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Von VoIIinonü LU VvUinoM Plauderei um 1Vockenen6e Von j^srsbu. „Das hatten wir also auch glücklich hinter uns", murmelte Klabautermann mit sichtlicher Befriedigung. „Was denn?" erkundigte sich Kilian neugierig. „Nun, das grosze Fest", behauptete Klabautermann. „Was denn für ein Fest?" fragte nun auch ich ge spannt. „Mir ist gar nichts bekannt." „AKnl du eben nicht au späht!", sagte Klabauter mann leichthin. „Das grosse Fest am 1b. Marz natürlich — da ist der Monat März geteilt worden." „Derartig alte Wisse", rief Kilian wütend, „sollte man nicht schon am Nachmittag erzählen, sondern erst spät abends, wenn die Nachsicht und Nächstenliebe etivas gewachsen ist." „Und trotzdem hat es mit diesem 1b. März eine be sondere Bewandtnis", lächelte Chrysostomus. „Neumond fallt nämlich auf diesen Tag. Der schöne Lenzmonat 1934, den wir durchleben, ist so regelmätzig gebaut, wie kaum irgendein anderer: Ain Monatsersten Vollmond, am 15. Neumond und am Monatsletzten wieder Vollmond." „Das Ist ja beruhigend", freute sich Klabautermann. „Do bewegen wir uns wieder in aufsteigender Linie auf die Fülle des Mondes zu. Und mit dein Neumond soll ja auch das Wetter wechseln. Dir mutz es also endlich bes seres Wetter werden." „Oder auch nicht", meckerte Kilian. „Es waren doch vor dem 1b. ein paar schöne Tage. Vielleicht sängt es jetzt erst richtig zu regnen an." * „Ach, das glaulre ich einfach nicht", ries ich. „Ich glaube wirklich, datz wir diesmal zu Ostern schönes Wet ter bekommen. Und da wäre es sehr anständig, wenn das in der zweiten Mürzhälfte schon bitzchen vorbereitet würde." „Warum sollte es auch nicht", meinte Chrnsostomus. „Es bereitet sich doch sonst schon alles arif Ostern vor. Die Schneeglöckchen sind heraus, an den Sträuchern hän gen die ersten Kätzchen. Und eben lese ich, datz oben im Potenziale schon die Märzenbecher blühen. Wie lange wird es dauern, dann können wir sie auch auf den Wie sen von Schlotz Eckberg bewundern!" „Warum man da so weit laufen mutz, weiss ich wirklich nicht", grunzte Klabautermann. „Die Blumen läden haben sich sa doch schon alle auf Ostern umgestellt. Hinter Glas ist schon der ganze Frühling für billiges Geld zu Hairen." „Aber nicht umsonst", triumphierte Chrysostomus. „Und das ist das Wesentlicl)e. Künstlich Blumen heran züchten, das bringt der Mensch fertig. Aber sie aus dem Nichts hervorzaubern, das ist das Wunder." „Nicht nur die Blumenläden haben sich auf Ostern umgcstellt", lenkte Klairautermann ab. „Auch die Scho kolade tut so, als wäre es gar nicht mehr 14 Tage bis zum Fest. In allen Auslagen prangen Osterhasen und Vie vnkeksnnte Von kuöolk Nach langer Zeit erhielt Marlene wieder «in Lebenszeichen von Erna, die vor zwei Jahren in eine andere Stadt gezogen war. Es handelt sich diesmal um einen Brief mit einer nicht gewöhnlichen Mitteilung: Erna hatte sich verheiratet! Sie war die Frau eines Diplom-Ingenieurs Werner Richter ge worden. Bei diesem Namen stutzte Marlene. Im-letzten Som mer, als sie von Earmisch kam, hatte sie im V-Zug München- Berlin die flüchtige Bekanntschaft eines Mannes mit Namen Werner Richter gemacht. Er hatte ihr im Abteil gegenüber ge sessen und sie mit ossener Bewunderung angestarrt. Selbst im Speisewagen vcrsolgle sie sein interessierter, bewundernder Blick. Sie achtete wenig darauf, es war ihr sogar unangenehm, die schüchternen Bemühungen des Fremden merken zu müssen, denn