Volltext Seite (XML)
2 Beilage znm „Riesaer Tageblatt" «W« «Ml» — «*»»«» » >t«»«l4ch » IN«»«. — »r n, »»«-«« H«n»««« ech«I»I »,«,«. L»»«erStap, IS. April I»««, «be«ds. .»u. A«ch,q. «tuwchtr» le« Herr« vürzernreMer v« Deh»e, die Hertet- fStzntUß einer gletchmiltztgere« vrrteU»«s der Mr tzte Stadtgemetude au-juführevle» Arbeite« der vaarewerkea «ab Handwerker. 1. Weder die Theorie noch die Praxis' ist sich bis heute darüber einig geworden, auf welche Weise die für eine StvLtgemeinde auszuführenden Arbeiten am besten, gerechtesten und vorteilhaftesten zu vergeben seien. Tie cheoretische Erwägung und die praktische Erfahrung haben cher gelehrt, daß es für die Gemeinde vorteilhaft ist, wenn Mr die Ausführung einer Arbeit Angebote von meh reren Bewerbern beige zogen werden. Ties'' führt zu dem ziemlich allgemein befolgten Grundsätze: „Tie Uebertragung einer Arbeit im- Akkvrdwege auf Grund gehaltener Ausschreibung ist der Vergebung im Dageliohne vvrzuziehen." An diesem Prinzipe, dem ddr Ausschreibung''und der Akkordvergcbung, wird man im Interesse der Gemeinde festzuhalten haben, allerdings nicht ohne Ausnahme, wie unten zu zeigen ist. 2. Tie Ausschreibung selbst kann verschiedenartig sein: a) öffentlich oder nichtöffentlich. Tie öffentliche d. h. int Amtsblatts des Rates und nach Befinden noch in anderen Blättern bekannt zu gebende soll die Regel bilden, dfi sie jedem Gewerken die Betei ligung ermöglicht. Tie nichtöffentliche Ausschreibung wird in der Regel dann zu wählen sein, wenn nur bestimmte Hewerken mit der Arbeit betraut werden sollen. Die Aus schreibung kann nämlich weiter sein: b) unbeschränkt oder beschrankt. Tie völlig unbeschränkte Ausschreibung ist.nur dann zuwenden, wenn die Konkurrenz auswärtiger Bewerber aus besonderen Gründen wünschenswert ist. In der Regel wird aber die Ausschreibung auf einheimische Gewerken zu beschränken sein. Tiefe beschränkte Ausschreibung soll über regelmäßig öffentlich erfolgen, sodaß man die öffentliche, auf einheimische Ge werken beschränkte Aus'schreibungals die regelmäßige Form der Ausschreibung bezeich nen kann, von der nur auf Grund besonderen Be schlusses abgewichen werden darf. In Manchen Fällen wird nämlich eine weitere Be schränkung zweckmäßig sein in der Weise, daß von vorn herein nur bestimmte Gewerken ins Auge gefaßt werden. Ties wird insbesondere eintreten, wenn nur auswärtige Bewerber in Frage kommen (z. B. bei der Vergebung einer Dampfheizung). Hier würde die unbeschränkte Konkurrenz zu einem Uebermaß an Angeboten führen, deren Sichtung und Beurteilung einen »»verhältnismäßigen Aufwand an Zeit und Geld erfordern würde. Wenn neben einheimischen euch fremde Gewerken zur Konkurrenz herangezogen wer den sollen, muß die Ausschreibung unbeschränkt und öffent lich erfolgen. Um aber auch in diesen'Fällen ein über mäßiges Angebot zu verhüten, wird Man zweckmäßig dM Ausschreibung nur iM Amtsblatte veröffentlichen. Tann nmß es jedoch zulässig sein, einzelne auswärtige Tiefe renten auf die Ausschreibung aufmerksam zu machen. 3. Tie schwierigste und umstrittenste Frage ist die, in welcher Weise und nach! welchen Grundsätzen die Ver gebung der ausgeschriebenen Arbeit erfolgen soll. Es ist hierbei zu scheiden die nichtöffentlich^ und beschränkte von den anderen Formen der Ausschreibung. a) Bei der nichtöffentlichen und beschränkten Aus schreibung erhalten bestimmte Gewerken die Aufforderung, sich um eine Arbeit zu bewerben. Hiermit gibt man diesen Gewerken einen Beweis des Vertrauens, denn man würde und sollte sie nicht cheranziehen, wenn man sie nicht für auf alle Fälle geeignet hielte. Dies!' hat aber zur Folge, daß Man unter ihnen den MindesGordernden berücksich tigen muß. Tienichtösfentliche und beschränkte Ausschreibungmuß deshalbimmer eine Sub mission, eine Ausschreibungen den Mindest fordernden sein. Tiefe Regel erleidet nur dann selbstverständliche Aus nahmen, wenn das Angebot etwa stsarke Irrtümer oder Fehler aufweist, oder zwischen Ausschreibung und Vergeb ung Tatsachen