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mußte. Sein.Bild verblaßte nicht, es stand auf dem Goldgründe reiner Erinnerung. Vielleicht nach Jahren wird sie mit dem Mana über jene kurze Lebensepisode sprechen können, mit dem Manne, dem sie in ehelicher Liebe sich zu eigen gibt. — Frau Marie machte sich große Sorge um Bruno. Er war sttten in SchornstLtten, sah traurig und blaß aus und zog sich von dem nachbarlichen Verkehr zurück. ,Lch muß nach meinem Jungen sehendachte die zärtliche Mutter und fuhr eines Tages nach Rodenbach hinüber, ohne ihrem Manne vorher etwa- zu sagen. Baron Schorn war in Geschäften verreist. Rodenbach befaß ein große-, langgestrecktes Haus mit etwa- niederen, geräumigen Zimmern, die, notdürftig möbliert, einen unwohnlichen Eindruck machten. Man sah e» den Stuben an, daß ein einsamer Junggeselle in ihnen hauste; die ordnende Hand einer Frau fehlte. Da- dachte Fran von Schorn, aK sie durch die lange Zimmerflucht schritt, ihren Sohn suchend. Sie fand ihn im letzten Zimmer. Bruno saß müßig am Schreibtische, hatte den Kopf in die Hand gestützt und war so tief in grübelnde Gedanken vev- snnken, daß er den Schritt der Mutter überhörte. Sie legte die Hand auf feine Schulter. Tr fuhr au- feinen Träumen auf. „Mutti, bist Du gekommen?" sagte er ausstehend. „Da- ist aber hübfch von Dir! Nimm doch Platz." Er schob ihr einen Sessel hin und blieb vor ihr stehen. Frau von Schorn hielt de- Sohnes Hand fest. -Mein Jungt," sagte sie, „so kann eS nicht weiter gehen. Du gefällst «tr nicht! Ich bin gekommen? um Wär zu helfen . " Er schüttelte den Kopf. »Wir kann niemand helfen," sagte er leise. »Komm her, mein Kind. Denke, Du bist wieder der Seine Knabe, der mit feinen Leiden und Freuden zur Mutter kam. Habe Vertrauen und sprich Dich aus. VaS drückt Dich?' Die treue, warme Mutterhand gab ihn nicht frei. Und wie einst al- Junge kniete der Mann jetzt nieder, und kein Herz floß über. Er sprach von seiner Liebe DU Emmy, und daß er nicht- zu hoffen habe. „Ich kenne d«S Vater» Ansichten; nie würde er in eine Heirat einwilligen, Mutter." »Da- laß meine borge sein," Versetzte Frau Marie. »Mutter, ich habe mich getäuscht, Emmy klebt mich picht. ^Ste hatte Mitleid mit mir, weiter nicht-1" »Warum glaubst Du da»?" fragte Frau von Schorn. »Sie hat mir geschrieben, daß sie unfern Briefwechsel ckbzubrechen wünscht, und sie hat eine Stellung in Eng land angenommen." Frau von Schorn schwieg, sie Legte nur die treuen Mutterarme fester um den Sohn. Hoffnung wollte sie ihm nicht machen, aber sie beschloß, alle» zu tun, was in tzren Kräften stand, um Licht in die Sache zu bringen. »gch muß »och heute mit Hugo sprechen," dachte Fra» Marie. «Mein Aller hat einen Starrkopf in man che» Dingen, aber trotzdem ein gute» Herz, und er ist bisher stet» meinen Bitten zugänglich gewesen." »Komm doch mit nach Schornstätten, Bruno," sagte die Baronin. „Wag fitzest Du hier einsam in dem gro ßen, öden Hause?" »Ja, einsam ist e», Mutter." Sie suhren zusammen fort. Baron Schorn erwartete sein Mariechen ungeduldig. Er wollte ihr einiges mitteilen, waS auf die Wirtschaft Bezug hatte, ihren Rat hören, denn er war gewohnt, sich ihn bei ähr zu holen. In dieser glücklichen Ehe herrschte völlige llebereinstimmuug. Sollte eS der verständigen Frau setzt nicht glücken, sie in diesem wichtigen Punkte z» erzielen? da e» sich um da» Glück ihres Sohne- st»»d«tte? Brunos stilles- gedrücktes Wesen siel dem Vater auf. „Mariechen," sagte Schorn, als sie'abends allein waren, „was zum Kuckuck ist mit dem Jungen los? Er ist jetzt doch gesund uni» hat eine sorgenlose Existenz, ihm fehlt doch nichts!" „Glaubst Du das, Hugo?" Frau Maries