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Beilage zum „Riesaer Tageblatt". 'M »M, K »UM««ttch » Mas«. — M, M «MMM ««MWMch» Hn» «ch»tdt^i M,asa. löl. DieustAg, S. Zull 18SS, AveudS. 48. Zuhra. Taaergeschichte. LeMsche* Reich. Luch in Rußland beginnt man di« große wirthschastliche Bedeutung de« Kaiser-WUHrlmkanalS nach Gebühr zu würdigen. Die in Petersburg erscheinende halb, amtliche „Russische Handel«, und Industrie-Zeitung" weist in einem ausführlichen Artikel nach, daß Rußland bisher durchschnittlich fünf Millionen Pud Maaren jährlich nach Lübeck absertigte, die von dort mit der Eisenbahn nach Ham burg zu weiterer Versendung durch Schiffe übergeführt wurden. Diese Maaren würden fortan direct durch den Kanal nach Hamburg bezw. nach ihrem Bestimmungsorte verladen werden rönnen. Dasselbe gelte in umgekehrter Richtung für eine große Anzahl von Maaren, die aus Westeuropa und Amerika nach Rußland zu gehen pflegten. In Folge der Unbequem lichkeiten der Sundfahrten sei es Amsterdam, Antwerpen, Bremen und Hamburg mehr und mehr gelungen, die Ver mittelung des Handelsverkehrs vom Westen her nach Rußland an sich zu ziehen, so daß an Commissionsgebühren, Fracht geldern und Versicherung an diese Städte große Summen seitens der russischen Exporteure gezahlt werden mußten. Bei der Art der russischen Ausfuhr, die vorzugsweise gering- werthige und dabei umfangreiche Rohstoffe umfasse, sei die Möglichkeit der Versendung dieser Maaren auf direktem, ununterbrochenem Wasserwege von hoher Wichtigkeit. Wie erinnerlich sein dürste, hat der preußische Minister des Innern vor Kurzem die Einführung von Familien- stammbüchern empfohlen, die bei Eheschließungen den N u- vermählten durch die Standesbeamten ausgehändigt werden und in welche demnächst die in der Familie der Eheschließenden eintretenden Geburten und Sterbefälle eingetragen werden sollen. Die unteren Verwaltungsbehörden Preußens werden jetzt angewiesen, auf die Einführung solcher Familier, stamm- bücher durch die Gemeinden hinzuwirken. Zugleich werden die von Louis Schneider und Fr. Trinkler in Leipzig heraus gegebenen Familienstammbücher als zur Anschaffung geeignet empfohlen. Schon mehrfach ist eine reichsgesetzliche Regelung des Auskunftswesens angeregt worden. Je mehr sich die Handels beziehungen erweitern und über ferne Länder erstrecken, desto unentbehrlicher wird ein gut organisirtes und zuverlässiges Auskunftswesen für den Handels- und Gewerbeftand. Aber auf der anderen Seite kann ein gewissenloses, fahrlässiges oder gar aus bestimmten persönlichen oder sachlichen Gründen falsches Auskunftgeben den größten Schaden anrichten und Tausende wirthschaftlicher Existenzen vernichten. Ob sich dies durch gesetzliche Bestimmungen ganz vermeiden ließe, ist aller dings eine Frage, die schwerlich zu bejahen ist. Aber jeden falls könnten die schlimmsten Auswüchse und Mißstände auf diesem Gebiete durch eine staatliche Beaufsichtigung und zweckmäßige Vorschriften einigermaßen verhütet werden. An zuständiger Stelle ist man neuerdings dieser Angelegenheit näher getreten. Es finden Erwägungen und Erörterungen darüber statt, ob und auf welchem Wege sich eine reichszesetz- liche Regelung des Auskunstswesens in der angedeuteten Richtung ermöglichen ließe. Sollten diese Erwägungen zu einem positiven Ergebnisse führen, so dürften Bundesrath und Reichstag vielleicht schon in der nächsten Tagung mit einer bezüglichen Vorlage befaßt werden. Soweit bis jetzt ersichtlich, haben bie Wahrnehmungen, welche von den fremden Marineoffizieren betreffs der mari timen Wehreinrichtungen Deutschlands gelegentlich er Kanal feierlichkeiten gemacht worden sind, überall einen tiefen Ein druck hervorgebracht. Selbst in jenen Kreisen, wo man es liebt, mit afsektirter Geringschätzung von unserer Flotte zu sprechen, muß man letzt anerkennen, daß es doch sträflicher Leichtsinn sein würde, Deutschlands Seemacht als eine qusn- tits rrsglisssdls zu betrachten; wo man aber Gründlichkeit und Rechtlichkeit des Urtheils voranstellt, da herrscht nur eine Stimme