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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 20.06.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-06-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-192206208
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19220620
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19220620
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Riesaer Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-06
- Tag 1922-06-20
-
Monat
1922-06
-
Jahr
1922
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 20.06.1922
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zunächst nach rkner Bffanmenalle». Während die -»Iben bisher not unermittelien Genoffen Kais»» verßanen wollt»«, habe Hitbnia grruken, sie sollte« »nrffckkommen, er «erde stieben. Daß r« sein Nachbar Gutsbesitzer Kaiser war. da« will Angeklagter anfänglich nitt gewE haben, vabnia iübrte au«, er habe Kaiser zuaeniken, er solle Zurückbleiben, sonst stieße er. Dabet will Anaeklaäter dann die Waffe in die Lust gehalten und abaedrückt bab»n. Daß zwei Etüff« loSgegangr», sei ihm unbemerkt aeblieben vor lauter Aus« reaung. Gutsbesitzer Kaiser hab, gewankt ,'nd aut gesagt, er lei aetroffen. In wilder Flucht seien Häbnig und di» beiden Ben offen über Gerbitz nat Naußlitz aelaufen. dort habe man sit «»trennt. Auf Umwegen kehrt« Angeklagter nat seiner Wohnung in Oberpesterwitz zurück. Dort horte er später, daß Kaiser tot war. Durt Streit an der Arbeits stelle kam der Fall zur Aufklärung. Häbnig will nicht die Absicht gehegt haben. Gutsbesitzer Kaiser »u töten; dieser sollte vielmehr nur abaeichreckt werden, damit er nicht weiter hinterher aelansen komme. Da« Gericht trat hieraus in eine umicknareiche Zeugenvernehmung ein. Der Staats anwalt fordert« die Bejahung d»r Stuldsraa« nat vor« sädliter Tötung. RettSanwalt Ties« batte «ine Hilfssrage aus fahrlässige Tötung gestellt; er plädierte in dieser Mittung und bat die Geschworenen, mildernde Umstände zu befürworten. Die Geschworenen bejahten die Schuldfrage der vorsätzlichen Tötung und aut diejenige des unbefugten Waffenbesitzes, billigten aber auch mildernde Umstände zu. Da« Urteil lautete daraufhin wegen Totschlag« und unbe fugten Waffenbesitzes auf drei Fabre neun Monate Gefängnis, sowie auf Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte in der Dauer von fünf Jahren. Di« seit dem 8. Januar d. I. erlittene Untersuchungshaft kommt voll in Anretnung. Der Angeklagte unterwarf sich sofort dem Urteil. Pirna. Bet -em am Sonnabend nachmittag über di« hiesige Gegend ntebergegangenen Gewitter erschlug -er Blitz zwei auf dem Felde deS benachbarten Rittergutes Züschen- dorf vor einen Wagen gespannte Zugochsen. Der dabei stehende Knecht wurde beiseite geschleudert und scheint mit dem Schrecken davon gekommen zu sein. Bautzen. Beim Baben in einem Steinbruche er trunken ist im nahen Cosel der 19 Jahre alte Arbeiter Dufeldt. Er erlttt plötzlich einen Herzschlag und verschwand in -em 8 Meter tiefen Gewässer. Frankenber g. Die Stadtverordneten haben sich in ihrer letzten Sitzung mit der Verwendung der hiesigen Kasernen beschäftigt, wobei eS zum Teil zu erreqten AuS- sprachen kam. Zuletzt wurde die Bildung eine« Ausschüsse» für die Kasernenverpachtung beschlossen und eine Abordnung nach Berlin entsandt, um eine Nenberung deS Pachtvertrages zu ermöglichen. Herrnhut. Aus Anlaß der Feier deS SMsähriaen Be stehens der Brüdergemeinde haben am vergangenen Freitag, Sonnabend und Sonntag zahlreiche festliche Veranstaltungen stattgesunden. X Treuen i. V. Hier verstarb der Führer der hiesigen