eintreten oder bekannt werden, die ein Zu rückweisen des Gewerken rechtfertigen. Tagegen darf die Tatsache, daß die eingesetzten Preise niedriger sind, als mit der gewissenhaften Ausführung der Arbeit im allgemeinen vereinbar iH nicht zur Zurück- oeisung führen. Hieraus ergibt sich, daß die nichtöffent liche und beschränkte Ausschreibung nur mit Vorsicht und nur ausnahmsweise anzuwenden ist. b) Fash unüberwindliche Schwierigkeiten aber macht es', bei der öffentlichen Ausschreibung, nchg sie unbeschränkt oder auf die einheimischen Gewerken beschränkt sein, eine gerechte, die Interessen der Gemeinde und der Gewerken ivahrnehmende Art der Vergebung zu finden. Man muß zunächst feststellen: die "öffentliche Ausschreibung braucht keine Submission zu sein, sie braucht nicht zur Vergebung an den MindesGordernden zu führen. Tie unbedingte Sub mission, die rücksichtslose Heranziehung des' Mindestfor dernden ist es ja, die das Submissionswesen in Verruf gebracht hat, weil' es' zur Prcisdrückerci und Schleuder konkurrenz verleitet. Darüber ist Man ziemlich einig aber »stn ist völlig uneinig darüber, wasj an Stelle der Sub mission zu treten hat. Die Vergebung an den Vorletzten, die Vergebung an den Mittleren (Mittelpreisverfahren) werden vielfach der Vergebung an den Mindestfordernden vorgezpgen. Aber die Praxis hat gezeigt, daß auch diesen Verfahren große Mängel anhaften. Insbesondere erschei nen sie ungeeignet Mr kleinere Gemeinden. Denn hier liegen häufig eine so geringe Anzahl von Angeboten vor, daß ein abnorm niedriges oder hohes Angebot vvn ailzu- gvoßeM Einflüsse auf den Mittelprcis ist, sodaß auch die ser häufig sich als ein unangemessener darstellen wird. Beim Mittelpreisverfahren ist es notwendig, alle Gebote, die eine gewisse Grenze übersteigen «oder nicht erreichen, außer Berechnung zu lassen, dazu müssen aber eine grö ßere Anzahl von Geboten vorliegen, als bei uns häufig der Fall ist. .Außerdem haben diese Vergebungsformen den-großen Nachteil, daß sie sehr leicht die berechtigten Interessen der Gemeinde verletzen. In der Befürchtung, ja nicht zu geringe Forderungen zu stellen und darum unberücksichtigt zu bleiben, werden vvn Gewerken leicht höhere Forderungen gestellt, als die sachgemäße Ausfüh rung erfordert, sodaß schließlich der Genrein.de Opfer aus erlegt werden, die sich vor der Allgemeinheit nicht recht fertigen lassen. Tatsächlich ist denn auch das Mittelpreis- verfahren wiederholt vvn Stadtverwaltungen versucht, aber wieder aufgegeben worden. Man wird sich überhaupt der Erkenntnis nicht ver schließen können, dwß eine Mr alle Verhältnisse und Fälle passende ForM der Vergebung niemals gefunden werden kann, well die Verhältnisse selbst allzu verschieden sind. Was' sich Mr die Gvoßstzadt eignet, taugt nicht ohne weite res Mr die kleinere Gemeinde. Gerade im vorliegenden Falle hat man Mr die Mittelstadt hie Möglichkeit, die angedeuteten Schwierigkeiten bei der Vergebung wenig stens zum guten Telle zu überwinden. In einer Stadt von der Größe Riesas sind die Verhältnisse noch nicht so groß und unübersichtlich, daß die einzelnen Gewerken ihrer Leistungsfähigkeit und besonderen Fertigkeit, ihrer Soli dität und Zahlungsfähigkeit nach den Mitgliedern der be rufenen Mdtischen Kollegien unbekannt wären. Nötigen falls ist eine ziemlich zuverlässige Orientierung leicht aus führbar. Ferner sind auch die ortsüblichen, angemessenen Preise Mr Material und Arbeit in den meisten Fällen bekannt oder leicht zu ermitteln. Dies führt zu der Lö sung: Tie Angebote sind sachlich zu prüfen und die Uebertragung erfolgs an den oder die Bewerber, deren Angebote bei angemes- senen Preisen eine solide Ausführung er- möglichen und nach derPerson der Bewerber erwarten lassen. Freilich erwächst bei dieser ForM der Vergebung der Verwaltung eine ungleich größere Arbeit und Verantwor tung, als wenn auf Grund einer einfachen Rechnung der Billigste oder Mittelste usw. den Zuschlag erhält. Mer die Arbeit dürfen wir nicht scheuen und ebensowenig die Verantwortung- aber andererseits dürfen die bei der Ver gebung beteiligten Mitglieder der Verwaltung verlangen, daß man ihren guten Willen, gerecht zu sein und der Stadt Bestes zu wollen, nicht bestreitet. Sonst gibt es nur eine Lösung: Die Submission, die rücksichts- und schonungs lose Vergebung an den Billigsten, die gerade nicht im In teresse der Gewerken liegt. 