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Riesaer Tageblatt 8S. Jahr«. WRMwch, 4. Revtmber LS3S, aveadS ^rss8 Postscheckkonto: Dresden 1530 Girokasse: Riesa Nr. 52 Drahtanschrift» Tageblatt Riesa Fernruf 1257 Postfach Nr. 52 und Anzeiger (Lldeblatl MlL Anzeigers. und Les Hauptzollamtes Meißen Da- Messer Daaevlatt erscheiut sede« Laa abend» '/,« Uhr mit ««»nähme berGonn.^bFesttage.^zug«^ 15 Pfg. «-zeige» ftr durch Postbezug RM. S.14 -tnschl. Postgebühr (ohne Zustellgebühr), bet Abholung in der Geschäftsstelle Wochenkarte (»^ Plätzen wird nicht übernommen. Grundpreis tür hie Nummer des Ausgabetages sind bis 1V Uhr vormtttagSau^ugeben-eineGewahrfürdaS^ ^Rp sGrunbschrtft: Petit 3 mm hoch). Ziffergebühr 27 Rp'., tabellartfcher Präsidentenwahl in Amerika lleberragende Ltimmenmehrheit für TioofeveU: 523 Wahlmänner-Etimmen gegen 8 für Laudon PlWWWlMMSiW der WkkttMkii PlWiiteMl X Washington. Der gegenwärtige Wahlkampf, der ass der erbittertste seit der dem Bürgerkrieg vorange- gangenen Wahl von 1860 angesehen wird, erreichte erst am Montag nach Mitternacht sein Enke Roosevelt und Landon forderten beide die 55 Millionen Wahlberechtigten auf, am Dienstag ihre Wahlpflicht zu erfüllen und zu entscheiden, welche Art von Regierung in den nächsten vier fahren die Geschicke der 128 Millionen Menschen der Bereinigten Staaten lenken soll. (Ls bandelt sich diesmal um eine klare Scheidung der Geister von fast weltanschaulichem Ausmaß, denn es gebt um die Frage, ob eine Zentralregi-rung die Kontrolle über Industrie und Landwirtschaft, Arbeitgeber und Ar» beitnebmer, Finanzgebabrung und Zolliragen auSüben darf oder nicht. (Line solche Kontrolle bedeutet hierbei »ich, die Unterbindung der freien Wirtschaft, sondern stellt Maßnahmen teils sozialer teils planwirtschaftlicher iltatur dar, um eine Ausbeutung der Bodenschätze und Arbeitskräfte sowie ungesunde Preisschwankungen zu ver hindern, und das Arbeitsproblem durch Arbeitslosenver sicherung und Altersrenten, ferner durch Regelung von Arbeitszeit und Arbeitslohn einer Beruhigung, wenn auch nicht der endgültigen Lösung zuzuführen. Roosevelts grundsätzliche Gegner, die von Pioniergcist und freier Ent- schsußkrast sprechen, durch die die Bereinigten Staaten er schlossen und groß geworden seien, vergessen, wie von demokratischer Seite betont wird, daß die Grenzen de- LandeS 1890 erreicht worden seien und daß darauf eine rückläufige sssielle begonnen habe, die allmählich zu in dustriellen und setzt auch landwirtschaftlichen Schwierig keiten, ähnlich d-nieniaen (LurovaS, geführt habe. Bon morgen? 6 Nbr bi? abends 9 Uhr sind die Wahl lokale in allen größ-ren Städten geöffnet, und überall bilden sich lange Reiben von Wählern. Diese treten einzcln an den Wahltiscb heran, weilen sich aus und verschwinden in der Wahlzelle, wo entweder die Wahl listen mit den Abzeichen der verschiedenen Parteien auf liegen oder die modernen Wablmascbinen stehen. Roosevelt und Landon nebst Familie genügten bereit« am trüben Bormittag ihrer Wahlpflicht und mußten im mer wieder dem Blinkfeuer der Photographen stand haften. Die fetzten Bargcldwetten stehen 2'/?: 1 für Roose velt. Für Landon wird dagegen wenig Geld angeboten, so daß der Wettbetrag nicht sehr groß ist. Die republikanische Partei, die hauptsächlich von der Schwerindustrie finanziert wird, hat bereits über 7 Mil lionen Dollar für die Wahl LandonS aus gegeben und selbst die Kommunisten haben WablauSgaben von über 100 00k> Dollar angemeldet. Bekanntlich müssen alle Dabl- auSgaben dem Wahlausschuß deS BundeSsenatS gemeldet werden. Bon den 432 neu zu wählenden Abgeordneten waren drei Abgeordnete bereits im September in Maine ge wählt worden, und zwar siegten dort die Republikaner woraus sie die Hoffnung auf einen Sieg schöpfen. Die Demokraten dagegen geben ihre Sache nicht einmal in EantzaS verloren, wo Landon Gouverneur ist. Sie glau ben, daß der eigene Staat, wenn auch mit knapper Mehr heit, von Landon abrücken werde. Die Spannung ist ungeheuer, da niemand mit Sicher heit weiß, wie die iungen