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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 27.03.1916
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1916-03-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19160327023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1916032702
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1916032702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1916
-
Monat
1916-03
- Tag 1916-03-27
-
Monat
1916-03
-
Jahr
1916
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oder zu verwischen suchte, wäre ein Feigling. Wir nehmen nicht an, daß Herr Haase und die Seinen diesen Versuch machen. Man könrtte vielleicht auch sagen: Hie Vaterland, hie Aus land! Wenigstens ries ein Genosse den Achtzehn zu: .Ihr besorgt die Geschäste des Auslandes." Lin zweiter: .Ihr verlänaert -en Krieg.' Ein dritter: .Das alles ist zum Unheil Deutschlands." Wir andern aber fragen: Was dürfen wir weiter Zeugnis? Jene Völkersolidarttat ist übrigens ein eigen Ding. Wird sie etwa von Len Genosten in den feindlichen Ländern geteilt? Keineswegs. Die französische Sozialdemokratie wünschte wohl bei Beginn deS Krieges, daß sich das deutsche Proletariat gegen den deutschen Imperialismus erheben möchte. Heute sitzen vier Sozialdemokraten in der französischen Regierung, getragen von dem Vertrauen der Genossen. Und alle Franzosen bestehen noch heute auf der Verlängerung deS Krieges bis zur Abtretung Elsaß-Lolhringens. Sind das etwa .gemeinsame Ideen"? Der englische Gewerkschaftskongreß verpflichtete sich, .die Regie rung in der erfolgreichen Fortführung des Krieges zu unter- stützen". Der Belgier Vandervelde, der Vorsitzende deS weiland Internationalen Sozialistischen BureauS, trat sofort nach AuSbruch des Krieges in daS belgische Ministerium ein, predigt den Krieg bis zum Aeußersten und wettert .gegen jene unserer Gesinnungsgenossen, die möchten, daß man Frieden schließe". Genug! In allen am Kriege beteiligten Ländern sind die Sozial demokraten für die Interessen der eigenen Nation eingetreten. Darf dann ein Deutscher noch von .Völkersolidarität" reden? Muh er nicht erröten vor jenen, die sich durch keine Phrase hindern lassen, zu ihrem Daterlande zu stehen? Das deutsche Volk selbst muh Richter sein über jene Achtzehn und die anderen matten Seelen, die nicht kalt und nicht warm sind. Wir vertrauen auf seinen gesunden Sinn. Schon kündigt sich der Tag an, wo das eintritt, was so mancher von uns, oft be lächelt oder gar gescholten, erstrebt und vorausgesagt hat: die Spaltung der großen sozialdemokratischen Bewegung in einen nationalen und einen internationalen Flügel. Dafür müssen wir alle arbeiten, mit Besonnenheit und Zurückhaltung, ohne Mcnschenfurchk. Auch unsere Reichsregier mg, in deren Händen die jetzt doppelt dringliche Sozialpolitik ruht. Wo bleibt z. B. das längst versprochene Entgegenkommen auf dem Gebiete des Vereinsrechtes? Ist eS wirklich nicht möglich, gewisse Widerstände im Schoße des preußischen Ministeriums zu überwinden? Wenn nicht einmal jetzt, wann sonst? Man spricht so viel von den Errungenschaften deS 4. August 1914. Auch die .Leipziger Volkszeitung". Freilich, indem sie diese Worte höhnisch in Gänsefüße faßt, was hiermit sestgehalten sei. An jenem herrlichen Tage