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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 24.04.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-04-24
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140424015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914042401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914042401
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-04
- Tag 1914-04-24
-
Monat
1914-04
-
Jahr
1914
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Morgen - Ausgabe lür Letzpaa on» Vorort« üurch unser« Tetl«r veAUASprei^e. un»Spe»Ü«urermaltägU<i> in» Hou» gebracht, monatU» 1.2S M., vierteyührUch Z.7S M. Sri Ser SeschSstsstell«, unfern Ztlialen un» Nuagadestellen abgrhoit: monatlich IM.,»tertehahrUchSM. vurch »i« Post: innerhalb deutfchland» «n» »er »eutschen Kolonie« monatlich t^o M., vierteljährlich 4.S» M., ouoschlieftllch postbestrllgei». va» Leipziger Tageblatt erscheint werktags Lmal, Sonn- «. Zeiertagstmal. Sn Leipzig, »en Nachbarorten un» Sen «Vrtcn mit eigenen Ziliolrn wir» Sie -iden»au»gad« noch am flbenü Sr» Erscheinen» in» hau» geliefert, verliner Neüak»ion:Sn»en Z«lt«n t7.5ernsprech-NnschluH: Moabit Nr. 4»7. /trntsblaü des Rockes und despolirünrntes der Stadt Leipzig Nedaktion un» Srschaftasteller ?ohanni»gaff» Nr.». » Zernsprech-slnschlug Nr. 14--2, >4»43 an» >«»»«. ISS. Jahrgang . für Snserat, au» Leipzig an» Umgebung »i« » tfpaltigrP«titzeil«2S pf^»>» Neklamezetlet M., oon ««»wart» s» Vf., Neklamen t.2» M„ Klein« flnzrtgen Stepetitzrll« nue 2» pf.d.wi«»«rdol.Nad.. Snserat» von vehör»«n im amtlichen Teil »te Petit zelle S» Pf. Sefchüftoanzeigen mit playvorschrift im Preis« rrhSht. Nadat« nach Tarif. Setlagen, Sesamtaufl.SM.»«»Taufen» aa»schl pol»g«bühr. ftazeigea-ftunabm«! Zohannlsgasfe», bei fiimtltchen Ztlialen »,, Leipzig«« Tageblatt«» un» allen stnnon<en-Expe»ittonrn Se» Sn- un» fluslan»«». SeschSft»sl«ll« für Serlin a. Sie pr.VranSendurg. VirektionWalterZliegel, Vrrlin w I» Margorethenstraft« 8. Zernsprech-flnschluKi LUYow 8->7i Nr. 2O5. Freiing, »en 24. stprll. 1914. Vas Wichtigste. * Der Kaiser hat an den bisherigen Statt halter der Reichslande, den Fürsten Wedel, ein sehr freundliches Handschreiben gerichtet. (2. Pol. Ucbers.) * Neber das Befinden Kaiser Franz Josephs lausen widersprechende Meldungen ein. (S. Ausland.) * Das Direktorium der sächsischen Zweiten Kam m e r legte der Kammer den Ent wurf zu einer auf Grund des Beschlusses vom 31. März d. I. ab geänderten Landtags ordnung vor. (S. Letzte Dep.) * Der griechische Minister des Acnßcrn be schwerte sich bei dem türkischen Gesandten über die Verfolgung der Griechen in Thrazien. (S. Ausland.) * Die Regierung in Washington ist „sehr überrascht" über das Verhalten der Rebellen in M ex i ko, die sich infolge der Landung untonistischer Truppen in Veracruz mit den Anhängern Huertas vereinigen wollen. (S. bes. Art.) Die parlamentarische Arbeit nach Gstern. O Berlin, 23. April. Das preußische Abgeordnetenhaus hat am letzten Dienstag seine Arbeiten wieder ausge nommen. Genau eine Woche später wird ihm der Reichstag darin folgen. Beide Parlamente wünschen in diesem Sommer nicht mehr lange beisammen M bleiben; beide aber haben noch eine stattliche Fälle von Arbeiten zu erledigen. Dabei fehlt hüben wie drüben noch das Wesent lichste: die Fertigstellung des Etats. Eigent lich sind sogar — im Reichstage wie ini Äbge- ordnctenhausc — noch die wichtigsten Etats zu beraten: dort neben dem Militäretat die Titel Reichskanzler und- Auswärtiges Amt, hier der Kultusetat. Unterhaltungen über den preußi schen Kultusetat pflegen ja nun allemal eine längere