Wähler und die Aelteren erst malig zur Wahlurne gehenden stimmen werden. Biele republikanische Zeitungsunternehmer, denen besonder« die von Roosevelt geforderten sozialen Lasten nicht behagen, sagen eine Wahl Landon» voraus, während ihre Schrift leider mit einem großen Sieg Roosevelts rechnen. Im allgemeinen waren die Zeitungen, wenigstens in ihren reinen Nachrichtenteilen, fair und druckten die Reden von beiden Seiten in vollem Umfange ab. Da daS Wetter günstig ist, rechnet man mit wenig stens 45 Millionen Stimmen und glaubt, daß sich 25 Mil lionen für Roosevelt auSsprechen werden. Allerdings gibt die Stimmenzahl nicht notwendigerweise den Ausschlag, denn eS wird nach Wahlmännern gewählt, deren Zahl 531 beträgt und auS der Summe der 96 Senatoren und 435 Abgeordnete» sich ergibt. Tie Zahl der Wahlmänner ist in fedem Staat ver schieden, da jeder Staat »war zwei Senatoren hat, die Zahl der Abgeordneten sich aber nach der Einwohnerzahl richtet und durch die alle zehn Jahre vorgenommene Volkszäh lung neu festgesetzt wird. Daher haben viest kleine Staaten nur drei Stimmen, während Neupork über 47 Stimmen verfügt und demgemäß von beiden Parteien stark um worben wird. Immerhin entscheidet auch in Neudorf, wie in allen anderen Staaten, die einfache Mehrheit über den Lotten * di- daraus ge- Koosevelt wiederacwählt Der «rödle Wichlfie» der Geschichte Amerikas s( Neunork. Nach den vorliegende» Wahlresnltaten fallen Präsident Roosevelt 45, wahrscheinlich sogar 4« Ltaa, 4e» »der öS» Wahlmäuner-Ltimmen gegenüber «»r 8 für Landon z». Sogar der Reu-England-Staat Ne» Hampshire mit seinen vier Wahlftimmen wird setzt Roosevelt Mge* sprachen, obwohl das endgültige Ergebnis »och nicht sest» sieht. Somit verbleiben dem republikanischen Kaadtdate» nnr »ach zwei Staaten: Vkaine n»d Vermont. SS ist in der Geschickte der amerikanischen Staaten da rrst« Mal, daß ein Präsident mit derartiger Mehrheit ge wählt wurde. Selbst Hoover konnte IE nur!>» Wahl- männer-Stimmen kür sich buchen, gegenüber 472 für Roos», velt. - DaS Wahlergebnis übertrifft sogar »4« Emm»», tauge« der znversichtlichsten Demokraten. Da» fetzig« Er gebnis steht auch tn einem großen Unterschieb zu den Probe abstimmungen, di« von den verschiedensten Zeitungen angr- stellt wurden. Sogar die Zeitung „Literaro Digest", die mit ihren Voraussage« allgemein bisher meist richtig lag, hat diesmal sehr daneben getipt. Tie Zeitungen behandeln feste ausführlich den gewal tigen Stimmungsumschwung für Roosevelt und weisen bar- auf hin, daß sich in den letzten drei Wochen die Meinung sehr für Roosevelt entschieden hätte. Dies sei nickt zuletzt auf die „stiprde und gehässige" Stimmungsmache der Hearst- Presse gegen Roosevelts soziale Gesetzgebung zurückzu führen, für die die Republikaner im Kongreß selbst ge- stimmt hätten. Viele Männer hätten sich auch durch da» von Roosevelt getroffene Währungsabkommen mit England und Frankreich für seine Mahl beeinflussen lassen. Bei den Gouverneurswahlen wählte der Staat Nennork wieder den Gouverneur Lehman. Bon den anderen »2 neu« gewählte« Gouverneurssitzen werden schon fetzt »4 den Demokraten zugesprochen. Sogar die Hochburg der Repu blikaner, die Stadt Philadelphia, stimmte zum erstenmal seit dem Bürgerkrieg demokratisch. VGA. im Wahlfieber Maschinelle Abstimmung. „Verein sttr ehrliche Abstimmung soll Wahlfälschnng verhindern )l Neuyork. Die Wettleidensckast ungezählter Mäh- ler, die oft hohe Summen auf den einen oder anderen Prä sidentschaftskandidaten gesetzt haben, steigert das Wahlfieber in USA. geradezu ins »ngcmesscne. Die größte Nachrichtenagentur der Bereinigten Staa- ten, die Associated Preß, hat zu ihrem ausgedehnten Kabel netz aus Anlaß der Präsidentenwahl noch 400 000 Kilometer Kabellinie hinzugemietet und 50 NM Personen eigens zum AuSzählen und zum Znsammenrechnen der Einzelresultate in allen Teilen der Bereinigten Staaten angestellt. Durch diese Vorbereitung wird die amerikanische Nachrichtenagen- tur die Verbreitung der Endergebnisse der Präsidentschafts wahl mit „amerikanischem