USPD. LandtaaSabgeordneter Stadtrat Albrecht Bübrina, seit Jahren erster Vorsitzender der Allgemeinen Orts krankenkaffe, im 84. Lebensjahr. Lengenfeld i. B. Die städtischen Kollegien haben beschlossen, von dem Anschluß an die Gasfernversorgung von Reichenbach zurzeit abzusehen. Geringswalde. Wie richtig e« ist, eine Zeitung zu lesen, und auch gründlich zu lesen, geht, wie da« GeringS- walder Wochenblatt schreibt, aus folgendem Vorgang her vor: Vor einigen Monaten nahmen wir eine Notiz in un serer Zeitung auf. bei der die Bitte um Nachdruck stand. In diesen wenigen Zeilen wurde von einem namentlich an- gegebenen russischen Flüchtling im Flüchtlingslager HeilS- berg die Adresse eines Rndolf Bauer aesucht, der wahrend des Weltkrieges auf seinem Gute als Gefangener gearbeitet hatte. Der betreffende Rudolf Bauer ist der hier wohn hafte Rudolf Beier. Dieser hat sich sofort mit seinem früheren Dienstherrn in Verbindung gesetzt und demselben und noch einigen andern russischen Flüchtlingen auf Wunsch hier Arbeitsgelegenheit auf dem Lande verschafft. Schon im Laufe dieser Woche werden dieselben hier eintreffen. Der ganze Vorgang ist ein erneuter Beweis der Wichtigkeit und Bedeutung des Zeitunglesens! Leipzig. Mit den von hier abgehenden Sonderfahr zügen — genaue Feststellungen wurden u. a. mit dem Sonberzug nach Thale am Harz gemacht — wird die denkbar übelste Fahrkartenschteberet getrieben. Einzelne Personen kaufen am Bahnhof die billigen Fahrkarten im großen auf, um sie dann einzeln unter der Hand mit Aufschlägen von S und 10 Mark pro Karte weiterzuverkaufen. Der Leipziger Berkehrsverein hat infolgedessen bei den beteiligten Eisew- vahndtrektionen beantragt, daß für die Sonderzttge grund sätzlich nicht mehr als vier Kartei pro Kopf ausgegeben werden. Das wird die Schieberei wohl etwas erschweren, vermag sie aber natürlich nicht ganz unmöglich zu machen. Dazu ist der Selbstschutz des Publikums notwendig, das in jedem einzelnen Falle mit.Hilfe des nächsten Schutzmannes die Personalien des Schiebers feststellen sollte. * * * XLirbenwerda. In ber Nähe von Lauchhammer wurde »in verweaener Manbüberfall verübt. Al« am Sonnabend nachmittaa die Werksfokomotive der Aktien- aesellschalt Lanckbammer nach der Kovne-Kohlengrnbe mit der Löhnung für dir dort beschästiaten Arbeiter untrrweg« war. stieß sie im Walde auf einen Mann, der mit dem Kopf auf den Schienen lag. Da der Führer einen L»ben«müdrn vermutet«, ttiea er von der Lokomotive, um die Strecke frei zu legen. Jetzt sprang der mit einem Revolver bewaffnete Mann auf. Gleichzeitig eilten sünf Helfer au« drm Versteck herbei. Die Räubrr hielten mit dem Revolver da« Begleit personal der Lokomotive in Schach und entflohen mit der Löhnung im Betrage von 146000 Mark auf der Loko« Motiv«. Diese fand man später einige Kilometer vom Tatort entfernt im Walde vor. Die Nachforschungen nach den Räubern blieben bisher erfolglos. Senftenberg. Der Grubenarbeiter T. von hier spielte schon lange Zeit Lotterie, hatte aber nie bas Glück gehabt, etwas zu gewinnen, und da er nun ganz die Hoff nung aufgegeben hatte, so vernichtete er sein LoS, ohne die letzte Ziehung Überhaupt abzuwarten, und kümmerte sich überhaupt nicht mehr darum. Da ließ ihn eines Tages fein LoSverkäufer fragen, ob er nicht seinen Gewinn von 22 M9 Mark abholen wolle. Freudestrahlend begab sich ber Ge winner nach dort, um sein Geld abzuheben, dachte jedoch nicht daran, baß ihm ohne Rückgabe deS Loses, das er nicht mehr besaß, das Geld nicht ausgezahlt wird. Die Aus zahlung wurde verweigert, und bis jetzt ist eS thm trotz aller Bemühungen nicht gelungen, seinen Gewinn zu