fielen die Worte, die jetzt Herr Scheidemann denen um Haase und Ledebour lnS Gesicht mutig wiederholt hak. Damals erstand für unS andere eine schöne Hoffnung: es möchte der Begriff .Volk" ein anderer geworden sein. Darunter mag man früher wohl eine mehr oder minder große Menge von Unbemittelten ver standen haben. Nunmehr, so hofften wir, solle .Volk" bedeuten: -te Gesamtheit der Volksgenossen, mit dem Kaiser an der Spitze. Eine wirkliche Gemeinschaft, die eine große gemeinsame Idee, nämlich der Schuh deS Vaterlandes, mit eisernem Hammer zu- sammenschmicdete. Dieses Ziel stieg damals im blutroten Dunste der ersten Kriegslage auf als ein noch entfernter Stern. Neu orientierung unserer inneren Politik, so hieß es etwas kühl und farblos. Was gemeint war, ist mehr. Der Stern soll zur Sonne werden, deren Strahlen ein neues Volksleben erwärmen und be leuchten. Diesem Ziele hat uns die Scheidung der Geister, die sich nunmehr im Reichstage auch äußerlich vollzogen hat, einen guten Schritt näher gebracht. ü! Leutscher Anleiheerfolg und englische Anleihenot Der englische Pressedienst beglückte die Welt am 24. März mit folgendem Fuakspruch: Die deutsche Kriegsanleihe wurde gestern um 1 Uhr abgeschlossen und trotz heftiger Agitation, wie sie in Deutschland nie zuvor gesehen wurde, ist die Höhe der Zeichnung bis jetzt ein Fiasko. Dazu bemerkt die .Norddeutsche Allgemeine Zeitung": Das Urteil war etwas vorschnell. Dafür wird die Berichtigung um so langsamer sein. Zn seltsamem Gegensatz zu diesem Versuch, den deutschen Finanzerfolg zu verkleinern, steht folgende Notiz der «Daily Mail" vom 15. März: Die Entschließung der britischen -Regierung, bei den Kriegs- an leihen keine -Auslosungsprämien zu gewähren, stößt auf allgemeinen Widerspruch. Zn einer kürzlichen Versamm lung maßgebender Geschäftsleute in London wurde sestgcstellt, daß der artige AuSlosungSprämicn doch kommen müßlen, sonst würde sich jeden- falls der kleine Sparer an den Kriegsanleihen nicht bete l'gen.' Bereits am 11. März Hal dasselbe Blatt die Meldung gebracht, daß eine Versammlung von großen britischen Geschäftsleuten und Industriellen in London unter dem Vorsitz von Sir William Plend er be schlossen habe, der britischen Regierung nahezulegen, bei der Aus gabe von Kriegsanleihen die Gewährung besonderer Vor teile in Gestalt von Auslosungsgewinnen oder von hohen Prämien in Aussicht zu stellen. Auch die «Mor- nlngpost vom 11. März teilte diese Nachricht mit. Sie meldete ferner, daß der Finonzmintster gebeten werden solle, eine Abordnung in der Angelegenheit zu empfangen. DleS ^eugt nicht gerade von Zuversicht. Es sieht vielmehr aus, als ob die englische Regierung sich durch bestellte öffentliche Meinung ,v der odiösen und ominösen Prämien-Anlrihe drängen lasten wolle, weil sie auf den geraden Wegen gesunder Anleihe- pollklk nicht die Möglichkeit ausreichenden Erfolges sieht. Die Fliegerschlacht über Mülhausen i. E. Das .Mülhauser Tag blatt" gibt von dem lHten französischen Fllegerangrtff auf Mülhausen foHende anschaultche Schilderung: Kurz nach 5 Uhr abends erschien vom .Belforter Loch' her am sonnigen Früh- sommerhimmel ein französisches Geschwader von 16 Flug zeugen dicht beieinander, zwei weitere folgten in kürzerem Abstand nach: später sollen sich noch zwei