Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 09.04.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-04-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140409013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914040901
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914040901
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-04
- Tag 1914-04-09
-
Monat
1914-04
-
Jahr
1914
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Hoheitsrecht ist, da» die Befugnis der zwangsweisen Durchführung der militärischen Aufgaben unter Ab- weyr von Angriffen in sich schließt. In Ziffer III) ist die Ausübung der Not. wehr ausgenommen, um in der Vorschrift alle Fälle zusammen,zufassen, in denen der Soldat erforderlichen falle, von der ilvasfe Gebrauch machen darf. Di« Not wehr ist im Anschluß an den tz 5,3 de» Retchsstraf- qese'fbuchs und an die Motive hierzu sowie an die Rechtsprechung des Reichsgerichts noch dahin er läutert, daß sie bei jedem Angriff auf Leid, Leben, Ehre und Eigentum der eigenen oder einer anderen Person gestattet ist, das gebotene Masi der Verteidigung nicht überschreiten und nicht in ein gesetzwidriges Verhalten ansarlcn darf. Aus dem gleichen Grunde hat nach 8 27 des Strafgesetzbuches die vorläufige Festnahme Aufnahme gefunden. Verwendung des Militärs bei inneren Unruhen. Zn Abschnitt 2 ist der Grundsatz an die Spitze ge stellt, dasi es zunächst die Pflicht derZivil - behörden ist, mit den ihr zu Gebote stehenden Polizeikräkten innere Un ruhen in ihrem Ent st e yen zu unterdriik- ken und die Ruhe zu erhalten, dasi das Militär hier bei nicht mitzuwirken hat und nicht zur blosicn Verstärkung der Polizei gebraucht werden darf, da in diesem Falle die Leitung stets eine einheitliche sein musi. Aus diesem Grunde ist weiterhin bestimmt, dasi, wenn das Militär auf Ersuchen der Zivilbchörde seine Hilfe gewährt hat, die Anordnung und die Leitung der zu er greifenden Maßregeln allein auf den mili tärischen Befehlshaber übergeht, bis die Ruhe w edcrhergcstcttt ist, eine Bestimmung, die ouy den Milltartonoentloncn entspricht. — Ein selb ständiges Einschreiten des Militärs ist im Falle d.s Kriegs- und Vclagerungs'ust-andes sowie in Füllen des staatlichen Notstandes vorgesehen. Die Bestimmungen über den Kriegs- und Belage rungszustand, die in Abschnitt 3 ausführlich behandelt werden, grün den sich aus Artikel 68 der Reicl>sversassung und das nach diesem Artikel für das Deutsche Reich (mit Aus nahme Bayerns) geltende preußische Gesetz über den Belagerungszustand vom t. Juni 1851. — Beim staatlichen Rotstand „ist das Militär auch ohne Aufforderung der Zivilbehörde, selbständig einzuschreitcn, befugt und verpflichtet, ivenn in Fällen dringender Gefahr für die öffentliche Sicherheit die zuständige Behörde infolge äußerer Umstände außerstande ist, die An forderung zu erlassen". Für diese Bestim mung war die Erwägung maßgcbcnü, daß auch in Len Bundesstaaten, in denen gesetzlich das Einschreiten des Militärs zur Unterdrückung innerer Unruhen von einem Ersuchen der Zioilbehörden abhängig gemacht ist, das Vorhandensein einer Zivilbchörde und die Möglichteit für sic, das Ersuchen zu stellen, zur Er füllung dieser gesetzlichen Bestimmung notwendig ist, die Anforderung zu erlassen — ein gesetzliches Hinder nis für ein selbständiges Einschreiten des Militärs nicht besteht, sofern dies in Fällen dringender Gefahr für die öffentliche Sicherheit erforderlich ist. Die Notwendigkeit des selbständigen