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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 25.07.1929
- Erscheinungsdatum
- 1929-07-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-192907257
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19290725
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19290725
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Riesaer Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1929
-
Monat
1929-07
- Tag 1929-07-25
-
Monat
1929-07
-
Jahr
1929
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 25.07.1929
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schließlich in PohltngS HauS. Er verspürte durch di« Stütz« am Unterleib heftig« Schmerzen. Der Kläger war infolge der Schmerzen 8 Wochen lang arbeitsunfähig. Der Ange klagte will sich nur gegenüber Angriffen des Klägers ver. teidigt haben,- der Kläger habe ihn nach einem Wortwechsel mit dem Taschenmesser gestochen. Nach den Bekundungen der beugen ist aber der Angeklagte nach dem Messerstich zum Angriff übergegangen, indem er mit Fußtritten gegen den Unterleib den ihn an Kräften unterlegenen 27 Jahre älte ren Angeklagten zum Rückzüge zwang. Durch die dem Klä ger versetzten Fußtritte hat der Angeklagte den Kläger vor- sätzlich körperlich mißhandelt nnd an der Gesundheit be schädigt, er hat das körperliche Wohlbefinden und die körper liche Unversehrtheit des Klägers beseitigt und ihn dadurch krank gemacht. Da nur der Angeklagte Berusung eingelegt hatte, war bas Landgericht nicht in der Lage, die ausgewor fene Geldstrafe von 20 NM. zu erhöhen. In Anbetracht der Rohheit und Gefährlichkeit des Vergehens war die Geld strafe keinesfalls zu hoch; zugunsten des Angeklagten konnte Nur seine Unbescholtenheit und der Umstand berücksichtigt werden, daß ihn der Kläger vorher als Angreifer mit dem Taschenmesser gestochen hat. Mildernde Umstände (8 228 StGB.) waren daher auch hier angebracht. Da im übrigen kein Anlaß vorlag, die getroffene Entscheidung zu ändern, war die Berufung des Angeklagten mit der Kostenfolge aus tz 478 StPO, zu verwerfen. * Bermcteilte Friedhossdiebi«. — Eine teure Hyazinthe. Die 1872 zu Köttewitz geborene Nentencmpfängerin Ida Marie verw. Frenzcl geb. Müller war zur Anzeige ge bracht worden, daß sie am 31. März ans dem Friedhof im Stadtteil DreSden-Leubcn in zwei Füllen von den Gräbern ttWkr Familie Hesse und eines Maurers Schöne Blumen entwendet habe. Der bisher unbestraften Witive wurden wegen der beiden Diebstähle durch Strafbefehl je 15 Mark Geldstrafe auferlegt. Dagegen hatte sie Einspruch erhoben und Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt. Das Amtsgericht Dresden verhandelte jetzt in dieser Angelegen heit. Die Angeklagte bestritt, die beiden Diebstähle be gangen zu habe». Nach Vernehmung einer Anzahl Zeugen aalt der eine Fall für erwiesen, wo sic vom Hesseschcn Grabe einen Naps mit einer Hyazinthe entwendet hat. In Anbetracht der verwerflichen Handlungsweise wurde die Witwe an Stelle einer an sich verwirkten Gefängnisstrafe von ki Tagen z» einer Geldstrafe von 30 Mark verurteilt, im zweiten Falle aber frcigesprochen. — Mit dem Ein spruch hatte die Frcnzel, was die Höhe der Strafe anlangt, somit keinerlei Erfolg, im Gegenteil sind durch die Ver handlung noch allerlei Kosten entstanden. <K—g:) Vermischtes. Ein Derber für die