Tempo" sichcrstcllen Der Wahlvorgang in den Bereinigten Staaten ist äußerst kompliziert, weil außer dem Präsiden»-» und außer I Kongreßmitgliedern zugleich auch Abgeordnete und Sena- toren der bundesstaatlichen Parlamente und selbst städtische l Beamte, wie Stadtrickter und Kämmerer, gewählt werb«» Auch stehen noch Gemeinde- und StaatSverfaffunge« BN Abstimmung. Tie Abstimmung selbst erfolgt mit Hilf« einer Maschf«. aus der die Namen der Kandidaten verzeichnet sind. Durch Drücken eine» kleinen KnopseS über jedem Namen wird die jeweilig sür dielen Kandidaten abgegebene Stimme registriert. Aus den Waklmaschinen, die die Neuuorker Wähler zu betätigen haben, sind nickt weniger als 79 Namen eingetragen. Seit Tagen schon veröffentlichen die Neuuorker Zeitungen ausführliche Gebrauchsanweisungen und Abbildungen dieser Wahlmaichinen. Dennoch gibt eS ^hlreicke Väbler, die sich mit dieser Einrichtung nicht ,»- recktsinden können »nd fremder Hille bedürfen. TaS bat schon zn zahlreichen Wablbetrügereirn geführt, di« freilich von einem aus der Bürgerschaft heraus gebildeten nnpar- teiifchen „Verein für ebrlicke Abstimmung" bekämpft wer den. In den verschiedenen Wahllokalen Neuvork» hat dieser Verein nickt weniger als 10000 Beanftragte vosttert, die dafür sorgen sollen, daß die Wahl geheim bleibt. «WkllstM WWlMW II llklWl Der Anbruck deS Dienstag fand Neunork für den aus gelassensten Wahltag seiner Geschickte gerüstet. Tie Sttm- m»ng am Abend einer amerikanischen Präsidentschaft»»«-! kann mit europäischen Verhältnissen kanm verglichen werden. Hunderttausend? von Menkcken, die meisten? in anaebet» tertem Zustande, alle mit Fähnchen, Trompeten und Jahr- marktknarren ausgerüstet sind, vollsiibren «inen Höllen« kürm. Aus dem Time» Sauarr und den Nebenstraßen de» Neunorker Tbeaterviertels schieben und drängen sich die Menschenmassen. Der Verkehr kommt völlig zum Still stand. Aus der Spitze des Time? Sauare Turmes leuchten jeweils rote, blaue und grüne Lichter aus und verkünden den augenblicklichen Vorsprung der einen oder anderen Partei. Riesige lausende Licktbänder an den Häuserfront«» der groben Zeitungen melden die letzten Ergebnisse. UtzemsriM Hilke WWktkMW )( Neuu 0 rk. Die ersten Wahlberichte beben die anßer- ge»»hnlich große Wahlbeteiligung hervor. Das Wetter am Wahltag war in den verschiedenen Landesteilen lehr unter schiedlich Während in den LRstaaten veränderliches Wetter mit Regenschauern herrschte, gab eS im Mittelwesten und in den Rocky-MountainS Dauerregen bezw. Schneefälle. Wahlerfolq Borahs )( Neuuork. Senator Vorab wurde von seinem Stab Idaho mit großer Mebrheit zum scchstcnmal in Leu ameri- !«»ischen Lena« gewählt. Wie groß daS Ansehen deS 71 jährigen Senator» ist, ieht daraus hervor, baß Vorab als progressiver Republikaner ibensoviel Stimmen erhielt wie Präsident Roosevelt. LMii leiMwMl lei 6iM „Herold Tribüne" über den persönlichen Erfolg Roosevelts X Neu york. Der unterlegene PräsidentschastSkan- didat Landon hat ans Topeka (Kansas) an Roosevelt fol gendes Telegramm gesandt: hat gesprochen. Jeder Amerikaner wird den llrteilsspruch annehmen und zum Wohl unseres Lan des Mitarbeiten. Das ist der Geist der Demokratie. Nehmen -rce meine aufrichtigen Glückwünsche entgegen." Aeußerst niedergeschlagen über den Wahlausgang zeigte sich der republikanische Wablleitcr Hamilton, der bis zum letzten Augenblick die schwere Niederlage seiner Partei nicht zugcbcn wollte. Als einige Pressevertreter ibn baten, über den Rundfunk ein paar Glitckwnnschivvrtc an die Gegen seite zn richten, rief er lediglich die Worte ans: „?Un Ster ben grüßen wir euch". Die republikanische „Herold Tribüne" nennt den Wahl sieg Roosevelts in seinem Leitanfsatz einen großen pcrsön- lichen Triumph des Präsidenten, zn dem es in der ameri kanischen Politik kanm eine Parallele gebe. Die Wähler, w schreibt das Blatt, haben weniger für das Programm 2",oemokrytischcn Partei als für die Persönlichkeit des Präsidenten gestimmt. Das Wahlergebnis bedeute ein wachsendes Vertrauensvotum für den Mann Roosevelt.