oder drei Nachzügler eingefunden haben. Wir zählten nur 18 Stück insgesamt. Offenbar hatten sie dem Wannebahnhos und dem Habshetmer Flugplatz ihren Besuch zugedacht. Da waren aber auch schon unsere Flieger zur Stelle, und nun ging der Luftkrieg in all seinen Schrecknissen loS. Ballonabwehrgeschütze feuerten, dazwischen daS harte Tak, tak, tak, tak der Flugzeug-Maschinengewehre, die krachenden Explosionen der von gegnerischen Flugzeugen abgeworfenen Bomben, das alles war ein höllisches Konzert. Die Bevölkerung flüchtete sich eiligst in Deckung, um vor Sprengstücken, Blindgängern und Maschinengewehrkugeln Schuh zu suchen: nur vereinzelte, mit stärkeren Nerven auSgestattete Neugierige blieben auf der Straße. Nach und nach wagen sich wieder mehr Leute auf die Straße. Da, ein allgemeiner Schrei — ein fran zösisches Flugzeug hat — offenbar in den Benzinbehälter — einen Treffer erhalten: eine gewaltige Flamme mit starker Rauch entwicklung loht auf, und aus dem brennenden Klumpen heraus löst sich, rasch in den Tannenwald hinabstürzend, der Vorderteil mit dem Motor und den Fluginsassen, di« verschwelenden Flugzeugflügel senken sich langsam der Erde zu. Inzwischen tobt der Luftkampf weiter. Etwa über dem Habshelmer Flugplatz liegt eines unserer Flugzeuge mit einem feindlichen Doppeldecker im Kampf. Beide Gegner jagen im Kreise einander nach, jeder sucht dem andern Vorteile ab zugewinnen, in der Hitze des Gefechts rennen sie aufeinander und beide stürzen kopfüber in di« Tiefe. Ein unentwirrbarer Knäuel von Stroben, verbogenem Gestänge und Zeugfetzen ist noch übrig. Ein drittes feindliches Flugzeug ist etwa über dem Illdad von einem unserer Flieger, der mit todeSverochtender Kühnheit mitten durch daS gegnerische Ge- schwader hindurchflog und, als ein Gegner auSweich« wollte, im Sturzflug wie ein Habicht auf ihn losstürzte und ihm den TodeSstohversehte, angegriffen worden. Das gegnerische Flugzeug ge- riet ins Wanken, überschlug sich brennend in der Luft, ein menschlicher Körper hängt auS ihm heraus, und sausend geht's in die Tiefe. Da, ein Schrei des Entsetzens .... der Mensch, der mit einem Fuße am Flugzeug festgehakt war, hak sich losgelöst, nun stürzt er dem Flugreug vorweg, um in der Lutterbacher Straße vor der Gärtnerei Barthel krachend auf daü Trottoir auszuschlagen. Er gibt natürlich kein Lebenszeichen mehr von sich, an der Uniform ist der Gefallene als «in französischer Kapitän zu erkennen. Die Trümmer des Flugzeuges lan deten etwa 150 Meter davon entfernt auf der Wiese am Balsinger Weg, da, wo im Winter regelmäßig auf der Eisbahn jung und alt dem Schlitt schuhsport huldigt. Zwei Bomben, die das Flugzeug mit sich führte, explodierten beim Aufschlagen glücklicherweise nicht und wurden später von Soldaten vorsichtig herausgeholt. Ein viertes französisches Flugzeug stürzte brennend beim Kirchhof in Luklerbach ab. Alle acht Insassen der vier heruntergeschossenen gegnerischen Flugzeuge sind tot und ihre Personalien festgestellt. So ist der Hergang d«< entsetz, llchen Luftgefechtes, wie ihn hier jedermann verfolgen konnte. Die An gaben und die Schilderung über diesen Kampf, di« der französische Heeresbericht gibt, sind nicht zutreffend. Leider haben die feindlichen Flieger mit ihren Bomben viel Unheil angerichtet. Wer