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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 21.04.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-04-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140421017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914042101
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914042101
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-04
- Tag 1914-04-21
-
Monat
1914-04
-
Jahr
1914
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Vtenstsy, 2l. SprU lSl4. Leipziger Tageblatt. Nr. lS9. Morgen-Nusgavr. Sette?. IWSWWIWW» Kunst unct wissensetlatt llin-eri-eak. Ein« umfangreiche Untersuchung über »linderideale hat der Münchener Forscher Dr. Heinrich Mayer mit Unterstützung zahlreicher Lehrer und Lehrerinnen an 3 600 Schülern und Schülerinnen städtischer Volksschulen in Mün- chen und oberbayrischen Landschulen ausgeführt. Aus den Antworten der Schulkinder auf eine Reihe von Fragen ist festgestellt worden, in welcher Richtung sie im Laufe ihrer Entwicklung ihre persönlichen Ideale, die ihres Berufes, ihrer Lektüre und ihrer Freundschaft suchen, und das Ergebnis dieser gründlichen Untersuchung, einer für Eltern und Erzieher gleich wichtigen, experi mentell-pädagogischen Studie, erscheint soeben in Buckform im Verlage der Jos. Köselschen Buch- yandlung (Kempten und München) unter dem Titel „Kinderideale". Der Inhalt eines besonders fesselnden Ab schnittes sei hier herausgegriffen: Welche Ideale entnehmen die Kinder aus der Geschichte, aus der Sagenwelt und aus der Kunst? Im vierten Schuljahre werden solche „geschichtlichen" Ideale, ivie sie hier genannt werden mögen, nur selten genannt, erst vom fünften Schuljahr an treten sie häufig auf. Die folgenden Angaben beziehen sich alle auf diese Zeit vom 13. bis zum 16. Le vensjahre. Die Einwirkung des Lehrplanes läßt sich rn Mayers Zusammenstellungen deutlich er kennen, denn der fünften Klasse werden die Ger manen, Hermann und Siegfried, als Ideale er- tlärt, im sechsten Schuljahre Rudolf von Habs burg, Kaiser Ludwig und Dürer, im siebenten Friedrich der Große und Napoleon, und all mählich treten auch die Klassiker in den Vorder grund. Von den Knaben wurden Karl der Große und Hermann am häufigsten, nämlich je 19 Male, als Ideale angeführt; weiter kommen Schiller >17), Siegfried (15), Napoleon (14), Tell und Goethe (11) (dazu „Schiller und Goethe" ein mal), Bismarck und Ludwig II. (10), Friedrich der Große (9) und Dürer (7). Die meisten anderen Jdealgestalten werden nur 2 oder 1 mal genannt. Ber den Mädchen steht als Ideal gestalt obenan Schiller (19 mal) (neben „Schiller und Goethe" 2 mal), dann kommt die Königin Luise (10), Maria Theresia (7), Goethe (6) und Dürer (o). Vergleicht man die Ant worten der Knaben mit denen der Mädchen, so fällt einem der Unterschied in der Anzahl der Jdealgestalten auf: bei den Knaben finden sich 54 verschiedene Namen, bei den Mädchen aber nicht 75, die ihrer Zahl entsprächen, sondern irur 30. Die Knaben finden also überhaupt um das 2»/, fache mehr historische Jdealgestalten, als die Mädchen. Noch mehr steiyert sich dieses Miß verhältnis, wenn man die Kinder zählt, die diese Ideale gewählt haben: 191 Knaben und 84 Mädchen. Man kann sagen, so meint Mayer, das Interesse der Knaben für historische Per sonen ist dem der Mädchen um das dreifache überlegen. Er