Volltext Seite (XML)
Riesaer K Tageblatt «Mag, 11. «Sr; 18S5, MenVS O. L. 39. j! statt. Da» Rtrsaer Tageblatt erlchetttt jeden Ta, Abend« mit Ausnahme der Sonn- und Festtage. Bierteljührllcher »e^^Pret» bei «bhalung tn dm »kpedittan« dl »ttsa und Strehla, dm AttsWtchMH lawd am Schalt« der kaijerl. Pastanstaltm 1 Mart 2S Ps., durch dir Träg« frei in» Hau» 1 Mart 50 Pf-, durch dm vttefttttg« frei tu» Hau» 1 Mark « W. «ti^irmMumch» pr 8» «u»»» de» Ausgabetage« bl« »«mittag 9 Uhr ohne »«wahr. Druck md Verla, von Lau,«, » »tutertt» d, SttOa. — Geschäftsstelle: «aftauteustraKe v». — Für die Redaetia« iwauttumrtllch: Har» Gchmkdt M «kak» Bekanntmachung. Wegen Reinigung der Geschäftsräume werden den 15. und 16. dieses Monats Lei der unterzeichneten Behörde «ur dringliche Angelegenheiten erledigt. Großenhain, am 7. März 1895. Die Königliche Amtshauptmannschaft. I V: von Gruben. Bekanntmachung. In Geinäßheit der Bestimmung in 8 46, Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes vom 2. «nd Anreiger MtUUl «» Llyttzn). Amtsblatt -«kL- Her König!, «mtshauptmannschast Großenhain, des König!. Amtsgerichts und des Stadtraths zu Mesa. 48. Jahr,. Juli 1878 werden diejenigen Beitragspflichtigen des Gemeindebezirks, welchen eine Zuschrift über den Betrag der von ihnen auf das laufende Jahr zu entrichtenden Einkommensteuer nicht hat behändigt werden können, hierdurch aufgefordert, sich wegen Mittheilung des Einschätzungs ergebnisses bei Herrn Ortssteuer-Einnehmer Möbius oder dem Unterzeichneten zu melden. Weida, den 10. März 1895. Der Gemeirrdevorftaud. Lödlas. DienStag, den IS. März 18VS, Borm. 10,30 findet in Riesa in der Kaserne des Regiments die Versteigerung von 2 überzähligen Dienstpferden Königliches 3. Feld-Artillerie-Regiment Nr. 32. 8 130 abgelehnt. In der sogenannten „Umsturzkommission' des Reichs tages kam es am Freitag zur ersten Abstimmung über die Zusätze, die die Reichsregierung zu § 130 des Reichsstraf- gesctzbuches beantragt hatte. Dieser Paragraph hatte bisher folgende Fassung: „Wer in einer den öffentlichen Frieden gefährdenden Weise verschiedene Klassen der Bevölkerung gegen einander öffentlich aufreizt, wird mit Geldstrafe bis zu 600 Mark oder mit Gefängniß bis zu zwei Jahren be straft." — Nach der neuen Regierungsvorlage sollten bekannt lich in Zukunft auch beschimpfende Angriffe auf Religion, Monarchie, Ehe, Eigenthum rc. in diese Strafbestimmung eingezogen werden. Von verschiedenen Seiten waren dazu in der Kommission noch verschärfende Zusatzanträge gestellt, am bekanntesten ist der Antrag Rintelen, nach welchem auch der Angriff auf. den Glauben an Gott und auf die Unsterb lichkeit der Seele unter Strafe gestellt werden sollte. Ferner bezweckt der Antrag Rintelen, statt der Worte der Regierungs vorlage zu setzen „Angriff auf die bestehende Staatsform." — lieber den Antrag Rintelen wurde zuerst abgestimmt; er wurde mit allen gegen die Stimme des Zentrumsmit- glicdes abgelehnt. Verschiedene andere Unteranträge zu dem Antrag Roon erfuhr-n das gleiche Schicksal der Ablehnung. Nach dem Beschlüsse der Kommission sollen geschützt werden: „Monarchie" (mit 14 gegen 11 Stimmen), „Ehe" (mit 14 gegcn 12 Stimmen), „Familie" (mit 16 Stimmen); dagegen wurde der Schutz des „Eigcnthums" mit Stimmengleichheit fallen gelassen. Der nationalliberale Abg. Enncccerus machte nun den Versuch, die wissenschaftliche Erörterung „der In stitute der Monarchie, der Ehe und das der Religion, sowie des „Eigenthums" eine Ausnahmestellung zu schaffen. In dessen wurde auch dieser Versuch mit Stimmenmehrheit ab- geiedut. Dadurch war aber für die Nationalliberalen die Vorlage unannehmbar geworden und bei der endlich vorge- romnicnen Abstimmung über diese, wie sie nach obigen Zu satz- und Sonderbesttmmungen umgestaltet war, erhob sich für sie keine einzige Stimme; sie schien somit einmüthig ab- gkleiwt. — Es wurde sodann noch der Antrag Brockmann auf Ll? ickmng des 8 130s (sogen. Kanzclparagraph) des Slrwgeschvuchs berarycn. Nach kurzer Debatte, in der die Abgcrroner u Spahn, Bcb.l und Lenzmann für und Abge- ordueter Euneccerus gegen die Streichung sprachen, wurde der Antrag mir allen gegen die