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Hon -eier Holmgren Ein schöner Brauch zieht ins Leben und in die deutsche Dichtung ein. Buch, /»mlli« vleckenaeler feiert 6« Obrlktkest black» eiaeia rvitzenü»»i«ck>ea Llick» «»» 6er Glitte äo, verxaaxvoea sabrüuoäeri» Aomsntleckier VVvIbnackit-marüt vack» Luävix llicüter l>Ii> ^'eiknnrlit^pvremiile b>'acl» einew kupkersticü von (-bockokkioclii ^a war «s der Berliner Dichter Ludwig Tieck, der al» erster die grün angestrichene „Weihnachtspyramide" als Ersah für den gewachsenen Baum vorschlug. Tieck war — nebenbei bemerkt — der Sohn einer ehrsamen Berliner Tischlerfamilie. Er blieb beim väterlichen Fach, al» er diesen Aus weg au» der Weihnachtsbaumkrise empfahl. In Berlin, der großen und dichtbevöl kerten Stadt, stellte sich zum erstenmal ein fühlbarer Mangel an Weihnachts» bäumen und daher eine empfindlich« Teuerung aus dem Weihnachtsmarkte ein. Durch vielerlei Verbote der Forstbehörden war der Handel mit den Bäumchen ein. geengt, es hatte sich noch kein großzügiger und tüchtiger Unternehmer auf diesen be sonderen Zweia des Warenverkehrs spezia lisiert. hervorrief, bald darauf — in diesem Roman besucht der Held, der Weither genannt wird, einige Tage vor Weihnachten Lotte, die Braut des Freundes, die Geliebte seines lei- denschastlichen Herzen». Das Verhängnis von Werthers Liebe und Leben naht schon heran, doch es treibt den Schwärmer immer wie- der zu ihr. ohne die ihm das Dasein öde und leer erscheint. Und vor Lotte phantasiert Wei ther von den Weih- nachtsfreudcn der Kind- heit, vom Warten aufs Oeffnen der Tür, vom aufgeputzten Baum mit den strahlenden Lich tern — von all den paradiesischen Ent. zückungen der unwieder bringlichen Vergangen, heit. „Sie sollen auch beschert kriegen, wenn Cie recht fleißig sind", sagte Lotte, „ein Wachsstöckchen und noch was." Der junge Wertster endete bald darauf durch Selbstmord — im Buche. In der Wirk- lichkeit und in immer neuen Kämpfen und Krisen lebte Johann WolfgangGoethe noch sechzig Jahre lang. Nach einer nachtlangen Sitzung bei Lutter L Wegner schrieb der Schriftsteller und Komponist, Musikkritiker und Gerichts- aktuar Ernst Theodor Hoffmann, der dem göttlichen Mozart zu Ehren sich noch den Vornamen Amadeus zugelegt statte — das erste Weihnachtsmärchen, be titelt „Nußknacker und Mausekönig". Zum Teil war es «ine Laune von Wein und Weihnacht, zum Teil Kinderliebe, und — ein sehr menschlicher Zug — zum Teil di« Hoffnung aus das nützliche, damals so b» scheiden« Schriststellerhonorar. Der Romantiker und Träumedichter, dem sich die toten Dinge des Alltag» belebten, ließ für die braven Kinder einen ganzen Wcihnachtswald von Christbäumcn aus dem Boden wachsen, von guten und bösen Dämonen bevölkert — mit tausend und aber tausend Lichtersternen und Herrlichkeiten. Das Honorar von etlichen Talern reichte für die Zeche einer neuen Alkoholnacht — aber mit ein paar Talern konnte man damals schon ganz schöne Feste feiern, in «iner Zeit, wo die Preise fast so niedrt- waren wie die Honorare. machten dem armen Wertster sogar das schreck- liche Ende nach. Au» den „Leiden des jungen Wertster«" übernahmen viele Menschen und Gegenden in Deutschland nicht nur den blauen Frack und di« gel ben Stulpstiefel, sondern auch — den Weih nachtsbaum al« Symbol des Christfestes. Kundertunddreißig Jahre spater lernte ein junger Student der Rechts wissenschaft und nebenbei der Künste den Weihnachtsbaum kennen. Das war um das Jahreswende 1770. Zwei Jahre später befand sich der junge Mann in Wetzlar. Dort kannte man den Lichter- und Geschenke baum noch nicht. Der junge Mann war in «ine neu«, nach seiner leidenschaftlichen und unruhigen Art unglückliche Liebesgeschichte verstrickt. Seine künstlerische Phantasie und feine Gestaltungskraft befreiten ihn doch immer wieder von Druck und Not des Herzen». Der junge Schriftsteller und Jurist pflanzte den Weihnachtsbaum, den er kurz zuvor im Elsaß erlebt hatte, in den Boden von Wetzlar um. In einem Roman de» eigenen Schicksals, der zu Anfang Skandal hervorrief, bald darauf Weltruhm erlangte Weihnachten 1706, im Wandsbecker Schlosse