Eingreifens des Mi litärs wird auch in der Staatsrechtslehre grundsätz lich ancrlannt. Es ist daran festzuhalten, daß zum W a f f e n g c b r a u ch erst geschritten werden soll, wenn andere Mittel zur Erreichung des Zweckes nicht ausrcichcn. Für den rechtmäßigen Was- feirgebrauch ist also der militärische Befehlshaber ver antwortlich. Durch die neue Vorschrift sind demmtch dem Militär zur Durchführung seiner Aufgaben und zur Sicherung seines Ansehens völlig ausrcichctGe Handhaben gegeben, anderseits ist die Möglich keit eines Konflikts zwischen Zivil- und Mili tärbehörde bei dem Einschreiten des Militärs ver mieden. politileke Ueberliekl Vas Schicksal -er in Nußlan- gefangenen Luftsschiffer. Die Angelegenheit der drei Verhafteten und noch immer in Rügland sestgehaltenen deutschen Luft- inhrer scheint in ein neues Stadium getreten zu sein, nachdem sich die Mutter des Herrn Nicolai mit einem telegraphischen Hilferuf an den Kaijer ge wandt hat. Wie man nämlich in Hofkreisen wissen will, hat der Kaijer daraufhin ein Hand schreiben an den Haren gerichtet, worin er ihm den Sachverhalt klarlegt und ihn bittet, nach Kenntnisnahme der tatsächlichen Ver hältnisse das Seine dazu beizutraaen, die peinliche Angelegenheit einem beschleunigten Ende zuzuführen, mit anderen Worten, den grundlos wegen Spionageverdacht festgehaltenen Luttiahrern die Freiheit zurückmgeben. Bei den ausgezeichneten persönlichen Beziehungen, die unbeschadet der deutsch russischen Preßfehde der letzten Wochen den Zaren mit dem deutschen Kaiser verbinden, wird man an nehmen dürfen, dasi dieser per önliche Schritt des Kaisers nicht ohne den erwünschten Erfolg bleiben wird. Zwischenfall zwischen Militär und Zivil in Vsterreich. Wie wir bereits meldeten, ist es am vergangenen Sonntag in Bruneck zu einem unliebsamen Zwischen fall zwischen dem Hauptmann Dittmänn und fünf Herren der Jagdgesellschaft „Hubertus" gekommen. Die Herren waren in dem Weinkeller der Weinhandlung Meyer zusammen, und der Haupt mann geriet dort mit den Zivilisten in einen Streit, der ihn so erregte, dasi cr die Kasernen wache holte und die Herren in die Kaserne bringen ließ. 2m Keller selbst und unterwegs sollen die Verhafteten von den Soldaten bedroht und miß handelt worden sein. Ueber diesen Vorfall, der großes Aussehen erregte, und über die soiort ein geleitete Untersuchung wird weiter berichtet: Eine vom Korpslommando dahin beorderte Kom mission, in der sich auch ein Auditor befindet, hat sich nach Bruneck begeben, um die Vorfälle auf das genaueste zu untersuchen. Es bestätigt sich, daß Hauptmann Dittmänn einen Herrn aus der Zivil gesellschaft mit dem Gewehr eines Soldaten attackieren wollte, so daß jedenfalls als Folge des sinnlosen Zu standes des Offiziers auch noch ein Unglück geschehen wäre, wenn ihm nicht ein Unteroffizier, der den Zu stand des Hauptmanns erkannt hatte, noch rechtzeitig das Gewehr aus den Händen gerissen hätte. Es dürfte wohl weniger die Mannschaft ein Vorwurf treffen, als einzig und allein den Offizier. Vom Korpskommando erhalten wir über Liefe Angelegenheit folgende Mitteilungen: Die ein geleiteten Erhebungen müssen erst de» Tat bestand des ganzen Vorfalles klären. Soweit sich ihr Inhalt gegenwärtig überblicken läßt, können die Ausschreitungen der Mannschaft nur der Schuld des Offiziers zuge'chrieben werden. Das nationale Moment spielt hierbei keine Rolle. Die Mannschaften des btt. Regiments haben innerhalb des ganzen Lahres ihrer Garnisonierung in Tirol keine Ursache zu Klagen seitens der Zivil bevölkerung gegeben. Auch im vorliegenden tief bedauerlichen Fall« hat das maßvolle Verhalten einzelner Unteroffiziere und Mannschaftspersonen verhindert, daß ein direktes Unglück geschah. Von kompetenter Stelle soll Vorsorge getroffen werden, daß die guten Beziehungen zwischen Militär und Zivil, worayf qlle Kommandos großen Wert legen, keine weitere^Mbung erfahren. Deutsches Reich. * Nochmal» der Kaiserbrirf. Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" schreibt: „Zu dem unüberlegten Vorwurf einiger Blätter, unsere Mitteilung über den gefälschten Kaiserbrief hätte acht Tage früher er scheinen müssen, möchten wir bemerken, daß es gar nicht in der Ai acht der amtlichenStcllen lag, eine schnellere Aufklärung zu schaffen. Zunächst war nicht bekannt, ob das Original des Briefes an die Frau Landgräsin von Hessen über haupt noch existierte und wo cs sich befand. Erst nachdem der Brief aus dem Nachlaß des Kardinals Kopp an die Adressatin zurückgcsandt war, bestand die Möglichkeit, die über seinen Inhalt umlaufende« Angaben als freie Erfindung einwandfrei festzustellen und zu kennzeichnen. Da» ist noch an dem selben Tage geschehen, an dem der Reichskanzler eine beglaubigte Abschrift de» Originals erhalten hatte." * Der Reichskanzler hat dem Vernehmen nach seine Abreise nach Korfu wegen Erkrankung seiner Gemahlin zunächst verschieben müssen. * Auszeichnung. Der Kaiser hat dem Erzherzog Peter Fervinand von Oesterreich den Schwarzen Adlerorden verliehen. * Die Taufe des Erbprinzen von Braunschweig findet, einer Mitteilung de» herzoglichen Oberhof- marjchallamts zufolge, Sonnabend, den 9. Mai, statt. * Anfragen Uber die Auszahlung und Verzinsung der auf 1500 <tl erhöhten Dienstpriimie an Unter offiziere lassen erkennen, daß noch Zweifel hierüber bestehen. Es sei deshalb darauf hingewiesen, daß im Hinblick aus den Zweck der Dtenstprämie ihre Auszahlung schon bei vollendeter zwölfjähriger Dienstzeit an die länger dienenden Unteroffiziere nicht angängig ist. Zur Beseitigung der durch die spätere Auszahlung entstehenden Härte erfolgt ihre Verzinsung. Diese wird vom 1. April 1914 ab in Höhe von 4 Prozent der Prämie den betreffenden Unteroffizieren gewährt. Die Monate, in denen die Verzinsung beginnt oder aufhört, werden voll ge rechnet. Die Zinsen werden den länger als zwölf Jahre dienenden Unteroffizieren nicht während ihres Weiterdienens ausgezahlt, sondern die Zahlung der Zinsvergütung erfolgt gleichzeitig mit der Auszah lung der Dienstprämie. Im Todesfälle ist die Dienst prämie nebst den eventuell vorhandenen Zinsen an die gesetzlichen Erben zu zahlen. Die Dienstprämie ist auch dann für die bezüglichen Unteroffiziere fällig, wenn sie aus ihrer bisherigen Stellung ausscheiden und in Stellen von Offizieren oder Beamten der Militärverwaltung übertreten. * Der Landesausschuß der nationalliberalen Partei de» Herzogtums Braunschweig hat folgende Entschließung angenommen: „Der Landesausschuß billigt den Beschluß des Zentral- ausschusses, Verhandlungen zwecks Auflösung des Reichsverbandes der nationalliberalen Jugend wie des altnationalliberalen Verbandes und damit der Presse dieser Verbände einzuleiten, durchaus und ersucht die braunschweigischen Mitglieder des Zentral ausschusses, alle Schritte zur Erreichung dieses Zieles nach Kräften zu unterstützen. Der Landesausschuß spricht zugleich die Ueberzeugung aus, Latz jener Be schluß des Zentralausschusses wie von den