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— 44 rk" Hvpf war erst heute Morgen aus seinem Wohnsitze itt der Stadt augelangt. Am Bormittag hatte er auf dem ÄoiH-, gerade zur belebtesten Zeit, auf offener Straße einen jungen Mann gevhrfeigt. Ueber den Grund seines TunS schwieg er, gestand aber zu, der angreifende Teil gewesen und auf keine Weise gereizt oder provoziert wor den zu sein. Am auderen Morgen fand das Duell statt. Mit Rücksicht aus die Schwere der Beleidigung waren Pistolen gewählt wvrden, unter den denkbar schwersten Beding ungen. Ter AuSgang Ivar bvm Anfang an kaum zweifel haft, Henn Herr Vvn L., Konrads Gegner, war als einer der besten Pistolenschützen bekannte Gleich im ersten Gange ' erhielt Tr. Hvpf einen Schutz in die Brust, der ihn auf der Stelle tötete. Mir fiel die schwere Ausgabe zu, die Witwe, welche ein kaum einjähriges Kind besaß, vvn dem Geschehenen zu verständigen. Tie arme Frau wurde vor Schmerz halb wahnsinnig. Ihr Kummer wurde nvch vermehrt, durch den Umstand, daß sie ebensvwenig wie ich den Grund des Tuells ahnte. Auch ihr gegenüber hatte Hvpf nichts vvn der Ursache des Zweikampfes erwähnt, selbst in dem zärtlichen Abschiedsbrief, den er zurückgelassen, fand sich kein erklärender Hinweis. Wir standen vor einem Rätsel. Acht Tage später suchte mich die junge Frau wieder auf. „Ich habe «ne Spur entdeckt," sagte sie. Eine Spur, welche mir vielleicht die Lösung des Rätsels bringt!" Tie düstere Ruhe ihres Wesens uiH das unheimlich« Flackern in ihrem Blick erschreckten mich. Ich tat mein Möglichstes, um sie zu beruhigen und wvllte sie veran lassen, die traurige Begebenheit begraben sein zu lassen, deren Verfolgung den Toten doch nicht wieder erwecken, wvhl aber die Wunde stets vvn neuem aufreißen würde. Aber alle meine Bemühungen waren umsonst. „Sie kannten Konrad nicht fs wie ich" gab sie zur Antwort. „Wen« er sein Leben in die Schanz« schlug, sv geschah das gewiß nicht aus Uebermut, sondern er glaubte damit eine Pflicht zu erfüllen. Pflichterfüllung bis zur Aufopferung war stets die Devise seines Lebens» Ich kenne seine ganze Vergangenheit, denn er hatte vor mir kein Geheimnis. Ich weiß alsv auch daß weder Herr vvn L. in Konrads Leben je irgend eine Rolle spielte, nvch dessen Braut." „Herr vvn L. ist verlobt?" fragte ich „Jawohl, seit einigen Tagen. Ich fand die Nach« richt vvn dieser Verlobung in der Zeitung, welcher mein Mann am Abend vor seiner Abreise las!" Meine Züge verrieten wvhl die Betroffenheit, welche sich meiner angesichts dieser Nachsicht bemächtigte. Frau Hvpf merkte, was ich mutmaßte, vhne es auszu sprechen, denn sie fuhr fort: „Sie denken wohl: Aha, eine Weibergeschichte! Aber so liegen die Tinge gewiß nicht. Ich bin, wie gesagt, überzeugt, daß Konrad die Braut nie gekannt hat. Sie schütteln den Kopf? Nun ja, auch mir ist die Geschichte rätselhaft, aber ich werde dies Rätsel lösen." Ich erkundigte mich am gleichen Tage nach der Braut Herrn Vvn L's. Tie junge Witwe hatte recht, Hops konnte das Mädchen gar nicht gekannt haben. Sir war die Nichte eines angesehenen Bürgers, einer Eng länderin vvn Geburt und hatte ihr ganzes Leben jenseits des Kanals verbracht. Erst vvr wenigen Wochen war sie nach dem Tode ihrer Eltern in