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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 07.08.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-08-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140807014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914080701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914080701
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-08
- Tag 1914-08-07
-
Monat
1914-08
-
Jahr
1914
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Sette 2. Nr. 397. Moryrn-Nusgsbe. Leipziger Tageblatt. Ftttttlg. 7. NvSUV l9l< zu dem heiligen Sisbemoerk, dar auch «n» Kvauen ausruft, unsere ganze Kraft dem Vaterland« in seinem Entscheidungskampse zu weihen. Wegen der Sammlung freiwilliger Hilfskräfte unch Gaben aller Art sind weitere Bekanntmachungen von den- lenigen Organisationen bereits ergangen, denen diese Aufgabe in erster Linie obliegt Md deren Unterstützung vor allem von Not ist. Berlin, den 6. August 1914. Auguste Viktoria. Die Kaiserin Kat .'>000 k als vorläufige Gabe sür die Zwecke de; Vaterländischen Frauenvereins be stimmt. Ein Wort Bafsermanns. Der Reichstagsabg. Basser mann veröffentlicht im „Deutschen Kurier" einen Artikel, in dem es u. a. hecht: „Nimmer wccde ich die Stunde im Wechen Saale vergessen, in der ich meine Hand in die Hand meines Kaisers legen durste und ihm Treue gelobte für meine Partei im Leben und im Sterben. Es war so schlicht und einfach, wie der Kaiser die Parteiführer au fr »cs. und doch so gewaltig und herzbewegend, das; nimmer die Erinnerung an die Stunde dieses Treuschwurs der deutschen Parteien in der Geschichte vergehen wird. Und im Reichstage selbst waren die Parteiunter schiede verwischt. Es war endlich der Tag erschienen da wir uns nur als Deutsche gesuhlt und in jubelnder Begeisterung die Milliardenkredite für den Krieg bewilligten. Auch das ist ein Augenblick welt geschichtlicher Bedeutung, als 111 Sozial demokraten, die ganze Fraktion geschlossen, sich den bürgerlichen Parteien zur Seite ge sellten und jauchzend der Rus durch den Saal hinaus zu den Galericbesuchern flog, denen der Herzschlag stockte „Heil Dir Kaiser, Heil unserem Volke und Vaterland!" Der Artikel schliefst dann: „Im heiligen Kampfe fürs Vaterland wird die Nationalliberale Partei ihre Schuldigkeit tun: keiner fehle, jeder stelle seine ganze Kraft in den Sieg der deutschen Sache. Den Parteifreunden im Lande rufe ich zu: „Auf "Wiedersehn nach bestandenem Kampfe, nach errungenem Liege." Oesterreichs Kriegserklärung an Rußland. Berlin, 6. August. Die österreichisch ungarische Regierung Kat der deutschen Regierung mitgcteilt, Botschafter Szapary in Petersburg sei beauftragt, der russischen Regie rung zu notifizieren, das; Oesterreich-Ungarn angesichts der drohenden Haltung Ruhlands im Konflikt mit Serbien sowie im Hinblick aus den Kriegszustand mit Deutschland sich seinerseits als in Kriegszustand mit Rußland befindlich betrachtet. Wien, l». August. Dem russischen Botschafter v. Schebeko wurden die Pässe zugestellt. Der österreichisch-ungarische Botschafter in Petersburg Gras Szapary wurde angewiesen, seine Pässe zu fordern und womöglich noch heute Rußland zu verlassen. Eine Kriegsbotschast poincaris. Paris, 4. August. Ter Präsident der Republik richtet an die Kam,n e r eine Bot schaft, in der er erklärt, Frankreich sei das Opfer eines Angriffs geworden. Lett mehr als vierzig Jahren hätten die Franzosen in echter Friedensliebe auf den Wunsch berechtigter Wiederherstellungen verzichtet und das Beispiel einer »rosten Ration gegeben, die ihre neuerstarktc Macht nur im Interesse des Fortschritts