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Seite 2. Nr. 2l0. Morsen-Kusysve.Leipziger Tageblatt. die Annahme, daß es der amerikanischen Re gierung gelungen sei, vor Beginn der kriege rischen Unternehmungen auch nur die nötigsten Sicherheiten zu schassen, die einen glatten Ver laus n»ahrschcinlich machen konnten. Dazu müßte doch auch der Versuch gehört Haden, über die Absichten der Aufständischen beizeiten ins reine zu kommen. Entweder ist dieser Versuch per- säumt worden, was schwer begreiflich wäre, oder dtc Herren Earranza und Villa habe i die ameri kanischen Unterhändler zum besten gehalten, oder sie haben unverschämte Preise gefordert. Je denfalls müssen diese Schmierigkeiten in Bc- irächt gezogen werden, wenn man die Bedräng nisse Wilsons und seine. Zaudrrpolitik verstehen wül. Kongreß für einheitliches Angestelltenrecht. 8. L U. Vertin, 2.',. Avril. Unter sehr starker Beteiligung von Inter essenten aus den verschiedensten Bernsen sand heute im Architcktenbanse ein Kongress für ein heitliches Angestcllteurecht stati, der voll 12 Be rufsorganisationen einbcrufen mar, nämlich dem Allgemeinen Verband der deutschen Bankbeam ten, der Allgemeinen Ve.einigung deutscher Buch- Handlungsgehilfen, dem Bund der lechnlsch-uidu- striellen Beamten, dein Deutschen Steierverband, dem Deulschen Technikervcrbnnd, dem Deutschen Zuschneiderperband, dem Verband der Bureau angestellten, dem Verband der Knnstgewerbc- zeichncr, dem Verband technischer Lchiffsojfi- ziere, dem Verein der deutschen Kaufleute, dem Äerkmeistervcrband für das Buchbindergcmerbc und dem Zentralverband der Handlungsgehilfen. - Den Vorsitz in der Versammlung führte Schweitzer vom Bund der technisch-industriel len Beamten. Er begrüßte die Erschienenen und nnes darauf hin, daß die heute zur Verhandlung stehende Materie das wichtigste Problem der (Gegenwart für die Angestellten darstelle. Hier aus ergriff Rechtsanwalt Dr. Hugo Sinz heim er Frankfurt a. M.) das Wort zu dem Hauptrcferat: Die Notwendigkeit des einheitlichen Angestellten rechts. Der Redner legte Lcitsäüe vor, »vorauf folgen der B c s ch l u ß angenommen wurde: „Die bestehenden Unterschiede in den Rechts verhältnissen der verschiedenen Angestclltengrup- ven sind weder in den mirtschastlichen Verhält nissen begründet, noch entsprechen sie den Forde rungen der Gerechtigkeit. Auch die Zersplitte rung des Dienstvertragsrechts der Angestellten in sechs llieichsgesetze. und Dutzende von Landes gesetzen ist unhaltbar, weil die einzelnen Grup- t>en der Angestellten nicht scharf untereinander abzugrenzen sind. Sie bildet außerdem, wie die Vorgänge der letzten Jahre mit aller Deut lichkeit gezeigt haben, ein wesentliches Hindernis einer wirksamen Sozialpolitik für alle An- gestelltenbcrusc. Der Kongreß für einheitliches Angestelltenrccht erklärt cs deshalb jür dringend notwendig, daß, unbeschadet der Notwendigkeit, die Besonderheiten der einzelnen Angestellten schichten zu l>erücksichtigcn, ein einheitliches An- gestelltcnrecht geschossen wird. Er betont jedoch ausdrücklich, daß ein einheitliches Recht, das sich aus die bloße Ausgleichung der bestehenden Un terschiede und die formale Zusammenfassung der Rechtsvorschriften beschränken würde, den zu stellenden