Sache zu tverden. Was indes im Reichs tage an Etatsresten noch übrig blieb, brauchte an sich kaum so viel Zeit zu beanspruchen. Am ausführlichsten vermutlich wird man dabei noch den Militäretat behandeln. Ursprünglich schien man sich den überhaupt aufsparen zu wol len, um den Kriegsminister zu strafen für das oder jenes, was er dem einen oder anderen nicht ganz zu Dank geordnet hatte. Nach und nach haben in der Beziehung die Dinge sich aber doch zurechtgerückt. Herr v. Falke nhayn hat in dem „Nahverkehr", wie ihn die Kom mission ermöglicht, durch liebenswürdigen Um gangston und Entgegenkommen wieder gut ge macht, was er bei seinem ersten Auftreten im Reichstage verschüttet hatte. Er hat sich bei der Behandlung des Duellproblems nicht jedem Fortschritt verschlossen, hat in der Frage des militärischen Waffengebrauchs in Friedenszciten ihm immerhin eine Gasse bahnen Helsen — kurz, es ist nicht anzunehmen, daß man nun noch dem neuen Minister das Amt unter allen Um ständen zu erschtveren trachten wird: in der Richtung werden sich schließlich wohl nur die Sozialdemokraten bemühen. Trotzdem ist da mit zu rechnen, daß über diese Aussprache eine Woche vergeht. Kürzer wird man sich — wir haben die Gründe erst letzthin hier anseinandergesctzt — beim auswärtigen Etat und beim Kanz leramt fassen. Hier bestätigt sich regelmäßig, daß der deutsche Mensch schlechterdings eine Reihe von großen Parlamentstagen nicht zu ertragen vermag. Man geht an einem, höch stens zwei Tagen init dem Kanzler wegen seiner inneren Politik ins Gericht, am dritten wegen der auswärtigen. Dann pflegt man so gründ lich erschöpft zu sein, daß der eigentliche Etat des Auswärtigen Amtes nur ganz sprunghaft erörtert wird. Seit .Herr v. Iagow das aus wärtige Ressort verwaltet, ist die Neigung zu so sprunghafter Erledigung nur noch gewachsen: Herr v. Iagow ist eben alles andere als ein Redner: wenn er spricht, sprühen keine Funken und es entzündet sich an ihm keine Debatte. Dennocb dürften über den Rest der zweiten Etatsberatung und der dritten Lesung, die schließ lich, wenn man sic nicht zur unwürdigen Hetz jagd erniedrigt, auch ihre drei Tage braucht, zum mindesten zwei Wochen vergehen. Es blie ben also für das ganze Bündel von Entwürfen, die mehr oder minder erfolgreich die Kommis sion passierten — das Spionagegesetz, die Vor lage über Konkurrcnzklausel und Sonntagsruhe, die Besoldungsnovellc, die Acndcrung des Mili tärstrafgesetzbuches, die Abänderungen der Be stimmungen über den Zweikampf, die Regelung der Verhältnisse der Altpensionüre und das Rcnnwcttgesey —, wenn man um Himmelfahrt auseinandergehen will, höchstens sechs bis sieben Tage. Und daß diese Frist zu solchem Werke nicht ausrcicht, ist am Ende mit Händen zu grei fen. Die Frist wäre selbst dann iurz, wenn sich alle Welt über das anzustrebcnde Ziel einig wäre. Diese Einigkeit ist aber nun doch nicht vorhanden: wer die Preßänßerungen der Abge ordneten daraufhin mustert, wird finden, daß sie in ihren Auffassungen über das, was unbe dingt scrtigzustellen ist, sogar recht erheblich voneinander abweichen. Man wird sich also schon damit abzufinden haben, daß mancherlei auf der Strecke bleibt. L>b für ganz, wird da von abhängen, ob die Session geschlossen oder nur vertagt wird. Eine endgültige Entschei dung ist im Moment wohl noch nicht gefallen. Dennoch neigt man in hiesigen unterrichteten weisen der Anschauung zu, daß, „um endlich einmal reinen Tisch zn. machen", die Chancen für eine Schließung steigen. Die Kommissions arbeiten brauchten an sich darum ja noch nicht verloren zu sein; man könnte sie für die Wieder einbringung der Entwürfe benutzen, könnte viel