und der Humanität genützt habe. Man könne Frankreich seit Beginn der Krise keinen Akt, keine Geile und kein Wort vor werfen, das nicht rntgegen- kommend und friedlich gewesen sei. In der Stunde crnster Kämpfe dürfe Frankreich feierlich Rechenschaft darüber ablegen, dast es bis zum letzten Augenblick «innerste Anstrengungen, Sen Krieg zu vermeiden» gemacht habe. Tie mutige Armee habe sich erhoben, nm die Ehre, die Fahne und den Boden de» Vaterlandes zu verteidigen. Ter Präsident hob ferner »ie Einigkeit des Landes hervor nnd drückte dem Landheer und der Seemacht die Be wunderung nnd das Vertrauen aller Franzosen ans Greint in dem »emeinsamen Gefühl werde die Ration ruht, Blut bewahren, wovon sie täglich Beweise seit Beginn der Krise gegeben habe. Tie Ration werde heroisch von allen Söhnen verteidigt werden, geeint in dem Abscheu gegen die Angreifer nnd in dem gemein samen patriotischen Vertrauen. Treu sekundiert von dem ihm verbündeten Rutz land nnd nnter- ftützt von der loyalen Freundschaft Englands, sieht Frankreich von allen Orte» der zivilisierten Welt Sympathtestimmen ihm zukommen; Venn es repräsentiert heute mehr denn je vor dem Weltall Freiheit, Gerechtigkeit und Vernunft. Hoch Vie Herzen! Es lebe «Frankreich! Russische Deserteure. Aste ostprcuhischc Blätter melden, ist die Menge der russischen Deserteure sehr groß. Allein an der Grenze eines ostprcufstschcn Kreises sind der „Hart. Ztg." zufolge 200 bis 000 Ko saken zu uns übcrgelaufen und haben sich fest nehmen lassen. Sie befinden sich jetzt in deutsMm Gewahrsam. Ebenso werden von den anderen »st und westpreusstschen Kreisgrcnzen viele Hun derte von russischen Ueberläufern gemeldet. Wie die „Allenst. Ztg." meldet, bitten die Leute um ihre Gcsangennahme, denn sie fürchten sich vor dem Kriege mit Deutschland. <kcht russische Ausiän-e. Aus Königsberg wird gemeldet: Die ersten russischen Gefangenen, Kosaken und Ulanen, sind hier eingetrosfcn. Sie erklären, froh zu sein, doh sie endlich e t w as zu essen be kommen. Zwei Spione erschossen!" Breslau, 0. August. Der Königliche Po lizeipräsident erläßt eine vom 2. August datierte Bekanntmachung folgenden Wortlauts: Ich bringe hiermit zur öffentlichen Kenntnis, daß heute hier zwei Spione standrechtlich erschossen worden sind. Wir halten dieses Verfahren für außerordentlich zweckmäßig, denn einmal wird durch eine solche amtliche Mitteilung dem Publikum bewiesen, daß schnelle Justiz geübt wird, wenn die Verdächtigen hochverräterischer Umtriebe überführt sind, zum anderen wird aber auch gerade dadurch unsinnigen und übertriebenen Gerüchten vorgcbeugt. Französische Kun-gebungen gegen Oesterreich. Wien, 6. August. lWiener Korr.-Bureau.) Nach einer an amtlicher Stelle aus Paris cingetroffenen Nachricht mußten die Beamten des öster reichisch-ungarischen Generalkonsulats in die österreichisch-ungarische Botschaft flüchten, da die Polizei den Ausschreitungen der fanatisierten Menge nicht entgegen trat. Die Blätter betonen, die Monarchie werde die Interessen ihrer Bürger im Auslande auch gegen Frankreich zu wahren wissen. Wie der „Pester Lloyd" meldet, demonstrierte die Bevölkerung in Trouville gegen eine vornehme ungarische Familie, die dort eine Villa besitzt, heftig und verfolgte sie bei ihrer Abreise und während der Fahrt vom Bahnhof mit Schimpfworten. Der Schutz der Belgier, Engländer, Franzosen und Russen im Deutschen Reich. Berlin, 6. August. Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" meldet: Der Schutz der Russen, Belgier und Fran zosen ist von dem hiesigen spanischen Bot schafter und den spanischen Konsuln im Reiche über nommen wokden, derjenige der britische,» Staats angehörigen von dem hiesigen Botschafter der Ver - einigtenStaaten von Amerika und den ameri kanischen Konsuln. Abreise -er -iplomattjchen Vertreter Selgiens un- Englan-s. Berlin, 8. August. sEig. Drahtmeld.) Der belgische Gesandte und der e n g l i s ch e B a t, sch öfter reisen über Benzheim nach Holland. Bon dort geht der belgische Gesandte nach Brüssel, während Sir Edward Goschen sich über Hoek van Holland nach England einschifst. Uebungsfliige deutscher Fliestet. Berlin, 6. August. (W. T.-B.) Es ist fast aus geschlossen, daß fremde Luftschiffe oder Flieger Berlin erreichen werden. Eine Beunruhigung der Bevölkerung, wenn Luftfahrzeuge gesichtet werden, ist daher ganz unbegründet. Zahl reiche deutsche Flieger, auch deutsche Luft schiffe, werden dagegen auch in nächster Zeit die Provinz Brandenburg und selbst die Vor orte von Berlin überfliegen. Es sind Uebungs- flüge, die jetzt naturgemäß besonders häufig ge macht werden. Durch unvorsichtiges Benehmen, namentlich blindes Darauflosfchießen, kann das allergrößte Unglück geschehen. Unsere braven Flieger sind, wenn nicht von allen Seiten Ruhe und Be sonnenheit bewahrt wird, den schwersten Gefahren ausgesetzt, daher ist unter allen Umständen jedes Schießen auf Luftfahrzeuge zu unterlassen. Serbische Falschmeldungen. 'Wien, 8. August. Das Serbische Presse-Bureau verbreitet über die Fcindsel ig k e i t e n zwischen Serbien und Oesterreich-Ungarn sowie über di« Hal tung und das Vorgehen der österreichisch-ungari schen Truppen Meldungen, die teils entstellt, teils frei erfund e n sind. Die beste Entkräftung dieser Meldungen sind die wahrheitsgetreuen offi ziellen Meldungen, die das K. K. Tel.-Korr.-Bureau über den Konflikt zwischen Serbien und Oesterreich- Ungarn verbreitet. fiusgewiesene Deutsche. Frankfurt a. M., 0 August. Im hiesigen Haupt bahnhose treffen täglich aus Frankreich und Belgien ausgcwiejenc Leute ein. von denen die »reisten völlig mittellos sind. Nicht ein mal so viel Zeit ist ihnen gelassen worden, um ihre Spalkasscnguthaden avzubeben. Ohne Geld und ohne Levens mittel hat man die Leut« in die Eisenbahnen gepfercht und zur Grenze gebracht. Die Aufenthaltsorte -er Dampfer -es Nor--eutschen Llop-. Mit Rücksicht auf zahlreiche, beim Norddeutschen Lloyd Bremen eingegangene Anfragen veröffentlichen wir im folgenden eine Liste der in deutschen oder neutralen Häfen angekommenen Schiffe des Norddeutschen Lloyd: In Bremerhaven: Aachen, Berlin, Bremen, Kassel, Chemnitz, Erlangen. Frankfurt, Gießen, Kaiser Wilhelm der Große, Königin Luise, Prinz Ludwig, Scharnhorst, Schleswig, Schwaben, Sierra Ventana; in Hamburg: Norderney; in New Park: Barbarossa, Friedrich der Große, Großer Kurfürst, Kronprinz Wilhelm, Prinzeß Irene; in New Orleans: Breslau; in Lissabon: Bülow, Prinz Heinrich; in Pernambuco: Coburg, Eisenach, Sierra Nevada; in yrg»e»kve-en^«,r. ^ in Buenos Aires: Gotha! in Montevideo: Sierra Cordoba; in Yokohama: Göttingen, Mark, Prinz Waldemar, York; in Rotterdam: Hannover; in Port Said: Helgoland; in Genua: König Albert, Prinzregent Luitpold; in Suez: Liitzow; in Vlissingen: Main; in Havanna: Neckar; in Schanghai: Prinz Eitel Friedrich; in Manila: Princeß Alice; in Baltimore: Rhein; in Chile: Herzogin Cenlie; in Rio de Janeiro: Coburg; in St. Vincent, Kap Verde: Würzburg. Weitere Mel-ungen. Das „Heil Dir im Sicgcrkranz" im Weißen Saale, in das nach der Ansprache des Kaisers di« Reichstagsabgeordneten unwillkürlich einstimmten, ist von dem fteikockservattven Abgeord neten Mertin angestimmt worden. Der König und die Königin von Bayern haben die Sammlungen für die Verwundete n- fürsorge