Anforderungen noch keineswegs ent spräche, vielmehr kommt es vor allem darauf an, die Rechtsverhältnisse aller Angestellten gruppen einer durchgreifenden Reform im so zialen Sinne zu unterziehen. Dabei ist sich der Kongreß bewußt, daß angesichts der Uebercin- stimmung der Grundfragen des Angestellten rechts mit denen des Arbeiterrechts das einheit liche Angestellten recht nur eine Etappe ans dem Wege zum allgemeinen Arbeiterrccht bilden wird. Der Kongreß fordert die beteiligten Angestellten- verbände aus, die Schaffung eines einheitlichen Angcsteltteurechts nach Kräften zu fordern." Hauptversammlung -es Vereins für Hanüluags-Kommis von 1SSS. 8. L kl. Hamburg, den 25. April. Der Verein für H rndlungv-Comuiis von 1858 lAvusmännischer Verein), der jetzt rund 130000 Mitglieder zählt, trat hier im Patrio tischen Hause zu seiner Hauptversammlung zusammen. Aus dem gedruckt vorliegenden Ge schäftsbericht geht hervor, daß der Verein im Berichtsjahre 11440 Stellen vermittelte, das sind 50(i inehr als im vergangenen Jahr. Tie Einnahme und Ausgaberectznung balanz.crt mit 1307 000 Mark. Bericht und Abrechnung wur den nach längerer Aussprache genehmigt Die weitere Erörterung drehte sich in der HaufK- sache um die Lage der ä l t e r e n Handlungs gehilfen und um die schwebenden sozial politischen Fragen. Folgende Entschlie ßung wurde einstimmig angenommen: „Die Hauptversammlung des „Vereins für Handlungs-Eominis von 1858" in Hamburg be dauert die am 20. Januar 1914 im Reichstage abgegebene Erklärung des Reichsstaatssekretärs deS Innern Dr. Delbrück, der in unzweideutiger Weise als Absicht der verbündeten Regierungen zum Ausdruck brachte, das; unsere sozialpoli tische Olcscpgebungsarbeit an einem gewissen Ab schluß angelangt sei. Die Hauptversammlung stellt zunächst fest, das; diese Aussasiung im Wider spruch steht zu den Worten der Thronrede vom 7. Februar 1912, in der es nach einem Hinweis auf die kurz vorher beschlossenen Versicherungs gesetze hieß: „Derselbe soziale Geist, au? dem dies Werk hervorgegangen ist, muß auch ferner hin walten. Denn die Entwicklung steht nicht still." Die jetzige Behandlung der sozialpoli tischen Angelegenheiten, insbesondere der die An gestellten berührenden Fragen, zeigt ein so ge ringes Entgegenkommen sowohl der verbündeten Regierungen als auch des Reichstages, daß von einer tatkräftigen Sozialpolitik für die Ange stellten überhaupt nicht mehr gesprochen werden kann. Sowohl das Zlerbalten beim Gesetzent wurf über die Wettbewerbsabrede, als auch die Reichstags- und Kommissionsverhandlnngen über die Sonntagsruhe zeigen, daß nicht mehr die Llbsicht besteht, den berechtigten Ansprüchen der Angestellten Rechnung zu tragen. Die Haupt versammlung vertritt mit Nachdruck die Ansicht, daß ein Verharren in der Zurückhaltung gegen über der Sozialpolitik bei den Angestellten tiefe Mißstimmung erregen muß, die zu einer wei teren ungesunden Radikalisierung des Privat- beamtcnstandes führen wird. Deshalb erwartet die Hauptversammlung von den Verbündeten Regierungen wie vom Reichstage eine Fort setzung unserer Sozialpolitik. Sie hält eine Er füllung der sozialen Wünsche der Angestellten unter selbstverständlicher Wahrung der Bedürf nisse der gesamten Volkswirtschaft nicht nur