Stimmen der Nationalliberalen angenommen. Dieser Paragraph lautet: „Ein Geistlicher oder anderer Religionsdcener, welcher in Ausübung oder in Veranlassung der Ausübung fernes Berufes öffentlich vor einer Menschenmenge, od-r welcher in einer Kirche oder an einem anderen zu religiösen Versammlungen bestimmten Orte vor Mehreren Angelegenheiten des Staats in einer den öffentlichen Frieden gefährdenden Weise zum Gegenstände einer Verkündigung oder Erörterung macht, wird mit Gefäng nis oder Festungshaft bis zu zwe: Jahren bestraft. Gleiche Srrafe trifft denjenigen Geistlichen oder anderen Religions biene , welcher in Ausübung oder in Veranlassung der Aus übung seines Berufes Schriftstücke ausgiebt oder verbreitet, in welchen Angelegenheiten des Staats in einer den öffent lichen Frieden gefährdenden Weise zum Gegenstände einer Verkündigung oder Erörterung gemacht sind." — Der abge- lchnte 8 130 bildet den Kern der ganzen Umsturzvorlage und wenn auch noch eine zweite Lesung stattfinden soll, so ist nicht gut cinjusehen, daß diese rin anderes Lrgebniß haben könnte. Die Ablehnung ist hauptsächlich erfolgt, weil die Sonde rwüusche der einzelnen Fraktionen keine Berücksichtigung gesunden haben. Was den Nationalliberalen gefiel, erregte l das Mißbehagen der Konservativen und des Zentrums, und I umgekehrt. So schloß sich bald die eine, bald die andere Gruppe der Opposition an und mit wechselnden Majoritäten wurden auf diese Weise schließlich alle Anträge verworfen. — Bekanntlich richtet sich besonders gegen diesen Paragraph auch die Agitation, die vielerorts in Deutschland in's Leben gerufen worden ist. Der bekannte Schriftsteller Wilhelm Jensen war der erste, der öffentlich seine Stimme erhob, ihm folgten mehrere angesehene Personen in Gotha, die die Agi tation über das ganze Reich zu verpflanzen suchten, dann mehrere Journalistenvereinigungen, sowie in Leipzig erst dieser Tage mehrere Professoren und Buchhändler. — Die Reichsregierung läßt offiziös erklären, daß die von freisinnigen Blättern gebrachte Nachricht, die Vorlage solle zurückgezogen werden, unbegründet sei. Die Erregung über das Schicksal der Vorlage wird daher noch einige Zeit andauern, da es nicht wahrscheinlich ist, daß die Umfturzkommission ihre Arbeiten vor Ostern beendet. Tagesgeschichte. Deutsches Reich. Bei den Verhandlungen des Staatsrathes wird, wie die „Nat.-Ztg." erfährt, der Kaiser persönlich den Vorsitz führen. Am Sonnabend waren es sieben Jahre, daß Kaiser Wilhelm 1. die Augen schloß Im Mausoleum zu Charlot- tenburg, wo die irdischen Ueberreste des Kaisers neben denen der kaiserlichen Gemahlin zur ewigen Ruhe gebettet sind, wurden schon in früher Morgenstunde kostbare Kranzspenden niedergelegt, als erste, wie alljährlich, die der großherzoglichen Tochter. Außer dem Kranze der Großherzogin von Baden hatten das 1. Garderegiment zu Fuß und das Husarenregi- ment König Wilhelm I. (1. rheinisches) Nr. 7 in Bonn ihre Kranzspenden bis 10 Uhr Vormittags dargebracht. Gegen ll)3/i Uhr fuhren Ihre Majestäten vor dem Mausoleum vor, begaben sich in die Gruft und legten einen kostbaren Kranz am Sarge des kaiserlichen Großvaters nieder, längere Zeit daselbst in stillem Gebet verweilend. Wie dem „B. T." aus Venedig berichtet wird, wird ge legentlich des Aufenthaltes Kaiser Wilhelms in Abbazia der selbe den König Humbert in Monza besuchen, und auch der Reichskanzler Fürst Hohenlohe wird, wie cs heißt, eine Zu sammenkunft mit Crispi haben. Nach den bis jetzt getroffenen Bestimmungen für die Einweihung und Eröffnung des Nord-Ostsee-Kanals werden von Schiffen unserer Reichsmarine den Kanal passiren: die kaiserliche Uacht „Hohenzollern", auf welcher der Kaiser den Kanal durchfährt; ferner „Kaiseradler" (die alte „Hohenzol lern"), auf welchem die fürstlichen Gäste sich befinden werden, endlich das Panzerschiff „Wörth" unter dem Kommando des Prinzen Heinrich. Die zur Eröffnung des Mord-Ostsee-Kanals geladenen Persönlichkeiten, die Civil- und Militär-Behörden, sowie die sonstigen besonders geladenen Gäste werden auf einigen von dem Norddeutschen Lloyd zu diesem Zweck ge stellten Dampfern an der Kanalfahrt theilnehmen. Privat