des Lobes über das, was man von der deutschen Marine gesehen. Qualitativ ist unsere Marine, sowohl was das Schiffsmaterial, als ganz besonders auch was das Per- sonal, insbesondere das Osfiziercorps anlangt, schon jetzt den andern Mächten völlig ebenbürtig, übertrifft diese sogar in mancher Hinsicht. So hat den fremden Marineoffizieren die Gewandtheit nicht wenig imponirt, womit die deutschen Kameraden ausnahmslos eine, vielfach aber auch mehrere Sprachen beherrschen. Sehr beachtenswerth erscheint ein sachverständiges Unheil über unsere Marine in den „Times". ES wird darin insbesondere auch die Exaktheit in den Be- wegungen unserer Schiffe rühmend hervorgehoben. Allgemeine Anerkennung bei den fremden Flotten haben die Einrichtungen gefunden, die sich auf die Unterbringung und Verpflegung der fremden Schiffe im Kieler Hafen bezogen. Die gesammten bezüglichen Anordnungen sind ebenso wie der Bau der Fest halle, die Organisation des Kanalverkehrs ein Werk des Reichsmarineamts und der demselben unterstehenden Beamten. Den Handel mit Kohlen wollte die Intendantur den Kauf leuten in Kiel nicht wegnehmen, doch sorgte der Vorsteher derselben, der übrigens ein Süddeutscher ist, daß die Preise nicht ins Unglaubliche stiegen. Daß der Kaiser sich durch das Verhalten der Franzosen nicht aus seiner Gleichmüthig- keit herausbringen ließ, fand allgemeine Anerkennung. Da starke Hervortreten seiner Persönlichkeit aber während der ganzen Feier wirkte auf die fremden Offiziere geradezu bezaubernd. Der Reichstagsabgeordnete von Kardoff hat nun seinen längst angekündigten Entschluß, sein bestrittene« Mandat niederzulegen, ausgeführt und dem ReichStagSbureau Anzeige gemacht. Der Genannte ist am 8. Januar 1828 geboren und ist seit 1868 Mitglied de« Reichstag« für den 3. Wahl- Bezirk Breslau, Wartenburg-Oels, gewesen. Er gehörte der Retchspartei an, al« deren Führer und Sprecher in agrarischen und Währungsfragen er ost auftrat. Seine Wiederwahl er scheint zweifelhaft, obwohl der Bund der Landwirthe voraus- sichtlich für ihn eintreten wird. »»«mlreich. Einen Tag lang war Frankreick, ohne Ackerbauminister. Der Minister Gadaud hatte nämlich sein Entlassungsgesuch emgereicht, um sich mit dem jüdisch-sozialistischen Deputirten Mirman s-t lagen zu können. Die Vorgeschichte dieses Zwischenfalls ist nach einem Berichte de« „B. T." folgende: Al« neulich der Minister die Stadt Reims besuchte, um dort einem landwirthschaftlicben Wettbewerb zu präsidiren, erschienen bet ihm drei sozialistische Gemeinderälhe der Stadt, um ihn zu bitten, sich beim Kriegsminister dafür zu ver- wenden, daß der Deputirte von Reims, der Sozialist Mirman, vom Militärdienst, zu dem man ihn bekanntlich eingezogen, freigelassen werde. Gadaud antwortete ablehnend und be merkte, daß früher die Republikaner stolz gewesen seien, dem Vaterlande als Soldaten zu dienen. Der Minister schloß mit den Worten, er bedauere, am Ende seiner Karriere zu sehen, daß ein Republikaner nicht mehr den Wunsch hege, seinem Lande als Soldat zu dienen. Darauf richtete Mir man einen beleidigenden Brief an den Minister. Dieser sandte Mirman seine Zeugen und bat im Ministerrath, ihn von seinen amtlichen Funktionen zu entheben, damit er die Freiheit seiner Handlungen zurückgewönne. Der Zwei kampf fand Sonnabend Abend 5 Uhr auf einem umzäunten Privaiplatz im Gehölz von Vincenn s statt. Des Ministers Zeugen waren der Senator Dusolier und der Deputirte de la Vatut, Mirmans Zeugen die sozialistischen Deputirten Millerand und Pierre Richard. Mirman erschien im Soldaten rock als Jäger. Im ersten Gange wurde Mirman von seinem mehr als sechzigjährigen Gegner am Handgelenk verwundet. Mirman wünschte den Kampf fortzusetzen, aber die Aerzte erhoben dagegen Einspruch. Das Duell wurde somit als beendet erklärt, und Gadaud nimmt seine ministeriellen Funktionen wieder aus. Öftersten. Eine Drahtung des „New-Aork.H?rald", von dessen eigenem Kriegsberichterstatter, Oberst John A. Cockerill, aus Tokio sagt: „Japan bereitet sich stillschweigend zum Kriege gegen diejenigen