zum Wohle der Angestellten, sondern insbesondere auch aus nationalen Gründen für dringend ge boten." Eine von den Bezirken im Königreich Sach sen eingebrachtc Entschließung mit Vorschlägen zur Besserung der Lage der älteren Hand lungsgehilfen wurde der Verwaltung als Material überwiesen. Im Anschluß daran wurden die Ergänzungs wahlen znm Aufsichtsrat vorgenommen. Emil Schell und M. Bruun-Hamburg, Friedrich Eller- siek-Berlin, Oskar Kirchner-Hildesheim und Eugen Demmig-Breslau. Hierauf trat die Hauptversammlung in die Beratung des Voranschlages ein, der mit einer Einnahme von 1303000 Mark und mit einer Ausgabe von 1406 500 Mark abschließt. In einer geheimen Sitzung berichtete die Verwal tung über die Aussicht für das Zustandekom men des Gesetzentwurfs betreffend die Wctt- be w e r b s a b r e d e. Am heutigen Sonntag vormittag wurden in einer zweistündigen geschlossenen Sitzung zunächst Maßnahmen zur Erhöhung der Einnahmen be sprochen, die zum Ausbau der Organisation und zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit des Ver eins dienen sollen. Es sind Erweiterungen der Leistungen der Rentenkasse für stellungslose Mit glieder, ferner die Schaffung von zwei neuen WohlsahrtScinricluungen, die Errichtung neuer berufsamtlicl;er Geschäftsstellen usw. in Aussicht genommen. Alle daraus bezüglichen Anträge wurden dem erweiterten Abgeordnetenausschuß zur Beratung und zum Bericht in einer für Ende Juni in Aussicht genommenen außerordent lichen Hauptversammlung überwiesen. In öffentlicher Versammlung gelangten dann einige Anträge auf Acnderung der Vereins satzungen zur Annahme. U. a. wurde die bisher übliche Nachzahlung beim Wiedereintritt solcher Mitglieder, die früher einmal eine Stellung durch den Verein erhalten oder Stellungslosen rente bezogen haben, gestrichen. Zu einem An trag von Prcuß Elberfeld auf Einführung eines Befähigungsnachweises im Handelsgewcrbe wurden Leitsätze vorgelegt, die noch weiter von den leitenden Körperschaften des Vereins beraten werden sollen. Damit war die Tagesordnung der Hauptversammlung erledigt und die Tagung wurde von dem Vorsitzenden in der üblichen Weise für geschlossen erklärt. politische Ueberlicht verban-stag -eutscher Musterzeichner. 8. L II. Plauen i. V., 25. April. Im Bibliothelsaale der hiesigen Kunstschule trat der Verband Deutscher Musterzeichner zu einer Kon ferenz zusammen, um zu verschiedenen Fragen von Schule und Praxis Stellung zu nehmen. Als Ver treter der Königlich Sächsischen Regierung war (Ye- Heimer-Regicrungsrat Dr. Stadler erschienen. Pro cessor Forkel eröffnete die Versammlung mit einer Begrüßung der Erschienenen und wünschte den Be ratungen ersprießlichen Erfolg. Der erste Vorsitzende des Verbandes Deutscher Musterzeichner Kalkus kennzeichnete Art, Zweck und Ziele der Verwaltung und erteilte sodann dem Referenten Ketzel das Wort. Er führte aus, wie er sich die Ausbildung des Musterzeichners denke: An Kunstschulen wünscht er Einrichtungen von Meistcratelicrs und Einführung eines Dcrmittlungsunterrichts zwischen Praxis und Schule. Den Webschulen spricht der Referent das Recht ab, vollgültige Musterzeichner auszubildcn. Er wünscht, daß die Webschulen nur die technische Aus bildung des Musterzeichners in ihren Veröffentlichun