übrigen nationalliberalen Vereinen des Herzogtums, so auch von dem hiesigen Verein der nationallibe ral en Jugend, der sich um die Förderung der Parteibestrcbungcn große Verdienste erworben hat, und dessen mit dem Beschlüsse des Zentralausschusses wohl vereinbares Fortbestehen daher dringend erwünscht ist, als für die gedeihliche Entwicklung der Partei unbedingt notwendig anerkannt werden wird." — Am 24. Mai soll in Harzburg ein Landesparteitag abgehalten werden, auf dem die Stellungnahme der nationalliberalen Partei zu den übrigen Parteien de? Reichstages, namentlich zum Bunde der Land wirte sowie zur Reform des braunschweigischen Landtagswahlrechts besprochen werden soll. Eine Tagung des Ausschusses am Vorabend wird sich mit Organisationsfragen beschäftigen. * Die Budgetverweigerung der Sozialdemokratie. In den „Sozialistischen Monatsheften" wendet sich >rus Anlaß des soeben vom Reichstage beschlossenen Notetats Max Schippel gegen die sozialdemokra tische Budgetverweigerung mit folgenden Aus führungen: , „Das Scheitern des Etats würde, ganz im Gegensatz zu dem dereinst so beliebten Schlagwort, nicht das geringste an der Zahlungs pflicht, an den Zoll- und Steuersätzen, und des halb auch nicht das geringste an den schließlichen Zahreserträgen bei den Zöllen, beim Branntwein, beim Zucker, beim Wehrbeitrag ändern. Insoweit stellt sich der Reichsetat in der Wirklichkeit als etwas ganz anderes dar, als in der etwas ein gerosteten und hinter dem politischen Zeiten lauf stark zurückgebliebenen Einbil dung unserer vrtn^tpiellen Budgetverweigerer: nämlich einfach als höhere oder niedrigere, mehr oder weniger treffende öder irrende, solide oder unsolide Vorschützung der auf Grund gegebener ge setzlicher Voraussetzungen »u erwartenden Ein gänge, al» geordnete und für eine geordnete Geschäftsführung unentbehrliche Kalkula tionsarbeit, bei der positiv und entscheidend mitzu raten und vor allem mitzutaten eine weiter blickende Opposition jederzeit das denkbar stärkste Interesse bekunden müßte." Ausland. Laglan-. * Englische Studienkommisfion nach Sibirien und Ehina. Aus London wird draytlich gemeldet: Um einen besseren Ueberblick über die Geschäftslage in Sibirien und Ehina zu erlangen und um über die Bedürfnisse der beiden Länder auf dem Laufen den zu bleiben, sind vom BritischenHandels- amr Kommissare zur Bereisung der beiden Länder ernannt worden. Der für Sibirien bestimmte Kommissar soll bereits in der nächsten Zeit abreisen. Numänien. * Die Reise des Prinzen Ferdinand von Rumä nien. Aus Petersburg, 8. April, wird gemeldet: Prinz und Prinzessin Ferdinand von Rumänien sind heute mtttag nach dem Auslande abgereist. Am Bahnhofe waren olle Großfürsten und Großfürstinnen, die kaiserliche Suite, der Minister des Aeußern, der Kriegsminlster, ein Stellvertreter des Hosministers und andere hohe Würdenträger anwe,end. Prinz Earol wird heute abend nach Berlin zurückreijen. Mbanlerr. * Eine rumänische Militärmission für Albanien. Aus Wien, 8. April, wird berichtet: Die „Neue Freie Presse" meldet aus Bukarest: Die alba nische Regierung hat die Entsendung einer ru mänischen Militär Mission nach Albanien zwecks Reformierung des albanischen Heeres erbeten. — Zwischen Albanien und Rumänien finden Verhandlungen wegen einer Intervention Ru mäniens in Athen anläßlich der Epirus-Frage statt. Die rumänische Regierung hat bereits dis krete Schritte in Athen unternommen. Mexiko. * Die vom General Billa aus Torreon »er« triebencn 600 