Fremdenlegion auf her Flucht erschaffe n. Aus Bruchmühlbach (Pfalz) wird gemeldet: Gestern abend wurde bei der Zugkontrolle der ehemalige Fremoenlegionär Netzgcr , aus Reelingen bei Schwetzingen sestgcstellt, der schon seit längerer Zeit sm Verdacht stand, junge Leute in die Fremdenlegion zu „sie yeltzt Trautlieb Krüger und ist Ruths Schützling," antwortete Kerst, obwohl diese Auskunft den wahren Tat bestand nicht ausschöpfte. Dann verschwand Anita, ohne sich um die Gräfin zu be kümmern. Ruths zweites, ausführliches Telegramm hatte noch kein« Mitteilung über deren Begleitung geben können. Mau war hier also nicht aus die Gräfin Lüderitz vorbe reitet . . . Fräulein Herminchen neu belebt ourch den bei ihren Verwandten auf dem Lande verbrachten Urlaub, schloß nach kurzem Ueberlegen das Ankleidezimmer der verstorbenen Gnädigen auf und führte die Gräfin dort hin ein. — Kerst sah sich plötzlich allein. Er empfand das als eine unerwartete Gnade. Die nun durchaus folgerichtige Wendung seines Lebens wucherte gleich einer Last aus feinem Hirn und verhinderte vorläufig noch jeden klaren Gedanken. — Ungeduldig wie ein Junge, der endlich einen längst ersehnten Schutz empfangen soll — ersehnte er den Ablauf der nächsten halben Stunde, damit Ruch das Zim- mer beträte. Andersetts berechnete er voller Grauen Anitas Rückkehr und wünschte den Stillstand der Zeit. So faß er, von gegensätzlichen Wünschen hin und her gerissen, m dem überreich geschnitzten Teezimmer der Familie un betrachtete mit einem Raubtierblick von Gier und Wut die breite Schiebetür, die zur Diele hinausführte . . . Jetzt glitt sie auseinander. Der Krumbholzsche Wagen konnte nicht angekommen sein. Weder Hupensignal noch Stimmen tzeßen sich vernehmen. Es mußte also . . . Anita sein. — Ohnmächtiger Widerwille raste in ihm. Er kam sich ver worfen vor, spielte er seine Rolle als ihr Verlobter in stiller Duldsamkeit weiter, — verloren aber, trat er jetzt, wo jeden Augenblick die andern von ihrem Dienst an der Toten zurück kehren konnten, mit der ungeschminkten Wahrheit hervor. Seine Blicke hatten sich von der Tür fortgestohlen . . . Das leise Rauschen eines Frauenkleides streichelte hinter feinem Rücken ein Möbelstück. Bal- war es ganz nah«. Jetzt.. . Jetztl .Verzeihen Sie, Herr Baron..." Der Schraubstock lockerte sich ein wenig. »Ah . .. Fräu lein Trautlieb . . . .Ich wollte Ihnen nur tausendmal Hanken, Herr Baron . . Er zuckte, wie jedesmal, schmerzhaft von dieser Anrede getroffen, zusammen . . . und durste sie sich doch nicht ver bitten. .Sie wenden sich an eine falsche Adresse/ wehrte er ab. .O nein ... ich weiß wohl, daß es Fräulein Doktor ist, der ich diese Ausbildung verdanke/ sagte sie eifrig, .aber wären Sie nicht gewesen, oder . .. hätten Sie mich ringe- jchätzt, wie das , ^stimm' ieder andere Mann getan hätte..." Mit einer energischen Hondbewegung zerriß er den Faden ihrer Rede. .Sie sind also mit Ihr« jetzigen Arbeit zufrieden. Traut- lieb?" Ihre Auge» leuchtete» auf. Um ihre» Mund irrte — vielleicht das erste Lächeln, seitdem der Freund sie verlaßen mußte. »Glücklich bin ich, Herr Baronl O, so glücklich. Hab' vorher ja gar nicht gewußt, daß er auch Arbeit geben kann, die wunderschön ist. Wie bitterschwer ist mir als blutjunges Ving — »och ehe ich zu Andrea» kam — da» Scheuern und Putzen geworden. Und ich tüt'» doch wegen der