gen ankündigen und den Kunstschulen die künstlerische Ausbildung überlassen bleibt. An der hierauf einsehcnden Besprechung beteilig ten sich der Regicrungsvertreter, vandtagsabgeord- neter Langhammer, Professor Groß, Direktoren und Lehrer der Schulen sowie Vertreter der selbst ständigen und angestellten BerbandSmitglieder. Rach mehrstündigen Verhandlungen, in denen mehrfach auf die übermäßige und zuweitgehende Reklame der Web schulen hingewiesen wurde, einigte man sich schließ lich dahin, daß die Webschulen künftig schreiben sollen: „Technische Ausbildung und geschmackliche Vorbildung für Musterzeichner", statt wie bisher „Ausbildung von Musterzeichnern". Anläßlich einer im Herbst dieses Jahres in Chemnitz stattfindenden Tagung von Webschul männern und einer an der Höheren Webschule zu Chemnitz veranstalteten Ausstellung von Schülerarbei- tcn soll versucht werden, unter Zuziehung von Ver tretern deS Verbandes, Kunstschuldirektorrn und -Lehrern sowie Vertretern der Vereinigung selb ständiger Musterzeichner eine weitere Klärung der Frage herbeizuführen. Christlich-nationale kunögebung. 8. L S. Berlin, 26. April. Unter äußerst zahlreicher Beteiligung von Ange hörigen aller Dolkskveis« fand heute mittag im Zirkus Dusch eine vom Deutsch-Evangelischen Dolks- bunld veranstaltete Christlich-National« Kundgebung statt, der das Thema „Mit Gott für König und Vaterland!" zugrunde geleyt war. Montag, 27. LlpiU lSl4. Nach Ansprachen des Vorsitzenden Pastor Phi lipps. der Reichstagsabgeordneten Grafen Westarp und Behrens wurde folgende Ent schließung einstimmig angenommen: „Die am 28. April im Zirkus Busch zu einer christlich-natio nalen Kundgebung versammelten Männer und Frauen sind entschlossen, in der Kraft des alten Vaterglaubens für die Erhaltung von Thron und Altar zu kämpfen. Sie fordern alle christlich-natio nalen deutschen Brüder und Schwestern auf, mit ihnen in starkem Klauben, unerschütterlicher Königs treue und wahrhaft christlicher Gerechtigkeit im sozialen Leben, unserem Vaterlande den inneren Frieden und damit die machtvolle Geschlossenheit gegen alle äußeren Feinde erhalten und immer neu erringen zu helfen. Die Wohlfahrt aller Stände und Berufe kann nur gedeihen unter dem Tatbcroeis der alten Losung: Mit Gott für König und Vaterland!" Mit dem Gesang von „Deutschland, Deutschland über alles?" erreichte die Versammlung ihr Ende. Deutscher Reich. * Eine Statistik über Landkrankenkassen. Die Rechenschafts-Deputation der Zweiten Kammer be antragt bei der Kammer: Die Kammer wolle be schließen. die Staatsregierung zu ersuchen, dem nächsten Landtag« eine Uebersicht vorzulegen, aus de« sich nach dem Stande vom 31. Dezember 1914 ergibt: 1. in wieviel Fällen in Sachsen Landkrankenkasfen nach 8 2:lll der Reichsoersicherungsordnung für sich allein bestehen: 2. wieviel von den Mitgliedern der Landkrankenkassen n) in der Landwirtschaft oder in anderen Berufen beschäftigt sind, h) das 21. Lebens jahr erfüllt haben: 9. das Verhältnis der Beiträge und Leistungen der Landkrankenkassen gegenüber den Ortskrankenkassen. G * Die dringenden Ausgaben des Reichstages. Man schreibt uns: Es ist kürzlich in den Zeitungen eine Auf'ählung der dringenden Aufgaben erschienen, die der Reichstag noch