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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 16.06.1927
- Erscheinungsdatum
- 1927-06-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-192706164
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19270616
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19270616
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Riesaer Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1927
-
Monat
1927-06
- Tag 1927-06-16
-
Monat
1927-06
-
Jahr
1927
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 16.06.1927
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WM- U HG :MMW Achs Wttn d WW Ach, J»»n str «N- d„e»»nu vbz. Im «eitere» Verlauf beS Duisburger Kivbermord- Prozesse» gegen Käte Hagedorn schilderte Krimiualkomwissar Noland die Umstände, unter denen dt, »uaeklaat« seinerzeit da» »olle Geständnis adlegt«. Sie sagt« znuSchft, sie -ade die Tut au» Rache gegen Mitdcwv-vcr de» Hause» »oll. bracht. Diese Aussage hielt sie eine Zeitlang aufrecht, bi» sie dann unter Darstellung der von ihr an dem ermordete» Mädchen vorgenommenen verbotenen Handlungen ei«e« ihr sttbst nicht voll bewußten Trieb vorschützte. — Di« Eltern der Angeklagten bekundeten, daß sie die An geklagte, dt« dauernd mit den Eltern zusammen in eine« Zimmer schlief, trotz ihrer 18 Jahr« stets al» Sind betrachtet und von den umwtürlichen Regungen ihrer Tochter «tcht» bemerkt haben. Auch die Mitbewohner de» Hause» und nächst« verwandte schildern die Mörderin al» eine lieben», würdige und zuvorkommende Person, der man nach ihrem sonstigen Wesen die Tat nicht zutrauen konnte. Di« Ehefrau Strücken gibt Schilderung«« von nervösen Anfällen der An geklagten. Die Aussage» weitläusiger Verwandter ««trolle» die überaus zerrütteten Familienverhältnifse de» Groß- vater» der Angeklagten, der sich dem Trünke htngab und im Delirium oftmals gewalttätig wurde» Auch dssr Vater der Angeklagten sei stark dem Alkoholgenuß ergeben. Ein Kall von Entmündigung innerhalb de? Verwandtschaft läßt eben falls auf erbliche Belastung des Vater» der Angeklagten schließen. Ai» Morgen de» dritten VerhanblungStagr» machte der bereits eidlich vernommene Arbeiter van der Sand dem Kriminalassistenten Pfeffer ergänzende Angaben zu seiner Vernehmung. Als er mit keiner Frau auf die Leichen der Kinder gestoßen sei, habe sich dort ein Mann in der Nähe zu schaffen gemacht. Seine Frau habe vermutet, den al» Zeugen vernommenen Arbeiter SchilkowSki erkannt z« haben. Das Gericht beschloß, das Ehepaar Sand darüber zu vernehmen. Frau van der Sand bekundete, die männliche Person sei ans der entgegengesetzten Richtung aus dem Walde gekommen mit einem Zweig in der Hand. Als der Arbeiter Sand ihm zugerufen habe, daß die Mordstelle nicht betreten werden dürfe, habe er erwidert, dle Sache geh« ihn «den Zeugen) nichts an. Der Mann sei von der Stelle her gekommen, wo die Mörderin ihre Hände gewaschen habe. Sic will in dem vernommenen Zeugen SchilkowSki den Mann wicdcrerkcnnen, auch ihr Mann habe ihn wieder erkannt. Dem Verteidiger R.