4. So notwendig und unentbehrlich djais Ausschreib ungsverfahren Mr die städtische Verwaltung ist, so darf e-i doch nicht auf Gebiete erstreckt werden, Mr die es be grifflich nicht geeignet ist. Eine Ausschireibung ist nur dort am Platze, wo eine Kalkulation möglich ist, wo die größere oder geringere Leistungsfähigkeit der Gewerken, ihre größere oder geringere Geschicklichkeit in der zweck mäßigen Ausnützung des Materials Und der Arbeitskraft und schließlich die Tatsache daß der eine in der Lage ist, die Materialien und Rohstoffe vorteilhafter einzukaufen als der andere, mit Notwendigkeit zu einer Verschieden heit der Preise führt. Daraus folgt, daß eine Ausschreib ung nur dann angebracht ist, wenn es sich, um"eine in sich abgeschlossene Arbeitsleistung, die Mit einer bestimmten Summe veranschlagt werden kann, handelt. Daraus folgt weiter, daß eine Ausschreibung nicht angebracht ist wenn es sich um eine Mehrzahl von Arbeiten handelt, deren Umfang noch völlig ungewiß ist und die im einzelnen ent weder keine abgeschlossenen Leistlingen darstellen oder die im einzelnen so unbedeutend sind, daß die Ausschreibung der einzelnen Arbeit untunlich ist So ist es bei den lau fenden Unterhaltungsarbeiten in den städtischen Kasernen. Bei diesen koMnck doch hinzu, daß es sich um Leistungen handelt, bei denen der Wert der zu liefernden Materialien völlig verschwindet hinter den aufzuwendenden Löhnen. Tie öffentliche Ausschreibung wird hier also zu einer Kon kurrenz der Lohnsätze. Nun besteht aber heutzutage eine weitgehende Gleichmäßigkeit der Lohnsätze, sodaß Kalku lationen, die sich auf die Löhne Hitzen, kaum zu nennens werten Verschiedenheiten'führen können. Ter Gewerke ist also gezwungen, den'Schaden,.den er durch ein den Löhnen nicht entsprechendes niedriges Gebot erleidet, auf andere Weise wieder auszugreichen. Ties führt zur Unsolidität und Unreellität und die Stajdtgemsinde hat keinen Nutzen von der Ausschreibung: sie muß das, was sie durch das niedrigere Angebot spart, auf der anderen Seite wieder zusetzen. Wenn man gleichwohl seit einigen Jahren auch Mr die Reparaturarbeiten in den! Kasernen das Ausschreib ungsverfahren eingeführt hat, so hat man dies offenbqx getan, um allen Gewerken!, die Möglichkeit zu geben, sich an den Arbeiten zu beteiligen. Mer dieses Ziel kann auch ohne Ausschreibung erreicht werden. 5. CS wird folgendes Verfahren vvrgeschlagen: Die in Frage kommenden Gewerken als: Baugewerken, Schlos ser, Schmiede, Stellmacher, Tischler, Glaser, Klempner, Töpfer, Maler, Dachdecker werden im Januar jeden Jahres! durch eine Bekanntmachung im Amtsvlatte ausgesordert, sich zu Melden, wenn sie während der nächsten Periode! (von April bis März) bei der Vergebung von' solchen Ar beiten, die nicht ausgeschrieben werden sollen, berücksichj- tigt werden wollen. Mit den Gewerken, die sich innerhalb einer Frist gemeldet haben, werden dann die Preise für die üblichen Materialien und die zu zahlenden Lohnsätze vereinbart. Diese Festsetzungen unterliegen der Geneh migung des Bauausschusses und dies Rates. Hierauf wer den vom Bauausjschusse im Einvernehmen mit den übrigen in Frage kommenden Ausschüssen dem Rate Vorschläge unterbreitet, in welcher Weise die Gewerken auf sämtliche städtische Gebäude und Anstalten (nicht lediglich die Ka sernen» verteilt werden können. Nachdem''die Vorschläge rom Rate — »»geändert oder adgeänderl -- genehmigt worden sind, werden Mr die einzelnen Anstalten (Kaser nen — Gaswerk — Wasserwerk — Schlachthof — Ritter gut — Krankenhaus — Rathaus Mit Brauerei — sonstige Gebäude) je eine „Gewerken! iste" ausgestellt. In diese Liste werden von der betr. Verwaltung