vor der Sommerpause zu er ledigen haben wird. Unter den dabei aufgeführten Gesetzentwürfen ^ehlt aber eine Vorlage, auf deren schleunige Verabschiedung die Reichsregieruug sehr großen Wert legt. Es ist dies der Entwurf des Ge setzes betreffend Bürgschaften des Reiches zur För derung des Baues von Kleinwohnun gen für Reichs- und Militärbedienftete. Diese Vor lage ist der eigensten Initiative des Reichstages ent sprungen, der vor etwa einem Jahre den Reichskanz ler ersuchte, im Beginn der nächsten Tagung eine Vorlage zu machen, nach der das Reich Bürgschaften übernehmen kann für die Meilen Hypotheken der Klcinwohnungsbauten gemeinnütziger Baugenosscn schäften. Der Reichstag hat hiermit selbst die Drina- licbkeit dieser Vorlage anerkannt: diesen Standpunkt teilt auch die Reichsregiernng, da das Gesetz bei dem herrschenden Mangel an Kleimvohnungen eine wün schenswerte wesentliche Entlastung des Fonds zur Errichtung von Kleinwohnungen zur Folge haben wird. * Eine« Nein«« Zwischenfall gab es im preu ßischen Abgeordnetenhaus« zu Beginn der Sonnabendsitzung. Al» der Präsident die Sitzung eröffnen wollte, waren nur 6 Sozialdemokraten und 4 Freisinnige anwesend. Auf der Tagesordnung stand die eHte Lesung des Nachtragsetats wegen der Grundstückserwerbungen in der Königarätzer Straße. Da dieser Gegenstand aber ahne Diskussion der Bud- getkommission überwiesen werden sollte, die Sozial demokraten dies aber nicht zulasten wollten, so war angesichts der sozialdemokratischen Mehrheit zu Be ginn der Sitzung der Präsident in Verlegenheit. Er wartete noch einige Minuten mit der Eröffnung der Sitzung, bis die Rechte und das Zentrum durch einige kine ««»äerbare catrache. Nachdem meine Frau, di« öfters an Herzkrämpfen litt, zur Stärkung Bioson mit überraschendem Erfolg genommen halte, suchte ich, dadurch ermutigt, meine nervösen Beschwerden und Nervenüberreizung durch koniequente Biosonernährung zu meistern, was mir auch gelang, denn nach Verbrauch einiger Pakete fühle ich mich ruhiger, zufriedener, direkt lebensfroh, so daß ich nur volles Lob für Ihr Präparat finde und es weiter empfehle. Ad. Hahn, Straßburg i. Eli. - Neudorf. Schmidweg 3. Unterschrift begl.: 23. 12. 13, R'tleng, Kaisl. Notar. Bioson, das Paket, mehrere Wochen ausreichend, Mk. 3.— in Apotheken, Drogerien. s»«,? sslMlelllNMt WllllspllW. 2Ss Roman von Paul Burg. Nachdruck verboten.) Er begegnete dem lochen Fragen im Auge Gemmas mit heiteren Mienen und munterer Emsigkeit. „Kinder, Frau Schwägerin, nu mal fix, cingepackl, was euch lieb ist!" „Ja, was denn du ?" „Ferdinand muß gleich kommen. Billette habe ich auch schon. Hier ist alles, Geld, Pässe. Ja — nach Schweden. Ich brauche euch bei mir daheim sehr nötig!" Die beiden Frauen starrten ihn einen Augenblick fassungslos an, ließen sich los und sanken einander mit einem Aufschrei in die Arme, zogen ihn in die Umarmung. In lustiger Empörung riß er sich los. „Na, aber das vcrbitt' ich mir! Erst sag' mal du zu mir, Srkstvägerin Helene! Und dann einen Kuß!" Er nahm sie in den Arm und den ihr den Mund. Die Trauen der überglücklichen Frau ström ten heiß über sein Gesicht. Gemma stand hinter ihr und sah ihren NLauu mit übergroßen, leuchtenden Augen au „Du bist mein, du!" flüsterte sie