ihre Gedanken galten in dieser Zeit gerade Florian, der noch in Earmisch geblieben war und sie später in Berlin besuchen wollte. Dennoch hatte es der Fremde verstanden, ein Gespräch mit Ihr zu beginnen. Aus seiner ganzen Art, zu erzählen, sie anzu sehen, sich rücksichtsvoll um sie zu bemühen, war zu erkennen, datz sie einen »rotzen Eindruck auf ihn gemacht haben mutzte. Sie aber, Florians Bild im Herzen, lächelte nur darüber, und als Richter schlictzlich um die Erlaubnis bat, ihr von Dresden ans nach Berlin schreiben zu dürfen, war sie schon im Begriff, sein Ansinnen kurz und bündig abzulehncn. Im letzten Moment hatte sie eine mitleidige Regung, und um dem Mann eine Illusion zu lassen, wollte sie irgendeine fingierte Adresse an geben, als ihr plötzlich ihre Freundin Erna einsiel. Vielleicht nur aus dem Grunde, weil auch Richter in Dresden wohnte. Ohne sich etwas dabei zu denken, ohne überhaupt anzunehmcn, datz der Mann nun tatsächlich schreiben würde — verspricht man aus Reisen nicht manches, ohne es später zu halten? — nannte sie lächelnd Ernas Adresse. Nun erhielt sie sechs, sieben Monate später von Erna di« Mitteilung, datz sie sich mit einem Mann namens Werner Richter verheiratet hatte. Marlenes erste Empfindung war die einer »rotzen llebcrraschung und einer ungetrübten Sympathie, dann begann sie, mehr nachzudenkcn und zur Ertenntnis zu kom men, datz Erna eigentlich nur ihr dieses Glück zu danken habe, und schlietzlich schlich sich eine kleine, seine Bitternis in ihre Gratulation: „Das Leben ist doch komisch. Eigentlich hätte ich heute Frau Diplomingenieur Richter jein können." Die protze Liebe Florian kvnnte nämlich nur noch als ein längst versprühtes Brillantfcucrwcrk gellen, das nur aus Erholungs reisen eine gewisse Daseinsberechtigung besatz. So war Marlenes etwas bittere Betrachtung vielleicht zu verstehen. Natürlich war ihr Glückwunsch ausrichtig herzlich. Datz sie nebenbei von Erna gern wissen wollte, wo und wie sie ihren Mann eigentlich kennengelernt hatte, gehört zur Sache. Sie bat auch um ein Hochzeitsbild. Es kam nach einiger Zeit, aber weder eine Aufklärung, noch ein Bild, sondern die kurze Mitteilung, datz Erna sich mit ihrem Gatten aus einer Reise befände und in Berlin Station machen wollte. Sie freue sich schon darauf, Marlene ihren Mann vor zustellen. Eine leichte Unruhe hatte Marlene nun befallen. Je mehr sie sich mit jener Szene im V-Zug-Abtcil beschäftigte, desto be zwingender erschien ihr in der Erinnerung das Bild jenes Mannes, der Werner Richter hietz und jetzt der Mann ihrer Freundin Erna war. Hatte er nicht ein hübsches, sympathisches Gesicht gehabt? War seine ganze Art nicht vertrauenerweckend gewesen? Wie hatte sie das alles unbeachtet lassen können? Wo hatte sie nur ihre Augen, ihre Gedanken gehabt? Und sie musste ja die Antwort: Florian! und war ernüchtert, beschämt und verärgert. Mit zwiespältigen Gefühlen betrat Marlene eines Nach mittags das Hotel, tn dem Erna abgestiegcn war. Sie hatte sich nicht getäuscht. Zwar war Ernas Mann noch nicht anwesend — Erna entschuldigte ihn mit wichtigen Besorgungen, er müsse jeden Augenblick cintressen — aber als ihr Erna srcudestrahlcnd jein Bild zeigte, erkannte sie ihn sofort wieder. „Eesällt er dir?" fragte Erna triumphierend. „Doch!" antwortete Marlene, und ihre Finger zitterten plötzlich, „sehr sympathisch!" Sie gab das Bild zurück. „Und wie seid ihr eigentlich bekannt geworden? Darüber hast du mir noch