unsere Stadt über siedelt. Allmählich verblaßte in mir die Erinnerung an das Geschehene und wurde erst vvn neuem angeregt, als einige Mvnate nachher die Hochzeit des jungen Paares siattsand. Ich selbst war Hochzeitsgast, denn ich war im Hause der Braut oder vielmehr ihres Onkels eingesührt. Nie werde ich den schrecklichen Anblick vergessen, als der Bräutigam während des Hvchzeitsmahles zu Boden fiel und sich unter Zuckungen auf der Erde krümmte. Män trug ihn hinweg und ich als der einzige Arzt der Gesell schaft bemühte mich um ihn. Mir war alles klar. Tas war kein Nervenzufall, wie die anderen glaubten, das war jene schreckliche Krankheit, die das Volk als Hinfall, die AeHte als Epilepsie bezeichnen! Ich blieb die Nächst über bei L. Als er am Morgen erwachte, sagte ich es ihm direkt auf den Kopf zu, daß seine Krankheit in irgend einem Zusammenhang tnit dem T-uell flehen müsse. Und er gestand mir alles. Vor Jahren hatte er einen Anfall des Leidens und Hvpf, der damals noch ip der Stadt war und in der Nähe wohnte, wurde zu ihm gerufen. AIS er die Ver lobung Herrn vvn L's. in der Zeitung gelesen hatte, war er herbeigeeilt, um den jungen Mann vvn der Heirat abzuhalten. „Er nannte mich einen Verbrecher," stöhnte Herr vvn L- „Einen Verbrecher, der ein' junges Menschen leben unglücklich machte. Erst fürchtete ich, er könnte vielleicht mein Leiden den Angehörigen der Braut ver raten, aber er hielt sich gebunden durch die Pflichst zu schweigen, die ihm sein Beruf auferlegte. Und als ichs, dadurch kühn gemachst, auf der Heirat bestand, sagte er mir, er werde sein Möglichstes tun, dieselbe zu Hinter treiben. Am nächsten Tage beleidigte er mich jätlich stntz zwang mich jv zum Duell." Jetzt wußte ich, was meinen arstweU Freund in den Tvd getrieben hatte. Sie aber, meine Herren, die Dies vorhin so viel und so Schönes vvn mutigen und auf opfernden Taten zu erzähle« wußten, sagen Sie mir, ob eine einzige dieser Daten bergleichbar ist mit der jenes Wichsten Landarztes, der nicht sprechen wollte, weil seine Pflicht ihm schweigen gebvt, und der sich ausispferte für eine fremde Person, die er gar nicht kannte, die nie von seiner Aufopferung etwas erfahren sollte. Bei Goth, di« größten Helden sind diejenigen, deren Daten kein Ge schichtsbuch meldet." '„Und Herr vvn L.?" fragte einer der Anwesenden. Ter Sanitätsrat wartete eine Weile, in Gedanken versunken, mit der Antwort dann sagte er: „Es gibt eine Vergeltung. Wenige Stunden, nachdem ich ihn ver lassen hatte, am Tage nach seiner A^Mit, hat. er sich selbst erschossen." Lenk, «ad EivnstzrSche. Ter einzige Platz in der ganzen Welt, wo ich die Deutschen immer wirklich einig gefunden habe, ist auf Tahiti; dvrt war aber auch nur einer, und ich stehe für nichts^ wenn ein zweiter dazu siedelt. Kerstäcker. * Wvhl zienrt sich Tank für den, der Wohltat hak empfangen; Tp.H ziemt sichs nicht für diA Tank dafür zu verlangen. Sanders. . o Tet untrüglichste Gradmesser füv die Herzensbildung eines Bolles und eines Menschen M wie sie die Tiere betrachten und behandeln. B. Auerbach Silbenrätsel. by cha aen ger ler na re sen ster tur wisch ze Zu suchen sind zwölf zweisilbige Wörter, deren Endsilben oben gegeben sind. Wer die richtigen zwölf Wörter gefunden