ich mir so über ihn zu sammendenke!! Aber Freunoerl — Gedanken waren bisher auch zollfrei, und ich werde mich hüten, sie „auszuführen". Nachdem mein Paß in Ordnung befunden, werde ich mit einem allgemein prüfenden Blick, meinen Leibesumfang betreffend, in Gnaden entlassen und könnte nun getrost meine Straße weiterziehn — wenn, ja wenn neben dem finsteren Amtsgesick.t des tschechischen Zollwächters nicht gleich die lachende Freundlichkeit einer echt-deutschen Wirtin der Grenzwaldschenke zu Hause wäre, die zu Rast und Einkehr wrnct. Bei einem vortrefflichen Alpenkräuterlikör, in Gesell- schast der gesprächigen Wirtin und de» auf dem Lande unvermeidlichen Hühnervolkos. wird vorerst einmal ein kleiner Morgenimbiß dem Rucksack entzogen und mit Behagen auf der Waldbank im Kreien verspeist. Und da die Wirtin und ich alte Bekannte sind, so dehnt sich die Ruhepause in angenehme Länge au». Der Imbiß ist längst eingenommen, es brennt sogar schon da» zweite Pfeiferl — und wir plauschen immer noch. Ja, sie hat aber auch viel zu berichten, die gesprächige, freundliche Wirtin: von all' den Sorgen mit den gestrengen Grenzposten und mit der Erinnerung an die für sie schönen, vergangenen Zeiten, so um die Wende Franz Josefs hemm. Aber jetzt wird doch gewaltsam Schluß gemacht mit aller Plauderei, und aller politischen Grenzpfähle ver- «essend, geht'» mit heiterem Sang wieder hinein in den Wald. Die allgütiae Natur, di« sich nicht un geringsten um alle Grenzpfähle der Welt kümmert, wirkt auch hier und auf mich wieder versöhnend, und bringt mir all' meine Freude zurück. Wie aufgerissen ist der Waldweg! Gewiß mag vor kurzem erst ein schiver mit Holz beladener Wagen eine» Schneeberger oder Bodenbacher Fuhrmannes eben da ge fahren fein, und hat dabei seine Spuren in so nach drücklicher Weise hinterlassen. Ferner Klang schlagende: Aexte bestätigt nur mein« Vermutung. ,