-A. Mehlkops gegenüber be hauptet die Zeugin, daß sie sich in der Person nicht irre. Hieraus wurde in die vernehm««» der Sachverständige» »ingetrctcn. Das Gericht beschloß den Ausschluß der Oeffent- lichkcit, jedoch wurde die Presse zugelassen. Medizinalrat Dr. Gundelach-Duisburg hat die Angeklagte längere Zeit auf ihren Geisteszustand beobachtet. Neber etwaige Krank- heitscrscheinuugcn zur Zeit der Tat gibt er an, daß erbliche Belastung durch den Großvater der Angeklagten vorliege, der ei» schwerer Trinker gewesen sei, und ihre Mutter sei eine leicht nervöse Person. Von Käte Hagedorn habe er auch während der Prüfung einen guten Eindruck erhalten. Sie habe sich in den späteren Jahren gut entwickelt. In der Schule habe sie im Durchschnitt gut gelernt. Nach dor Schul entlassung sei sie im Geschäft ihrer Eltern tätig gewesen. Diese seien wohl äußerlich gut mit ihr gclvcsen, aber sonst habe sic Hrrzcnslicbc nicht gespürt. Im letzten Jahre habe sic viel Musik getrieben und auch bei Veranstaltungen von Vereine» selber mitgewirkt. Ter Sachverständige beleuchtet dann eingehend die durch ihre Mitwirkung bei Vereinsver- anstaltungcn gemachte Bekanntschaft mit Schauspielern und Schauspielerinnen und kommt zn dem Schluß, daß dadurch die weitere geistige Entwicklung der Angeklagten beeinflußt worden sei, was auch die Zeugenvernehmung ergeben habe Die Angeklagte besitzt gesunde innere Organe, und auch ihr Ncrvcnsnstcm weise keine Schädigungen auf. Der Sachverständige Oberarzt Dr. Bcucrhaus von der Provinzialirrenanstait Bemburg kam zu dem Schluß, die ?n Stlnul'Mn-Httits ii »nie«. vdz. AM Mittwoch früh begann vor dem Großen Schöffengericht in Breinen der Prozeß gegen Frau Elisabeth Kolomak, die Mutter der durch das Buch „Vom Leben getötet" bekannt gelvordencn Liesbeth Ko- lomak (Margarete Machan). Frau Kolomak steht unter der Anklage, ihrer Tochter und einem anderen Mädchen Gertrud Wolf bei der ge werblichen Unzucht Vorschub geleistet zu haben. Vom Gericht sind 48 Zeugen geladen. Das Ge richt beschloß, die Dessentlichkcik auszuschließen, während dagegen di« Pressevertreter anwesend bleiben können. Die Angeklagte Frau Kolomak gab bei ihrer Vernehmung Auskunft über den Lebcnsgang ihrer verstorbenen Toch- 6er »ckmeckt j» so lein «. 6» können vir essen,so viel vir vollen u. lkutti kreut »ick nock 6»rüker. — Sie veik es linkst, vie lcrätt»8en6 xerüäe6ievetkep- prul6iriL5 bei 6en Kindern virlc?n. Vurck 6ie?u- dereikmx mit 6er vit»minre!cken klilck virci 6er ULKrverl noek erkükt, ruSeräem entluittep Dr. Ocker s 6ie kür oen Xörverk»« erkorüerlicken klot- vn6 knockend ilaen 6 en minersUscken 5»l«. Viele Lorken, vom eink»cden di» rum Oetker-I'ein- lw»t-pv66inx ermöLl. Iknen reicke äbvcckslunx. weitere kerepte kür Sük- u. Oelee-8peisen kinüea Sie in 6em neuen kgrdie illustrierten Oetker- kereptduck. >u»xLde l*. ors Sie kür 15 pkx. bei Ikrem KSukmLNn erkeltea, venn nickt vorrätig, Lesen Linsenüunx von wirken von Dr. Oe/Ker, LreZo/oLk. n» «e _ _ .. . _ ,..Kundin babe sie ««sang» nicht für schlecht angesehen. Kie habe »tcht» davon ^g«vnßt, da» chre Tochter Geschilecht»verkenr gehabt und Infolgedessen krank geworben sei, sie habe auch später noch angenommen, das) ihr« Tochter von der Freundin «»gesteckt Morden set. Sie (dir Angeklagte) habe uw Gest» von IHM Tochter genommen und auch nicht gewußt, daß sie von Herren Geld bekommen habe. E»Z« auch auSgcstistoslen, da» sie von der Freundin Geld genommen hab«. In ihrer Wohnung sei niemals ein Herr gewesen. Da» Buch will die Angeklagte in einer seelischen Zerrissenheit geschrieben haben. Die