ehrnirchng und hob die gefalteten Hände dankbar zu Gott. Draußen Uang ein hastiger Schritt Die Tür ging aus. Ferdinand von Ehren berg stand auf der Schwelle. Die Frauen, die seinen Anblick so ersehnt hatten, schralen vor der wilden Hast seines Blickes zurück. Der Rittmeister hielt seine Scnwägerin nocl) fest im Arme. Er streichelte schmeichelnd und beruhigend ihre Schulter, rief lachend zur Tür „so bestraft man seinen Schwager, Fer dinand von Ehrenberg." Bittend winkte er den Frauen mit den Augen zu, daß sie gehen möchten. „Was soll mir daS alles von Ihnen ?" Die Stimme deS MnnncS klang hohl, wie geborsten. Bärensprung hielt im i die Hand hin. „Ich liebe merne Frau sehr, und das muß sich nun mal ihr LiebluraSbruder auch von mir gefallen lassen." „Herr Baron, Sie wissen nicht — —" „Hier wird nicht gebaront, lieber Ferdi nand. Ich will auch keine Gründe, keine Klagen oder Entschuldigungen. Ich will nur eins wissen: Kann ich es als Edelmann vor Gott und Frau uud Kind verantworten, daß ich mich für Sie, Ferdinand von Ehrenberg, mit Hand und Wort verbürgt habe? Kann ich das, Schwager?" „Ja, Schwager!" Ihre Hände schlossen sich fest umeinander. Blick lag in Blick. „Na, dann ist doch alles gut. Nun sei mir da oben ein guter Sachverwalter! Wenn es Gemmas Gesundheit erlaubt, fahren wir mit uud stellen dich den Leuten vor." Schwägerin Helene mußte ein festliches Frcudenmahl bereiten. Als sie bei der Suppe saßen, hörte der Rittmeister ein surrendes Ge räusch und legte den Löffel weg. „Ta fliegt doch jemand? —" Schivager und Schwägerin sahen ihn ver wundert an. „Ihr habt hier wohl überhaupt noch keinen Flieger gesehen ? Kinder, ist denn das menschen möglich !" Als das Mädchen den Kaffee hereintrug, brachte sie eine Besuchskarte mit. „Hauptmann Dörenberg -- kenne ich nicht." Der Schwager war noch ein wenig betroffen von allem freudigen Schreck. „Rein mit ihm! - Tu gestaltest?" Bärensprung lies dem Gast entgegen. „Lieber alter Flugkamerad, wie kommen Sie hierher?" Ter dicke Feldartillerist schmunzelte. „Gluck muß man haben Ich wollte nach Königsberg . . . Fliegt mir da oben die Karre aus dem Kahn! Soll sich einer so ohne alles nach Königsberg finden. Hier waren sie rein närrisch, als ich landete. Tiefe Menschen haben noch teinen Flieger gesehen. Von den Kame raden horte »ch, daß Sie zufällig — — — Glück, was?" Uno nun tam Hauptmann Törenbera auch »och zu einem saftigen Braten. Abends schleppte er den Rittmeister mit ins Kasino, wo die bei den Flieger enthusiastisch gefeiert wurden. Am nächsten Dormittag gab da- ganze Offizierkorps Karten ab. Befriedigt zählte sie Bärensprung durch und weidete sich an den stolzen, in Glückstränen schwimmenden Blicken der Schwägerin. „Na, was wollt Ihr mehr? Jetzt wird losgereist nach Schweden, mein liebes Helenchen!" Gemma verstand ihn. Sie malte sich au-, wie der selbstbewußte Gardeoffizier unter den bescheidenen, ein wenig abgestumpften Kame raden der Grenzgarnison als ein strahlender Stern aufgetaucht war, altadlig, reich, ein Flieger. Ja, er war in der Tat ein Mann der neuen, nervenstarken Zeit, von der er ihr ein mal in den ersten Tagen ihrer Bekanntschaft gesprochen hatte. Er war aufrecht und ohne Vorurteile. Ein Mann wie er vermochte wohl die trägsten