leicht auch in der Kommission und bei der ersten Plenarlesung sich wohltätig beschränken. Wobei dann freilich immer noch die Frage der freien Eisenbahnfahrt, die ja eine so merkwürdig große Rolle zu spielen scheint, zu lösen wäre. Im Lande Preußen stehen, wie gesagt, die Dinge nicht viel besser. Auch dort blieb man mit dem Etat stark im Rückstände, sind von den cingebrachten Entwürfen viele noch nicht einmal in die erste Lesung gelangt. Die „Ger mania" hat, um wenigstens einen Teil des Pen sums bis Pfingsten zu schaffen, angeregt, die Redner sollten künftighin sich ein wenig kürzer fassen. Die Anregung ist prompt befolgt wor ben: zu dem Eisenbahnanleihegesetz, das man seit Dienstag im preußischen Abgeordnetenhaus«: berät, liegen bisher nur 105 Wortmeldungen vor, und den Vorschlag, jedem Redner nur zehn Minuten zu gewähren, hat man (aus Gründen, die man verstehen kann) abgelehnt . . . Zu -em Empfange -es englischen köaigspaares. Frühlingswetter. — Teure Livreen. — Die bescheidene Madame Poinearö. — Die Trinkspriich«. — Deutungen und Hoffnungen. (Von unserem Pariser ^.-Mitarbeiter.) Paris, 22. April. Ein schöner Frühlingstag begünstigte gestern die Entente cordial? — eine große Menschenmenge war hinausgewandert in die elysäischen Gefilde, um sich das glänzende Schauspiel dieses Königseinzugs anzu schauen. Die Bäume im Hellen Grün, das war der schönste Schmuck der Avenuen — die Via triumphalis vom Triumphbogen des Etoile-Platzes bis zum Luksorobelisken des Konkordienplatzes ist nicht mehr die vornehme Villenstraße Napoleons 111., sondern die reichste Geschäftsstraße der Hauptstadt, wo die Automobilsirmen, darunter auch deutsche, sich im Luxus zu übertreffen suchen und gestern ihre Häuser bis übers Dach hinauf mit Trikoloren und britischen Standarten bewimpelt hatten. Alle Camelots waren zur Stelle. Sie hatten unter den Bäumen Bretter gerüste ausgcschlagen und verkauftem das ,T)rchester- fautcuil" zu fünf Frankem. Selbst jede Leitersprosse kostete einen Franken. Die ganze Garnison war auf den Beinen; bis ins Boulogner Wäldchen hinein funkelte es von Uni formen. Neue Galawagen waren angeschafft, Pikörs in neue Livrees gesteckt worden, deren goldbestickte Röcke 315 Franken kosteten, für deren seidene Westen 225 Franken bezahlt worden waren, ganz abgesehen von den 130 Franken für die weißen Lederhosen, 100 Franken für die hohen Lacksticsel und 10 Franken für die weißen Handschuhe — diese Ställdiener des republikanischen Elysö-es sind die teuerst gekleideten Leute von ganz Frankreich. Die Pferde vor dem Daumont Equipagen hatten rechts blaue, links gelbe Schleifen in den Mähnen — diesmal sahen diese Ge spanne wirklich nicht nach Mietsdroschkenmaterial aus, sondern hochherrschaftlich. Hatte auch der Prä sident noch nicht die „Cent-Gardes", die wunderbar uniformierten hundert Leibgardisten der Bonapartes, die ihm das nationalistische Stadthaus allen Ernstes neu bescheren möchte, so war seine Eskorte von zwei Kürassier-Regimentern doch höchst stattlich. Kanonendonner meldete die pünktliche Ankunft auf dem kleinen Bahnhof an der Porte-Dauphine, der für Fnrstenempfänge stets geschickt theatralisch hergcrichtet wird. Das englische Königspaar ließ den Hauber des Pariser Frühlings lächelnd über sich ergehen; Georg V. in großer Generalsuniform, Ray mond Poincarö im Frack mit englischen Orden, fuh ren voraus, dann kamen die Königin und Mme. Poincaro, freundlich dankend für die Grüße, die ihnen oon dem stark internationalen Publikum in den Champs-Elysc'-es dargebracht würben. Die Gat tin des Präsidenten, die sich zu kleiden weiß, hatte wohl absichtlich das neutrale beigefarbene Kleid und