Tat lachen de» Buche» habe sie au» Erzählungen ihrer Toch. ter, der Freundin und so Wetter entnommen In Berlin hätten d,e Mädchen von dem verkauf ihrer Sachen gelebt. . In der Zeugenvernehmung stellte ein alter Bekann- ter der Fanttlle dieser ein aute» Zeugnis aus. Ein: Schulkameradin der Liesbeth sagte au», sie sm 1922 mit der LieSbeth von emem Herrn angesprochen, und in dessen Wohnung gegangen. Ein Sivobeamter hat die Liesbeth mehrfach m Tanzlokalen angetroffen: Nach der Berliner Reise habe sie immer elegante Kleider getra gen. Auch die Frau dieses Beamten bekunde«,? bas gleiche. Der tu dem erwähnten Buche genannte Gerd sagte aus, die LieSbeth ßri drei oder viermal in seiner Wohnung gewesen, er habe incht ben Eindruck gehabt, baß sie eine Prostituierte sei. Im Hause Kolomak ser er me gewesen, auch hab« die LieSbeth nie Geld von ihm erhalten, obwohl er durch dw Liesbeth sehr zu Schaden gekommen sei, könne er nichts Schlechtes von ihr sagen. Als der Staat-anwalt dem Zeugen vorhielt, daß er in der Voruntersuchung ander» ausgesagt habe, er- widerte dieser, er hake unter dem Eindruck gestanden, daß der Untersuchungsrichter Ihn beeinflussen wolle. — Nachdem mehrere Zeugen und Zeuginnen günstig für die Angeklagte ausgesagt hatten, bekundete eine Nach barin, die LieSbeth habe sich immer sehr elegant ge kleidet. Hierauf legt« der Verteidiger die Kleider der Verstorbenen vor; der von der Zeugin erwähnte Blau fuchs ist danach ein billige» gefärbtes Ziegenfell. Eine Zeugin gab an, daß die Kolomak einmal von einem Amerikaner 25 Dollar bekomme» habe. Die An geklagte warf der Zeugin Unwahrheit vor nnd sagte, diese habe ihr einmal zwei Mnge gestohlen. Es kam infolge dessen zu einem scharfen Zusammenstoß zwischen der Angeklagten und der Zeugin. Die weitere Verhandlung entrollte dasselbe Bild widerstreitender Aussagen wie bisher. Ein Chauffeur will die Liesbeth einmal nachts auf Weisungen eines amerikanischen Kapitäns aus der Wohnung abgeholt haben und »war mit Einwilligung der Mutter. Der Verteidiger beantragte Aussetzung der Verhandlung, um den Kapitän zu vernehmen. Psychopathin mit hysterische» Einschlag. St« -ab« ihr» H««dl««a «tcht 1» «ine» Zustand »er Ärifirsgektörthett de- gange«, müsse aber wegen ihrer gering entwickelten Intel- ltaen», ber Unreife ihre» Urteil» nn» wegen ihrer au»«,- ordentliche» Einbildung»krast »Uber »«straft «erbe«. Pro fessor Rsekkr-Franksvrt «. Main führte au», da» drk Zweck beide, Tötungen gewefr« lei, Blut ,u sehen. Di« Tat sei aber Nicht »orbe, geplant gewesen, sondern erfolgte film- artig in de» EkWimg. Di« sinnliche Erregung bedeute aber '»twnaltz AuWebung ber freien Willen-bestimmung. DteTKgeklaate -ä»e in seelischer Unreif« eine Affekt« handlmw'heggngen. Ein« Setste»st»rung lieg» nicht vor. Professor Srrauch-verlin war geneigt, den ß öl der An- geNagten zuzubilligen: sie stehe noch Nanz auf einem Nnd- lichen Standpunkt, auch in sexueller Beziehung set sie nm- völlig Kind. Bei Anöübung der Tat habe Ne sich in einem gewissen Zustand befunden, und dieser habe in Zusammen. Hang uttt »er grossen Hitze de» Tage» offenbar einen eptlep- tischen AuSnahmeznstand ausgelöst, t« dem die AngeNagte in der Erregung beide Kinder abschlachtete. Da» merkwür- big« Verhalten »ach der Tat und die sinnlosen Belchuldi- gunge« anderer entsprängen offenbar einer