sind wieder die Opfer? Unschuldige, am Krieg nicht beteiligte Zivilisten. Getötet wurden 9 Personen, verwundet 11. Durch Gewehrschuß wurde außer diesen poch eine Person verletzt. Kleine Kriegsrrachrichten ' Don dem rohmreichen Fahrer der ,,Möve", Burggrafen zu Dohna-Schlodien, ist beim Gemeinde»«! der Stadt Dohna, die ihn, wie mtkgeleiU, zum Ehrenbürger d«r Stadt ernannte, folgendes Telegramm eingegangen: .Mit wärmstem Danke nehme ich daS mir verliehene Ehrenbürgerrecht an. Diese Ehrung durch die alte Stadt Dohna spricht zu mir wie ein« Stimme aus alten Zetten. Nikolaus, Burggraf zu Dohna." * TodeSsturz eines französischen Fliegers. Wie der «Temps" meldet, ist der Fliegerhauptmann Io Iain über Le Bourgek ab- gestürzt. * Zwei Hapag-Dampfer als gute Prise. DaS LondonerPrtsen. ge richt hak die beiden Dampfer der Hamburg-Amerika-Llni« «Prinz Adalbert' und «Kronprinzessin Tecilie', die sich bei Aus bruch des Krieges in Falmouth befanden, für gute Prise erklärt. Die ..Kronprinzessin Tecilie" der Aapag (nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Dampfer des Norddeutschen Lloyd) lst ein Schiff von 8000 Tonnen. Es wurde am S. August 1914 in Falmouth eingebracht. Der Dampfer «Prinz Adalber? (6000 Tonnen) lst auf der Fahri von Philadelphia nach Hamburg von den Engländern aufgebracht worden. Der Kriegsrat de« Vierverbandes Man schreibt uns: Am heutigen Montag beginnt in Paris unter dem Vorsitz BriondS die neue Konferenz Les Vieroerban-es. Sie find wieder alle da: ASquith und Grey auS London, Salandra und Sonnino auS Rom, Pasüsch auS dem nicht mehr vorhandenen Serbien und die belgischen Minister Broqueollle und Baron BeyenS aus Le Havre. Als Zweck und Ziel der Verhandlungen wird angegeben: Zusammenarbeit aller Hilfskräfte der Alliierten, mit Ausnahme der wirtschaftlichen, die der Aprilkonfercnz Vor behalten bleiben soll. DaS ist reichlich unklar und beweist nur, daß der besondere Zweck des Kriegsrats verschwiegen werden soll. Dieser aber besteht darin, daß England den papiernen Reis, den cs um seine Trabanten geschlungen hat, wieder einmal um jeden Preis verstärken muß, da er sonst unheilbar zu zerreißen droht. Frankreich ist in diesem Augenblick durch den deutschen Sturm auf Verdun auf das heftigste erschüttert. Die Lage ähnelt der der er ten Kriegswochen, als die deutschen Heere durch Belgien und Nordfrankreich nahezu bis vor die Lore von Paris stürmten, und als tn Paris bereits ernstlich der Gedanke erwogen wurde, so schnell wle möglich Frieden zu schließen. Da griffen die britischen Machthaber schleunigst ein, nötigten die verbündete Repubiik zur Unterzeichnung des Londoner September - Abkommens und sicherten sich derart vor vorzeitigen Schwächeanwandlungcn von dieser Seite. Ohne dieses Riechfläschchen aus London wäre Frank reich damals vielleicht umgefallen und hätte zu seinem Heil dem Blutvergießen ein End« gemacht mit dem Bekenntnis, daß es sich ln der militärischen und moralischen Stärke d«S östlichen Nachbar reiches gründlich verrechnet habe. Aller Voraussicht nach hätte Frankreich damals noch mit einem blauen Auge davonkommen nönnen. Aber England, der unerbittliche Gläubiger, forderte den schuldigen Tribut und gestattete dem Genoßen nicht, sich noch recht zeitig aus -em gefährlichen Kriegsabenteuer