einen violetten Hut gewählt, um durch ihre Einfachheit, die aber sehr geschmackvoll war, der hohen Dame an ihrer Seite den Vorzug der ele ganteren Toilette zu lassen. Nach den üblichen Gegenbesuchen im Palast des Ministeriums des Auswärtigen, wo dem Königspaar eine ausgesucht schöne und historisch ausgcstattetc Wohnung eingeräumt wurde, und im Elysee folgte das große Festessen mit den offiziellen Trink sprüchen. Niemand wird daran herumdeuteln wollen, daß die Reden auf den herzlichsten Ton ab gestimmt wurden. Sowohl der Präsident wie der König sollen die Ansprachen sehr laut und überzeugt verlesen haben. Aber es .gehört doch schon der Wunsch als Vater des Gedankens dazu, namentlich aus der Königsredc die leiseste Anspielung auf eine Erweite rung der Entente heraushören zu wollen. Jene fran zösischen Politiker die auf ein formelles Bündnis hoffen, finden den Wortführer in Herbette, der im „Echo de Paris" schreibt: „Die Toaste bringen die neuen Worte, die man errvartete: sie verkünden, daß die Entente sich erweitert hat, und lassen voraussehcn, daß sie sich noch erweitern wird. Am 21. Juni 1913 wünschte König Georg, als er Poincarü in London empfing, daß die Beziehungen beider Län der „sich in engster Intimität und unveränderlicher Lebenskraft forisetzen" möchten. Und Herr Poincarä beglückwünschte sich zu einer Entente, die beiden Re gierungen erlaubte, „eine fortdauernde Zusammen arbeit herzustellen". Das war viel, aber gestern hörte man noch mehr. Im Toaste des Königs wie dem des Präsidenten macht sich derselbe Gedanke beinahe in denselben Ausdrücken bemerkbar: aus den Abkommen, die die französisch-englische Freundschaft begründeten, g'.ng „eine allgemeine Entente" hervor, die das euro päische Gleickzgewicht sichert und für den Frieden ar beitet. Die so klargcstellte Politik entspricht den Empfindungen beider Nationen. In diesen Tagen, in denen die Erinnerung an die vergangenen zehn Jahre wiederauflebt, leuchten alle verwirklichten Hoffnungen wieder auf, erblicken wir eine sichere Zu kunft." — „Eine allgemeinere Entente", das besagt nichts. Jedenfalls nicht, daß cs zu einem Bündnis kommen wird, dem die große Mehrheit der Eng länder abhold rväre. Auch sind die Worte Poincarss um einer merkliche Nuance heißer als die des Königs, der vor allem die Friedensziele betonte. Bei den Festen, Galas und militärischen Revuen sind das Königspaar und Sir Edward Grey von einem ganzen Generalstab früherer französischer Mi nister des Auswärtigen umgeben: zunächst war Poincare selbst einst Herrscher am Quai d'Orsay, dann ist Delcassü da, fehlen auch nicht Pichon und Ribot. Der König und Sir Grey werden also einem hübschen diplomatischen Ansturm zu widerstehen haben, damit aus der Entente nicht doch etwas ande res nach französischen, chauvinistischen Wünschen wird! * Die „gekränkten" Künstler. Nicht ganz zufrieden mit den englischen Güsten ist nur das Künstlerpersonal der Großen Oper, das in den zur Aufführung gelangten Opern- und Ballettfragmenten mitw.rtte. Die Eti kette verbietet, Beifall zu klatschen, wenn das Königs paar es nicht tut. Dieses aber rührte, nach einem Pariser Bericht der „Voss. Ztg.", während der ganzen Vorstellung keinen Finger. Der Vorhang ging deshalb nach jeder Programmnummer inmitten eines tiefen, beängstigenden Schweigens nieder, au das Pariser Bühnenkünstler nicht gewöhnt sind, und d e Regisseure sowie der Leiter der Oper Herr Broussau selbst mußten die bestürzten und gekränkten Künstler darüber beruhigen, daß der vollkommene Mangel an Beifallskundgebungen des Saales nichts anderes bedeute als englische Gewohnheiten, die von den französischen verschieden feien. Herrn