Spanier sind, wie aus New Port ge- gemeldet wird, mit Tagesanbruch in Iuarez gegenüber El Paso angekommen. I-roso ftegypten. Don Hugo Eberwein (Leipzig). Vlll. In der Umgebung Ehartums sind vor allem zwei Punkte von großem wirtschaftlichen und historischen Interesse: Omdurman und Kerreri, beides Touren, die verbunden sind mtt erfrischenden, entzückenden Fahrten auf dem Nil und den jederzeit amüsanten Eselritten mit den zahllosen humoristischen Einzel bildern. Omdurman liegt auf dem hochplateauartigen Mestufer des vereinigten Nils. Es ist dies das 1883 vom Mahdi Mohamed Ahmed angelegte große Heer lager, das nach des Mahdi Tode dem Kalifen Ab- dullahi 14 Jahre als Residenz diente und Schauplatz wüster Grausamkeiten und grotesker Orgien gewesen ist. Die Stadt selbst ist 6 Kilometer lang, ganz aus Lchmhäusern gebaut und von einer ethnologisch über aus interessanten Rassenmischung bewohnt. Auf den engen, verkehrsreichen Basarstraßcn stehen zuweilen dicht beisammen: Bantuneger, Sudannegcr, semitische und hamitische Wüstenbewohner, Nuba-, Bagara- Beduincn, Kababisch, Gowame, Kowahle, Nubier, Fellachen, Djalines — und wir auf unserem guten, langohrigen „Bismarck-donkey" inmitten. Sobald der Fährdampfer am Südtor« von Om durman, unweit des malerischen Bootshafens mit dem Markt für Elfenbein, Gummi und Sesam sich be findet. kommen die Eselboys auf ihren „Grauschim meln" angaloppiert: ehe man sich's versieht, sitzt man im Sattel, und nun gcht's im Trab und Galopp durch die Sandflächc den Abhang auswärts der eigen artigen Stadt zu. Vor den hohen Mauern des B*t el Amana wird abgcsessen, um dem ehemaligen Arsenal der Derwische einen Besuch obzustatten. Hier werden unter anderem auch Gordons und des Kalifen Kriegswagen gezeigt, die schleunigst in di« Kamera ausgenommen werden müssen. Ungefähr Kilometer weiter lag das Saier- gefängnis, wo nach erfolgter Verurteilung durch den Mahdi zahlreiche Europäer in Gefangenschaft schwach teten. An dem großen ireirn Mosque Square, aus dem eicht die Derwische Heerschau hielten, liegt östlich das Grab des Mahdi. Es wurde im Auftrage de» Kha- lifa von einem arabischen Baumeister al, 26 Meter hoher Kuppelbau aufgvführt. Nach der Eroberung Omdurmans wurde es von den Engländern zerstört, die Leiche des Mahdi wurde vor ein Kanonenrohr ge bunden und durch einen Schuß in alle Winde ver streut, um für immer die Möglichkeit einer Verehrung dieses grausamen Fanatiker» auszuschließen. Dem Grad gegenüber steht da» Hau» des Kalifen Abdallah», von detz« Dach man ein« p«ocht volle Aussicht über Omdurman und Umgebung hat. Don der Stätte der Vergangenheit und des Todes ,zur Stätte regsten Gegenwartsgetricbes: zum Haupt markt, dem Ausgangspunkt der verschiedenen Basare, in denen das denkbar bunteste afrikanische Volksleben herrscht. In reichster Auswahl werden hier alle inner- afrikaniscben Konsumartikel feilgeboten: hier ist «in Verkaufsstand mit hunderterlei fremdartigen «peze- reien, dort verlausen sudanische Krämer Gewürze und Parfümeriem an der Ecke gibt es Soda Salpeter, Bittersalz, Paternosterbohnen und allerlei Hölzer; Griechen bieten Straußenfedern und Glasperlen an, ein alter Gowame lädt uns ein, Toilettenbutter zu kaufen, der im Schnitzen gewandte Sja'alin bietet seine Angarlbs (Bettstellen) zum Verkauf aus, Schmiede, Sattler, die Nilpferbehaut verarbeiten, sieht man in Tätigkeit, Silberschmiede preisen die Güte ihrer Arm-, Fuß- und Nascnringe, oder sie bieten Mahditaler aus, wovon auch ich