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l Dv^uerstn;;, 28. Juni v^e^ss. 147. 2'»chr^. Beilage;«m „Riesaer Tageblatt Druck »ch <«!«> W» >«NH«r t Winterlich in Nirs«. — Kür di» Nrdakii,-n r«.-nM«wrNIch: Hrrm«nn Schmidt in Niria. lblrltSimlrivI Mats- u. «atSschrot Ruff. Roggeuttete vaumwollsaatmehl Orrfteuschrot RoggenqrieS Maisschlempe WetMschale« Biertreber, zetr. Mal;keime usw. V. KvriWK L 6a. ki«8» — L1d»1r.W8v u. Idün-xeinlLksil Peru-Ävauo Superphosphat Thoma-«ehl Mch-Äua«o Ammontaksuperphosphal Kalisalz Knochenmehl Chtle-Lalpeter Katutt ns». Bebel und der Massenstreik. Der „Vorwärksf" veröffentlicht in offiziösem Sperr druck eine lange Kundgebung Bebels" zur Frag" des Nässenstreiks. Ein Gewerkftftafts'blatt, die „Eingkeit", >atte auf Grund von Aussagen eines Genossen Silber- chmidt über geheime Abmachungen zwischen dem svzial- «emokratifchen Parteivvrstand und den Vorständen der gewerkschaftlichen Zentralverbände in bezug auf den istncral- oder Massenstreik berichtet. Danach sollte Bebel u einer geheimen Konferenz erklärt haben, der Partei- «orstand hätte nicht die Absicht, den politischen Mass'n- trcik zu propagieren. Nur für den Fall, daß ein sol- lier Streik doch ausbräche, habe V -bel gewisse Verein wrungen mit den G.weichcha.teu vorges,l g n. Ta.i.it Ktte er sich jedoch in Widerspruch gesetzt zu de« Be- chllüssen des Jenaer Parteitages und zu seiner eigenen damaligen Rede, worin er die Propagierung des Massen streiks empfahl. — Hiergegen verwahrt sich nun Herr Bebel'' im Vorwärts. Er nennt zunächst den Bericht der Einigkeit eine „plumpe Indiskretion" und „konstatiert" dann: „daß Pas in dem Protokoll über die Konferenz der Zentralverbände wiedergegebene Referat des Ge nossen Silberschmidt über die Verhandlungen zwischen Generalkommission und Parteivorstand voll von Miß verständnissen ist und Namentlich die von mir wäh rend der Verhandlungen skizzierten sechs Punkte, die Silberschinidt dem Sinne nach wiedergegeben haben will, stark entstellt wiedcrgegeben sind. Es bedarf nicht erst der Versicherung, daß sich meine Rede ein schließlich der formulierten sechs Punkte ganz im Sinne meines Jenaer Referats und der dort angenommenen Resolutionen hielt, anderenfalls wäre mein Verhalten nicht nur eine unbegreifliche und unverzeihliche Selbstdesavouierung gewesen, es würde auch! seitens meiner mltanwesenden Kollegen miss dem' Parteivor stand eine entsprechende Zurückweisung erfahren hc.ben. Jch> habe nicht das Recht, mich über unsere Verhand lungen mit der GeneralöomMission, die streng vertrau liche waren, auszulassen. Der Zweck derselben: für den Fall eines Massenstreiks in bezug auf die inne zuhas tende Taktik zwischen der sozialdemokratischen Partei und den Zentralverbänden der Gewerkschaften die mög lichen Grundlagen zu einer Verständigung zu schaffen, wurde erreicht. Freund und Feind mag sich trösten, daß der Parteivorstand einschließlich meiner Person weiß, was gegebenenfalls die Situation ihm zu tun ge bietet. Schöneberg-Berlin, 26. Juni 1906- A. Bebe l." Ganz klar ist, bemerkt hierzu richtig der „T-r. Anz.", die Erwiderung nicht- Daß Vereinbarungen getroffen wor den seien „für den Fall"! eines^Massenstreiks, chatte auch die Einigkeit berichtet. Aber ob man übereinkam, den Massenstreik zu wünschen und auf ihn hinzuarbeiten oder nicht, darüber schfveigt Herr Nobel. Tas Jenaer Referat, auf das er verweist, war auch schon so vorsich tig gefaßt, daß es den Massenstreik nicht schlechthin em pfahl. Mit einigem guten Willen kann man es wohl so auslegen, daß der Massenstreik eigentlich nicht erwünscht sei, obwohl