Wilsons „Uebercaschung". Der amerikanisch-mexikanische Zwist wird immer mehr zur Komödie. Was in Europa allgemein er wartet wurde: die Vereinigung der Rebellen mit den Anhängern Huertas, sobald der erste Soldat der Union mexikanischen Boden betreten hatte, das hat in Washington — große lleberraschung hervorgerusen! Der beneidenswert naive Herr Wilson ist erschüttert, ist niedergeschmettcrt, ist ganz außer sich, daß die Mexikaner seine „guten Absichten" so böse aufgefaßt haben, er verwahrt sich gegen „Mißdeutungen" seiner Handlungsweise und kündigt eine neue Erklärung über die gegen Mexiko zu beobachtende Politik an! Man weiß wirklich nicht, was man zu solch voll endeter Unschlüssigkeit, zu solch erstaunlicher politischer Kurzsichtigkeit sagen soll. Ist denn unter den Beratern Wilsons niemand, der den Präsidenten we nigstens auf die starken Widersprüche in seinem eige nen Verhalten und in den Beschlüssen des Kon gresses aufmerksam macht? Oder glaubt Herr Wil son, glaubt gar Herr Bryan, daß Senat und Re präsentantenhaus auf einen beträchtlichen Gewinn aus der Affäre verzichten werden, bloß um die „Freundschaft" der Mexikaner zu retten? In Europa beginnt man über diese Seltsamkeiten, die in Washington begangen werden, zu lächeln, und man darf einigermaßen gespannt sein, was die ameri kanische Volksvertretung zu der Politik des Weißen Hauses sagen wird. Wir verzeichnen im einzelnen folgende Meldungen: Die Ueberraschung in Washington. Washington, 23. April. Die Nachricht, daß General Carranza die Besetzung von Vera cruz als einen feindlichen Akt gegen die mexikanische Nation betrachtet, hat die hiesi gen amtlichen Kreise sehr überrascht, da Präsi dent Wilson zuvor erklärt hatte, daß die Feindselig keiten nicht gegen das mexikanisclx Volk gerichtet seien und dce amerikanische Regierung hoffte, daß die mexikanischen Insurgenten sich nicht in die Verwick lungen einmengen würden. Abgesehen von der Be setzung von Veracruz beabsichtigt die Regierung gegenwärtig kein Vorgehen, doch geben Persönlich keiten, die das Vertrauen d«er Regierung besitzen, zu, daß ein Zusammenwirken Huertas und Carranzas jederzeit die Pläne der amerikanischen Regierung vollständig ändern kann. Carranzas Erklärung. Chihuahua, 23. April. Die an den Präsidenten Wilson gerichtete Erklärung des Rebellen generals Carranza über den Standpunkt der Insurgenten hinsichtlich der Besetzung von Veracruz besagt: Während die Stellungnahme des Kongreßes zu der Botschaft Wilsons erwartet wurde, sind gewisse feindselige Akte in Veracruz vor gekommen, die die Jnsurgentenregierung nicht von feiten einer Regierung erwartete, die wiederholt ihrem Wunsche, mit dem mexikanischen Volke Frieden zu halten, Ausdruck gegeben hat. Carranza erklärt weiter, mit der Uebersendung dieser Note erfülle er eine patriotische Pflicht, indem er kein ehrliches Mittel unversucht lasse, bevor beide Völker ihre friedlichen Beziehungen abbrächen. Das mexi kanische Volk erkenne den Usurpator Huerta nicht an. Dieser sei nicht befugt, Genug tuung zu fordern oder zu verbürgen. Seine ungesetz lichen Handlungen würden von der konstitutio- nalistischcn Gerichten unbeugsam verfolgt werden. Der Einfall in unserGebiet, fährt Carranza fort, und das Verbleiben Ihrer Truppen in Veracruz sind eine Verletzung unserer Unab hängigkeit und Souveränitütsrechte. Sie wird uns in einen ungleichen Krieg verwickeln, den wir bis heute zu vermeiden wünschten. - Am Schluß fordert er den Präsidenten Wilson auf, die Feindseligkeiten . i n z u st e l l e n, den amerika nischen Truppen die Räumung von Veracru z zu befehlen und seine Forderungen für die Vorgänge in Tampico der