ausgesprochen phantastischen Veranlagung. Nach alledem lägen also be- gründete Zweifel an der Zurechnungsfähigkeit der Ange- klagten vor. Urteil i« Prazetz Hsßedsr« ff Dui »bürg. Im Morbprozeß Hagedorn nmrde gestern abend nach eindretviertelstündiger Beratung vom Schwurgericht folgende» Urteil gefällt: Die Angeklagte Käte Hagedorn wir» ««ter Z«hi»ign«g mildernder Uwstände «ege« rtttkichr«tt»»erhreche»S z« ei«er Gefä«g»i»üraf« »,« sechs Monate« nnd »ege« Totschlag» in zwei Fälle» z« fe fünf Jahre« Gefängnis, zusawwenaezeg«« s« eine Gefäng« ni-ftrafe »an acht Jahre«, «ernrteilt. Die Untersuchungs haft von elfeinhalb Monaten wird von der Strafe in Abzug gebracht. In ber Vegründnng z« dem Urteil gegen die Duis burger Mörderin Käte Hagedorn führte der Vorsitzende an», daß die Angeklagte für ihre Tat verantwortlich set. Eine Uebpckegung, wie ste zum Tatbestand de» Morde» gekört, kommt nicht in Frage, sondern Totschlag im Affekt. Daß di« Angeklagte sich ihrer Verantwortlichkeit bewußt fein mutzte, erhellt darau», daß sic die Leichen mit Gras bedeckt«. Auch die Verdächtigung des Ptäk, die Fährt zur Bade anstalt, di« Flucht, sind Handlungen, 'die nicht al» Affekt handlungen im Dämmerzustand bezeichnet werden können, sondern eine gewisse Ueverlrgung vorausfctzen. Das Ge richt trägt der einmütigen Ansicht der Sachverständigen Rechnung, «»nach e» sich bet der Angeklagten um einen Menschen handelt, der da» KindeSalter kaum überschritten hat und auch schwer psychopathisch war. Auf der anderen Seite mußte die Schwere des Verbrechen», das zwei Fami lien der Kinder beraubte, Anlaß zu de- strenge» Strafzu messung geben. Schicksalswende. Roman von A. Klinger. 5. Fortsetzung. Nachdruck verboten. Geräuschlos schlüpfte er die Trepp« hinunter und /ann in die Bibliothek, die neben der Arbeitestub« seine» Oheims lag. Leide Räume wurden nur ourch eine Portiere ge trennt. Vorsichtig schlich er in das Arbeitszimmer. Es war leer und dunkel. Er ging wieder zurück in die Bibliothek und ließ sich in einem Winkel in einem bequemen Sessel üieder. denn er war überzeugt, daß fein Odeim einen Teil der Nacht an seinem Arbeitstisch verbringen würde. Die Bibliothek enthielt eine Auswahl gediegener Werke der wissenschaftlichen wie der belletristischen Literatur. Aber Franz dachte nicht daran, zu lesen. Er la, über haupt nicht gern. Er war unwissend und beschränkt, doch raffiniert und arglistig. Er war jetzt sehr ruhig und wohlgemut und grübelte, auf welche Weife er den größten Vorteil für sich bei dieser Sache herausfchlagen könne. Di« Uhr im Eßzimmer schlug zehn. Dumpf tönte» die einzelnen Schläge herüber. Franz lauschte auf jeden Laut, doch nicht» rührt« un regte sich. War denn da« ganze Hau« verzaubert? Ob Frau von Herbst bereit» schlief oder noch ans der Leranda saß? - Schon wollte er hina»»schleichen, um zu spionieren; da fuhr ein Auto vor. Das mußte der Oheim sein. Vermutlich hatte er -en zukünftigen Schwiegersohn zur Bahn gebracht und kam von dort zurück. Ob Almida ihn begleitet hatte? Angestrengt lauschte Franz. Er vernabm da« Oeffnen und Schließen der Haustür«, doch außer den müden, langsamen Schritten de, Herrn Harnisch teiaen Laut. Unten nahm der Diener seinem Herrn mahl den Hut und den leichten Sommermantel ab, dann kam der Oheim die Treppe herauf. Franz stellt« sich neben der