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T4S. 1. H'eilirjle znm Skiefaer Tapevlatt. LienStag, 2O. Sktover adtnvs. rs. <sa„rff. f>- '' ! iii «> »l»>mWWi»^^iMSSM»SSW«M«s^SsSSs-«-----»»SS--SsS---S^ »!i l>nst'»nt für S-siissS- und Tropenkranktzeiten. DaS Institut für SchifsS- und Tropenkrankheiten in Ham burg, das unter der Leitung des weltberühmten Bakterio logen Prof. Dr. Rocht steht, kann auf eine 23jährige segens reiche Tätigkeit zurückblicken. Trotz des vorläufigen Ver lustes unserer Kolonien muh dieses Institut auch heute noch als eine kulturelle Notwendigkeit betrachtet werden, denn seine Leistungen auf dem Gebiete der Schisfsmcdizin bilden einen Hauptfaktor für die Hngienc der Hafenstädte und der Schiffsbcsatzungcn. Uebcrdics befindet sich seit einigen Jahren ärztliche Emissäre in verschiedenen tropischer Kolonien, wo sie, abgesehen von ihrer segensreichen medi. zinischcn Tätigkeit, zur Aufrechterhaltung des Ansehens bell tragen, das die deutsche Tropenmcdizin in der ganzen Welt errungen hat. Der Leiter des Instituts, Pros. Tr. Rocht. Was kommt «ach Locarno? Der Reichspräsident hat sich über das Ergebnis der Miuisterkonscrenz ui Locarno untern hten lassen, ilnd d e Reichsrcgiernng horte den Bericht der Hauptdclcgicrlcn. Sie hat den Entwürfen, wie sie Dr. Luther und Dr. Stresemann mitaebracht haben, zugestimmt. Das Ein verständnis der Rcichsregierung war voraus-,usch-u. Nicht etwa weil das Ergebnis von Loearno alle deutschen Wünsche befriedigt, sondern weil es, nicht nur »on den deutschen Vertretern, sondern auch von den Delegierten der anderen Mächte, nur als Basis für einen weiteren Aufbau angesehen wurde. Und nun sollen ans den Ent würfen endgültige Verträge werden. Vorläufig wogt der Streit im deutschen Blütterwalde noch hin und her. Vorläufig ist dieser Nechlspolitiker mit sencm Politiker aus dem mittleren Lager noch nicht über die Konsequenzen von Locarno einig geworden. Aber die Neichsrcgierung hat ihren Beschlug mit vollem Vcrantwortnngsbcwuht- sein gefällt. Der Rcichsregierung gehören Munster von der dcutschnationälen Volkspartei bis zu den Demokraten an. Und an den Koalitionsnnnrstern wird cs liegen, die Koalitronsparteren für ihren Beschluss zu gewinnen. Selbstverständlich ist das nur unter Voraussetzungen möglich. Chamberlain und Painlevö haben sich gestern mittag beim Frühstück über die Räumung der Kölner Zone unterhalten. Ganz zwanglos war die Unterhaltung. Aber wir sind es von Locarno her gewöhnt, dass gerade aus zwanglosen Unterhaltungen die bedeutsamsten Folgen ent stehen können. Es ist ja nicht nur die Räumung Kölns, um die deutsche Gemüter besorgt sind. Das deutsche Volk hat ein Recht darauf, daß die erste Rheinlandzone jo schnell wie möglich geräumt wird, auch ohne daß die Abmachungen von Locarno vorausgehen mußten. Doch was wird aus den Beiatzungstruppen, die aus Köln zurück gezogen werden? Bleiben sie in dec zweiten und dritten Zone, und wird die Entlastung Kölns eine Belastung iür das übrige besetzte Gebiet? Herr Briand hat versichert, daß Deutschland den guten Willen Frankreichs nicht in Worten, sondern in Taten erkennen würde. Es wiro an der französischen Regierung liegen, das Versprechen Briands wahr zu machen. 