europäischen Mächte vor, die es als Feinde seiner Politik betrachtet. Admiral Jio leistet diesem kriegerischen Geiste Vorschub und sagt, daß ein Zu sammenstoß unvermeidlich sei." Ins Deutsche übersetzt, würde die Meldung eigentlich zu lauten haben: Japan sucht sich gegen russische Uebergriffe zu schützen und es trifft für alle Fälle Vorkehrungen. Türkei. Die im Auslande verbreitete» Nachrichten über einen Aufstand in Makedonien haben bisher weder durch Consularbcrichte, noch durch zuverlässige Privatberichte Be stätigung gefunden. Es handelt sich also jedenfalls r.ur um Zusammenstöße mit einzelnen Banden. Die Pforte hat inzwischen ihre ohnehin ausreichenden militärischen Positionen in Makedonien durch Einführung eines strengen Grenzdienstes und andere Maßregeln derart gesichert, daß größere lieber- raschungen kaum mehr möglich sind. Gerüchtweise verlautet, daß Marschall Fuad Pascha das Grenzcommando erhalten werde." Diese Notiz läßt anscheinend Vie Regierung ver breiten; inwieweit dieselbe den Thatsachen entspricht, bleibt abzuwarten. Ve»rulschtes. Aus Furcht vor Wahnsinn in den Tod. lieber eine erschütternde Familientragödie, die sich am letzte» Donnerstag in Wien zugetragen, bringen die dortigen Blätter jetzt ausführliche Einzelheiten. Die Thal geschah in dem Hause Nr. 59 der Hernalser Hauptstraße, worin sich das Er ziehungsinstitut sür ÖsfizierStvchter befindet, mit dessen ärzt licher Beaufsichtigung der Stabsarzt Dr. Nammel betraut ist. Frau Dr. Rammel, die erst 31 Jahre alt war, hing au ihrem Gatteu mit der größten Zärtlichkeit, ebenso an ihrem einzigen Kinde, der zehn Jahre alten Margarethe, die im Institut erzogen wurde. Das Ehepaar lebte ziemlich zurück gezogen. Um 5 Uhr Nachmittags befahl Frau Dr. Nammel den Osfiziersburschen und später das Dienstmädchen zu sich in den Salon und schickte Beide mit Ausirügen aus der Wohnung; der Bursche bekam 1 Gulden, um Wolle zu holen, während das Dienstmädchen beauftragt wurde, die kleine Grethe heraufzuholen und Backwerk aus einer Jucker bäckerei zu bringen. Das Dienstmädchen entledigte sich zu nächst ihres Auftrags betreffs des Kindes, eilte in den Hof und rief dasselbe zur Mutter: „Grethel, kommen sie zur Mama; Ich hole Backwerk für Sie!" sagte ihr das Dienst mädchen, worauf die Kleine, welche über die Störung in ihrem Spiele sichtlich sehr betroffen war und den Ball zö gernd aus den Händchen gab, an sie die Frage richtete: „Muß ich lange bei der Mama bleiben ?" . . . Das Mädchen er widerte: „Nein! Sie können gleich wieder heruntergehen und Wetter spielen." Nun lief Grethe in die ini zweiten Stocke gelegene Wohnung, welche sie lebend nicht mehr ver lassen sollte! Das Dienstmädchen war gegen halb 6 Uhr zu rückgekommen und war nicht wenig erstaunt, als es die Woh nung verschlossen fand. Das Mädchen klopfte, läutete, allein es erfolgte von innen keine Antwort. Nachdem Dr. Rammel herbeigeholt und, da der Schlüssel von innen steckte, die Thür zur Wohnung gewaltsam erbrochen worden war, mußten noch mehrere Thüren gesprengt werden, auch die Thür zum Schlaf zimmer war von innen verschlossen. Hier endlich wurden Mutter und Kind gesunden ... Es war ein furchtbarer An blick! Frau Dr. Rammel lag in ihrem Hauskleide auf der linken Seite auf dem Boden; ihr Gesicht war leichenblaß, und um die Augen hatte sie eine Binde. Auf der Ottomane lag die kleine Grethe auf dem Rücken hiugestreckt, daS Gesicht fahl, im Uebrigen gleich ihrer Mama wenig verändert, mit friedlichen Zügen. Auf dem Tische stand ein Glas mit einer röthlichen Flüssigkeit, in welcher einige kleinere feste Stücke schwammen, eS waren — wie die spätere Untersuchung ergab — die Reste einer Cyankalilösung, welche Mutter und Kind getrunken hatten. Das Gift hatte Frau Dr. Rammel aus der Hausapotheke ihres Gatten entnommen. Ferner lag auf dem Tische noch ein Zettel, geschrieben von der unglücklichen Dame, dessen Inhalt folgendermaßen lautete: „Verzeiht! Doch ich kann so nicht länger leben, denn ich muß fürchten, wahnsinnig zu werden. Ich spüre es, daß sich mein Geist