Portiere aus, die beide Räume trennte. Sein Her- klopfte gewaltig. Der groß« Moment war nun gekommen, der «ine wichtig« Aenderung seines Geschicke« bringen sollte. Er würde sich seine Vor teile nicht wieder entreißen lassen. Allzu lange batte er auf die günstige Gelegenheit warten müssen. Franz war auf alle» vorbereitet. Wenn sein Oheim die Bibliothek betrat, sollte er ohne «etter«, erfahren, zu welchem Zweck Franz hier auf ihn lauerte. Doch Herr Harnisch ging sogleich in seine Arbettsstnbe nebenan. Er knipst« da, Licht an und begann, langsam auf und ab zn schreiten. Er machte noch immer den Eindruck «ine. Schwer- leidenden. Wie bitter bereute er jetzt, diese Angelegenheit nicht vor einem Jahrzehnt geordnet zu haben. Damals war er widerstand,sähiger und alle, hätte sich leichter «rlediot. Aber nun wäre weiteres «schweigen ein Verbrechen gewesen. Run mußte er ihr alles sagen, schonend und liebevoll, nickt von anderen sollte sie es erfahren, sondern durch ihren lieben Papa, der sein Herzblut hingegeben hätte, wenn er seinem Liebling dadurch das, was ihr jetzt bevorstand, hätte ersparen köiinen. Wenn nur sein Herz nicht in einem so rasenden Tempo geschlagen hätte, wenn nicht dieser dumpfe, brennende Schmerz gewesen wäre l Er wollte doch in Erfahrung bringen, was und wieviel Franz eigentlich wußte, vielleicht «ar noch nicht all«, verloren l „Ich verstehe Dich nicht. Junge!- raffte er sich zu sammen. „Ich weiß nicht, wo hinaus Du willst. Du sprichst von einer Wildfremden, wen meinst Du damit „O, Du verstehst mich sehr wohl, Oheim! Aber wenn Liu e, gern hören willst, so kann ich es auch aussprechen Di« Wildfremde, welche Du mit Wohltaten überschüttest, in deren*Interesse ich schlechter behandelt werde wie der erste beste Kommis, ist Almida, oder vielmehr Alma Sröper. Mnd ich erkläre Dir gleichzeitig, daß ich diesen Götzendienst mit der Zimmermannstochter nicht länger duld«! Sollten meine Mahnungen nichts nützen, so be antrage ich gerichtliche Entmündigung gegen Dich. Du hast nicht das Recht, mir, Deinem nächsten Verwandten, Dein vermögen und alle Vorteile, welche dasselbe bietet, zu entziehen und es für Fremde au« dem Fenster zu werfen! Lange genug habe ich dieser sinnlosen Ver schwendung auf der einen und unerhörten Benachteiligung aus der anderen Seite zugeschaut, ohne Einspruch zu er- heben. Aber meine Langmut ist erschöpft. Was habe ich Dir getan, daß D« mich, Leinen nächsten verwandten, enterben, und der Alma Gröper Deine Millionen zuwen den willst? Kommt es Dir nicht zum Bewußtsein, daß Du Dich unverantwortlich an mir versündigst, daß Du Dich aber auch eines Bergehen» gegen di« Gesetze schuldig machst, di« eine solch« Schiebung nicht zulassen?" „Du Unhold, Lu Mißratener l" stieß Herr Harnisch hervor, vergeblich bemüht, seinem Neffen in die Rede zu fallen, ihn mit gingen Worten zurechtzuweisen. Der alte Herr war unfähig. Alle» in ihm krampfte stth zusammen, rankte ihm die Sprache, die Ueberlegung. Empörung durchbrandet« ihn, ein furchtbarer Grimm gegen den Frechen wühlt« in seiner Brust. Doch kein Wort kam über seine bleichen Lippen. Ein grausamer Schmerz tn der Herzgegend brachte ihn einer Ohnmacht nahe. Er hatte sich in den letzten Tagen nur mühsam auf recht «hatten, dann folgten die Aufregungen au» Anlaß der Verlobung. Sein Organismus war auf» äußerste