dampfer unserer größeren Rhedereien sollen ebenfalls zur Durchführung des Kanals am Eröffnungstage zugelassen wer den ; der Norddeutsche Lloyd stellt zu diesem Zweck den Dam pfer „Kaiser Wilhelm II." Welcher Dampfer der Hamburg- Amerikanischen Packetfahrt-Gesellschaft gewählt wird, ist noch nicht bekannt. Das „Hirsch'sche Bureau" meldet unter Reserve: Der Kaiser plane zum 80. Geburtstage des Fürsten Bismarck eine besondere Ehrung und zwar beabsichtige er, Fürst Bis marck die erbliche Fürstenwürde dergestalt zu verleihen, daß sie noch bet Lebzeiten auf die Söhne Bismarcks übergehe, außerdem soll Fürst Bismarck den Titel Hoheit erhalten; ferner verlautet, der Kaiser werde zwischen dem 6. und 8. April nach Friedrichsruh reisen. Vom Reichstag. Vorgestern wurde die zweite Berathung des Militäretats, und zwar des Extraordtnarium», fortgesetzt. Die von der Kommission nicht beanstandeten Positionen werden ohne Debatte bewilligt. Nur bei de« Titick „Arbeiterwohnungen in Spandau" wünscht Abg. Schall (kons.), daß die Militärinstitute auch zu den Gemeindesteuern, beitragen möchten. Abg. Singer (sozd.) glaubt, daß die Vortheile, welche die Arbeiter von den Arbeiterwohnungen haben sollten, dadurch aufgehoben würden, daß die Arbeiter in wirthschaftlicher und politischer Hinsicht, in ein Abhängig- keitsverhältniß zur Militärverwaltung kämen. Kriegsminister Bronsart von Schellendorff erwidert, er wolle die politische oder wirthschaftliche Freiheit der Arbeiter nicht be schränken, aber es wäre pflichtvergessen, Arbeiter einzustellen, die unter Umständen auf ein Geheiß von Außen zu politischen Zwecken die Arbeit niederlegen würden. Abg. Pachnicke (fr. Volksp.) spricht sich gegen den -Standpunkt des Kriegs ministers aus. Abg. Singer (sozd) meint, wenn der Kriegsminister gar keine sozialdemokratischen Arbeiter ver wenden wollte, dann müßten alle militärischen Werkstätten geschlossen werden. — Die Forderung von 400000 Mark für den Bau einer Kaserne und eines Osstsierkasinos in Straßburg wird auf Antrag des Abg. Richter (frs. Volksp.) an die Kommission zurückoerwiescn; ebenso die von der Kommission zur Streichung vorgeschlagenen Titel „Neubau einer Kaserne in Worms" und „Vergrößerung des Feld- artillerie-Schießplatzes "ockfledt zu einem Truppenübungsplatz." Die übrigen von der Kommission beantragten Streichungen werden sämmtlich angenommen, darunter auch die Streichung von 4 Millionen an den für Erwerbung eines Truppen übungsplatzes für das württembergische Armeecorps geforderten 9 Millionen Mark. Im Ganzen sind au den Ausgaben für die Verwaltung des Reichsheeres nach den Kommissions anträgen etwas über 10 Millionen Mark gestrichen worden. Damit ist der Militäretat bis auf die an die Kommission zurückoerwiesenen Titel erledigt. Diese kommen in der ,ür Montag I Uhr anberaumten Sitzung auf die Tagesordnung; außerdem der Etat der Post- una Telcgraphenverwaltung. Bulgarien. Ein Brief Bcnderews an Zankow ent hält die Mahnung, die Bemühungen wegen Anerkennung des Fürsten seitens Rußlands cinzusteUcn, so lange der Fürst nicht durch Berufung eines einmürhigen russenfreundltchcn Kabinets bewiesen Haven werde, daß er Bulgare geworden. Dieser Brief soll die amtliche Auffassung Rußlands wieder- > Z geben. Oerlllchcs «ut> Sächsische». Riesa, 10. März 1895. — Die Mittheilung, daß der Reichstagsabgeordnete Lieber in Stroga sein Mandat nicdergelegt hat, b Wahrheit« sich, wie wir schon gestern durch Extrablatt bekannt gegeben, nicht. Die Nachricht, daß Herr Lieber sein Mandat ni der- gelegt habe, ging uns von durchaus glaubwürdiger, der deutsch sozialen Reformpartei und deren Leitung nahestehender Seite zu, mit dem Ersuchen, davon Mitthcilung an den Vorsitzenden des hiesigen Reformvereins zu machen; ferner wurde uns dir Genehmigung zur Veröffentlichung der Nachricht von der die selbe übermittelnden Stelle noch extra gegeben. Bemerken wollen wir hierbei noch, daß auch die „Mittelsächstsche Zeitung und das „Großenhainer Tageblatt" gleich wie wir, di: Noti: brachten. Nähere Aufklärungen, wie die Nachricht entstanden ist, liegen bis jetzt noch nicht vor, wir hoffen, daß wie darüber morgen unterrichtet sein werden.