und Angehörigenfürsorge durch Spenden von je 10 000 Mark eröffnet. Die Mitglieder der bisherigen deutschen Botschaft in Petersburg sind nunmehr vollzählig in Deutschland einactroffen, nut Ausnahme des Dragomans. Hofrat Alfred Kött ner, der im Botschaftspalais zurückgeblieben ist, das, wie schon gemeldet, unter amerikanischem Schutz steht. Der Vorstand der Ortskrankenkasse für das Buchdruckgewerbe in Berlin hat be schlossen, das Genesungsheim in Bad Berka (Thü ringen) für die Mitglieder zu schließen und dem Roten Kreuz zur Pflege von Verwun deten zur Verfügung zu stellen. Das Heim liegt im Ilmtale an oer Bahn Berka—Kranichfeld. In Frag« kommen etwa hundert Betten. Der Stadtpräselt von Petersburg ver öffentlicht einen Aufruf an die Einwohner, fremde Untertan e n . deren Person und Eigen tum jeden gejcilichen Schutz genießen, nicht zu be, lästigen und Ausschreitungen fernzuhalten. Das haben So ist der Einmarsch Eine Kriegssitzung -er preße. sUnberecht. Nachdr. oerb.f 8. k It. Berlin, 0. August. Im großen Konferenzsaal des Reichstagsgebäudes versammelten sich gestern auf Einladung der Preß abteilung des Großen Keneralstabes etwa 50 Ver treter Berliner und auswärtiger Zeitungen zur Ent gegennahme wichtiger Nachrichten über die allge meine Lage, die Stellungnahme der deutschen Presse zu den sich überstürzenden Ereignissen und die Aus sichten der Presse in bezug auf die Kriegsbericht erstattung. — Den Vorsitz führte der inzwischen als Major eingezogenc bekannte Berliner Schriftsteller, Hauptmann a. D- Georg Schweitzer, während als Vertreter des Kricgsministcriums Hauptmann v. Rohrscheidt anwesend war. Bemerkenswert war. daß alle großen Tageszeitungen ohne Unter schied der Parteirichtung Delegierte entsandt hatten. Hauptmann v. Rohrscheidt führte einleitend aus: Das wichtigste, was die deutschen Zeitungen und mit ihnen alle Leser zu beachten hätten, sei, daß naturgemäß in den ersten Tagen der Mobilmachung noch keine entscheidenden Waffentaten sich ereignen könnten und daß es deshalb empfehlenswert sei, kaltes Blut und ruhigen Blick auch dann zu bewah ren, wenn in bezug auf den Gegner allerlei Vor kommnisse gemeldet werden müßten, die den Anschein erweckten, als ob dieser mit der Mobilisierung schon weiter sei als wir und demgemäß schon losschlagen könnte, Es handele sich in all diesen Fällen ledig lich um Plänkeleien aller Art, die nach Möglichkeit den Aufmarsch unserer Truppen stören sollen, wie ja unsererseits ebenfalls Patrouillenritte, Beschießungen und Erenzübergänge stattgefunden hätten, ohne daß darin mehr zu sehen sei als eine vorläufige Fest setzung an strategisch wichtigen Punkten. Der Auf marsch der Kriegsparteien könn« zehn bis vierzehn Tage und mehr noch in Anspruch nehmen und so könnten Wochen vergehen, ehe der Große Generalstab entscheidende Schläge zu melden haben würde. Ebenso selbstverständlich könne auch der Eeneralstab der Gegner erst dann mit entscheidendem Erfolg oder Mißerfolg seinem Publikum aufwarten. Deshalb sei Ruhe die allererste Bürgerpflicht, auch dann, wenn anscheinend der Gegner schon in deutsche GrenOädte einziehe. Denn auch hierbei könne es sich nur um eine vorläufige Festsetzung handeln, und im deut schen Osten sei ja bereits der Landsturm aufgestanden, um solche Attacken bald unwirksam zu machen. Man dürfe also die Tragweite der jetzigen kleinen Plänkeleien auf keinen Fall überschätzen. In gerade zu mustergültiger Weise habe ja auch die deutsche Presse bisher die Bemühungen des Großen General stabes unterstützt, die dahin gingen, das Publikum vor Alarmnachrichten zu bewahren und Falschmel dungen grundsätzlich auszuschließen. Sehr