die Rede und der Beschluß im Zusammen hang der gguLen Parteitagsverhandlüngeu im entgegen gesetzten Sinne aufgesaßt werden und wirken mußten. Vielleicht ist mit Hilfe dieser Zweideutigkeiten mit den dem Massenstreik ganz abgeneigten Gewerkschaften ein feines Kompromiß geschlossen worden, dessen tieferer Sinn dem „Genossen" Silberschmidt verborgen blieb. Nicht ganz einfach mag .tzsl allerdings gewesen sein, galt fts doch! die Frage zu lösen, wie man eine Schlacht gewinnen kann, wenn die eigenen Kerntruppen — und das sind die bessergestcllten, in den Gewerkschaften organ'sirrt m Arbeiter — den Führern die Heer.'s.olge verweig.rn und „neutral" bleiben. TagesgeschichLe. Die Bestrebungen der Hanptstelle Deutscher Arbeitgeber- Verbände, die Stellung derjenigen ihr angeschlossenen Arbeitgeber verbünde, welche an ihre Mitglieder Streikentschädigungen zahlen, zu stärken und ihnen eine Rückendeckung zu ge währen, haben nunmehr nach sorgfältiger Vorbereitung zu einem Abschlüsse geführt: Am 23. Juni ist in Berlin ein Schützverband gegen Streikschäden unter der Leitung und Geschäftsführung der Hauptstelle Deutscher Arbeit geberverbände begründet worden. Bekanntlich ist es die erste Aufgabe der Hauptstelle, ihren Mitgliedern bei der Abwehr unberechtigter Forderungen und unberechtigten Vorgehens der Arbeiterschaft vollen Schutz dann zu ge währen, wenn die Abwehr des Angriffs der Arbeiter und ihrer Organisationen im allgemeinen Interesse der Unter nehmer liegt. In die Kämpfe von lokaler Bedeutung ein zugreifen, kann nichjt Aufgabe der Hauptstelle sein; hier muß es dem betroffenen Arbeitgeberverbande selbst über- lgssen bleiben, seing Mitglieder zu schützen. Satzungsge mäß hat aber die Haüptstelle hier die Aufgabe, durch einen Zusammenschluß dieser Verbände ihnen eine größere finan zielle Wirksattdkeit zu gewährleisten. Diesen Zweck erfüllt der gegenwärtig gegründete Schützverband gegen Streik schüden. Tie neuen Satzungen dieses Verbandes, die von der konstituierenden Versammlung eingehend beraten und genehmigt wurden, sehen vor,; daß, nachsdem der betroffene Arbeitgeberverband ein gewisses Maß von Leistungen er füllt hat, die Zahlung der weiteren Streikentschädigungen auf den Schüpverband übernommen werden kann. Tie Satzungen schaffen aber ausreichende Kanteten, daß ein solches Eintreten des Schutzverbandes nur dann stattsindet, wenn es sichf um Abwehr eines unberechtigten Angriffes der Arbeiter handelt. Tas Eintreten des'Schützverbandes setzt deshalb ein eingehendes Prüfungsverfahren nicht lediglich in finanzieller, sondern auch in sozialpoli tischer Hinsicht voraus. Ein Rechtsanspruch steht dem Mitglieds aus die Entschädigung nicht zu, vielmehr er folgt die Entschließung hierüber im Rahmen bef immter Grenzen nach dem billigen Erntessen der maßgebenden Organe. Tem neuen Verbände traten 53 Bezirks- und Ortsverbände, deren Mitglieder in ihren Betrieben ins gesamt etwa 285000 Arbeiter beschäftigen, bei. Ter Bei tritt weiterer Verbände steht zu erwarten. Mit dieser neuen Organisation-ist der Zusammenschluß der Unter nehmer um einen weiteren Schritt gefördert und die Machtstellung der Hauptstelle und der ihr «»geschlossenen Arbeitgeberverbande noch weiter gestärkt worden. Deutsches Reich. Die geplante Zusammenkunft dcS Kaisers mit dein Zaren soll nach zuverlässigen Meldungen aus Kiel jctzk oufgsgebsn kein. S «- „N.noo. '1'Vg Z'g '' nuldn: Der Bundesrat bat in seiner Sitzung vom 23. Juni tue Ucvergangrubgabe fr r das in die norddeuische Brausteuergemeinschast aus Bayern, Württemberg, Baden und Elsaß Lothringen eingeführte Bier mit Wirkung vom 