imnier mehr umnachtet. Ich habe mein Kind mitgenommen, weil ich mich von demselben nicht trennen konnte und meine Grethe in meinem Grabe haben will." Dr. Rammel sah auf den ersten Blick, daß eine ärztliche Hilfe sowohl bei der Frau, wie auch bei dem Kinde, aussichslos war. Beide waren bereits entseelt. Der Tod mußte un mittelbar, nachdem die Unglücklichen das Gift getrunken hatten, eingetreten sein. Frau D. Rammel hatte offenbar die Binde um die Augen gelegt, als sie dem Kinde das Gift eingeflößt und dasselbe dann auf die Ottmane gebettet hatte, um das von ihr vergötterte Mädchen nicht leiden und sterben sehen zu müssen. Dann trank auch sie von der Lösung und ließ sich hieraus auf die Erde sinken. -- Katze nschutzverein. London, das ohnehin schon der Sitz zahlreicher Gesellschaften im Dienste der Menschenliebe war, ist soeben noch um eine weitere solche bereichert worden. Man hat nämlich einem dringenden Bedürfniß durch die Gründung eines Katzenschutzvereines abgeholfen. Bei der Ver sammlung zur Koustituirung desselben wurde von den ver schiedenen Rednern und Rednerinnen eine grenzenlose Be geisterung für die Sache, der sie dienen, entwickelt, u,nd eine der natürlicherweise jungfräulichen Damen reiferen Alters rührte die Anwesenden nahezu zu Thränen, indem sie auf die Mißhandlungen Hinwiks, denen ihre Lieblinge vonseiten herz loser Menschen ausgesetzt sind. Pomadenbüchsen, Haarbürsten, Medizinflaschen, ja sogar Feuereisen habe sie bereits in ihrem Garten gefunden, die man nächtlicher Weile offenbar aus den Nachbarhäuse rnnach ihren, sich nach Katzenart vergnügenden Schützlingen geschleudert hatte. England ist ein freies Land, und warum sollte daselbst irgend jemand ein Recht haben, liebedurstige Hidigeigeis mit Pomadenbüchsen am Serenadireu zu verhindern? Nachdruck verboten- Die Electricität und die Pflanzen. Von Georg Freund. AuS den bekannten Thatsachen, daß die Medizin die Electricität zur Bekämpfung gewisser Krankheiten verwendet und verschiedene Thiere, wie die electrischen Fische, einen elektrischen Apparat besitzen, geht zur Genüge hervor, daß die Electricität mit dem thierischen Körper in bestimmten Beziehungen steht. Schon das läßt annehmen, daß die allgegenwärtige elektrische Kraft um so mehr auch auf die Pflanzenwelt, mit der sie ja allenthalben in Berührung tritt, in irgend einer Weise eine Bethätigung äußert. Die Frage nach dieser Einwirkung hat in unserem electrischen Zeitalter ein besonderes Interesse gewonnen, und deßhalb sei im Nachstehenden der jetzige Stand der Untersuchungen in Kürze erörtert. Die ersten Versuche über die Einwirkung der Elec tricität auf daS Pflanzenwachsthum wurden bereits um die Mitte unseres Jahrhunderts angestellt. In Deutsch land waren eS Hilbeck, Ence und Werner, in England Sheffard und Fiche, welche nach dieser Richtung hin experimentirten. Die Resultate, die dabei gewonnen wurden, widersprachen sich; zum Theil waren sie günstig, zum Theil ungünstig. Man verfuhr im Allgemeinen da- b»so, daß unter Znhülfenahme des Bodens ein galvanisches Element hergestellt wurde, indem man an zwei getrennten Punkten je eine Zinkplatte und Kupferplatte in das Erd reich versenkte, die durch einen Draht verbunden waren. Auf diese Weise mußte der elektrische Strom von der Zinkplatte zur Kupferplatte fließen, wobei der feuchte Boden die sonst bei den Elementen übliche Flüssigkeit ver trat. Die eine Hälfte der Beobachter wollte am Ge treide, Buchweizen und an Hülsenfrüchten, die zu dem Versuch ausgewählt waren, eine ziemlich ansehnliche Zu nahme des Ertrages feststellen, die andere Hälfte dagegen konnte, wie schon angedeutet, einen förderlichen Einfluß nicht erkennen. Die Experimente wurden später von Fechtner aus genommen, der insofern rationeller vorging, als er neben dem electrischen Beet ein nicht electnsirtes Controllbeet anlegte. Er leitete die Drähte einer electrischen Batterie in daS eine Beet und ließ eS vom electrischen Strom durchfließen. Mit Bersuchspflanzen wurden ans beiden Beeten Erbsen, Gerste und Gras verwendet, Das Ernte«