und trotzigsten Kameraden mitzu reißen. Gläubig und selig hingen ihre Blicke an dem Manne ihrer Wahl. * * * Auf hoher See erklärte Rittmeister Bären sprung, die neuen Sterne auf seine» Achsel stücken feierlich begießen zu müssen, bestellte Ehampaguer uud veranstaltete ein Gelage. Auch Gemma wurde von seinem Uebcrmut angesteckt., ihre Trauer war verflogen. . Sic feierte bei den Schweden Triumphe uud zog, schön und beneidet wie eine Königin, von der Reise in die Garnison ein, die blonde Frau Baronin von Bärensprung. Die Damen des Regiments empfingen sie mit offenen Ar men, denn die Frau Oberstleutnant hatte schon lange und eifrig Stimmung für sie gemacht. Ter Rittmeister erhielt von seinem Ehcs das unerledigte Abschiedsgesuch kurzer Hand zurück, als er sich zum Dienstantritt meldete. „Bis nach dem Manöver brauche ich Sie nötig. Nachher marsch in die große, grcnre Bude!" Vier Wochen gab es poch strammen Front dienst im F lde. Rittmeister Bärensprung hatte die Führung seiner zweiten Eskadron, bei der ec von den ersten Lcutnantstagen an diente, und lvcnn er seine Riannschaften auch alle gut kannte, so galt eS doch, scharf aufpasscn und sich dran halten, damit nichts verdarb. Zeigen, daß man immer noch Frontoffizier ist, trotz der Fliegerei! So kam er jeden Abend, manchmal erst in der Nacht, totmüde nach Hause und schlief bei Tisch fast ein. Gemma umgab ihn mit ihrer ganzen Liebe. Sie empfand so viel Mitleid mit dem armen, gehetzten Manne und wünschte sich manchmal, sie wäre mit ihm noch in Schweden, weit weg vom Schuß. Die junge Frau Rittmeister war stets schon mit ihrem Manne auf. Und ging eS auch um drei Uhr früh hinaus, so stand sie am Fenster und winkte ihm zu, eine unermüdliche Soldatenfrau. Eine stille Stunde für einander, sich auszu sprechen oder schweigend Herz an Herz nahe zu wissen, hatten sie jetzt kaum noch; Sonntags sahen sie meist Gäste bei sich oder waren selbst gebeten. Jeder wollte etwas von ihnen haben. Gemma und Ekman wurden bewundert und.gefeiert, zwei neue strahlende Sterne am Gcscllschaftshimmcl. Aus dem stillen Oberleutnant hatte man sich früher so wenig gemacht, jetzt waren deS Rittmeisters Reichtum, sein Fliegen und seine Zukunft das Tagesgespräch. Gemma schwieg da zu. Sic hatte ja so viel Zeit, sich auszurnhen, zu denken und hatte manche verzagte Stunde für sich allein, rvenn ihr Held und Herr im Felddienst schwitzte und sie daheim in dem ent zückenden „Palcns" saß, das er ihnen eingerichtet hatte und wo sie alle die Lobreden still bei sich überdachte. Dann konnte ihr wohl manchmal vor der Zukunft recht angst werden. Kam er aber abends müde heim, so verscheuchte sie ihre Sorgen und zeigte ihm ein fröhliches Gesicht, freute sich mit ihm auf das Kind, auf den Win ter und das Leben in der großen Stadt, berat schlagte bis zum Schlafengehen mit ihm den Um zug und die Ucbersicdlung. So war die Manöverzeir unversehens da. Die Leibhusaren rückten diesmal nach dem großen historischen Schlachtfeldgau aus. Gemma, die ihrem Manne wenigstens nahe sein wollte, fuhr zu den Eltern nach Haynach, einen stillen Spät sommer mitten im Manövergelände zu erleben. Es wurde eine harte Zeit, und auch der eif rigste Soldat sehnte ihr Ende herbei. (Fortsetzung in d« Abendausgabe.)