1. Juli 1806 ab vorläufig auf 2,75 M. für den Hektoliter festgesetzt. Bei dieser Regelung kömuu auch die UebergangSsteuersätze der süddeutschen Staaten nr ihrer bisherigen Höhe einstweilen bestehen bleiben. Tste Art der Ordnung der Angelegenheit wurde, wie wir er fahren, gewählt, weil die von den Vertretern der verbür - beten Regierungen im Reichstage zugesagte Regelung der Uebergangssteuersrage für sämtliche Brausteuergebiete auf einheitlicher Grundlage in der kurzen Zeit bis zum In krafttreten des Brausteuergesetzes nicht ausführbar war. Der Bundesrat hat jedoch gleichzeitig eine aus Vertrete?« der norddeutschen Brausteuergemeinschast und der süddeut schen Brausteuergebiete gleichmäßig zusammengesetzte Kom mission eingesetzt, welche die Frage der künftigen Gestal tung der Uebergangssteuer für Vier )n den einzelnen Brau» steuergebieten alsbald prüfen und dem Bundesrat ent sprechende Vorschläge unterbreiten soll. Minister Graf von Feilitzsch, dessen Stellung als bayerischer Minister deS Innern vor kurzem als er schüttert galt, ist vom Prinz.Regenten in besonderer Weist ausgezeichnet worden. Der Prinz. Regent richtete an ihn aus Anlaß seines 25 jährigen MinisterjubiläumS ein über aus herzlich gehaltenes Handschreiben, in dem er der langen, erfolgreichen Tätigkeit und der unermüdlichen Schaffens freudigkeit des Ministers auf dem Gebiete der inneren Ver waltung gedenkt und ihm in Anerkennung seiner hohen, ausgezeichneten Verdienste die wärmsten Glückwünsche aus spricht. Mit dem Handschreiben wurde dem Jubilar von dem Chef der Geheimkanzlei Generaladjutanten Freiherrn von Wiedemann im Auftrage deS Regenten dessen von Alexander Fuks gemaltes Bild überreicht. Die Kammer der bayerischen ReichSräte verhandelte gestern über das Regierungspostulat für die GrundveiWer tung zu Umschlageinrichtungen in Aschaffenburg. Der Re ferent Prinz Ludwig führte aus, er teile nicht die Be fürchtungen, daß die Landwirte von der Mainkanalifleiung Nachteile haben würden. Die Sozialdemokraten hätten in der Abgeordnetenkammer der Vorlage nicht beitreten wollen wegen der SchiffahrtSabgaben. Diese seien auf den offenen , Ms AM Gebot. Roman von Maximilian Vrytt. 8) (Nachdruck verboten. DaS leise Knirschen der Schritte hatte sie bis jetzt von m Rauschen der See nicht-unterschieden — möglich, daß :seS Geräusch schon länger andauerte, als sie hier am uster saß. Wer war der ausdauernde Spaziergänger, der st zur Nachtzeit immer und ewig denselben Weg durch n Garten schweigend zurücklegte? Sie blieb wie festgebannt sitzen. Trotzdem sic ihr Auge, viel sie vermochte, anstrengtc, war es ihr nicht möalich, chr als einen Schatten zu erkennen, der von der Villa ialdsricdcn bis hinüber an den Straudwcg glitt — lang- m, bedächtig — um drüben zu wenden und bis zur Front s Hauses wieder zurückzukehren. Kein Zweifel: es war ein Mann, dieser schweigende ühtliche Spaziergänger. Aber ob er alt, ob er jung war, iS vermochte Hanna von ihrem Späherpostcn aus nicht zu itcrschcidcn. Vorgehen fieu Hauptes schlich der Unermüd- che hin und her, langsam sich umweudcnd an den beiden ndpunktcn des Weges. Tie Füße schien der seltsame und urchige Wanderer c.n wenig nachzuschleppen, wenigstens sichte sich in den Schall der leisen, unsicheren Schritte ein hlürsendcs Geräusch. Hanna erfaßte eine gewisse Unruhe. Sie war durchaus chl furchtsam, aber die Nähe dieses unbekannten Spazier« ngers hatte für sie doch etwas Unheimliches. Als sie sich jetzt leise von der Kranken angcrufen hörte, loß sie mit einiger Hast das Fenster und begab sich, leicht chaucxnd, zur Freundin. Sir mußte, dem Wunsch der