erfreulich sei es außerdem, daß die guten Nachrichten, die wir schon melden konnten, möglichst in den Vordergrund gerückt wurden, wodurch unsere marschierenden Trup pen mit Courage und Begeisterung erfüllt wurden. Natürlich wollen wir gewiße Grenzen nicht über schreiten und nicht etwa Vor chußlorbecrcn pflücken. (Sehr richtig! Lebhafter Beifall.) wir auch gar nicht nötig. Wir beten nnd schreite» M Schlicht! Wir haben einander die Hand gegeben, Und Bruder genannt, und wir haben gewußt, Wir werden im Kampfe Brust an Brust Unsere Heimat schützen mit unserem Leben! Wir haben nicht hohe Worte gemacht, Zu unfern Waffen sind wir getreten, Und zu unserm Gott! Wir beten Und i .eiten zur Schlacht!! Hanns Io Hst. va» stille Leuchten. 20j Roman von Paul Grabein. cirottUem L Co. U. v. U., Ihre Augen bestürmten ihn mit stummer Bitte, sich ihr doch weiter mitzuteilen. „Ich lann jetzt nicht darüber sprechen," wich er aus. „Vielleicht später einmal. Aber, nicht wahr — nun glauben Sie nicht mehr, daß ich etwas gegen Sie hätte. Nun »verden Sic wieder heiter aus Ihren lieben Augen schauen, nicht, Fräulein Fränzl?" Seine Stimme klang so weich, voll liebkosender Zärtlichkeit, daß ihr mit einemmal wieder ganz selig zumute wurde. Ein heißer Strahl bingebender Liebe traf ihn aus ihren Blicken; sie konnte in diesem Augenblick nicht länger mehr znrückhaltcn, was die Brust so weh und doch so süß zum Zerspringen schwellte. Holten sog diesen Blick ein wie einen kost baren seligen Trank — zum letzten NLalc schaute sie ihn so an. Dieser Blick sollte ihm vor der Seele stehen in aller Ewigkeit! Er sollte das letzte Vermächtnis ihrer Liebe sein, und nun wollte er sich »senden. Nicht länger wollte er sich die Mrtqc« verlängern; ab«.»- nicht, wie es geschah — plötzlich hatte er noch einmal ihre Hand ergriffen: „Fränzl, lassen Sie es mich Ihnen sagen — einmal, ein einziges Mal! Sie haben mir in diesen unvergeßlichen Sommerwvchen das Schönste geschenkt, was das Leben geben kann! — Seien Sie bedankt dafür aus innerstem Her zen, und seien Sie sicher, da.ß dieser Dani nie rn mir erloschen wird — niemals!" Von seinem Gefühl überwältigt, führte er die kleine Hand eine Sekunde lang an seinen Mnnd. Wie ein elektrischer Schlag durchzuckte es Fränzl, als sie mit eincmmal die heißen, zit ternden Männcrlippeu, den weichen Bart, an ihrer Hand spürte. Sie schloß die Augen, eilten Moment fast ohnmächtig vom Aufruhr ihres Inneren. Daun aber riß sic sich los lind war von seiner Seite gewichen, ehe er noch ein Wort gefunden. Sie hatte das Zunmer verlassen. Holten blieb noch am Fenster, von heftiger Neue gepeuügt, das; er sich im letzten Augenblick doch noch so vergessen halte! Wie sollte er ihr nun morgen früh gegcnüberlreien? Sie muß ten ja noch den ganzen Tag aus dem Rückweg beisammen sein, und nach seinem Benehmen da eben wäre er ihr hoch als Ehrenmann gleich morgen eine Erllärung schuldig gewesen! Mit finster gefurchter Miene starrte Holten vor sich hin. Doch er mußte ja wieder an den Tisch, wollte er nicht noch mehr aufsallen und wohl gar das hinausgeeiltc Mädchen kompromittieren. Wie er aber zur Tafel zurücktehren wollte, da sah er, daß auch Ruch inzwischen aufgestandcn war. Wahrscheinlich war sie Fränzl aus ihre Schlafkammer gefolgt. Holten sah nun allerdings auch sür sich keinen Zwang mehr, noch in der Gesellschaft zu verweilen; man vermißte ibn ja gar nicht, zu dem war es ohnedies auch an der Zeit, sich zurückzuziehen. Er verließ also das Gastzimmer und trat noch einmal vor das Hans hinaus, um sich die kühle Naclnlust uock, eine Weile um däc Stirn wehen zu lassen. 