er halten. Neueste Rachrichte« nnd Telegramme vom 20. Juni 1822. LaS SachliekerunaSabkommen tm Auswärtigen Ausschuß angenommen. )( Berlin. Den Blättern zufolge wurde gestern im Auswärtigen Ausschuß nach längerer Aussprache das Sach- lieferungsabkommen zur Erfüllung der Reparation«- Verpflichtungen gegen die Stimmen der Deutschnationalen und der Deutschen Volkspartri angenommen. Zusammenstoß mit Kommnnisten. X Berlin. Bei einem Verbandsfest des Kreis- kriegerverbandes Ueckermünde in Eggesin kam cs nack dem Gottesdienst, dem auch Genernlfeldmarscha-l v Mackensen beiwohnte, zu Zusammenstößen zwischen Fcsttcilnehmcrn und Kommunisten. Wie der „Lokalanzewer" meldet, ver suchten die Kommunisten zu dem Auto Mackensens vorzu dringen. Nach einem blutigen Handgemenge, bei' dem die Landjäger von der Waffe Gebrauch machten, wurden die Kommunisten vertrieben. Die Unterredung zwilchen Llotzd George und Poinear«. X Paris. Der Sonderberichterstatter von Havas be richtet über die Unterredung zwischen PoinmrS und Lloyd George ferner, daß sich die Besprechungen der beiden Mi nister von der Reparattonsfraae der Frage der allnörten Schulden zuwandte. S'e sahen sich genötigt anzuer- kennen, daß cs unmöglich sei, dieses Problem in Angriff zu nehmen, solange die Vereinigten Staaten abseits stehen und ihre Absicht nicht bekannt geworden ist. Uebrigens sei es zweifelhaft, ob vor den nächsten Wahlen, die am Jahresende stattfinden sollten, eine Gewißheit hierüber bestehe. Tie Frage des französischen Paktes wurde, wie der Havasvertreter meldet, nicht berührt, da es die An sicht Poinearös ser, daß es keinen Zweck habe und nicht loyal sei, vor der Regelung der Orient- und der Tauoer frage den französisch-britischen Pakt abzuschließen. Die Diskussion über diesen Punkt finde wahrscheinlich nicht vor der zweiten Julihälfte statt. Das französische Paria- ment werde voraussichtlich wie gewöhnlich um 14. 7. ver tagt, während das englische Parlament nicht vor August auseinanbergche. Unter diesen Umständen werde Polncars in der Lage sein, sich nach England zu begeben, wo Lloyd George um diese Zeit zu verbleiben gezwungen sei. Der Havasvertreter schließt, die gestrige Zusammenkunft sei erfreulich, da sie eine Wiederaufnahme der unmittelbaren Fühlungnahme zwischen den beiden Ministerpräsidenten be deute, die abgemacht hätten, zukünftig keinerlei Entschlüsse zu fassen, die sich auf kritische Fragen beziehen, ohne sich vorher geeinigt zu haben. Ter kurze Meinungsaustausch werde einen wohltätigen Einfluß auf die künftigen fran zösisch-britischen Beziehungen ausüben, t 1( Parts. Nach dem Bericht des Sonderbericht erstatters von Havas, der Polncarö nach London begleitete, trug die Unterredung zwischen Lloyd George und Poin- carö einen herzlichen Charakter. Sie drehte sich ausschließ lich um die Haager Konferenz nnd um das NevarationS- Problem. Poincarö teilte mit, daß er der französischen Delegation dt« bereits gemeldeten Weisungen gegeben habe. Die französische Delegation werde im Haag bleiben, da es ausgemacht sei, -aß die Erörterungen keinen politischen Charakter tragen und die behandelten technischen Fragen nur ad reserenbum geregelt werden können, ohne die Ne« gierung zu verpflichten, sowie baß jede Macht da» Recht habe, die Stellung beizubehalten. die sie In Genua einge nommen hat. Lloyd George zeigte sich von dieser Sntz- schetbung sehr befriedigt. Die beiden Staatsmänner hätte» hierauf die Aussprache über das NeparationSproblem be gonnen. Diesem Teil brr Unterredung wohnte außer Balfour, ber während ber gesamten Besprechung anwesend war, auch Sir Robert Horne bei. Sin oder zwei Mal