verweist dabei auf ähnliche Er gebnisse, zu denen andere Forscher gelangt sind. Während sich unter den 7u historischen Namen der Knaben nur eine einzige Frau befindet, nämlich die Königin Luise, bestehen die 30 histori schen Namen der Mädchen fast durchaus aus Männern; nur 8 weibliche Gestalten sind dar unter zu finden: nämlich Königin Antoinette, Isabella Braun, „eine Germanin", Königin Luise, Tusnelda, Iphigenie, Maria Theresia und Gertrud, die Frau Stauffachers. Außerordentlich fesselnd sind die Gründ«, die di« Schulkinder für tue Wahl ihrer Jdealgestalten angegeben haben. Im 5. Schuljahre ist Her mann das Ideal der Knaben, weil er tapfer, ein Held, ein tapferer Offizier war, weil er die Römer besiegt hat, weil „Hermann große Siege gewonnen hat und viel Ehr«; denn er ist überall bekannt geworden und ich möchte seinesgleichen sein". Karl der Große ist das Ideal, weil er (5. Schuljahr) tapfer, klug und geschickt ist, weil er (6. Schuljahr) gute Eigensckaften gehabt hat, Gastspiel Albert BassermannS im Leipziger Schauspielhaus: „College Crampton". Der Professor Trampton ist eine Gestalt, so recht für di« Kunst Bassevmanns geschaffen. Sein« innerste Menschlichkeit mußt« mit den Härten der Rolle zu versöhnen. Basscrmann hat den Humor im höchsten Sinn«, der uns diese Gestalt nahe führen kann. So naturwcchr er im einzelnen das Wesen des Alko holikers zeichnete, in dieisem Mensch«» lebte «troas, das ihm fast Größe gab und ihn über di« ander«» erhob. In der äußersten Verkommenheit fühlte man doch stets das Edel«, das hier zerstört war. Tief ergreifend war Bassevmanns Spiel im fünften Aus zug, da er di« Tochter wisderfindet. Dieses Ge- därdenspiel spricht hier mit einer Beredsamkeit, die kein Wort finden kann. Hier hat die Schauspielkunst etwas erreicht, das nicht überschritten zu werden ver mag. Die Aufführung bot manche tüchtige und brauchbare Leistung. Ich erwähne Frl. Förster, Frau Krüger-Michaelis und Hermann Wolfram. Auch Herr Keßler war hier am Platze. Hermann Laurence als Max Strähler wirkt« an sich überzeugend. Im Affekt muß er in dessen sein Spiel vor Monotonie und einer gewissen Manier hüten. Wie sehr provinzhafte Manieren den Eesamteindruck stören können, sah man an dem possenhaften Spiel des Herrn Wieczorek am Ende des viertln Aufzugs. Morgen wird das an höchstem künstlerisch«» Erleben reich« Gastspiel Basiermanns mit „Traumulus" seinen Abschluß finden. vr. krieckriek Sedrscdt. mächtig, mutig, aesä)eit und gerecht war und (im 8. Schuljahr) weil er eine große Gestalt und tapfer sowie mächtig ist. Mädchen wählen ihn (im 7. Schuljahrs zum Ideale, weil er das Christentum verbreitet hat oder weil er ein Herr scher und berühmt war. Siegfried ist das Ideal der Knaben (im 5. Schuljahr), weil er kräftig, stark, tapfer usw. ist, und Tell ist (im 8. Schul jahr) das Ideal, weil er tapfer und vaterlands liebend, kühn, hilfreich, treu ist und weil man viel von ihm redet. Schiller ist das Ideal der Knaben (im 8. Schuljahr), »veil er ein Dichter ist, ein Dichter und berühmt, ein Dichter und gescheit; gescheit, berühmt, beliebt und „wegen seiner Dichtkunst und seines interessanten Le benslaufes". Bei den Mädchen, deren häufigste Idealgestalt er ist, »verden folgende Gründe an gegeben (im 4. Schuljahr): Dichter, dann wäre ich in der ganzen Welt berühmt und dürfte am königlichen Hos leben, Dichter, einfach, demütig