bei Hamburg. Unter den Festgästen befindet sich auch der Schriftsteller und Ver leger Friedrich Perthes und seine spätere Frau. Karoline Claudius, die Toch ter Mathias L l a u d i u s' des Her ausgebers des „Wandsbccker Boten", der außerdem einer der größten deutschen Dich ter war. Hoch oben am Weihnachtsbaum im Wandbecker Schlöße hing ein Apfel, so schön, so kunstreich vergoldet wie kein andrer. Den holte Friedrich Perthes „nzit halsbreche rischer Kunst herab, und dunkel errötend gab er ihn zur nicht geringen Verwunderung der Anwesenden dem ahnenden Mädchen". Da waren Weihnachtsbaum und Ver lobungen unter dem Weihnachtsbaum schon -m einer allgemeinen Sitte geworden — im Norden und Süden Deutschlands, in Ost und West. Am längsten dauerte es, bi» dl« Weih- nachtsbäume in den äußersten Südosten des dcurschen Sprachgebiet», nach Oesterreich vor- drangen. In der steirischen Hauptstadt Graz waren noch um 1870 Lhristbäume nur bei der geringen Zahl von dort ansässigen Pro- trstantxn bekannt. In Wien wurde die Sitte des Lichterbaum» «in paar Jahrzehnt» früher von dem großen norddeutschen Tra- göden Anschütz «ingeführt. Di« Leut« gewöhnten sich mehr daran, weil es sich um di« Schrulle eines vielbewunderten, viel nachgeahmten Schauspielers handelt«. In den Jahren und Jahrzehnten de« Welthandels, des allumfassenden Verkehrs, der großen Schiffahrt, der Reisen und Reise beschreibungen hat sich ein deutscher Brauch in der ganzen Welt eingebürgert. Selbst in England und Amerika, wo man bisher Mistelzweig und Stechpalme den Vorzug gab, wächst mit jedem Jahr di, Zahl der lichttragenden, deutschen Tannen bäume. Aber viele ikausende lasen das schwärmten mit Weither, zogen sich an wie er, benahmen sich glückselig und verzweifelt —> Dutzende von schwachen Gemütern Von der Weih nachtspyramide, vomersten Christ baumschmuck und anderem. Am die Wende des 16. und 17. Jahr hunderts lebte in Straßburg ein Mann, der in seiner Jugend dort «ängewandert und »u beträchtlichen» Wohlstand gekommen war. An seinem Lebensabend schrieb dieser Straß burger Einwohner und Handelsherr, dessen Namen der Nachwelt leider nicht erhalten blieb, ein Werk mit dem hochgelehrten lateinischen Titel „Memorabilia quaedam Argentorati observaba" lStraßburger Denkwürdigkeiten). Oirlütüinck «m Steuer ck«>« Iabr^»»ck>>kke» Lin (-liicüvunsck au» klein 11. Inbrbuoäert Unter andern kulturhistorisch inter essanten Dingen enthält es (wie die Wissen schaftler festgestellt haben) die erste ein gehende literarisch« Erwäh nung des Weihnachtsbaums: Aufs Weihenachten richtet man Dan- nenbäume zu Strasburg in den Stuben aufs daran hencket man roßen auß viel!- farvigem papier geschnitten, äpfel, Oblaten, zischgolt (Eoldoapier), zucker Man pflegt darum ein viereckent ramen zu machen. O Aus dem elsässischen Grenzland welches dennoch stets ein Kernland germanischer Art war und sein wird, drang der schöne Brauch nach Norden und Osten in» übrige deutsche Gebiet, zuerst mit größerem Erfolg in die protestantischen Gegenden. Die katholischen Länder folgten zum Teil sehr viel später nach, frei lich setzte sich der Weihnachtsbaum dann auch, dort restlos durch. Die Südwestecke des Reichs war die Wiege dieses Brauchtum«. Don dort ging auch der anfangs fast erbitterte Kampf gegen die vermeintlich unchristliche, zauber hafte und heidnische Sitte aus. So schrieb der würdig« Herr Johann Konrad Dannhauer, der hl. Schrift Doktor^ Professor und Prediger am Straßburger Münster, im Jahr 1S42 voller Miß billigung: Unter andern lappalien, damitt man die alte Weihnachtszeit offt mehr denn mit GOTTES wort begeht, ist fürnehmlig auch der Weihnacht- oder Tannenvaum, den man zu Hause aufrichtt, den selben mit puppen oder mit zuckerlein und derley irdischem tand behängt, und ihn hiernach schütteln und abblümen läßt. Wo die Gewohnheit Herkommen, weiß ich nicht; ist ein ktnderspiel. Viel bester wäre es, man weihet« die kleinen auf den Geistlichen Ledernbaum Christum Iesum..« G Aber wie sehr auch von manchen Eiferern der reinen Lehre gegen den „Mißbrauch" gewettert wurde: er ließ sich nicht ausrotten, er breitete sich immer mehr au».