einen mit nach Chartum zurückbrachtc als Erinnerung an die in Omdurman verlebten interessanten Stunden und als Zeugen einer unglückseligen Periöde in der Geschichte des Slldans. Der zweite größere Ausflug galt dem Schlachtfelds von Kerreri, ungefähr 15 Kilometer von Chartum entfernt. Nach zirka einftündiger schöner Fahrt auf dem Blauen und Vereinigten Nil landeten wir süd westlich der Insel El-Naharal, bestiegen die Esel und ritten, fast ständig im Galopp durch die heiße Wüste, überschritten das Khor Shambat, in dem sich 1898 die Armee das Osman Digma verborgen hatte und dem englischen Regiment der 21. Lancers, das den Feind ausspüren sollte, erhebliche Verluste betbrachte. Ein/ Obelisk nennt die Namen der wackeren Gefallenen. Don hier aus wieder im Galopp über eine weit« Wüstenfläche — auf der von Zeit zu Zett eine Fata morgana ausleuchtct —, bis zum steilaufsteigen den Eruptivkegel Gebe! Surgham. Auf der Höhe dieses Berges gab mir das 76jähriae Mütterchen, die bei per Schilderung der Fahrt durchs Rote Meer erwähnte englische Lady, eine bis in die letzten Einzelheiten gehende Beschreibung der Schlacht am 2. September 1898. Parallel zum Gebe! Surgham verlaufen ungefähr 5 Kilometer nördlicher die Höhen von Kerreri. Zwischen dielen beiden Höhenzügen hatte am Nilüfer Lord Kitchener seine Armeen ausgestellt. Turch einen feinsinnigen Schach zug S'etin Paschas wurde der Mahdi mit sei. en 35,000 Derwischen von Westen her in diese Fall' ge lockt, wo sie trotz ihres wil-sanali'chen Ansturmes d.r Feuerdls.siplin des englisch-ägvptischcn Heeres er lagen. Dcr Berlufi der Derwische wird auf 10 000 Tote, >6 000 Verwundete und 4000 Gefangene an gegeben, der der Engländer und Aegypter ach 53 Tot« und 400 Verwundete. Noch am Nachmittage bielt Kitchener seinen Ein zug in Omdurman. Abdullähi floh nach dem Süden, wo der Rest seines Heeres südwestlich von Kosti, un- serm südlichen Retsepunkte, völlig aufgerieben, und er selbst getötet wurde. Mit einigen interessanten, drahtharten, stecknrdel spitzigen Wüstenpflanzen, von meinem Gselboy als nogila, tomuüm und tontoiru bezeichnet, kehrte ich mit den Reisegefährten ans User zurück. Dann: er frischender Fioe oclock tea auf dem Blauen Nil, zauberisch schöner Sonnenuntergang, frohe glückliche Rückkehr nach Chartum. Der letzte Abend unseres Aufenthaltes in Lhar- tum ist mir besonders wertvoll durch eine Einladung, mit der uns unser österreichischer Landsmann Slatin Pascha, der Inspektor-General im englisch-ägyptischen Sudan, beehrte. In dem mit kostbaren afrikanisch sudanischen Schmuckstücken ausgestatteten Speisesaale seiner schönen Billa an der Embantmentftreet am Blauen Nil erlebten wir bei vorzüglichem Mahle un vergeßliche Stunden. Wir erzählten von unsern Er lebnissen am Weißen Nil, Herr Prof. Werner (Wien) skizzierte seine Studienreise, die er mit Prof Ebner und Ritter von Westersheim durch das Bahr-el- Gazahl-Gebiet unternehmen wolle, und der Hausherr selbst bot aus dem reichen Schatz seiner Erfahrung manch lehrreiche Notiz über Land und Leute des sonnigen Sudans. Auf der mit kostbaren Teppichen geschmückten Veranda — angesichts eines prächtigen, palmen- und orchrdeenreichen Gartens — saßen wir bei ergötzlichem, heiter-ernstem Gespräch beisammen, bis die Sterne in mitternächtiger Klarheit durch die Palmenwedel funkelten. In Erinnerung an Liese Abendstunden einen kurzen Beitrag zur Schätzung der Soelengröhe und d«r Pflichttreu« Slatin Paschas. 