und fromm (6. Schuljahr). Im 7. Schuljahre lauten die Begründungen: ein großer Denker, oder „am allerbesten gefällt mir von Schiller, daß er in der Rokvkozeit die deutsche Sprache verwendet hat und nicht die französische". Bei den ältesten der befragten Schulkinder ist die Begründung „wegen seines Erfindungsgeistes und seiner Tugend". * Städtische Theater. Die Operettenneuheit „Pole»blut" von Oscar Nedbal, Erstauf führung im Operettentheater am Sonnabend, ist be setzt mit den Herren Habit, Grave, Gfaller, Plöhn, Wedlich, den Damen Miet, Marbach, Navarra usw. Operndirektor Otto Lohse wurde von der Generalintendanz des Weimarer Hof theaters eingeladen, in Vertretung des durch einen Unfall verhinderten Hofkapellmeisters Peter Raabe, die gelegentlich der Tagung des Richard Wagner-Vereins Deutscher Frauen stattfindenden zwei Festaufführuugen im Weimarer Hoftyeater zu leiten. Zur Aufführung gelangt am 24. April die 8. und 9. Sinfonie von Beethoven und am 26. April „Die Walküre". * "Liebe", die groteske Komödie Paul Apels, die vor Jahren in Berlin und in der Provinz, kürz lich auch an den Münchener Kammerspielen lange Zeit das Repertoire beherrscht«, wird am 26. April durch Direktor Maxime Renee am Zntertmstheater in Dresden zur Erstauf- führung gelangen. * Paul Heyse lmt seine letzte Arbeit, die Novelle „Die besser« Welt", die er im letzten Minter ^um Abschluß brachte, einige Wochen vor seinem Tode Delhagen and Klasings Monatsheften übergeben, die si« im Juni heft veröffentlichen werden. " Karl Zeumer gestorben. Gestern verstarb in Berlin der ordentliche Professor der Rechts geschichte Karl Zeumer. Im Jahre 1849 zu Hannover geboren, studierte er an den Universitäten Eöhtingen, Leipzig und Berlin, promo vierte 1877 in Göttingen zum Doktor der philo sophischen Fakultät, ließ sich daselbst 1887 als Privat dozent nieder und kam 1889 als außerordentl. Pro fessor nach Berlin, nachdem er 1886 bereits von der juristischen Fakultät zu Heidelberg zum Dr. jur. h. c. ernannt worden war. Er war Mitglied der Zen- traldirektion der „Monumenta Germaniae historiae" und hat sich vor allem um di« Quellen sammlung zur Geschichte der deutschen Reichsver- fassunq verdient gemacht. * Die Berliner Sing-Akademie mit dem Berliner Philharmonischen Orchester in Dresden. Dresden steht vor einem musikalischen Ereignis: am 7. und 8. Mai wird der älteste und berühmteste Chorgesang verein, die Berliner Sing-Akademie, in der altehrwürdigen Frauen-Kirche in Dresden zwei große Bach-Aufführungen veranstalten. Das Berliner philharmonisch« Orchester, der ständige Begleiter der Sing-Akademie-Konzerte, wird auch bei den Konzerten in Dresden mitwirken. Zur Auf führung gelangen die Meisterwerke Bachschen Geistes: am 7. Mai die Johannes-Passion, am 8. Mai die H-Moll-Messe, beide unter Leitung des Direktors der Sing-Akademie, Professors Georg Schumann. Ein Ehrenausschuß, unter Vorsitz des sächsischen Staatsministers und des preußischen und sächsischen Gesandten in Dresden und Berlin, hat sich gebildet, um das künstlerische Unternehmen zu fördern. * „Der Feind und der Bruder", Tragödie von Moritz Heimann, wurde, wie gemeldet wird, bei ihrer Erstausführung im Düsseldorfer Schau spielhaus kühl ausgenommen. Das Werk, dem eine unbewußte Geschwisterliebe zugrunde liegt, vermocht« keinen tieferen Eindruck zu machen. " VII. Freiburger Kammermusikfest. Für die