zurückzuziehen. Seit dem wißen die Franzosen, daß sie so lange zu Kämpfen und zu bluten haben, wie es den Herren jenseits des Kanals gutdünken wird. Nur muß man eS ihnen immer wieder sagen ln ZeUen, da ihnen die ganze Trostlosigkeit des von ihnen zu erwartenden KriegS- ausqanges offenbar wird. Das soll auf der jetzigen Konferenz ge schehen. Auch mit den Russen, falls sie noch rechtzeitig zum Kriegs rat erscheinen, hat John Bull ein Hühnchen zu rupfen. Rußland hat zwar die bestellte HilfSofsenfloe geliefert, lieh aber kurz vorher durch sein Handelsministerium erklären, die russische Bureaukratie wünsche keine Niederlage Deutschlands, eine Schwächung Deutsch lands sek keineswegs für Rußland erwünscht, man müsse nach Kriegsschluß den Deutschen ihre früheren Rechte einräumen. DaS war ein limfall vor der Waffenprobe! Jetzt, nach den furchtbar blutigen Erfahrungen des Ostkampfes, wird Rußland erst recht zum Ausspringen aus dem lästigen DerbandSreis geneigt sein. Dos soll in Parts verhindert werden. Endlich Italien! Damit steht es nicht anders. Die unauf hörlichen militärischen Mißerso'ge, die immer gescheiterten Maßen offensiven gegen die österreichische Front, dir ungeheuren Menschen verluste ließen auch in Rom schon vor einigen Monaten unver kennbar Friedensgedanken keimen, die hier und da festere Gestalt annahmen. Es wurden vorsichtige Fühler ausgestreckk, ob und unter welchen Bedingungen die Gegenseite wohl bereit wäre, einen Sonderfrieden zu schließen. Bekannt wurden sie dadurch, daß die italienische Seite die Naivität besaß, als Grundlage für mögliche Friedensverhandlungen die Zugeständnisse zu bezeichnen, die Oesterreich vor der Kriegserklärung Italiens zu machen sich bereit erklärt hatte. Natürlich mußte darauf die denkbar schärfste Zu rückweisung erfolgen, die denn auch im Organ deS Wiener Au--- wärtlgen Amtes, dem «Wiener Fremdenblatt», erschienen ist. Aber die verdächtigen Regungen ln Italien hatten in London den gleichen Schrecken hervorgerufen, wie im Herbst 1914 die franzö sischen Friedensgedanken. Alsbald wurden von London aus dic bewährten Daomschrauben angesetzk, um auch den Italienischen Ge noßen in das Londoner Joch einzuspannen, lind nun sollen in Paris diese Daumschrauben nachgesehen und womöglich noch um eine Umdrehung fester angezogen werden. Das erweiterte Lon doner Abkommen vom 30. November 1915 genügt der britischen Regierung nicht. ES soll noch mehr Papier beschrieben und unter schrieben werden. Darin besteht die «UnkerstützungSoffensive" Englands! Merken die gegängelten Völker immer noch nichts? Mögen sie nun tn Paris vereinbaren und veröffentlichen, was sie wollen Wenn es zur großen Abrechnung kommt, wird nicht dort und nicht in London, sondern ln Berlin und Wien, in Sofia und Kon stantinopel bestimmt werden, was zu geschehen hat. -i"* * vtb. Paris, 26. Marz. (Drahtbericht.) Die italienischen Minister Salandra und Sonnino sind heute nachmittag eingetroffen. tu. PariS. 27. März. («Agence HavaS.') Untersiaatssekretär Albert Thomas ist gestern auS London zurückgekekrt, wo er mit Lloyd George über die industrielle Zusammenarbeit Englands und Frankreichs in der Munitionssrage konferiert hatte. 