Kranken folgend, darüber lSkunft geben, was die Gebrüder v. Gleichen über ihre chsten Schritte beschlossen hatten. Agathe vernahm mit sriedigung, daß ihr Verlobter noch am Abend verschiedene Telegramme abgcsandt hatte, um das gestern eingeleitcte Ur laubsgesuch wirkungslos zu machen. Auch lobte sie es, daß Hanna dem Doktor zugesprochen hatte, auf Reisen Erholung zu suchen. Die Kranke wußte jetzt wohl zu ermessen, was für qualvolle Kämpfe ihr Schwager insgeheim durchzumachen. gehabt hatte. Agathe schien so ruhig und gefaßt, daß Hanna ihrer Bitte, sich nun auch zur Ruhe zu begebcu, endlich nachkam. Bevor sie aber den Vorhang an ihrem Fenster herabließ, spähte sie noch einmal unruhig in den Garten hinaus. Nichts rührte sich jetzt als die sanft raufchcnde See. Der rätselhafte Spaziergänger war verschwunden. Drittes Kapitel. DaS war ein trüber Tag, der nun folgte. Agathe hatte die Bitte ausgesprochen, allein bleiben zu dürfen. Sie fürchtete sich geradezu vor einem Wiedersehen mit dem Bräutigam. Seitdem sie über die Bedeutung ihres Leidens so genau unterrichtet war, beobachtete sie sich selbst viel genauer. Auch die bohrenden und zugleich ziehenden Schmerzen, die sie fortwährend empfand, namentlich aber beim Sprechen oder gar beim Weinen, hatten sich gesteigert. Sie begriff cs jetzt gar nicht mehr, daß sie noch vor kurzer Zeit ihr Leiden trotz dieser Erscheinungen für ein vorüber gehendes hatte halten können. Bei dem einzigen Besuch, den sie im Laufe dcS Tages empfing, dem dcS ArztcS, sprach sie sich denn auch unver hohlen darüber aus, daß sie nun wisse, wie qualvoll ihr Ende sein werde. Werner war so herabgestimmt, trotz langen Schlafes so matt und zerschlagen, daß er vergeblich nach Trostes. Worten suchte. „Sie dürfen sich nicht so trüben Gedanken hingeben!" mahnte Hanna die Leidende. „Vielleicht haben Sie noch eine gute Weile die treuen Herzen der Ihrigen um sich. Genießen Sie all die Liebe die Ihnen cntgegen.ebracht wird, und quälen Sie sich und die armen, mit Ihnen, leidenden Verwandten nicht unnötig." Die Kranke sah sie mit einem matten Lächeln an. „Ja, Schwester Hanna, ich will mich würdig auf den Heimgang vorbereiten." Der Ausdruck ihres Auges, ihrer Stimme war dabei so herzergreifend, daß Werner in innerster Seele gepeinigt das Zimmer verließ. Agathe schickte ihm in ihrer rührenden Sorge die Freundin nach, um ihn zu bitten, sie nicht mehr zu be suchen; sie wußte, wie der überreizte, nervöse, dabei zart fühlende Mensch unter diesen Besuchen litt. In den beiden Zimmern der Brüder weilte außer Ernst das Ehepaar Brand, als Werner mit Hanna nach der Villa Waldfriedcn hinüberkam. Ernst war damit beschäftigt, seine Sachen wieder zu packen. Sora, die sich immerfort be tätigen mußte, unterstützte ihn, um die allergrößte Unord nung zu beseitigen. Ihr Gatte befand sich heust schon in bedeutend ruhigerer Stimmung. Er gehörte zu den glücklichen Naturen, die nach der ersten jähen Explosion sich rasch wieder zu beruhigen vermögen. Vielleicht hatte er auch des halb so bald wieder den äußeren Gleichmut gefunden, weil er der einzige war, der hier Repräsentations pflichten hatte. Von ihm, dem Besitzer deS Kurhauses, wurde verlangt, daß er den Güsten mit Rat und Tat zur Seite stehe, immer ein freundliches, verbindliches Gesicht zur Schau trug, sich für jeden Wunsch zugänglich erwies. Nachdem er auf so manchem Gebiet im Verlauf seine wechselvollen Daseins Schiffbruch erlitte» hatte, klammerte er sich mir eiserner Kraft an die letzte Möglichkeit einer repräsentablen Existenz an. Er war Offizier gewesen, Be reiter, Agent— alles und nichts. /