hat, kann sie so ordnen, daß ihre Anfangssilhen, aneinander gereiht, die Beherrscherin eines europäischen Königreichs nennen. Auflösung aus voriger Nummer: Februar. FidaS Elögen Bart Reval Ukraine Araber Robert. Druck und Verlag von Langer L Winterlich, Riesa. — Für die Redaktion verantwortlich: Hermann Schmidt, Riesa. CrMler an der Abe. Belletr. Gratisbeilage zum „Riesaer Tageblatt". «r. 14. «es», »e» 14. «Ur, 1908. »1. Jutzr* Der Lürkisenring. Erzählung von P. Redlich. — Fortsetzung. „Ich wollt', es wär's. Mache Mr doch Heu Abschied nicht zu furchtbar schwer, Ludwig. Ich Mlh mich vhne- hin hart zwingen, auf Meinen Verstand zu hören." „Ich beneide Tich nicht uw Deinen feinen Verstand, Tu. Wenn TLr's nur nicht einMal leid sein Wirtz, doch Du sitz klug getvesen bist!" Wie abbittend reichte sie ihm die Hand. „Mr wollen wie zwei gute Kameraden AbWed neh men, Ludwig." „Nein!" rief er heftig. „Kameradschaft, sv was gibt'- zwischen uns beiden nicht. Das ist Man Unsinn» Entweder Vder heißt es bei uns." Mit festem Druck hielt er ihre Hand. „Siehst Tu, Lisbethel, zuM zweitenmal ums Dich VevumKubetteln, — das werb ich nicht fertig kriegen. Läßt Tu mick heute abend laufen fio — sv ist es eben Mr immer. Ich bitt' TLA laß Deinen spitzfiichigen Ver stand Mal auS dem Cipälk Du brauchst kein Wort zu sagen — wenn Du nur ein bißchen Meine Hand drückst, sv Weitz ich, eS svll nun werben wie es früher war — —" In angflvvller Spannung sah er in ihr weißes Ge sicht. Ihre Lippen zitterten. Eine bange Sickunde sah sie in Schmerz und aufsteigendem Zweifel zu ihm auf. Dann löste sie leise ihre Hand aus der seinen und ging müda vvn ihm fort in die Nacht himms. Lange stand er und starrte iHv nach, ehe ev in ent gegengesetzter Richtung seinen Weg natzmf in Schmerz und Zvrn. Der alte Böhleke sah ihn aml Garte« vvxWerftürmen, söhne vvn ihm bemerkt zu werden. Nachdenklich schüttelte er den Kopf. Als längere Zeit darauf Elisabeth mit einem Gesicht das kalkweiß durch das nächtliche Dunkel leuchtete, zu ihm durch das Heckenpförtchen trat, fragte er ganz unver mittelt: „Ast Du Ludwig begegnet?"- x Sie nickte Müde. „Erl wollte sich Mit Dir versöhnen? „Ja." „Und Tu hast ihn abgewiesen?" ,L«H mußte doch Vater." . > Ein Weilchen sann er nach, dann fragte er zweifelnd: „Müßtest Tu wirklich?" > Erstaunt sah sie zu ihm auf. „TaS fragst Du? Nach allem, was vvrgefallen ist? Und nach dem, was Du zu ihm sagtest — damals an August Stüters Hochzeitstage?" „Ter Zorn sprach aus mir. Lennvch -- ich hatte wohl ein Recht, fs zu sprechen, damals. Ätzer ich meine, Ludwig ist gar nicht mehr derselbe, der er damals war. Tamals war er wvhl ein netter, frischer Junge, aber er hatte sich sein Lebtag nicht viel Gedanken gemacht. Er war vvm Glücke so recht verwöhnt; alles Gute war ihm vvn selbst in den Schoß gefallen, ohne daß er sich viel anzustrengen brauchte. Mit Teiner Zuneigung wird's wvhl auch so gewesen sein, Lisel." Sie senkte leicht errötend den Kvpf und schwieg. „Als dann das Unglück kam, da konnte er's nicht be greifen, daß ihm sv etwas passieren konnte. Er wußte sich nicht dabei zu benehmen — möchte ich sagen. Ich meine, was er in der letzten Zeit durchgemacht hat, das hat ihn umgemvdelt. Er ist kein Junge mehr, Lisbeth. Kein