kranke» Mutter und nahm mir jeden Morgen auf» neue vor, e» von Herze» gern, um ihretwillen zu tun. Aber ... der Widerwille blieb. Dagegen tonnte ich nicht» mache». — Run vertret« ich zwar täglich für fünf Stunden das er krankte Stationsmädchen — aber in der übrigen Zett werde ich al» Pflegerin ausgebildet. Alle sind furchtbar gut zu mir und helfen dazu mit. Außer dem richtigen Kursus hält mir Fräulein Doktor jeden Abend einen Vortrag über mein« künftigen Pflichten. Und heute ... ganz wahrhaftig <»_F « bat mich st» der MedhMchen eine wuyderlstb- versckleppen. Al» Netzger zu fliehen versuchte, schossen die Beamten auf ihn uno trafen ihn tödlich. Tod zweier öcherreichischer Reichswehr- angehöriger beim Löschen. Bet einer in der Gegend von Schönau im Mtthlkreis in der vergangenen Nacht abgehaltenen Uebung der Heeresschule Enns wurde kurz nach Mitternacht durch eine Leuchtpatrone ein Gehöft ,n Brcnw gesteckt. Wahrend der Löscharbeiten wurde den bklden Ofslziersanivärtern Kolke und Pickler, die damit beschäftigt waren, das Vieh aus dem Stalle zu treiben, durch Feuer der Weg abgeschnitten. Beide fanden den Tod m den Flammen. Ihre Leichen konnten geborgen werden. Selbstmord eines Berliner JustizratS. Gestern abend um 20 Uhr hat der 70 Jahre alte Rechts- anwalt und Notar Justizrat Hans Stein in seinem Büro Selbstmord durch Erhängen begangen. Obgleich man sehr bald die Tat entdeckte und Wiederbelebungsversuche an stellte gelang es nicht mehr, Justizrat Stein ins Leben zurückzurufen. Man nimmt an, daß finanzielle Not den angesehenen Anwalt zu dem Berzweiftungsschritt getrieben hat. Hier ist mein Vater... Ein Lehrling in Köln hatte es morgens verschlafen und war nun zu ängstlich, ins Geschäft zu geben. Der Junge kam nun auf die Idee, seinen Lehrherrn telefonisch anzurufen: „Hier ist N. N., mein sohn ist krank, ich habe ihn zum Arzt geschickt. Mein sohn wird yeute später ins Geschäft kommen." Trotzdem der Lenrling feine Stimme möglichst verstellte, wurde er vom Chef erkannt, der ihm sagte, er solle nur gleich ins Geschäft kommen. Als der Junge eintraf, wurde er aufgeforoert, zu unterschreiben, daß er den Lehrherrn getäuscht bade Ferner unterschrieb der Lehrling, daß er keinerlei Forderungen an feinen Lchrherrn habe und daß er mit seiner fristlosen Entlassung einverstanden war. Auf Veranlassung des Vaters des Lehrlings wurde am Arbeitsgericht Klage auf Fortsetzung des Lehrverhältnisses erhoben. Das Gericht entschied: Es handelt sich bei dem Lehrling um einen Dummenjungenstreich, der keinen Grund zur Auflösung des Lehrvertrages bietet. Die Unterschrift des minderjährigen Lehrlings, daß er keine Forderungen an den Beklagten habe, ist nichtig. Der Lehrling war weder befugt, das Lehrverhältnis zu lösen, noch eine wirksame Verzichtguittung zu leisten. Der Beklagte wird verurteilt, das Lehrverhältnis sortzusetzen. Ueberfall auf einen Wachtposten in Ver dun. Wie „Journal" aus Verdun meldet, ist in der ver gangenen Nacht ein Ueberfall aus einen algerischen Schüben verübt worden, der vor der Zitadelle Wache stand. Der Posten hörte Schritte. Als er zum Stehenbleiben auf forderte, wurden aus der Dunkelheit einige Schüsse auf ibn abgegeben. Der Posten wurde am Fuß verlebt. Die Täter sind bisyer nicht ermittelt worden. Bereits am 11. Mai war auf einen Wachtposten vor der Zitadelle von Verdun ein Ueberfall verübt