drei am 5., 7. und 8. Mai im Paulus-Saal zu Freiburg im Breisgau stattfindenden Kammermusik-Abend« wurden gewonnen: das Stuttgarter Wendling- Quartett, unter Mitwirkung erster Kräft« des Stuttgarter Hoforchesters, Prof. Max v. Pauer (Klavier) und Helene Martini-Siegfried (Alt). Zur Aufführung kommen Duos, Trios, Quartette, Quintette und Oktette von Beethoven, Haydn, Mogart, Biendelssohn, Reger, Klos«, Svend- sen, und Gesänge mit Begleitung von Streich instrumenten von Taldara, Caccini, Händel, Bach und Gluck. Ausführliche Programme und Prospekte unentgeltlich durch den Verkehrsoerein Freiburg im Breisgau. * Tie Genueser „Gralsschüsiel" zerbrochen. Wie gemeldet wird, ist die im Dom sch atz der Genueser Kathedrale als Sehenswürdigkeit gehütete „heilige Schüssel" („Snvro tlmn>o") aus unbekannten Gründen zerbrochen. Napoleon hatte das Gesäß im Jahre 1807 nach Parts schaffen lassen, von wo es später in lädiertem Zustand nach Genua zurückgeholt wurde. Wie es heißt, hat der Versuch, die moderne Einfassung (aus dem Jayre 1827) von der Schüssel zu lösen, jetzt zur Zertrümme rung geführt. Das „Saoro Ontino", ein im Jahre 1101 von Täsarea erbeuteter altorientalischer Glasfluß, ist nach der Legende die Schüssel, aus der Christus mit seinen Jüngern das Olterlamm ge gessen tnw. in der Joseph von Arimathia das Blut des Heilands aufgekangen hat. * Eine Ausstellung italieuischer Gartenkunst in Florenz ISIS. In Florenz hat sich eine Kommis sion gebildet, die aus Mitgliedern der Stadtverwal tung, den Museumsdirektoren und einigen Schrift stellern besteht. In einer Sitzung im Palazzo vecchio wurde beschlossen, im nächsten Jahre eine Ausstel - lung der Kunst und Geschichte des Gar tens und der Villen in Italien zu veran- stalten. Es sollen damit auch Vorführungen in der freien Natur, möglicherweise im Königlichen Park, dem Giardino boboli, und Ausflüge nach den histo rischen Villen in Florenz und in der Toskana ver- Kunden werden. Architekten und Gärtner sollen zu einem Wettbewerb aufgefordert werden; für die bildlichen Darstellungen älterer und neuerer Garten anlagen sowie für die modernen Entwürfe werden die Säle des Palazzo vecchio zur Verfügung gestellt. * Eine Ausstellungshalle Bruno Möhriugs auf der Weltausstellung Sau Francisco. Da» Kali syndikat plant auf der Weltausstellung San Francisco 1915 eine größere Anlage, die nach dem Entwurf des Professor» Möhrtng ausgeführt wird. Professor Möhring hat ein Ge bäude in vornehmen, ruhigen Architekturformen ge plant, das eine Ausstellungshalle, einen Vortrags raum und Dioramen enthält. Diese sollen vom Maler Willy Obronski gemalt werden und di« Gewinnung und Verwendung des Kalis darstellen. Die Pläne sind im großen ganzen fertiggestellt. Als Vertreter Professor Möhrings hat sich der Architekt Langöhrig bereits nach San Francisco begeben, um die Vergebung der Arbeiten in die Wege zu leiten. " Der erste internationale Kongreß für experimen telle Phonetik, der vom 19. bis 22. April in Ham burg tagt, ist gestern vormittag im Vorlesungs gebäude durch den Präsidenten Professor M «inhof mit einer Begrüßungsansprache eröffnet worben. An dem Kongreß nehmen zahlreiche Vertreter von in ländischen und ausländischen Instituten, Universität«» und phonetischen Vereinen teil. Von ausländischen Staaten sind Rußland, Frankreich, Ita lien, Norwegen und Holland vertreten. * Der Kongreg für