nichts erzählt l" „Das ist eine geheimnisvolle Geschichte!" lachte Erna. „Durch eine Namensverwechslung. Eines Tages bekomme ich von einem wildfremden Mann einen Vries. Wir treffen uns. und da kommt das Mitzvcrständnis schon heraus. Der wildfremde Mann hatte eine ganz andere Frau gemeint. Aber wie du siehst, sind wir dann doch zusammen geblieben. Eines Tages entdeckten wir, datz wir uns liebten." „Und — hast du nie erfahren," fragte Marlene unsicher „wer die andere Frau war, die dein Mann eigentlich gemeint hatte?" „Nie!" erwiderte Erna. „Werner hat mir erzählt, datz er sie ' im Zuge kennengelcrnt und um ihre Adresse gebeten hatte. Ich ziehe ihn heute noch damit aus. Sie mutz doch »rotzen Eindruck auf ihn gemacht haben." Erna hatte plötzlich einen grübleri schen Zug im Gesicht. Oes Königs kaknen Liekn einker Zum Passionssonntag In der Vesper des heutigen Sonntags singt die Kirche jenen uralten herrlichen Hymnus aus das Kreuz, den der be rühmteste lateinische Dichter des 6. Jahrhunderts, Vennntius Fortunntus sf- um MO als Bischof von Poitiers), gedichtet hat. Wir geben die schönsten Strophen daraus in der Uebersetzung des Kardinals Melchior von Dicpenbrocb wieder. Des Königs Fahnen ziehn einher: Es glänzt geheimnisvoll und hehr Dao Kreuz, daran das Leben starb lind Leben aus dem Tod erwarb, Als aus der grimmen Lanze Stotz Aus tiesgespaltner Seite floh Ein Strom von Sstasser und von Blut, Der rein uns wäscht In seiner Flut. Erfüllt ist, was im Seherdrang In treuem Lied einst David sang, Als er den Bölliern Kunde bot: Vom Holz herab nun herrfckset Gott. O Baum, an Schmuck, und Glanz so »rotz, Da Königspurpur dich umslotz, Aus wiird'gcm Stamm hervorgetan. Solch heil ge Glieder zu umsahn! Kreuz, einz'ge Hoffnung, sei gegriitzt! In dieser heil'gen Leidcnssrist Mehr' allen Frommen Gottes Huld Und tilge aller Sünder Schuld! „Manchmal möchte kch gerne wissen, wer jene Frau war. Meinst du, datz er noch an sie denkt? Er wird zwar immer böse, wenn ich mal diesen Verdacht äntzere, aber nachher ist er immer so nachdenklich. Ich bin wirklich glücklich mit Werner, nur manchmal habe ich Angst, irgendeine dumme Angst vor der Unbekannten!" Marlene griff nach ihrem Hut. Sie war bläh geworden. „Du willst doch nicht etwa gehen?" fragte Erna erschrocken. „Verzeih. Aber ich habe dir gleich gesagt, datz ich nur eine halbe Stunde Zeit zur Verfügung habe. Es tut mir sehr leid, datz ich deinen Mann jetzt nicht kennenlernen konnte. Viel leicht können wir uns morgen noch aus dem Bahnhof sehen, wenn ihr abfahrt. Ich will es versuchen. Wenn ich frei be komme." „Mein Mann wird sich aber ärgern, dich nicht mehr an« getrojsen zu haben. Ich habe ihm so viel von dir erzählt. Er war recht neugierig. Wenn du noch etwas warten könntest? Irgend etwas mutz ihn in der Stadt ausgchalten haben." „Es geht wirklich nicht mehr, liebe rEna. Schöne Grütze an deinen Gatten. Alles Gute siir dich!" Sie stand schon in der Tür, da kehrte sie noch einmal um. „Und wenn ich dir einen guten Rat geben darf, sang nicht mehr von der Unbekannten an. Du bringst ja deinen Mann direkt darauf. Er wird sie schon vergessen, wenn du keine An spielungen machst." Sie lachte plötzlich aus. „Ueberhaupt, Erna, das ist ja dummes Zeug, das sind ja alles Einbildungen. Dein Mann jiebt dich doch, der denkt an keine andere Frau!" Sie ging hastig die Treppe hinunter. Nach satz ein kleiner Schmerz in ihrem Herzen, aber aus der Stratze kam schon ein