3lfe von Telken 61 j Roman von E. Krlckeberg (Nachdruck verboten.) «Verstehen Sie mich nicht falsch!" ries sie gequält. «Denken Sie um Gottes willen nicht, daß mich eine Macht der Erde be- wegen könnte, mit einem Menschen, der seine Ehre verkauft hat und ein Unwürdiger in meinen Augen ist, wirklich Gemeinschaft zu machen! — Aber ich kann eine Schelnoerlobung mit ihm ein gehen, daS rettet ihn vor der Hand. Inzwischen stirbt der Vater, oder es gelingt mir, den gefälschten Wechsel In die Hände zu be kommen. — Frist gewonnen heißt in diesem Falle alles gewonnen." «Das wollten Eie wirklich, Lea? — Nun, ich habe es von Ihnen erwarten können, eS ist groß und edel von Ihnen gedacht, aber wie werden Sie es ertragen, Sie mit Ihrem stolzen Sinn, als die Verlobte eines Menschen zu gelten, den Sie verachten müßen?" «Laßen Sie das, Dietrich, ich werde cs trogen, ganz gleich wle. . . Nur um das eine bitte ich Sie, sprechen Sie mit Ihrem Schwager und sorgen Sie dafür, daß mir die Demütigung erspart bleibt, von ihm erst dann begehrt zu werden, wenn ihm keine andere Wahl mehr bleibt — daß er also mit seiner Werbung dem Schlage zuoorkommt." «Ich fürchte, dle Werbung wird nicht stattsindcn, Leo, die Scham wird ihn erdrücken.' «Nein, Dietrich, ich habe-mehr Vertrauen zu ihm! Er wird sich nicht als Feigling beweisen, er wird zeigen, daß er noch Ehr- aefühl besitzt, und dle Konsequenzen seines Vergehens tragen. Doch, wenn Sie meinen, er könnte in der Verzweiflung . . . etwas Schlimmes tun . . ., sagen Sie ihm, mein Vater würde keine Rücksicht mehr aus ihn oder seine Familie nehmen, wenn ihm ein Strich durch seine schlau angelegte Rechnung gemacht wird. Er würde nicht zögern, ihn selbst noch im Grabe zu beschimpfen und die Seinen mit ihm. — Und dann", fuhr sie mit ln Bitterkeit ge tränkter Stimme fort, «sagen Sie ihm auch zum Trost, er wird nicht lange die unangenehme Situation, mein Verlobter zu sein, zu ertragen brauchen." «Er soll seinem Gott aus Knien danke« für diese unverdiente Gnade!' rief er heftig. «Nehmen Sle einsnveilen mit meinem Dank vorlieb, Leo, und laßen Sie sich sagen, daß ich Sle be wundere." Ilse batte unterdes weiter am Lager deS Kleinen gewacht. MS das Gewitter am Zenit stand, wurde er unruhig. Ilses Lieb kosungen, ihre sanfte Art am Krankenbett, dle leichte Bewegung ihrer Hände und ihre einschmeichelnde Stimme beruhigten ibn zwar bald, aber er wollte, daß dle Tanke Bofeßor singen sollte, und Ilse stimmte leise ein Wiegenlied an: «Schlaf, mein Kindchen, ruhig liege, schlaf, mein Kind, schlaf ein!" Da trat auf leisen Sohlen ihr Mann ins Zimmer. Als er sie in dem weißen Gewand, das ihre graziöse Gestalt in weichen Falten umgab, erblickte, flog ein Ausdruck froher Ueberraschung über sein ernstes Gesicht. «Du host dich häuslich eingerichtet", sagte er, ihr lächelnd die Hand bietend, «daS freut mich/ Ruhig fragte er nach dem Befinden des KlndeS, und sie ant wortete ebenso gelaßen. «Das kräftige Bürschchen scheint also sogar ohne die kleinste Gehirnerschütterung davonzulwmmen", meinte er befriedigt. «Jedenfalls ist eS nicht nötig, daß du die Nacht über auf bleibst, ich werde mit Jörg die Chaiselongue nach meinem Schlafzimmer hinübertrogen, dann habe icy ihn immer unter meiner Aussicht." Sie mußte einsehen, daß er recht hakte, eS war wirklich nicht notig, daß jemand bei dem gesund und fest schlafenden Kinde wachte, und sie