1879—1883 verwaltete Slatin di« große sudanische Provinz Darfür — etwa sechsmal umfangreicher als unser Königreich Sachsen. Durch S«. Hoheit den Khcdive in Kairo wurde er zum Mudir Umüm — Obergouocrneur ernannt, wel ches Amt er mit Umsicht, Geschick und Gerechtigkeit verwaltete. Ende des Jahres 1883 überfluteten die religiös-fanatischen Massen des Mahdi, der sich auf dcr Insel Abba im Weißen Nil als gottgesandter Nachfolger de» großen Propheten ausrufcn ließ, auch di« ihm an-vertraute Provinz Darfür. Diel« Straf expeditionen hatte er ausgesandt, teils erfolgreich, teil» in Mißgeschick. Schließlich zog er mit nahezu 9000 Soldaten zum entscheidenden Schlag aus. Aber trotz guter Führung und Ausrüstung, trotz Mut und Tapferkeit verlor er an diesem Schlachttagc von Om Wavagat am Wege nach Schakko etwa 8000 Monn, von 14 Infanterie-Offizieren waren noch 3 Offiziere und von der gesamt« Mannschaft nur noch 900 kampf fähig. Von 330 Mann arabischer Reiterei sammelten sich, als die Sonn« sank, noch 30 Berittene. Mit tiefer Wehmut überblickte der Kommandeur Slatin den schwachen Rest seiner Arme«. Durch eine Ansprache im zusammengerufenen Kriegsvat wußte er den Mut einzelner Führer anzu fachen und zum Weiterkämpfen zu begeistern. Als jedoch die 10 000 Mann starke Ent satzarmee des Generals Hicks Pascha am 4. November 1883 total vernichtet war, sah sich Slatin von allem Verkehr mit der Außenwelt abgeschnitten, und mußte sich Weihnachten 1883 dem grausamen Mahdi er geben. — Welch« hechbettübenden Zustände in dieser Zeit herrschten, beweist da» von dem Mahdisten geprägte Wort: „Was steht gegenwärtig im Markt am niedrig sten im Preis? Der Weißhäutige, der Scheikioh uNd der Hund!" Während dieser Schreckensyeit lag unser Rudolf Slatin in Eisen und Ketten mit Mördern und elendestem Gesindel in Lehmhütten zusammen. Fuß eisen mit eisernen Querstangen mußte er schleppen; seine Lagerstatt war die Erde, ein roher Stein das Kopfkissen, rohes Getreide und Wasser die Nahrung, Vie Giubb« (vohe Devwischkutte) seine Kleidung. Später verbesserte sich sein Las — er wurde zur Leibwache des Mahdi befohlen, mußte barfüßig hinter dem alltäglich ausreitenden Mahdi-Khalifa Ab dullah» herlaufen, und als Sklave schriftliche Uober- setzungen anfertigen. — Das war der ehemalige Obergouverneur der großen Provinz Darfur! Und dennoch verlor der tapfere Mann den Glauben an Gott nicht; er wurde zur leibhaftigen Verkörperung unseres Weisheits wortes: „Im Glück nicht jubeln, im Unglück nicht ver zagen!" Im Jahre 1895 gelang ihm unter fürchterlichen Entbehrungen und Strapazen die Flucht, im Jahre 1898 wurde di« Herrschaft des Mahdi-Khalifa durch die englisch-ägyptische Armee bei Kerreri unter Lord Kitcheners tüchtiger Leitung gestürzt, und jetzt sind die, durch 15 Jahre hindurch tief geknechteten, ent völkerten, moralisch und wirtschaftlich ruinierten Ge- bietedes nahe an 3MillionenQuadratkilometergrotzen afrikanischen Landes in einom aufblühenden, hoff nungsreichen Zustand; Wasserdämme, Stauseen, Eisen- babnen und Wege werden gebaut, Ordnung und Ge rechtigkeit herrschen im Lande. An d«r Spitze der Regierung des englisch-ägyptischen Sudans steht als Sirdar Se. Exzellenz Sir Wingate Pascha, ein oorzüg licher Kenner von Land und Leuten, und gleichfalls in tüchtiger Arbeit wirkt dort als Generaliirspettor der öffentlichen Arbeiten des Sudan-Gouvernement» unser deutsch-österreichischex Landsmann Exzellenz Sir Rudolf Baron von Slatin Pascha.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)