alle Arbeiten, die im Lause des Jahres von jedem Gewerken ausgefichrt werden, Mit den Rechnungsbeträgen eingetragen. Tarnt die Listen immer auf dem laufenden sind, müssen die Ge werken verpflichtet werden, alsbald nach Fertigstellung der Arbeit, spätestens aber nach vielleicht 14 Tagen Rechj- nung einzureichen, widrigenfalls sie solange unberücksich tigt bleiben, als die Rechnung ausstseht. Diese Listen werden einerseits im Laufe des Jahres einen Ueberblick über die Beteiligung der Einzelnen Gewerken au den Arbeiten der ihm zugewiesenen Ausfall geben, andrerseits aber am Schlüsse der Periode djie Grundlagen zu einer allgemeinen Zusammenstellung bieten, aus! der sich die Beteiligung des einzelnen Gewerken au den städtischen Arbeiten über haupt ersehen läßt. Diese Zusammenstellung gibt dann eine gute Grundlage bei der Neuverteilung ab. Auf diese Weise könnte vielleicht eine einigermaßen gerechte Verteilung der Arbeiten zu erzielen sein. Aller dings wird man im Interesse der Stadtgemeinde darauf halten müssen, daß in besonderen AusNahmefällen auch die Zuziehung einess anderen, aV des -»gewiesenen Ge werken erfolgen darf, wenn die Besonderheit der Arbeit dies erfordert, und ferner wird miau rücksichtlbs Gewesen ausschließen Müssen, wenn gegen ihre Arbeiten begrün dete Ausstellungen zu machen sind. Gründung einer StreikentschSdigungsgesellschaft dnrch den Verband Sächsischer Industrieller. Seit mehreren Jahren ist der Verband Sächsischer Industrieller bestrebt gewesen, nicht nur die wirtschaftlichen Interessen seiner Mitglieder zu vertreten, sondern die Or- ganisation deS Verbandes auch in den Dienst der Arbeit gebersache zu stellen, um dem steigenden Einfluß der Ar- beiterorganisationen eine zum mindesten gleichwertige Zu- sammenfafsung der Kräfte deS Unternehmertums entgegen, zustellen. Diesem Gedanken entsprang die von dem Ver- band mit durchgeführte Unterstützung der Crimmitschauer Fabrikanten in dem bekannten dortigen Streik, sowie die Beteiligung deS Verbandes an der Gründung des Vereins deutscher Arbeitgeberverbände, dem heute bereits Arbeit- geberorganisationen mit etwa einer Million beschäftigter Arbeiter angehören. Im Schoße dieses Vereins ist die Idee der Begründung von Streikentschädigungsgesellschaftcn, die in ähnlicher Form früher schon im Verband von Ar beitgebern der sächsischen Textilindustrie durchgeführt war, besonders propagiert und in verschiedenen Verbänden zur Ausführung gelangt. Nachdem die ständig wachsende Mit- gliederzahl deS BerbandeS Sächsischer Industrieller diesem die Möglichkeit eröffnete, ebenfalls auf einer breiten, daS Risiko auf möglichst viele Schullern verteilenden Basis eine derartige Gesellschaft ins Leben zu rufen, beschloß der Ge- samtsorstand deS Verbandes, ein Rundschreiben an die Mitglieder zu richten, in dem die Grundzüge der gedachten EntschädtgungSgesellschaft dargelegt waren, und um Mit teilung über die es. Beteiligung gebeten wurde. DaS Er gebnis dieses Rundschreibens «ar derartig zufriedenstellend, daß der Verband zum 10. April d. I. eine Versammlung derjenigen Firmen, welche prinzipiell ihre Bereitwilligkeit zur Beteiligung an einer derartigen Gesellschaft erklärt hatte, nach dem Hotel Bristol in Dresden berief, um über die weiteren Schritte zur Verfolgung deS gefaßten Plane» Beschluß zu fassen. AIS Ergebnis der gestrigen außerordentlich stark be suchten Versammlung kann die Begründung einer Streik- entschädigungSgesellschaft deS BerbandeS Sächsischer In dustrieller angesehen werden. Zu den vorgelegten Satz ungen wurden nur wenige Abänderungswünsche geäußert, die Errichtung der Gesellschaft jedoch einstimmig unter leb- haftem Beifall beschlossen, und ein Ausschuß, bestehend au» den Vertretern der hauptsächlich beteiligten Industriezweige gewählt, der die weiteren Arbeiten der Gesellschaft bi» zu ihrer formellen Konstituierung führen soll. Die finanzielle Situation der voraussichtlich am 1. Juli in» Leben treten den EntschädigungSgesellschaft scheint umsomehr sicher ge-