mitgenommen gewesen. Dies« letzt« furchtbar« Aufregung gatz ihm den Nest. Da» fühlt« er. » Jetzt dacht« er nicht mehr daran, Almida zu schonen, ur der Wunsch, ft« in dieser furchtbaren, unseligen -ude zu sehen, ihre liebe, «eiche Stimme zu Horen, ihre kleine, warme Hand zu fühlen, bannte tn ihm. „Lecke Almida,* flehte er, „sende -um Arzt, schnell ehe es zu spät ist... .i* Sean» Latte Snkter vor sich hinüestarrt. Er wollt» Jetzt trug er den Tod im Herzen. Welch eine Wohl tat wäre es gewesen, sich jetzt ausstrecken zu dürfen, sorg los den Schlaf zu erwarten. Auf «inen Tag würde es ja nun sicher nicht ankommen. Doch Herr Harnisch wußte, daß er doch kein» Ruhe finden konnte. Die Sorg« um Almida» Geschick, um ihre Zukunst würde ihn wachhatten. Er setzte sich an seinen Schreibtisch. Er wollt« Almida doch wenigsten» den Brief mit den notwendige» Er- klärnngen schreiben, der erst nach seinem Tode geöffnet «erden sollte. Er legte sich einen großen Logen Schreibpapier zu recht und setzte die Feder an. „Mein einziges geliebtes Kinch Du mein höchste» Glück!" Liderstrebend hatte er begonnen. Doch nun flog die Feder über das Papier, rastlos, ohne zu stocken. Fran- dünkt« es eine Ewigkeit, während er in seinem versteck «artete. Er wurde ungeduldig. Er grübelte, auf welch« Leise er seinen Oheim am wirksamsten aagreisen könne. Dabei vergaß er es, auf sich zu achten. Er machte nnwillkSrsich eine Bewegung, seine Stiesel knarrten. Er war gezwungen, kurz aufzuhuste». Herr Harnisch war so vertieft gewesen, daß er mit einem Aufschrei zusammenzuckte. Seine geschwächten Nerven versagten Der Schreck hatte ihn völlig gelähmt. Mit zitternder Hand bretkte er ein unbeschriebenes Blatt über den Brief an Almida. „Wer ist da?" fragte er mit vor Aufregung heiserer Stimme. Franz trat vor, ruhig und gelassen. Ihm war es recht, daß er nicht mehr al» Spion hinter der Portier« zu stehen brauchte. „Ich bin «^ Onkel, ich hab« Dich hier erwartet.* Die Augen des alten Herrn sprühten. „Was soll da» heißen, was tust Du hier zur Nachtzeit?" Franz lehnte am Schreibtisch, den kalten Blich tt» dem der Haß glomm, fest auf den Okeim gerichtet. „Eine seltsam« Frage und noch unverständlicher, daß sie mit Empörung gestellt wird, kvo ich dein einziger ver wandter btni Es ist doch eigentlich unverantwortlich, daß Du einer Wildfremden mit vollen Händen gibst und den einzigen Sohn Deiner leiblichen Schwester wie «ine« Eindringling behandelst, der von Recht» «ege» erst um Erlaubnis zu fragen hat, ob er Dein Hau» betrete» darf I" Harnisch saß wie vernichtet. Wild kreisten di« Ge danken iq seinem Hirn. Was bedeuteten di« sonderbaren Reden seine» Neffen? Und konnte er noch fragen? Jener datte in Erfahrung gebracht, was bisher al» Geheimnis strengstens behütet worden war. Aber um Gotte« willen, das war ja entsetzlich! Denn Franz würde nicht schwelgen, sondern im Gegenteil mit schadenfroher Genugtuung die Neuigkeit verbreiten, daß Almida «la angenommene» Kind «arl Herr Harnisch duckte sich zusammen! Sein Atem ging uugleichmäßig. Er konnte nicht denken. Er sah da» liebe Mädchen, an dem er so mit ganzer Seele hing, in nicht» zerfließen, sah letdvolle Stunden für seinen Liebling Heraufziehen. Ach wie gerne hätte er ibr dies« schmerz liche Euttäuschuna erspart, wie gern«!
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