Stimme klang bewegt. „Was sollte ihm denn fehlen?" „Ich sagte Dir schon früher, daß er Emmy Ludolfs liebt; seit heute weiß ich es bestimmt," entgegnete Frau von Schorn. Ihr Mann brummte etwas in den Bart und schüt telte den Kopf; seine Stirn zog sich zusammen. „Hugo," begann Frau von Schorn wieder, „sieh doch endlich einmal ein, oaß Du Deine Standesvorurteile ausgeben mußt. ES handelt sich nm unsere- Kinde- Glück, er könnte keine bessere Frau finden!" „Nein, nein, ich WM nichts davon hören, Mariechen." »Ueberlege c- Dir, Alter, bitte!" Sie legte den Arm um ihn. — Aber Baron Schorn schien nicht geneigt; nachzu geben. Einige Tage war er mißvergnügt und schweigsam. Die kluge Frau wartete geduldig, sie kannte ihren Gatten. Er brauchte Zeit, bi- er schülssig wurde. — Endlich nach fast einer Woche fing sie da- Gespräch an, und dieses Mal siegte deS BaterS Herz. „Wenn Du wirklich glaubst, daß Bruno» Lebens glück an dem Mädchen hängt, so mag er sie in Gottes Namen heiraten," sagte Schorn noch etwas brummig. ,Lch wußte doch, daß mein Mer ein zu gutes Herz hat, um eigensinnig auf seinem Willen zu bestehen !" rief die Baronin. 'Er umarmte sie herzlich. „Mariechen," sagte er, „wir wollen hoffen, daß sie ebenso glücklich werden, wie wir eS sind." Frau twn Schorn hatte plötzlich dringende Besor gungen in Berlin. Sie reiste hin und schrieb an Emmy, sie bat sie, zu ihr in» Hotel zu kommen. Ludollf waren vor drei Wochen au- Deep zurück gekehrt. Mit klopfendem Herzen betrat Eminy da- Zimmer der Baronin, die ihr Aeich so freundlich entgegenkam; daß da- junge Mädchen befangen vor ihr stand. »Mein liebe- Kind," begann die Mutter Bruno-, »ich komme al- Botin meine» Sohne» zu Dir; er liebt Dich aufrichtig. Willst Du seine Frau werden?" Bon einem grellen Lichte geblendet, stand Emmy da. Sie sand keine Worte. Ne senkte den Kopf, heiße Röte bedeckte ihr Gesicht. Frau von Schorn zog sie zitternd an sich. Sie wiederholte leise ihre Frage. Da beugte Emmy sich weinend über die mütterliche Hand. ,Aa," lispelte sie, „aber bin ich Ihnen und Ihrer Familie auch willkommen?" -Ach stände nicht hier, wenn e» anders wäre, mein kiebeS Kind," entgegnete die Baronin- „mein Mann und ich heißen Dich herzüch willkommen. Morgen ist Sonnabend, Du mutzt gleich mit mir nach Schornstätten. Bruno weiß noch nicht» von meiner Werbung, ich möchte ihm seine Braut bringen. Gehe jetzt nach Hause und er zähle Deiner lieben Mutter alle-; ich hoffe- sie freut sich mit uns." »Mutter!" Mehr vermochte Emmy nicht zu sprechen. Sie fühlte, wie die Sonne zu ihr kam- goldig und über wältigend für die Blume- die bisher im Schatten geblüht hatte. — Frau von Schorn telegraphierte nach Hause: „Alles in Ordnung. Benachrichtige Bruno< er soll morgen in Schornstätten sein. Schweigen er beten." Um sechs Uhr abend- trafett Emmy und die Baronin! in Schornstätten ein. — — Maffcuaufla-e« für Rotationsdruck. Avise Adretz- und Geschäfts kosten vrteskSps«, vrtefleistea Bestellzettel Broschüren, Billett Deklarationen LauksagunzS» and EinladangSbriese Sialatzkartea Etiketten aller Art Fakturen, Flugblätter Formulare tu dt». Garten Frachtbrief» Gebrauchsanweisungen Kremdcnzettel Haus- und Fabrik» Ordnungen Geburtsanzeigen HochzeitSttaladnngen -Zeitungen und -Gedichte Sasteulchilder Kostenanschläge Kataloge. Kontrakt« Kontobücher Lohnlisten, Mahnbriefe Mitteilungen, Menn- Musterbücher, Notas Vlakote Programm« Brettkurante Postkarten, Oatttungea Rabattmarken Rechnungen Speisen- and Weinkarten Statuten, Tauzkortea Stimm-, Theater» mtd Sackzettel Visiten- »nd Verladungskosten Wechsel. Werke Zirkulare. ZeugntT« re. re. re. slimer fsgedlslt — Amtsblatt — Fernsprechstelle Nr. 