2l>000 Farbige sind kürzlich erst aus dem beichten rheinischen Gebiet herausgezogcu und nach dem Kriegsschauplatz in Marokko geworfen wor den. Die Familienangehörigen der farbigen Offiziere und Unteroffiziere sind im besetzten Gebiet geblieben. Die Wohnungen und die Kasernements werden für die far bigen Truppen weiter frei gehalten. Bedeuten diese Maß nahmen, daß Frankreich mit der Wiederkehr seiner Ko lonialsoldaten rechnet? Die zivilen Maßnahmen der Besatzungsbehörden haben sich noch im letzten halben Jahr zur Niederknüppelung jeder freien deutschen Meinungsäußerung ausgewachsen. Hier mutz gründlich Wandel geschaffen werden. Ausge schlossen, datz jemals wieder farbige Truppen m das Rhein land kommen! Ausgeschlossen, datz die Besatzung stärker ist, als sie der Friedensvertrag von Versailles vorschreibt! Ausgeschlossen ferner, daß das Besatzungsregime, zum gei stigen und körperlichen Martyrium für deutsche Staats bürger, in dem gegenwärtigen Umsange bestehen bleibt. Hier werden zuerst die Bemühungen Briands und se.ner Ministerkollegen einsehen müssen. In dies n Fragen wird das deutsche Volk, wird der deutsche Reichstag den guten Willen Frankreichs erkennen wollen. In Nizza ist der radikalsozialistische Parteitag be endet worden. Painlevö und Herriot haben sich begeistert in den Armen gelegen. Caillaux saß betrübt im Schmoll winkel. Irgendwo, nicht gesehen von der Versammlung, -ächte Pvlncarö. Kein Zweifel, Painlevö und Briand sind guten Willens. Aber gerade dieser Parteipakt hat be wiesen, wie locker doch eigentlich ihre Gefolgschaft in Frankreich zusammenhält. Trotz dir wunderschönen Re solutionen der französischen Liga für Menschenrechte und trotz der begeisterten Dankesadressen und Sympathiekund gebungen der deutschen Pazifisten. Die Trennung zwl- schen Radikalsozialisten und Sozialisten m Frankreich läßt sich nur durch einen Gewaltstreich vermeiden. Der Ge- ivaltstreich ist die Entfernung des Finanzministers Caillaux au» dem Kabinett, der noch vor kurzem das „Hosianna" und jetzt das „Kreuziget ihn" seiner Parteianhänger hören mußte. Radikale, wie Sozialdemokraten, wollen die KavitalSabgabe, deren Einsührung sich Callaux zum Prinzip gemacht hat. Bleibt Caillaux, den Panlcvö zu halten bemüht ist, dann fällt der Linksblock auseinander. Und Poincarö hat zu Recht triumphiert. Was wird dann aus Locarno? Es wird, hoffen wir, anders werden. Painlevö wird sich besinnen und Caillaux gehen lassen. An seine Stelle dürfte Loucheur treten. Damit wäre das Kabinett Pain levö vorläufig gesichert, Briand könnte an seiner Arbeit fortfahren. Uno da- deutsche Volk und der deutsche Reichstag könnten vielleicht doch schon in den nächsten 14 Tagen etwas davon merken, datz die Reden in Locarno nicht in den Wind gehalten worden sind. So ist im Augenblick die französische Opposition den Entwürscu von Locarno gefährlicher als die deutsche. Es ist schon aus diesem Grunde vollkommen überflüssig, über die Gründe ein Wort zu verlieren, an denen erentucll die Ratifizierung der Verträge scheitern sollte. Man kann deshalb weiter nichts tun, als abwarten, wie sich die Dinge am Rhein entwickeln. Die Entwicklung dort ist der Spiegel der Entwickelung in Pans. Und diese Ent wickelung wiederum ist letzten Endes für das maßgebend, was der deutsche Reichstag tun wird. Warten wir also ab. * Iie Mut« »er Mnmr »m Lar«. u Berlin. Auf die Paraphierung des Vertrags werkes zur Bcsriednng Europas in Locarno wird bald als zweite Etappe die Unterzeichnung in London folgen. Ihr wird sich die Ratifikation der gesetzgebende« Instanzen ««schließen und die letzte Etappe ist die Inkraftsetzung des Vcrtragswcrkcs durch den Beitritt Deutschlands zum Völker bund. Die Auswirkungen dcs grundsätzlich veränderten Verhältnisses zwischen Deutschland und seinen Vertrags gegnern, die aus naheliegenden Kompetenz- und psychologi schen Gründen von der Initiative der Gegenseite ausgehen sollen, sind in aller Kürze zu erwarten. Ausdrücklich ist dabei von deutscher Seite die Frage der ersten Rheinland zone angenommen worden, deren Bereinigung als Selbst verständlichkeit, nicht als Rückwirkung des Paktabschlusscs zu gelten hat und nächster Tage durch wechselseitige Er klärungen erfolgen dürfte. Es würde