wandte sich sofort, um .zu gehen. .Ich hab-- dir noch einen Gruß zu bestellen", sagte er, .von unserer Nachbarin, Fräulein Lea." Er beobachtete sie scharf, und er sah, wie bei Nennung dieses Namens ein Zucken durch ihre Augen ging. «Wie komme ich zu der Ehre? — Ich kenne die Dame ja gar nicht", erwiderte sie kühl. «Aber du weißt unzweifelhaft, daß sie eine oute, alte Freundin von mir ist, und da ist eS wohl natürlich, daß sie der Frau ihres einstigen Iugendgesptelen, wenn sich die Gelegenheit dazu bietet, einen Gruß sendet." «Ich danke", saat« sie nock frostiger, .aber du wirst dich wobl verhört haben der Gruß lst sicher an Molly gerichtet, die sie recht genau zu kennen scheint und mir ost von ihr erzählt." In seinen Mundwinkeln setzte sich ein heimliches Lächeln fest. «So — als» Mally!" sagte er — dann fuhr er fort: «Rein, ich irre mich nicht. Lea hat mir sogar aufgetragen, dich zu bitten. daß du sie freundlichst empfängst, wenn sie uns demnächst besuchen wird." «Du willst sie tn unser HauS bringen?" fragte sie mit ver setztem Atem. Und sie besaß nicht Verstellung-Kunst genug, um nicht in ihrem Blick etwas von ihrem innern Schreck zu verraten. Er sah. Laß sie litt, daß ihr seine Beziehungen zur schönen Nachbarin nicht gleichgültig waren, sein Herz triumphierte, ober er war grausam genug, sie nicht zu erlösen. «Warum soll sie nicht zu uns kommen? Sie hak uns früher auch o sucyt, und nur ihre lange Abwesenheit in allerhand Pensionen und ihre häufigen Reisen haben den Verkehr unterbrochen. Ich stehe sehr gut mir ihr — das weißt du sicher nicht." «O ja! Mally hat sich beeilt, eS mir zu versichern — und ich bin natürlich bereit, deine Freundin zu empfangen." «Wie du das aussprichst, «deine Freundin", du scheinst keine Sympathie für Lea zu haben." «Daraus kommt es wohl nicht an, du wünschest, daß ich freund lich zu ihr bin und das genügt." «Das genügt noch nicht einmal, ich wünsche sogar dringend, daß sich eine herzliche Freundschaft zwischen euch entwickeln möge." Do hob sie Len Kopf mit einer zornigen Energie. «Meine Freundschaft verschenke ich nicht auf Kommando, ich werde eine höfliche Wirtin sein, mehr verspreche ich nicht, und mehr kannst du nicht verlangen.' «Ron, fürs erste genügt mir daS." Er mußte mit aller Gewalt an sich halten, daß er ihr nicht zeigte, wie glücklich ihn ihr Wider streben machte. Sie strich noch einmal dem Kleinen sanft über die Stirn und sagte dann ihrem Manne zögernd gute Rächt. «Gute Nacht. Ilse, ich hoffe, du wirst gut schlafen nach der Aufregung deS heutigen Tage-." Sie nickt«, obwohl sie ganz genau wußte, daß sie mit ihrem Herzen voll Jammer überhaupt nicht schlafen würbe, an- ging dann, stlll hinaus. AIS sie ein paar Schritte in den Wintergarten hinein getan hatte, siel tn einer Ecke ein- der horten Palmenblätter rascheln- zur Erd«. Sie erschrak und wandte sich zur Flockt, denn sie meinte nlcht anders, als Edt Preußner würbe im nächsten Augenblick wieder vor tbr stehen. Dabet stieß sie an einen Ständer mit einem Pslanzenkübel, und er stürzte polternd zu Boden. Bei dem Geräusch kam Dietrich herauSgeellt. «Hast du di' wehgetan?" rief er schon von wettem, und als er sah, wle sie zitter te und vor Schreck ganz benommen sc^ev, sagte «
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