20. Lelegramm-Adreffe: Tageblatt Riesa. Die vuchdruckeret von Langer zMteM tT- Langer und H. Schmidt) KISSB Sortheftrabe Nr. ö» hält sich zur Anfertigung nach stehender Drucksachen bet sauberer Ausführung und billigster Preis stellung besten» empfohlen. Alles übrige läßt sich! leicht denke». Baron Hugo hieß das junge Mädchen herzlich will kommen. Hatte er erst A gesagt, so mußte er B sagen. So dacht er, uns es wurde ihn: nicht allzu schwer, als er die strahlenden Gesichter des Brautpaares sah. Bruno und Emmy gingen Arm in Arm durch den Garten, der schon im herblichen Schmucke zu prangen begann. „Kleiner Kamerad," sagte Bruno, „so habe ich Dich gewonnen; fürs ganze Leben bist Du mein." Sie schmiegte sich an ihn. »Ja, Liebster, fürs ganze Leben.."; * Lörsbach kam nach dem Manöver nach Schornstätten? Er freute sich über des Schwagers Verlobung. „Ja, diese Ludolffs sind prächtige Menschen," sagte Irmgard. „Wieviel habe auch ich Margarete zu ver danken! Wie wird sie mir in G. fehlen!" Elfriede hörte es. Sie dachte an Ernst- an den Menschen, der ihr nahe gestanden, in dessen Seelenleben sie so tiefen Einblick getan. Auch er hatte ihr viel ge geben. Die Erinnerung sollte ihr heilig bleiben als etwas sehr Schönes und Unvergeßliches. „Es ist die Rede davon, daß wir versetzt werden," erzählte der Hauptmann, „vielleicht in eine große Stadt. Freut es Dich, Irmgard?" „O! ich habe G. lieb gewonnen," versetzte sie be dauernd, »dort fanden wir das Glück, Reiner." „Es wird unS überall treu bleiben, mir ist nicht bange." Lörsbach sagte es heiteren Auges und umarmte seine Frau. Sie reisten im Herbst nach G. zurück. Bald darauf kam Gras Rombeck nach Schornstätten. Elfriede wußte, daß ihre Stunde geschlagen hatte. In mädchenhafter Be fangenheft stand sie vor ihm. „Sie sagten, ich soll übers Jahr noch einmal jene ernste Frage an Sie stellen, von der das Glück meines Lebens abhängt. Welche Antwort geben Sie mir, gnä diges Fräulein?" Sie hob die Augen zu ihm empor. Was er gehofft in langem, geduldigem Harren, — eö leuchtete ihm aus. den dunklen Sternen entgegen. Wortlos zog er sie an sich. »So habe ich Dich doch gewonnen, mein Lieb." -La, ich bin Dir gut," flüsterte sie an seiner Brust. Diese zweite Verlobung erregte große Freude in der Familie. Baron Schoru sagte zu seiner Frau: „Mariechen, unser Kind wird glücklich werden- so wie Du und ich eS sind." Ein Jahr später versammelten sich alle in Schorn stätten. Die beiden jungen Paare- Lörsbachs und der Gymnasiast, der unterdessen Oberprimaner geworden war. LörSbachs waren nach Königsberg versetzt. Zu ihrer Freude lebten sie in derselben Stadt mit Wests, sogar auf dem Nachtigallensteg, ganz in ihrer Nähe. Frau Ludolfs war auch nach Königsberg gezogen; ihr jüngster Sohn studierte fleißig in Berlin. Las Bild „glückliche Menschen" hing jetzt in Holmstedt, und immer wenn Elfriede eS ansah, dachte sie an jenen Tag in der Berliner Kunstausstellung und an Ernst Ludolfs, der ihr zuerst von der „Sonnensehn sucht" gesprochen, die in jedem Menschenherzen lebt. Er hatte in Zeinen letzten Stunden das gesunden, was er sein Leben lang gesucht. Elfriede dachte es, und sie bewahrte ihm ein teures Andenken an der Seite des edlen Mannes, dem sie an gehörte. Mit jedem Tage schätzte sie Rombeck mehr. „Mariechen, wer ist wohl am glücklichsten?" fragte Baron Hugo seine Frau. ,Lch glaube wir zwei Alten." -La, das glaube ich auch," antwortete Frau von Schorn, „Das Bild „glückliche Menschen" paßt auf unS!" '.MM SM «Wik lM WW. Zur 25. Wiederkehr seine» Todestage», S. April. Bon Johanne» Theodor. Einer unserer beliebtesten deutschen Dichter, liesse» Lieder und Gedichte noch heute von^pmg