innere Medizin wurde in dem großen Pruntsaale des Kurhauses in Wiesbaden er öffnet. Prof. v. Nomberg-München, der dies jährige Vorsitzende, betont in feiner Eröffnungsrede als Aufgabe der inneren Medizin die Beobachtung und Behandlung der kranlen Menschheit und die wissenschaftliche Erforschung der dem Arft« ent gegentretenden Er cheinungen. Zu diesem Zwecke müssen wir uns aller der von der Wissenschaft ge währten Hilfsmittel bedienen, auch ohne zunächst die Frage nach der unmittelbaren praktischen Verwert barkeit der Ergebnisse zu stellen. Scheinbar weite Umwege führen uns dann doch dem Ziele zu. Dient der Kongreß einerseits der Erforschung der wissen schaftlichen Fragen, so sieht er auch andererseits in den Beziehungen nach außen seine Aufgabe, wie zum Beispiel bei seinem Eingreifen beim Ausbau der Neichsversicherungsordnung. Er soll das Interesse an der medizinischen Wissenschaft in immer weitere Kreise der deutschen Aerzteschaft tragen und im Interesse der wissenschaftlichen Einzelarbeit aktuelle Fragen der ärztlichen Tätigkeit besprechen . . . Je mehr sich wissenschaftliche Fragen an die Aerzte herandrängen, um so mehr muß man aus die Fortbildung der Aerzte bedacht sein. In diesem Jahre benutzt der Kongreß seine Tages ordnung zu Besprechungen von wissenschaftlichen Forschungen und von Fragen der praktischen Medizin. So hoffe er, mehr noch als bisher seinen Zweck zu erfüllen. In diesem Sinne ist gleich das erste Haupt referat gehalten, das nach der Rede des Vorsitzenden zur Beiprechung steht: Wesen und Behand lung der Schlaflosigkeit. Es erschöpfte das Thema Gaupp-Tübingcn vom Standpunkt des Physiologen und des Psychologen. Goldschelder- Berlin von dem des inneren Kliniker» und Faust- Würzburg von dem des Pharmakologen. " Die künstlich« Erzeugung der Radiumbestrahlung fand vor geladenen Gästen im wissenschaftlichen La boratortum der Veifawerke zu Frankfurt a. M. mit einem Vortrag de» Ingenieurs Friedrich Dessauer statt, der gemeinsam mit seinen Mit arbeitern seit längerer Zeit dem Problem nach gegangen war, die wirksame Bestrahlung des Ra diums k L n st l i ch zu e r z e u g en. Schließlich waren die Arbeiten von Erfolg gekrönt, und es gelang, in Röntgenröhren durch besondere versuchte Anordnung Strahlen zu erzeugen, die das menschliche Gewebe fast ebensowenig durchdringen, wie die wirklichen Ra diumstrahlen, und die etwa zwanzigmal so durch dringungsfähig sind, wie die gewöhnliche Röntgen bestrahlung, und die teilweise ganz an die Durch dringungsfährgkeit des Radiums herankommt. Eine Nöntgenmaschinc, die derartige Strahlen liefert, e r - setzt Radiuni im Werte von mehreren Millionen Mark und verbilligt die Strahle ntherapie so, daß sie allgemein zur Anwendung kommen kann, während sie jetzt bei der Radiumbehandlung nur wenigen Kranken zugäng lich gemacht wird. Friedrich Dessauer ist, nach der „Frft. Ztg.", trotz dieser Anwendung der Ansicht, daß Radium und Mesothorium niemals aus dem Heil schatz der Medizin verschwinden werden, weil auch weiterhin wegen der Kleinheit der Radiumapparate sie für das Innere des Menschen in Anwendung kommen können, während die äußere Bestrahlung durch das neuentdeckte Verfahren geschieht. Merlelitnaiil MeOrulig. 17) Roman von Paul Burg. (Nachdruck verboten.) 