8. Langsam wandelte Holten in der Finsternis auf dem Plateau auf und nieder. Immer und immer wieder stand der Augenblick eben da am Fenster vor seiner Seele, die süße Seligkeit, wie er das geliebte Mädchen unter seinem Hand kuß hatte erzittern fühlen, und zugleich die harte Notwendigkeit, die Folgen aus diesem Selbst vergessen zu ziehen. Und cs ward ihm klar: Das da vorhin mußte ihr letztes Beisammen sein gewesen sein, keinen Schritt weiter durfte er es jetzt kommen lassen. Er mußte sich heim lich trennen von ihr, ohne Abschied, unter irgend einem Vorwande morgen in aller Frühe, ehe die anderen noch an den Ausbruch dachten. Der Entschtuß war gefaßt, und er wollte gleich alles Nötige mit Hilfe des Führers vor bereiten; wie er aber ins Haus treten wollte, kam ihm auf der Schwelle Ruth entgegen, im Peleriueuuiuyaug — auch sie wollte ins Freie. Welch unglückseliger Zufall, daß er ihr noch einmal begegnen mußte! Seine vom Licht des Fenster-.- beschienene Miene verriet dem Mädchen, was er dachte. „Verzeihen Sie, wenn ich Sic noch einmal suchte, Herr Doktor," bat sie teisc. „Fränzl beauftragte mich, Ihnen gute Nacht zu sagen. Es war ihr vorhin unerträglich heiß drinnen ge worden, aber nun ist ihr wieder wohler. Sic läßt Ihnen selber noch recht, recht gute Besse rung wünschen." Holten »var wieder in den Schatten des Hauses getreten, so sah sie sein zuckendes Gc- sicht nicht. Das liebe, liebe Kind! Sie wollte UM aus diese Weise sagen, daß sie ihm nicht zürnte, und ihm einen heimlichen Hcrzensgruß senden. Wie schwer wurde ihm das Letzte doch gemacht! „Gute Nacht, Herr Doktor, und möchten Sic morgen wieder aus frohere« Augen in die Welt blicken!" Taktvoll wollte sich Ruth gleich wie der zurückzieheu, obsckwu sie offenbar die Ab sicht gehabt hatte, noch mit ihm ein Weitcheu L draußen zu bleiben. Sic »var, ihm die Hand zu reiche», einen Schritt vor in den Lichtkreis des Fensters getreten. Als ihn nun ihre klaren Blicke so mit aufrichtiger Teilnahme ansahcn, fühlte er, wie ihr gütiges, stilles Wesen über haupt in dieser Stunde seiner schmerzzerrissenen Seele doppelt wohl tat, und ihn faßte der Wunsch, jetzt in der Nähe einer verständnisvollen Freundesseele zu »veilen. „Bleiben Sie doch noch — bitte!" Er hielt sie bei der schlanken Hand zurück, die sie ihm zum Gutenacht-Gruß gereicht hatte. Sic suchte seine Augen — die baten sie so sehr mit trau riger Bitte — da gab sie nach. „Wenn ich Sie wirklich nicht störe," und sie trat näher zu ihm heran. „Im Gegenteil, es tut mir so wohl, in die sem Augenblick noch einen Menschen um mich zu haben." Sie schwiegen beide und schritten langsam, jeder in seine ernsten Gedanken verloren, neben einander im Dunkel her. Holten rang mit sei nem Herzen. Es verlangte ihn im Innersten danach, sich Luft zu mache» — wenigstens ihr — der Freundin, anzudeutcn, was ihn so ohne Ab schied in Nacht und Nebel von» Fränzl trieb. War er es doch auch eigentlich dein armen Mäd chen schuldig, ihr, wenn sie's begehren sollte, den wahren Grund zu enthüllen, damit sie nicht in trostlosen» Grübeln sich womöglich noch selbst die Schuld beimaß. So blieb er denn plötzlich stehen. „Fräulein Henning, es ist nur lieb, daß ich Sie hier ohne Zeugen sprechen kann — ich habe Ihnen eine ernste Mitteilung zu machen." Noch einmal schöpfte er Atem. „Ich muß Sie beide morgen in aller Frühe verlassen — ohne Ab schied." Ruth erschrak heftig. „Aber, »nein Gott »varuul denn?" „Um Fränzls willen!" Da »var es heraus, und fest folgten nun seine weiteren Worte. „Darf ich offen zu Ihnen sprechen, Fräulein Henning — wie zu einem Freunde?" (Fortsetzungen der Abendausgabe.)
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