wurden auch die Sachverständigen des Schatzamtes zu Rat« gezogen. Die durch den Mißerfolg deS internationalen AnleiheplaneS geschaffene Lage wurde besprochen, aber in allgemeiner Form, da sich die NevaratlonSkommtfsion augen blicklich damit beschäftige, die Finanzkontrolle in Deutsch land zu organisieren, die sich insbesondere erstrecke auf da» Budget (Vermehrung ber Einnahmen, Verminderung ber AuSgabens, auf den Nanknotenumlauf und auf die Ausfuhr ausländischer Devisen. Das sei eine Angelegenheit, die man im übrigen nicht in einigen Tagen überstürzen könne. Die interessierten Negierungen — Frankreich, England, Italien und Nelüien — hätten sich also später über die au» dem Bericht ber Mevarationskommtffion zu ziehenden Folgg- rungen zu verständigen. Wenn Deutschland sich weigere, Kontrollmaßnabmen anznnehmen, oder wenn Deutschland sic umgehe, nachdem es sie angenommen habe, würde «ine beabsichtigte Verfehlung seinerseits vorliegen, und S könnten dann entsprechende Maßnahmen ergriffen werden. Der Havasberichterstatter, dessen Bericht zur Zeit in Paris noch nicht vollkommen vorliegt, fügt hinzu, nach dem gestrigen Meinungsaustausch scheine es nicht, -aß ernstlich« Mißverständnisse befürchtet werden könnten, wenn die Dis kussion dieser Frage sachlich wieder ausgenommen werde. Eine Rede deS Staatssekretär- HugheS. X New York. Staatssekretär Hughes hielt in ber Universität Micknaan eine Rede, in der er u. a. sagte, wenn man wünsche, daß die Diplomatie weniger Zurück haltung übe. m"s'e bei k-r öffentlichen Erörterung von inter-at''na"--« Frag n g ö -res Ve a>Xw r u g'g fü'lunb größere Zurückhaltuno seitens des Publikums und der Presse bestehen. Sport. Fußball. Heute abend 6 Ubr steht ank dem Schw. Bl. die 1. Elf de« Svortv. Nünchritz der Reserve-Mannschaft des Riesaer Sportvereins gegenüber. Fußball. VsL. 2. batte am Sonntag die 2. Elf der Spielvereiniauna Waldheim als Gast, nm das Vorrunde- Spiel nm die Ganmeisterschast der 2. Klaffe anSzutragen. ML. 2., die im Kreis Riesa als ungeschlagen dasteht, konnte Waldheim mit 4:0 schlaaen. Am Sonntag fand ans der Strecke Leipzig—Chemnitz— Zwickau—Lauter eins der schwersten Straßenrennen Sachsen« statt. Durch den andauernden Regen waren die Straßen, namentlich im Erzgebirge, teils grundlos. Unser Mitglied Willi Dietrick, Gröba, gewann das Nennen mit zwanzig Minuten Vorsprung, zu der 165 km langen, teils sehr bergi gen Strecke benötigte er 6"« Stunden. Außerdem gelang es Herrn Dietrich auf der 12 km langen Steigung Kirchberg—Rothenkirchen,welche Strecke alSBergmeistrrsckaft besonders gewertet wurde, die kürzeste Fahrzeit gegen alle Teil nehmer zu erzielen und hat damit den Titel eines Berg- meisterfahrers von SackXeu erworben. In Anbetracht der großen Erfolge des Herrn Dietrich hat sich der Sächsisch« Radfabrer-Bnnd entschloßen, ihn zur Bestreitung der großen Fernfahrt Hamburg—Berlin, die anläßlich der deutschen Kampsspiele am 2. Juli stattfindet, als Vertreter Sachsen« zu entsenden. Vermischtes. Tie Verhandlung gegen den Fraueumörder Groß« mann wird am 1. Juli vor dem Schwurgericht deS Land gerichts I zu Berlin beginnen. Es stehen drei Fälle zur Verhandlung. Voraussichtlich wird die Oeffentlichkeit während der gesamten Taner des Prozesses ausgeschlossen. Tas Hamburger Werstnnglück. Tie Wiederauf richtung des gesunkenen brasilianischen Dampfers »Avare* ist, wie aus Hamburg gemeldet wird, der Vulkanwerft übertragen worden. Eine Leiche wurde gestern nachmittag durch einen Taucher aus den Kapitänsräumen des Schiff« geboraen. I0H Zuschauer inS Wasser gestürzt. Ans Dürrenberg bei Merseburg wird gemeldet: Bei einem Schwimmfett am Sonntag kippte infolge einseitiger Belastung ein Laufstieg um, der über Pontons führte. Etwa 100 Zuschauer stürzte« ins Wasser. Bisher wurden sünf Leichen geborgen. Die genaue Zahl der Toten steht noch nicht fest. Explosion iu einem Postamt. Montag vormittag er« folgte im Hofe des Postamts in der Ringstraße in Ham burg beim Verladen von Postpaketen in Bestellwagrn ein« Die goldene Brücke. Ein Roman aus der Biedermeierzeit von Anny Wothe. Amerikanisches Copyrigth 1918 by Anny Wothe-Mahn, Leipzig. 