5. Sic verlebten eine glückliche Zeit. Der Oberleutnant saß tagsüber am Schreibtisch und verfaßte seine Arbeit, die er emsig und reichlich nrit sauberen Skizzen ausstattete. Gemma war ihm ganz nahe in der Erkerecke, nähte und lstikelte, stickte kleine Ziffern und Zeichen in winzige weiße Hemdchen und Jäckchen. Abends saßen sie am Kamin und sprachen viel, Gemma von den vergangenen Wochen in Schweden und von ihrer Liebe. An die Zukunft rührten sie nur mit zarten Worten. Aus ihren Gesprächen klang wohl die Zuversicht, daß sie einmal bald nach Schweden übersiedeln würden. Erman schwieg jedoch dazu. Er dachte an das Gespräch mit dem Oberstleutnant und fühlte auch, so leicht käme man einfach nicht von seinem eingefleischten Berufe loS. Und dann das Flie- gen . Es »oar ein stürmischer und kalter Sommer geworden, so daß die Flieger nur noch selten aufsteigen konnten, und auch Oberleutnant Bärensprung nur ab und zu noch auf den Flug platz hinauskam. Die Villa war freilich ein rvenig eng und Nein, aber man hatte ja die Hoffnung auf das schöne Schloß in Schweden. Manchmal kam die alte Baronin auf eine Stunde vorgefahren und freute sich des Glückes ihrer Kinder. Der alte Ehrenberg »var auch wieder daheim, aber er grollte vorläufig noch mit jedermann. Von Gemma wollte er vollends nichts wissen. Wie leicht die Menschen einander entfremden! Sie dachte immer seltener an ihren Vater, lebte nur ihrem Manne und dem Kinde, das sic unter dem Herzen trug. Ihre Angst vor dem Flugdienst Bärcnsprungs »var ziemlich verflogen und wachte nur noch einmal auf, als Ekman eines Morgens beim Frühstück, die Zei- tung weglegend, sagtet „Sonntag kommt also der König, die Flie- jereinrichtungen zu besichtigen. Ballons, Luft- chiffe, alles erscheint. Die Flieger erscheinen amtlich luftdienstfcrtig, Uniform ihres Regi ments, in Paraoe." „Das steht ja bloß in der Zeitung. Dir hat man doch nichts mitgeteilt." „Aber Kind, wir sind doch in keiner regu lären Garnison hier. Den Luxus einer Ordon nanz mit dem Parolebuch unterm Arm, den müssen wir uns schenken. Auf so steifen Bureau mechanismus verzichten »vir überhaupt. Der älteste Leutnant am Platz ist Flugkommandant. Er telephoniert die anderen abends an, fertig." „Wenn aber schlechtes Wetter ist . . .?" hegte sie noch eine leise Hoffnung. „Ganz egal; einfach Dienst." „Aber das ist doch . . ." empörte Gemma sich. Sie dachte sofort an ein Unglück, an Sturm. „Na laß nur, Kindchen, wir werden ja sehen. Du kommst natürlich mit, Mama auch." Bärensprung bestellte telephonisch Tribünen plätze, seinen Schwiegervater erwähnte er nicht einmal: der alte Graukopf sollte sich doch ja nicht etnbilden, daß man ihm nach seinem Be tragen damals auch noch nachliefe. Wahres Königswetter war am Sonntage der Besichtigung. Der Oberleutnant hatte sich schon bald nach dem Mittagessen zurückgezogen, seine Felddienstunisorm angelegt und »var zum Flug platz hinausaeritten. Seitdem er so viel am Schreibtisch saß, hielt er eS ohne Pferd nicht mehr aus, hatte eS durch den Burschen aus der Garnison heranstransportieren lassen und bei einem Bauern im Dorfe untergestellt. Er hatte sich ganz verstohlen in Gala geworfen, denn er wollte Gemma mit dem Anblick der Husarenjacke nicht wehtun. Sie stand im Ankleidezimmer hinter der Gardine und sah ihn davonreiten. Gegen die rote Uniform empfand sie keinen Groll mehr; da- »var alle- vergessen, wie in einem tiefen Meere versunken. Aber den roten Reiter, den liebte sic über alle Maßen. Wie stolz »var sie auf ihn! Mit der Baronin fuhr Gemma im Landauer nach der großen Luftschiffhalle, auf deren Ge lände man die Flugzeuge erwartete. Sie trug eine kostbare veilchenfarbene Seidenrobe mit Hellem Spitzenüberlvurf und saß wie eine Königin im Wagen. Bei der Königsflagge »vinkte ihr ein alter Herr im Galakleide zu, ihr Vater. Nie kättc sie daran gedacht, daß er als benachbarter Stan- desherr heute seinen Platz im Gefolge des Königs innehatte. Die Tochter dankte ihm mit einem hastigen, herzlichen Nicken. Im Blick des Vaters las sie Erstaunen und Verwunderung. „Er ist jetzt noch seltsamer, verschlossener," flüsterte die Baronin ihr seufzend zu. Mit ohrenbetäubendem Larin setzte die Musik ein, und alle Menschen zeigten auf eine Stelle am Horizont. Ein Zeppelinsckisf »var aufgetaucht, schwebte riesenaroß näher, kreiste über dem weiten Platz. Ein Luftballon stieg mit einer Signalflagge auf. Bald schwirrten auch, wie jagende Vögel, die Flieger über dem Walde heran, einer zu erst, dann gleich zwei auf einmal, drei, immer mehr, ein ganze- Dutzend. Gemma stand in der Zuschauermenge und suchte mit des Oberleutnants scharfem Feld stecher die Schar der lauten, schnellen Riesen vögel ab. Sie verspürte heute weniger Angst um ihren Ekman; es »var ja gänzlich windstill, und die Flugstrecke nur sehr kurz. Vielmehr bewegte sie ein stolzes Bewußtsein, daß er vor seinem Könige stehen würde. Er hatte ihr gesagt, er fahre jetzt einen Doppeldecker, den man mit dem Namen „Bär" in großer weißer Lackschrift auf dem rechten Flügel gekennzeichnet habe. Alle Fahrzeuge trügen jetzt Nainen wie die Schiffe auf dein Meere. Da . . . da . . .! sie hatte den Nainen er kannt: „Bär", ganz deutlich. Hoch flog er über allen dahin, ihr geliebter Ekman, der König ihres Lebens. Sie »var so voller Freuden, daß „Das ist der da. Leutnant Doringhofen." „Adler". „Da ... der blaufarbige, sieht mehr wie eine Schwalbe aus. De,» fährt Sergeant Mahl mann." „Bär". sie keine Worte fand, die Mutter an sich zog und hinaufzeigte. Neben ihr las einer auf dem Programm die Namen der Flugzeuge vor, während sein Hinter mann diese mit dem Glase in der Luft feststelltc. „Hier. Das ist der tolle Schwede von den Leibhusaren, der die Sache gemacht hat damals vor seiner Hochzeit; die Zeitungen waren ja voll davon." „Was denn?" fragte der andere. Gemma wandte den .Kops horchend hinüber und drückte heftig den Arm der Mutter. „Man sieht's ihm gar nicht an, das ist ein Deubelskerl. Denk' mal: Soll sein artiges, be scheidenes Pilotenexamen machen und rückt mit dem Doppeldecker ganz verstohlen ab, holt sei nen Chef von den Leibhusaren, der auch zur Hochzeit eingeladen »var, einfach mir nichts dir nichts vom Kneiptisch« weg. Na, auf dem Flug plätze sollen sie ja nickt schlecht erstaunt ge wesen sein. Und seine Schwiegermutter ist bald vor Schreck gestorben." „Alle Wetter, das »var aber ein Husaren streich !" Leuchtende»» Blickes, lacl-endcn Glückes sah Gemma ihrer Mutter in die Augen. „Wen hat er denn geheiratet?" fragte es jetzt hinter ihr, daß sie jäh erblaßte. „Denk' mal, der Kerl hat da oben in Schwe de»» Millionengüter. Jawohl, hat er. Dafür hat er sich hier ein ganz armes Mädel ge nommen." „Donnerrvetter, das ist anständig. Wen denn?" ,^Bo»n alten Ehrenberg — — du weißt doch. . ." (Fortsetzung in der Ab«ndau»gabe.)
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