und alt gern gelesen werden, ist Joseph Viktor von Scheffel. Wer liest nicht mit innigem Behagen das wehmutsvolle „Es ist nn Leben häßlich eingerichtet, daß bei den Rosen gleich die Dornen stehn" mit seinem herrlichen Refrain: „Behüt dich Gott, es wär zu schön gewesen, behüt dich Gott, es hat nicht sollen sein." Wer wird nicht von aufrichtiger Freude erfüllt beim Le,en des reizenden Liedes: „Lind duftig hält die Maiennacht jetzt Berg und Tal gefangen" mit seinem zum Himmel emporjauchzenden Schluß: „Wie wunderschön ist doch der Mai! Feinslieb, ich tu dich! grüßen!" Ich erinnere ferner an die von köstlichem Humor sprudelnden Meditationen des Katers Hiddi- geigei: „Warum küssen sich die Menschen? s'ist nicht Haß, sie beißen sich nicht, Hunger nicht, sie fressen sich nicht," oder an seine Klage über die Menschen: „O die Menschen tun uns unrecht," mit dem reizenden Schlüsse: ,La, sie tun uns bitter unrecht, und was weiß ihr rohes Herze von dem wahren, tiefen, schweren, ungeheuren Katzenschmerze?" Oder wer kennt nicht daS herzinnig«? „Alt Heidelberg, du seine, du Stadt an Ehren reich, am Neckar und am Rheine kein' andre kommt dir gleich" oder da- urwüchsige „Als die Römer frech geworden, zogen sie nach Deutschlands Norden" oder das prächtige „Wohlauf, die Lust geht frisch und rein; wer lange sitzt, muß rosten," und wie sie alle heißen? Es ist wohl nicht ein einziges, das man nicht mit innigem Behagen und aufrichtiger Freude liest. Wenn nun am S. April ds. Js. 25 Jahre seit dem Tode Viktor von Scheffels ver gangen sind, so dürste es wohl am Platze sein, uns den Lebensgang deS Dichters in Kürze vorzuführen und dabei auch seiner Schöpfungen mit einigen Worten zu gedenken. Joseph Viktor von Scheffel ist geboren am 16. Febr. 1826 in Karlsruhe, wo sein Vater als Major im ba- bischen Geniekorps und Oberbaurat lebte. Seine Mutter- Josephine geborene Krederer, war eine begabte Gelegen- heitsdichterin, die sich auch dramatisch versuchte und sehr schön Märchen zu erzählen verstand. Mit 17 Jahren bezog er die Universität, um Rechtswissenschaft zu stu dieren, und zwar studierte er in München, Heidelberg und Berlin. Allein an der RechtSgelehrsamkeit hatte er wenig Gefallen, und daher studierte er nebenbei auch Philosophie und Kunstgeschichte, später auch Germani stik. In: Jahre 1847 bestand er sein Staatsexamen, und nachdem er als Doktor der Rechte promoviert hatte, begleitete er im Sommer 1848 den ReichSkvmmissar Welcker als Sekretär auf seiner Reise nach Laucnburg in Sachen Schleswig-Holsteins. In den Jahren 1850 und 1851 arbeitete er als Rechtspraktikant in Sackingen und das folgende Jahr im Sekretariat des Hofgerichts in Bruchsal. Doch entsagte er später völlig der juri stischen Laufbahn, auch nachdem er 1854 zum Reseren- dar ernannt worden war. Sein Plan »var, Maler zu wer den; und so begab er sich im Mai 1852, die große Zeichenmappe unterm Arm, nach Italien und zwar zu nächst nach Rom. Aber auf italienischem Boden ging der Kampf, der auch in früheren Jahren schon sein Inneres bewegt hatte, erst recht wieder los. Don qual vollen Zweifeln geplagt, flüchtete er endlich nach der Insel Capri, wo er zu der Erkenntnis gelangte, daß er nicht zur Malerei, sondern zur Dichtkunst veranlagt sei, und hier entstand sein dichterisches Erstlingswerk „Der Trompeter von Säckingen, ein Sang vom Ober rhein." Dieses echt deutsche Lied, welches er am 1. Mai 1853 „seinen teuren Eltern" mit einer Zueignung über sandte, wurde zwar anfangs in Deutschland sehr kühl ausgenommen, doch bald zeigte es sich, daß er damit die reihte Wahl getroffen hatte, denn durch dasselbe wurde sein dichterischer Ruhm begründet. Die Veranlassung zu