18. Fortsetzung. Nachdruck verboten. Trotzdem ich dir erklärte, daß ich die Apotheke nicht übernehmen will, nagelst du die Tatsache, ohne daß wir unS endgültig darüber verständigten, vor allen Leuten fest und meinst, mich so besser in der Gewalt zu haben. Du täuschst dich, wenn du baS glaubst. Ich wollte meinem eigenen Vater nicht die Schamröte in die Wangen treiben, sonst hätte ich dir gestern vor allen Leuten meine Ansicht deutlich gesagt." Leberecht Bauer richtete sich In seiner ganzen statt lichen Grüße auf. Er war jetzt etnundfünfzig Jahre alt, aber Andreas hatte die Empfindung, als sei thm der Vater nie so jung erschienen, wie in dem Augenblick, wo er ihn zu Boden zwingen wollte. „Du vergißt, mein Sohn," gab Leberecht Bauer mit Ueberlegenhett zurück, obwohl das Beben der großen Nasen flügel verriet, daß er nicht so ruhig war» als er scheinen wollte, „baß wir damals auSmachten» daß du wie Apotheke übernimmst, wenn du deine Studien beendigt hast. Allein unter dieser Bedingung gab ich dir di« Jahre für dein Studium frei." „Nein! Vater, wir verabredeten, daß wir nach Beendig gung meiner Studienzeit weiter darüber reden würden. Ich habe, wie du weißt, schon einige Jahre i» ber kleinen Harzstadt praktiziert. Jetzt möchte ich mich hier in meiner Vaterstadt Berlin niederlaffen und vornehmlich den Armen helfen. Du bist jung und rüstig genug, um die Apotheke noch Jahrzehnte zu halten. Sie macht dir auch wenig Mühe, da baS alte Personal dir ja viel Arbeit abnimmt und du hinreichend Zeit für dein« Studien und Liebhabereien hast. Darum bitte ich dich in Güte, laß mich meinen Weg gehen, den ich mir andernfalls mit Gewalt erkämpfen mutz." „Gewalt?" fuhr Leberecht Bauer auf. „WaS erlaubst du dir? Hier bi« ich Herr! Hier bestimme ich! Das Erb teil deiner Mutter hast du glücklich verstudtert und nu« willst du Armenarzt werben? Das wird dir viel ein bringen. Und da ich dir ketntzn Groschen gebe, wenn du hier -einen „Ausschank" eröffnest, so wirst bn bald am Ende und froh sein, wen« du in der alte« Apotheke eine« findest." „Nie, Vater," rief Andreas leidenschaftlich. „Laß mich auS dem Hause! Ich ersticke hier!" Lebcrecht Bauer sah seinem Sohn mit demselben zwingenden Blick in die Augen, mit dem er ihn meist als Kind gefügig gemacht, und Andreas Widerstand brach unter diesem Blick zusammen. Er fsihlte in ohnmächtiger Wut, daß der Vater der Stärkere sei, daß gegen Leberecht Bauer kein Streiten war. Und dieser Gedanke lähmte seine Tat kraft. „Du mußt nicht übertreiben, Andreas," lenkte Lebe recht Bauer mit einem überlegenen Spottlächeln ein. „Du denkst dir alles schlimmer als es ist. Du vergißt immer, daß ich dein Vater, also auch dein bester Freund bin. Ich habe leider bloß den einen Sohn, und dieser muß, ich wieder ¬ hole es, muß die Traditionen der Familie hochhalten. Da mit du stehst, wie nachsichtig ich bin, soll die Uebergabe der Apotheke erst zu Ostern erfolgen. Bis dahin will ich die Last noch auf mich nehmen und dir Gelegenheit geben, dich langsam an den Beruf zu gewöhnen, und dadurch all dem unnützen Gerede, Henriette treibe meine Kinder auS