konstitutionalistischen Regierung gegenüber zu formulieren, die sie im Geiste der Ge rechtigkeit und Versöhnung prüfen werde. Wilson verwahrt sich gegen „Mißdeutungen". Washington, 23. April. Die Note General Car ranzas hat eine Mitteilung des Staatssekretärs Bryan hervorgerusen, in der es heißt, Präsident Wilson babe nicht gewünscht, daß eine Resolution angenommen werde, die als eine Ermächtigung zum Beginn des Krieges gedeutet werden könnte. Ferner betont Bryan darin von neuem Wilsons Freundschaft für die Mexikaner und sagt, Präsident Wilson sei sorgfältig darauf bedacht gewesen, zwischen den Anhängern Huertas und den übrigen Mexikanern zu unterscheiden, und hoffe, daß die Konstitutionalisten seine Handlungen nicht mißdeuten würden. — Die Waffen ausfuhr nach Mexiko ist wieder verboten worden. Washington. 23. April 'Nach einer Konferenz im Weißen Hause erklärte der Sekretär des Ministeriums des Innern, Präsident Wilson werde später eine Erklärung über die definitive Politik gegen Mexiko erlassen. Vereinigung der Anhänger Huertas mit den Rebellen. Washington, 23. April. Das Kriegsamt hat erfahren, daß sich die Rebellen bei Tampico mit den Anhängern Huertas gegen die Amerikaner vereinigt haben. Die Abreise des Gesandten der Union aus Mexiko. Washington, 23. April. Wie der Geschäftsträger OSHaughnessy meldet, beabsichtigt er, die Stadt Mexiko am Freitag zu verlassen. Zn amtlichen Kreisen Washingtons wird der Umstand, daß Huerta O SHaughnessy die Pässe zustellte, als einleitender Schritt zu einer Kriegserklärung ousgelegt. Mexikanische Kriegssitten. Washington, 23. April. Konteradmiral Badger meldet, daß die Mexikaner während der gestrigen Kämpfe wiederholt die Parlamentärflagge nicht achteten. Heute sind nur noch wenige Schüsse gefallen. D:e Amerikaner beherrschen die Stadt. Die Pässe gefordert. Washington, 23. April. Der mexikanische (sieschäfts- trüger in 'Washington, Algara, hat seine Pässe gefordert. f>olitisetie Uederlietit Zum Statthalterwechsel in üen Reichslanüen. Der „Reichsanzeiger" veröffentlicht die Ernennung des Staatsministers o. Dallwitz zum Kaiserlichen Statthalter in Elsaß-Lothringen zum 1. Mai d. I., sowie die Ernennung des Oberpräsidencen a. D. Wirkl. Geh. Rats v. Loebell zum Ltaalsminister und Minister des Innern zu demselben Zeitpunkte. Kaiserliches Handschreiben an Fürst Wedel. Der Kaiser hat unter dem 18. April an den Statthalter in Elsaß-Lothringen Gencraladjuianten b-eneral der Kavallerie Grafen v. Wedel folgendes Allerhöchstes Handschreiben gerichtet: Mein lieber Graf o. Wedel! Ihrem Wunsche entsprechend habe ich Sie durch Erlaß vom heutigen Tage von dem Amte als Kaiserlicher Statthalter in Elsaß-Lothringen ab berufen. Ich kann cs mir nicht versagen, Ihnen noch in besonderer Weise meinen wärmsten Dank zu erkennen m geben für die treuen und aufopfernden Dienste, welche Sie mit unermüd lichem Pflichteifer in den Jahren Ihrer Statt halterschaft als in allen früheren militärischen und diplomatischen Stellungen mir und dem Vaterlands geleistet haben. Zum Zeichen meiner dankbaren Anerkennung Ihrer hervorragenden Verdienste und meines unveränderten Wohlwollens habe ich mich in Gnaden be wogen befunden. Sic unter der Ihnen bisher zu stehenden Namensform in den Für st en st and mit dem Prädikat Durchlaucht zu erheben. Es ge reicht mir zur herzlichen Freude, Sie hiervon in Kenntnis zu setzen und verbleibe ich allezeit Ihr wohlaffektioniertcr, dankbarer Kaiser W i l h e l m I N. Achilleion (Korfu), den 18. April 1914. An meinen Gcneraladjutantcn General der Kavallerie Grafen von Wedel zu Straßburg im Elsaß.
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