worden, der bisher nicht aufgeklärt werden konnte. Berlin im Zeichen der Reklame. Die nächste große Messcveranstaltung Berlins ist die „Reklameschau 1929" die demnächst für vier Wochen eröffnet wird. Ihre internationale Bedeutung eryält sie durch den gleichzeitig stattsindenden Weltkongreß der ,Reklame. Dip Ausstellung steht unter dem Leitthema „Wie werbe ich gut und rict^ tia?" und ihre Beranstalter sind neben dem Berilner Messeamt der Reichsverband Deutsche Reklamemess« « B, der alle maßgeblichen Gruppen der Werbewirtschaft und Werbekunst umfaßt. Es wird eine Ausstellung und eine Leistungsschau gezeigt, wobei man alte und neue Reklame will. Die Künstler wollen die werbende Kraft künstlerischer Form demonstrieren. Weiter ist u a. eine Ladenstraße, die Demonstration der Lichtreklame üsw. vorgesehen. DaS Geheimnis deS Niesens. Es ist «in ur- alter Brauch, dem Niesen eine geheimnisvolle Kraft, einen besonderen Einfluß zuzuschreiben, ein Glaube, welcher ziem- sich in allen Weltteilen in irgend einer Form anzutreffen ist und erst in unserer Zeit bei den gebildeten Klassen Europas in Wegfall gekommen ist. Dagegen scheint das Niesen besonders hoch in Ehren und Ansehen bet den Böllern zu stehen: den Rothäuten Amerikas, den Kaffer» Afrikas, den Bewohnern Neu-SeelandS usw. Kommt zum Beispiel ein kleiner Neu-Seeländer aus die Welt, so erscheint sogleich der Priester mit einem Gefolge von Gevattern und Basen, um das Kind zu taufen, wobei das Niesen insofern eine Haupt- und entscheidende Rolle spielt, als durch dasselbe der Täufling deinen Namen erhalt. Langsam beginnt der Priester Namen für Namen hervorzusagen. Erst wenn einer der Anwesenden niest, hält er inne, denn dieser Name, bei welchem geniest wurde, hat die Gottheit ttr das .4ind erwählt. Di« Kaffern Afrikas huloigen der Ansicht, daß die Götter dem Niesenden besonders nahe seien, den Wunsch eine- Menschen zu erfitllen. Darum rufen sie beim Niesen schnellt „Geist unseres Stammes, gib mir Kinder!" oder „Geist unseres Stammes, gib nur Vieh"! daher haben die ZuluS und ihre Grenznachbarn eine große Vorliebe für den Schnupftabak, weil er, nach ihrer Ansicht, ihre Wünsche, respektive deren Erfüllung befördern hilft. Aus den Tango-Inseln hat das Niesen dagegen eine böse Be deutung. Wehe demjenigen, welcher bei einer religiösen Zeremonie niest. Er verdankt es der persönlichen Milde deS Häuptlings, wenn ihn dieser nicht sofort mit der Keule niederschlägt. Soll etwas Kriegerisches unternommen werden, und ber Zufall will daß einer der Krieger zuvor niest, so läßt der Häuptling des betreffenden Stamme- sofort das Unternehmen für diesen Tag ruhen. kür jeäs» 8»»r, »nclr »I» Lftsmpooll >:rank- o».langt. Ich — ausgerechnet ich — sollte ihr ein verordnete Spritze machen. Natürlich habe ich gesagt, daß ich das nicht dürfe ... Dann hat sie unserer guten Ober schwester vorgejammert, bis die mich gefragt hat, ob ich es mir denn zutraue. Ohne unbescheiden zu sein, ich traute es mir schon zu. Da hat sie dabei gestanden und ich hohe die spritze richtig gemacht ... es ging wunderschön. Ich sah den Andreas vor mir und er hat sich so sehr gefreut. Und. vis Wunderliche, die sogar manchmal bösartig sein soll, hat mich nachher gestreichelt . . . Ach, jetzt muß ich immer denken, wenn ich Sie und Fräulein Doktor doch eher kennen gelernt hätte . . . Aber . . . nein . . dann wäre ich ja nie zu meinem Andreas gekommen. Verzeihen Sie, Herr Baron, daß ich Sie hiermit belästigt habe. Es fuhr mir so heraus, weil ich ganz davon erfüllt bin. Ich wollte ihnen auch mal schrecklich gern ein Bild von Andreas zeigen" . .. und sie nestelte etwas aus ihrer Handtasche und hielt e» Kerst hin. Das strahlende Gesicht Andreas Triffbergs . . . sein« leichte, sehnige Reitergestalt. . . schien lebendig geworden zu sein. Sorglos hellere Stunden, gemeinsam durchlittene Qualen um das niedergebrochene Vaterland, getreulich miteinander durchhungerte Tage, und dennoch und trotz alledem keine Sekunde die Erwägung feigen Davonstehens, sonder» all zeit der heilige Schwur auszuharren, um mllaufbauen zu helfen. Und dann — langsam, sehr langsam der persönliche Aufstieg — Beschäftigung —. Vorläufig immer leider nur zeitweise . .Und das hier müllen Sie auch ansehen," störte sie ihn aus seiner Versunkenheit auf. »Vielleicht haben Sie mir damals nicht geglaubt, daß Sie genau aussehen wie meine» Andreas bester Freund. Sehen Sie, dies ist unser guter, lieber Herr Friedrich Laßberg . . ." Seine Kehle war wie ausgedorrt. Er sah sich selbst mtt» erinnerte sich des Tages genau, an dem er sich z« diesem Bild, das sich Triffbera kmdlicherweise von ihm zu Weih nachten gewünscht, entschlossen hatte. — Er war zu dieser Zell in gutbezahlter Stellung in der Bank. Seine Mutter lebte noch und freute sich, well er, trotzdem er aus seinem eigentlichen Lebenskarren als Offizier herausgeschleudert war, so tapfer und unverzagt blieb. — Trauttieb hatte ihnen, kurz vor dem Gang zum Photographen, eine gute Vesper bereitet. Kurz ... er hatte die Tragik unruhevoller Umwälzungen für ein Weilchen vergeßen können. — Es war Frühling gewesen. Und nicht nur in der Natur regte sich neues Leben. Es schien auch, als schickten sich die ver wirrten und vergifteten Seelen der Menschen langsam zu dem großen, heiligen Reinigungsbad an, das allein aus dem Zauberquell ehrlicher Arbeit svrudelte. . .. Ihm war, al» wolle dies, sein tote» Ebenbild den ganzen Wust von Lüge und Täuschung zerschlagen. -Der Kampf, welcher ihn jetzt von innen heraus stieß und ihn «r seine Ohnmacht gemahnte, veränderte sein Gesicht, so daß es dem Bild allmählich unähnlich wurde. .Denn ich Sie mir heute anschaue, gestand Trauttieb ehrlich, »dann sehe« Sie doch ganz «den» aus, Herr Laßberg . . »Wir wollen ihn schlafen laßen, diesen Friedrich Lah berg," verlangt« er und reicht« ihr da» Bild zurück. In diesem Augenblick glitt die Tür zum anoernmal au» einander. Anita Krumbholz kam. . . Mit einem mißtrauischen Blick mustert« ste das Mäd chen, durch dessen Aeußeres sie sich schon beim Eintritt in da» Hau» irgendwie benachteiligt fühlte. „Halten Sie sich denn hier ... ich mell» ... in »»eines Vater» Hau» . .. dauernd auf?" fragt« Ke mit küble« Eis staunen. Traullieb Krüger sandte einen hilfesuchenden Wick -» Kerst. Er fühlt« sich in diesem Augenblick verpflichtet, sie r» schätzen und antwortete an ihrer Statt: »Nicht dauernd. Sie ist Mr eisern- und heimatlos. Letz» Vater hat ciug-willigi, daß sie einstweilen hier wohnen darf. Tagsüber ist sie anderweitig beschäftigt. Interessierst du dich dafür, laß dich, bitte, von . .. Ruth unterrichten." Und er reichte der kleinen Trautlieb, die wieder überwacht und heimwehkrank aussah, wie an jenem Morgen, als