verliebter Junge, svndern ein ernster Mann, der in Treue an seinem Weibe hängen wird in Glück uud Un glück. Ich glaube an ihn, Lisbeth." „Tu sprichst ihm das Wort, Vater! Tas begreif' ich kaum. Gerade Teintwegen hat eS mich am allermeiste« gekränkt. Tu, der Tu immer sv gütig gegen ihn warst, den ev vvn klein auf kannte als sv selbstlos, so —> —" Böhleke winkte heftig, daß sie schweigen möchte. „Ich habe in letzter Zeit viel über mich nachgedacht. Sind. Was habe ich Ludwig vvitzuwerfen? Was war sein Unrecht und was war meines? Warum hat mich denn diese ganz« Suche sv zum elenden Manne gemacht, warum? Ta mein Gewissen doch rein war! Da ich doch weiß» daß einstens alles Tunkle hell werden Witt» — wenn nicht hier, sv doch bei unserem Vater drvben, der mich doch vielleicht bald abberufen wird! Ja, pmrum konnte ich nicht stärket sein? Tvch nur, well ich das Geehrtsein von den Mensche« nicht entbehren Sonnte — mein Ansehen und meinen Gn- fluß! War denn das nW dasselbe, was Ludwig den KVpf verwirrte? Luch er hielt es für unmöglich vhne Ansehen bei den Menschen auszukommen. Bei seiner Jugend seht begreiflich. Kind, ich Meine, wir haben Ursache genug, ihm zu verzeihen." „Verzeihen — ja. Aber mich nun svzusagen aufs neue ryit ihm zu verloben, nein, dazu hätte ich den Mut nicht. Ich würde immer und immer zweifeln, vtz ich recht daran getan hätte." „Ich meine, es ist noch niemals Unglück daraus ent standen, wenn jemand allzu weitherzig im Verzeihen ge wesen ist." Bestürzt sah sie zu ihm auf. Seine Worte taten ihr wvhl und wehe zugleich. „Tas ist nun aus, Vcher," sagte Elisabeth. „Ludwig kommt nun nicht mehr zurück, er sagte es selbst." Böhleke seufzte tief auf. „Ich hätte eS mir tröstlich gedacht, wenn ich Dich in Tvblin hätte zurücklasscn können, nnter dem Schutze eines braven und Ungesehenen Mannes. Man hätte Tich da- nicht entgelten lassen, was man unS angehängt hat, zu mal ich.natürlich «inen andern Wohnort genommen hätte." Mit blitzenden Augen richtet« sie sich gerade und fest auf. „Niemals würde ich Tich in Deinem Unglück einsam Deines Weges ziehen lassen, Vater! Niemals! Ich sage, wie es vvn Ruth geschrieben steht: „Wo Tu bleibest, da bleibe ich auch. Wo Tu stirbst, da sterbe ich auch da will ich auch Hegraben sein!" „Ja, mein gutes Kind — nur, dah ich hoffentlich viel früher begraben sein werde als Tu." „Sorge Tich nicht um mich, Vater. Ich bin stark." Er sah sie sinnend an. Ja, sie war stark. Alles, was sie erfaßte, ergriff sie mit stiller, aber leiderschaftlicher und tiefer Kraft. Und so stark, tief und still würde dereinst ihre Reue darüber sein, daß sie eines braven Mannes Herz zurückgewiesen hatte, nur, weil er einmal eine vorübergehende Schwäche zeigte, die sie in ihrem starken, geraden Empfinden nicht hatte begreife« können. In gkirvhnter stiller und emsiger Gefchäsli keit ver brachte Elisabeth den folgenden Tag. Aber eine quälende Unruhe war in ihr. Ludwigs bittende Micke begleiteten sie durch alle Stunde» des Tages. Wohl sucht: sie daran festzuhälten, daß sie recht gehandelt habe, aber das schmerzliche Lehnen in ihr erregte bange Zweifel. Wäre cs nicht besser, töricht aber glücklich zu sein, — wenn auch vielleicht nur auf kurze Zeit glücklich? Besser als