die ideelle Bedeu tung des Vertrages verkleinert haben, wenn die als Gei willig gedächten Leistungen der Gegenseite, über deren Not wendigkeit sich bei den Verhandlungen kein wie immer gearteter prinzipieller Widerspruch ergeben hat, als von Deutschland erlangte und ausgehandelte Konzessionen be trachtet würden. Daß es Ernst wird mit ihrer Erledigung, in der kürzest technisch möglichen Zeit, ergibt sich daraus, daß der englische Außenminister Chamberlain zur Weiter behandlung dieser Frage mit Painlevö in Gesellschaft Briands nach Paris gereist ist und daß der Lberkommiffar im Rheinland Tirard und der Oberkommandierende Gene ral Guillaumat ebenfalls nach Paris gebeten worden sind. * Lank des Bundespräsidenten. N Bern. Der Bundespräsident hat im Namen Les ganzen Bundesrats au den deutschen Reichskanzler in einem herzlich gehaltenen Telegramm den Dank für das „äußerst liebenswürdige Telegramm" dcs Reichskanzlers ausge sprochen und seiner Freude Ausdruck gegeben. Laß der Name Locarno mit dem bedeutsamen Friedenswerke für immer verbunden worden ist. Briand über den Vertrag von Locarno. Parts. fFunkspruch.j Briand erklärte gestern abend französischen Journalisten über die gestern nachmittag ge führte Unterredung zwischen Painlevö, Chamberlain und Briand: Wir haben uns über die Folgerungen, die man aus dem Vertrage von Locarno ziehen mutz, unterhalten. Was die Umgruppierung der Truppe« im Rheinland be trifft, so wird es Hauptaufgabe der Londoner Konferenz sein, sich damit zu beschäftigen. In Wirklichkeit haben wir den französischen Ministerpräsidenten genau darüber in Kenntnis gesetzt, was in Locarno geschehen ist. Niemand in Frankreich kann jetzt behaupten, die französische Grenze sei nicht geschützt. Frankreich hat in Locarno keines seiner Rechte ausgegeben. Wir können die Verhandlungen, die zu Ende geführt wurden, als solche bezeichnen, die eine wahr hafte Förderung des Weltfriedens bringen werden. Chamberlain über Locarno. ss Paris. Staatssekretär Chamberlain empfing ge stern abend die Vertreter der englischen, der amerikanischen und der französischen Presse in der englischen Botschaft. Er erklärte u. a., er sei fest überzeugt, Satz die Abmachungen von Locarno einen Wendepunkt zum Frieden in Europa darstellten, er möchte sogar sagen, für den Frieden der gan- zen Welt. Chamberlain würdigte die von der deutsche« Regier««« ausgegaugene Initiative als eine Tat hohe« M«tS ««d großer Weisheit und zollte der Anteilnahme der deutsche« Regierung und besonders deS deutfche« Reichs» kauzlers und des ReichsaußeuminifterS hohe Anerkennung. Ztt SM W M M M. ss Königsberg. Der seit geraumer Zeit im ostpren» ßischen Baugewerbe andauernde Lohnkonslikt ist nunmehr beigclegt worden, nachdem in erneuten gemeinsamen Ver handlungen ein Spitzcnloh» von V6 Psg. für Facharbeiter und von 82 Psg. für Hilfsarbeiter in Königsberg, für die übrige Provin» mit entsprechenden Abschlägen, vereinbart worden war. ss Frankfurt a. Main. Tie Bahnbau- und Werk stättenarbeiter sind gestern zum Dienst erschienen, während das Fahrpersonal geschlossen streikt. Gestern in eine Anzahl Auromobillinien cinacrichicr woroen. Tic Ciicnbalii'.vcrwat- tung hat eine Anzahl neuer Züge cingelegi. Zn Einigungs verhandlungen ist es bisher noch nicht gekommen. si Berlin. Nach den vorliegenden Abnimmungs- rciultalen ans dem größten Teile der Berliner Gaswerke haben sich über Sb Prozent der Arbeiter gegen den Schieds spruch und sür den Streik ansgesprocheu: dieser Beschluß be deutet jedoch noch nicht den sofortigen Beainn des Streiks, da Aussicht besteht, daß neue Lohnverhandlnngcn zustande» kvmmen. Mieterbavk und Wohnungsbau. vdz. Der Bnndesbeirat dcs Reichsbundes Teuisckee Mieter E. V., Berlin, tagte bei Anwesenheit der Vertreter von 2! Landesverbänden in Magdeburg. Tie Schaffung der Deutschen Mieterbank und die Gründling einer gemein» nütziaen Wohuiinossürforaegefellschakt wurde mit einer überwältigenden Mehrheit beschlossen. Eine gro'e Zahl von Bczirkskassen und Zahlstellen ist bereits eingerichtet worden. Eine Reihe von Bauvorhaben ist in Porbcrcitnng. Eine Tenkschriit zu der geplanten Aendernng dcs Mieter» irbntzaeietzeS wurde von R.