dem Hause, das durch dein langes Fernbleiben entstanden, die Spitze abzubrechen. Das ist umso notwendiger, weil Dort- chen auch bald unser HauS verläßt und wir dann ganz ein sam sind." Andreas lachte schneidend auf. „Ja, nachdem du deine alten Schwestern sozusagen aus der Fknnlie ausgestoben hast und sie in ihren Zim mern still und für sich ihr einsame» Altiungfernleben führen. Aber Törtchen," wieder lachte ec bitter auf, „das rst noch ein besonderes Kapitel. Wie du mich zwingen willst, so zwingst du Törtchen rn eine glück- und freudlose Ehe. Ta» arme Ding hat nicht die Kraft, sich gegen deinen Willen aufzulehnen, weil du sie immer geknechtet hast. Die Frau dort," — Andreas deutete auf das Bild ferner Mutter an der Wand — „die wird dereinst von dir Rechen schaft fordern und dich fragen: ,,Wie hast du für das Glück meiner Kinder gesorgt?" und du wirst beschämt die Augen senken und bekennen müssen: „Ich habe meine Kinder rücksichtslos der Frau geopfert, die nach dir kam —" „Was erlaubst du dir," fuhr Lebcrecht Barter auf. „Wage ein Wort gegen Henriette, die mir ihre Jugend und Schönheit geschenkt, die mir ein kleines, küßcS Engels kind besckcrt, das einzige meiner Kruder, das Liebe nnd Zärtlichkeit für den Vater hat." ..Natürlich," antwortete Andreas, „das Kind der Frau, !ür. die du krebst, nahmst du an dein Herz. Tie Kinder der un geliebten Frau waren dir gleichgültig, sie stießest du rauh zurück, nicht daran denkend, daß ihre verwaisten Kinder herzen oft verzweifelt nach ihrem Vater fchrlen. a!S die gütige Mutter von ibnen gegangen. Nein, Leberecht Bauer, dein Weg war kein guter, weder als Vater, noch als Gatte. Und daß es dein eigener Sohn dir sagen mutz, das ist wohl mit das Bitterste in meinem Leben." Andreas Vater legte die schöne Hand einen Augenblick über die Augen. Etwas in des Sohnes Stimme hatte ihn seltsam erschüttert. Er durste jetzt nicht schwach werden. Er mußte seine Autorität aufrecht erhalten, uud plötzlich gewann auch wieder der Zorn in ihm die Oberhand. War das eine Sprache für einen Sohn? Was er laubte sich denn der Bengel- Er mutzte den Zorn gegen den Frechen bezwingen, wenn er den Sohn nicht ganz verlieren wollte. Und das wollte Leberecht Hauer nicht. Irgendwo in einem Winkel seines Herzens versteckt lag doch eine tiefe Zärtlichkeit für den einzigen Sohn und Erben, die, wenn er sie fast nie gezeigt hatte, doch immer da war. Leberecht Bauer nannte es eine Schwäche und er be kämpfte sie mit starker Hand. Er barg dieses Gefühl, dessen er sich schämte, unter einer abweisenden Kälte, die seine Kinder oft tief verletzte. So bannte Leberecht Bauer wieder seinen aufstetgen- den Zorn nnd sagte fest: „Tu kennst meine Befehle, Andreas. Entweder trittst du Ostern in der Apotheke an meine Stelle, oder wir trennen uns für alle Zeiten. Tu weißt, daß ich niemals wieder einem Menschen mein Haus geöffnet habe, den ich es verlassen hieß. Gehst du deine eigenen Wege, dann gehst du sie für immer. Daß ich dich enterbe, wird dich nicht weiter stören. Ich kenne dick zu gut und weiß, daß du lieber hungern würdest, als gegen deine Ueberzeugung handeln. Vielleicht aber denkst du daran, daß dir aus ewig Vaterhaus, und Herz und Segen für immer fehlen wird. Geh und ver suche, ob du ohne diese drei leben kannst." „Das werde ich, Vater." Andreas richtete sich stolz aus und schritt mit dröhnendem Schritt zur Tür. Mit dumpfem Laut fiel sie ins Schloß und Leberecbt Bauer sank ,n seinen hohen Lederstuhl zurück. Er ver suchte die Pfeife wieder in Brand zu setzen. Srs schmeckt« ihm nicht. «Fortsetzung solgt^,
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