Gefühl der Befreiung. „Liebe, kleine Erna!" dachte sie. „Du brauchst keine Angst zu haben!" Als sie um die Ecke bog, sah sie von drüben Werner kom men. Sie verbarg sich hinter einer Neklamesäule. Zu ihrer Uebcrraschung ging Werner sehr langsam, er beeilte sich gar nicht. Er war ganz in Gedanken. „Vielleicht ahnt er etwas", dachte sie da plötzlich, „sie hat ihm ja viel von mir erzählt. Vielleicht will er einem Zu- sainmentresscn ausweichen." Wie üe ihm nachiah, war ihr, als Hütte Werner eben von ihr Abschied genommen. I'eure I^i-kiucn . . . Mas die Kanadierin monatlich siir Schönheitsmittel ausgibt. Paris, im März Bisher hat man wohl allgemein angenommen, datz es die Pariserin, oder die Dame aus der Bukarester Gesellschaft, sei, die die meisten kosmetischen Künste anwendet nnd daiiir am meisten Geld ausgibt. Dies ist jedoch ein Irrtum, denn, wie neuerdings durchgesührte Untersuchungen ergeben haben, ge bührt dieser „Rubin" einzig und allein den Kanadierinnen, die in diesem Nennen nm die Schönheit, und sei diese auch nur künstlich, weit an der Spitze liegen Danach soll die kanadische Dame im Monat durchschnittlich bis ä'> Goldiranken <rund Mark) für Lippenstifte, Puder, Schminke und andere kos metische Mittel ausgebcn. Wie der Verkänser einer Pariser Firma berichtet, hat allein sein Haus im vergangenen Jahre in Kanada einen Umsatz von über l!i> Millionen Franken erzielt, wobei der Verbrauch an Seife noch gar nicht einmal eingerechnet sei. Die Sitte oder Unsitte des Schminkens fei in Kanada be reits von früher Jugend aus üblich geworden, nnd schon zehn jährige Mädchen sollen von dem Lippenstift und vom Puder ausgiebig Gebrauch machen. Woraus diese Erscheinung zurückzusühren ist. konnte bisher nichl erklär« werden. Aber es ist jedenfalls Tatsache, datz die Frauen Kanadas beinahe noch mehr als die Indianer in den weiten Steppen dauernd in voller Kriegsbemalung auslreten. Ostereier in allen Preislagen, Gröszen und Füllungen. Man bekommt direkt Appetit, wenn man ölosz hinschaut." „Appetit Kriegen darfst Tu schon", grinste Kilian, „aber vorläufig wirst Tu Dir gütigst solche Gelüste ver kneifen. Außerdem ist Schokolade etivas siir kleine Kin der, aber nicht für erwachsene Leute wie Tu. Ich lobe mir eine solide Zigarre, das ist wenigstens etivas für Männer." „Aber auch die Zigarre", verbeugte sich Klabauter- mann ironisch. , wirst Tu wohl vorläufig gütigst zurück stellen. Tenn noch ist Fastenzeit, ja die Fastenzeit erreicht jetzt ihren feierlichen Höhepunkt. Und «voran sollte sich heilte das Fasten zeigen, wenn nicht in dem Verzicht auf diese kleinen entbehrlichen, wenn auch nur schmerzlich entbehrten Genüsse?" „Auch die Damen sind schon auf Ostern umgestellt", sagte Chrysostomus, indem er auf einige der vorüber- gelinden ivies. „Man sollte glauben, es ist schon Mai, so duftige Geivänder und Hute werden von manchen Töcl)- tern Evas schon gezeigt. Und gar die Konsektion schwelgt jchon in den holdesten Friihlingsträumen. Der kann man es ja schliesslich auch nicht übeinehmen." „Man kann es den Damen auch nicht iibelnehmen", vermerkte Klabautermann gütig. „Es ist das eine Art Zauber, der den Frühling beschwören soll, möglichst bald in voller Pracht anzubrechen. Und Zauiierinnen sind ja die Frauen von jeher gewesen." „Man kann auch sagen Hexen, das ist ungefähr dasselbe", warf Kilian unhöflich ein. „Man kann das sagen?", fragte Klalmutermann, „Du meinst, man könnte das sagen, aber sagen tut