-A. Tr. Götzel-Berlin erläutert und von der Versammlung gutgcheißcn. Gegen den Abbau VeS MieterschutzgcsetzeS sollen die eriorderl'chen Maßnahmen getroffen werden. Entrüstung und energischen Protest ries der preußische Erlaß über dä Unterbringung obdachloser Mieter hervor. Tie von über 40 Delegierten besuchte Tagung zeigte den einmütigen Willen, Las Interesse der deutschen Mieterschasr auch weiterhin entsprechend wahr» zunehmen. Nach Stinnes uud stumm der Kahn-Kon;ern. vdz. Berlin. Ter Richard Kabn Konzern, der zur zeit etwa 7000 Arbeiter und Angestellte beichäitigt und namentlich auch Maschinen für die Landwirtschaft heistellt, ist in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Es bandelt sich aber mehr nin eins momentane Illiquidität als etwa um erusthaste materielle Sorgen. Tenn selbst unter Berück sichtigung der ungünstigsten Umstände stellt die Ver» mögcnsübersicht des Kahn-Konzerns noch ein günstiges Bild dar, ca. 63 Millionen 'Aktiva sieden 30 Millionen Bastion gegenüber. Ter Konzern, dec als innerlich durchaus geiund angesehen wird, findet die Unterstützung der Landwirtschaft inioier», als seine Fabrikate einen so guten 'Rainen in der Landwirtschaft haben, datz das Ministerium sür Ernährung und Landwirtschait von den Zehn-Millionen-Kredit, der der Landwirtschait zur Beschaffung von Motorpflügen ge geben wurde, 2V, Millionen dem Kahn-Konzern als Tranche zur Verfügung stellen will. In interessierten Bnnkkreiien, die dem Konzern Helsen werden, hofft man, daß die Schwierig- keitrn des Kahn-KonzernS in kurzer Zeit aus dem Wege geräumt jeiir werden. Tagung des Seewasierstratzenbrirats. vdz. Bremen. Im Sitzungssaal der Bremer Handels- kauunrr trat unter Vorsitz des Ministerialdirektors Gähre der Seemasserstraßenbeirat zu seiner ersten Sitzung zusam men. Der Vorsitzende betonte, daß die Reichswasserstraßcn- verwaltung sich wohl bewußt sei, welche wichtigen Aus gaben sie mit der Uebertragung der verkehrswichtigen Wasserstraßen übernommen habe. Von besonderer Bedeu tung seien die Seewasserstraßen, die in einem solchen Zu- stände erhalten werden müßten, daß sie die Wettbewerbs- sähigkeit Deutschlands aus dem Weltmärkte sicherte». Auch die Frage der Seezeichen und des LotienweieuS, die für die Sicherheit der Seeschiffahrt von großer Bedeutung ist, be- schäitigten die Verwaltung auf das ergiebigste. Die Ver waltung habe im Rahmen der ihr zur Verfügung stehenden Mittel alles getan, um die ihrer Obhut anvertrantcn Wasser- straßen wieder in einen guten Zustand zu bringen. Der Seewasserstraßendeirat habe die wichtige Ausgabe, die Ver» waltung bei Erfüllung ihrer Ausgabe mit sachverständigem Rat zu unterstützen. Der Berliner A«fe»thalt -es Botschafters von Hoefch. Berlin. Wie wir erfahren, wird der gegenwärtig in BerlinweilendedeutscheBotIchafterinParis,Dr.v.Hoesch, bei den gegenwärtigen Beratungen des RcicbskabinettS ein ziemlich wichtige Mission übernehmen. Es ist in erster Linie Ausgabe des Botschafters, aus Grund seiner Pariser Eindrücke über die künftige Gestaltung der Beziehungen »wischen Deutschland und Frankreich sowie über den gegen wärtigen Charakter der sranzösischen Außenpolitik zu be- richten. Aus seinen Mitteilungen wird man vor allen Dinge» sestzusteüe» versuchen, ob die französische Politik