er ste auf der Bank am Lietzensee fand, die Hand und sagte, wärmer als sonst, um sie den hochfahrenden Ton feiner Braut vergeßen zu machen: »Ihre Ausführungen stich mir durchaus verständlich. Trautlieb. Wer die Arbeit liebt, dem wird sie nicht nur zum Schutzengel, sondern auch zum Glücksspender . . ." Das schmale, gedemütigte Wesen im weißen Kleid bekam wieder Mut, Kraft und Farbe und entglitt mit einem schüchternen Knix gegen Anita. „So etwas Aehnliches — nur viel kraßer, so wie es sich für einen notorischen Tagedieb schickt, hattest du ja auch mir m deinem ...denkwürdigen Brief geschrieben," spöttelte sie. Er konnte ihrem Blick, der lauernd auf ihm ruhte, nicht ausweichen. Richt Mitleid, wie er es anfangs gedacht — Mitleid, weil nun für sie eine Zeit bitterer Enttäuschungen in jeglicher Beziehung anheben werde, erfüllte ihn, sonder» Widerwillen und Abscheu. — Während er sie betrachte» mußte, erschrak er über den Ausdruck von Neid und Ge meinheit, der sich ihm offenbarte. Sie hatte das schlecht sitzende Trauerkleid gegen eines aus schwarzem Chiffon vertauscht, das — obwohl es anscheinend verhüllte, doch schamlos jede Form des Körpers enthüllte. Der Rock war so kurz, «sie er ihn zuvor noch nie gesehen gemeint. Auch die Schullern, kreidig weiß gepudert, waren unbedeckt. Das Gesicht wirkte zwar pikant. Aber die künstliche Farb schicht war auch hier in der begreiflichen Eile des Toiletten wechselns nicht sorgfältig aufgetragen. Der Mund, durch den Stift in der Mitte der Oberlippe schwungvoll ver breitert, blühte ihm in purpurner Lüsternheit entgegen. Kalles Grauen xackte ihn — daß sie diesen Anputz vor nehme» konnte, während es um di« tote Mutter ging. Jedes Mitleid erschien ihm Wahnsinn. — Mühsam Ätz er sich zusammen. „Wieso sandest du meinen Brief denkwürdig?" fragte « unnatürlich ruhig. Eine Sekunde war sie um die Antwort verlegen. Dann schoß sie heraus, was sich gegen ihn i» diesen ganzen Wochen ausaesammelt hatte. — Empörung, die zur Wut gedieh. Mißtrauen, das sich schließlich zur rasenden Eifersucht aufstachelte . . . Jede schlaue Berech nung fiel von ihr ab. Sie zeigte sich ihm wie ste in d« Tat war. Lüstern, überreif, wurmstichig und doch nebenher bereit zur ungestümen, vollen Vergebung. Ohne sein Zutun erstand ihm Ruths Bild . . . Antta Krumbholz machte eine nicht mißzuverstehende Be wegung nach ihm hin. Ihre Arme hoben sich . . . Ihr« Augen verhießen... Es stieß ihn förmlich von ihr weg. Da» war nicht nur Widerwillen, Abscheu. Das war mehr. Viel Schlimmeres. Etwas, das kein Mann derjenigen, di« «inst die Mutter seiner Kinder werden soll, vergeben kann, well ste ihn ja erst durch ihr Verhalten zu solcher Empfin dung trieb! — Da» war Ekel! — Ste merkte sein Zuruck weichen und ihre Begehrlichkeit, ihm gegenüber längst er storben, entfachte sich wieder. Wilde Angst, daß sie letzte» Ende» übrig bleiben — unbegehrt, ja, verschmäht sein sollte, tteß sie nach einem Beistand, einer Waffe, suchen. „Vergiß nicht, daß ich dein Ehrenwort habe/ sagte sie hilflos, und ahnte nicht, daß sie in jener Nacht genau so ge- schSMundtg verfahren war, wie ihr Vater vor kurzem. — «erst antwortet« nicht darauf Was hätte er cmch sagen ioNen - .. Draußen gellt« der Ton einer Hup« auf. P. A Gnim-Hotz und LutH kehrten endlich Hein». Fortsetzung solgt.
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