Volltext Seite (XML)
Beilage zum „Riesaer Tageblatt". Raia««««« md »«lag »» «aager ib »tutertt» w Ales«. — Mr die RedaMo» venmtwarlNch, «.«.rAethurHähneld, «les«. 818. Montag, SH. September 1909, abeudS. SS. Jehrg. »MSMsssssssssmsssmmsmmsssssmsasmssasa—»M»»»»ssss»«ase«WM»ma>E«MMMr Rosebery und Asquith. Dl« Frag« der Deckung der StaalSbedürsntffe durch aeu« Steuern Hot tu England ebenso «le in Deutschland erregt« Kämpfe heroorgerufen. Dar ln Deutschland die Lösung der Krage erschwert durch die Vielheit der Parteien und Verschiebungen tn der Parteigruppierung, so hat da« liberale Kabinett einen Gegensatz zu überwinden, sür den bei nn» die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen fehlen, de» Gegensatz zwischen dem Hause der Lord« und dem Haus« der Gemeinen. Im Unterhaus« sind die Liberalen zur Herrschaft ge kommen mit einem Programm, da« groß« soziale Reformen oersprach. Um dieser Reformen willen hat sich auch die au« den letzten Wahlen hervorgegangene Arbeiterpartei mit der liberalen Partei zu einer großen Mehrheit gegenüber den Konservativen verbunden. Die liberale Gesetzgebung hat jedoch auf sozialem Gebiete bisher sehr wenig geleistet, da« Hindernis lag hauptsächlich darin, daß da« englische Volk von großer Sorge um die Sicherheit de« Lande« er saßt wurde, weihalb die Regierung Konzessionen sür eine starke Vermehrung der Flotte machen mußte, die nur sür kleine Abschlagszahlungen sür soziale Reformen Mittel übrig ließ. DaS neu« vom Unterhaus angenommene Budget, da« neue Steuern auf Spiritus, Tabak, berauschende Getränke, Erbschaften, Grundbesitz und Einkommen enthält, ist nicht sowohl tn Arbeiterkreisen, als vielmehr bet den konserva tiven Lords, di« im Oberhause di« Mehrheit bilden, auf scharfen Widerstand gestoßen. Sogar der frühere Führer der Liberalen Lord Rosebery hat das Budget als revolu tionär bezeichnet und dar Oberhaus zu kräftigem Wider- stände aufgefordert. In einer am letzten Freitag zu Bir mingham gehaltenen Rede ist der Premierminister ASquith seinem alten Parteigenoffen Rosebery scharf entgegengetreten und hat sich gegen da» Haus der Lords daraus berufen, daß nach altem, auch von den Konservativen anerkannten Herkommen tn Finanzsachen die Vertreter deS Volker im Unterhaus« eine absolut zweifellose und entscheidende Stimme hätten, und daß die liberale Partei darauf brenne, die Herausforderung anzunehmen, die tn einer Verstümmelung des Budgets durch daS Oberhaus enthalten sein würbe. DaS fleht ganz aus wie daS Nahen eines schweren inneren Konflikts! In England herrscht jedoch ein solches Maß von Besonnenheit und gesundem Menschenverstand, daß an irgend welche gewaltsamen inneren Umwälzungen nicht zu denken und auch die von dem radikalen Flügel der Liberalen längst gewünschte Abschaffung deS Oberhauses nicht wahrscheinlich ist. —k— Tagesgeschichte. Der Kaiser in München «ud Altenbnrg. Der Kaiser traf Sonnabend vormittag zur Ein« Mihung der neuen Lchackgalerie in München ein. Um 11 Uhr fand die feierliche Neberveichung der Goldenen Biirgermebailie an den Kaiser durch Bürgermeister Dr. von Borscht statt. Nach einer um 1 Uhr beim preußischen Gesandten abgehaltenen Frühstückstafel erfolgte die Ein« Weihung der neuen Schackgalerte. Nachmittags besuchte der Kaiser dir in München anwesenden Fürstlichkeiten. Abends fand im Hofl allsaal Hoftafel zu 143 Gedecken statt. Am Verlaufe der Tafel brachte der Prinzregent Luit pold einen Trinkspruch auf den Kaiser aus, in dem er dem Kaiser für seinen Besuch dankte und feiner Freude darüber Ausdruck gab, daß in den Kaisermanövern die bayerischen Truppen ihre Tüchtigkeit und Zuverlässigkeit aufs neue bewährt haben. Der Kaiser dankte für die herzlicher» Worte und gab seiner Freude darüber Aus druck, daß es ihm vergönnt war, so zahlreiche bay rische Prinzen im Manöver zu begrüßen. Der Kaiser erhob sein Glas und trank auf das Blühen und Gedeihen deS HauseS Wittelsbach. — Der Kinser reiste Sonnabend abend um 10 Uhr von München nach Altenburg, wo die Kaiserin ebenfalls etngetroffen ist. lieber den Aufenthalt des Kviserpaares in Men- bürg wird noch gemeldet: Der Kaiser traf gestern mor gen um 8 Uhr 25 Min., die Kaiserin um 8 Uhr 30 Min. ein. Auf dem Bahnsteig wurden die Majestäten vom Herzog und der Herzogin auf das herzlichste begrüßt, worauf großer militärischer und Zivilempfang statt fand. Die Fürstlichkeiten begaben sich durch die reich geschmückte Stadt zu dem hochragenden, stattlichen allen Schloß, wo die Majestäten Wohnung nahmen. Die Ein wohner Altenburgs, verstärkt durch einen gewaltigen Zustrom aus der Umgegend, der zum Teil zu Fuß und Wagen, zum Teil tn 92 Extrazügen herbeigeeilt war, begrüßten die Fürstlichkeiten stürmisch. Um 11 Uhr 30 Min. begaben sich die Fürstlichkeiten unter dem Jubel der Bevölkerung zum Marktplatze. Der geräumige Markt- Platz war schwarz von Menschen. Zunächst hielt der Kaiser Parade über den 'Landeskriegerverband Sachsen- Altenburg al. Es folgte der Huldigungszug der Bauern schaft des Ostkreises des Herzogtums. Ein alter Bauer in langem schwarzen Rock, hielt eine Ansprache. Eine Bäuerin begrüßte die Kaiserin. Der Kaiser und die Kaiserin reichten den Genannten die Hand und dankten huldvollst für die Ovation. Dann begann der Festzug. Dieser wurde eröffnet durch Vorreiter auf prächtigen derben Bauernpferden Altenburger Schlages. Die Bauern selblst trugen Weiße oder schwarze lange Röcke „her ganz kurze Jacken (Spencer), darüber Schärpen in deut schen und altenburgischen Farben. Nun kam ein bäuer liches Timmpeterkorps zu Pferde, Fahnenträger beritten, der Festausschuß in Wagen, sodann ein bäuerlicher Hoch zeitszug, voran ein Leiterwagen mit Musikanten, Fahnen träger, Hochzeitsbitter zu Pferde, Freundinnen der Braut in einer langen Reihe blumengeschmückter ländlicher Magen und Ktutschen, ferner Wagen mit blumenwerfen den Kindern, Brautjungfern, besonders reichgeschmückt das Brautpaar, nach dem ein Paar, das in der Tat in den nächsten Tagen getraut werden soll. Braut führer zu Pferde, die Eltern des Brautpaares, der Kam merwagen mit der Ausstattung, darunter ein wunder volles altes Riesenbettgestell, Spinnrad und Wiege, so dann Verwandte und Gäste in weiterer langer Wagen reihe und zum Schluß die Freunde des Brautpaares, etwa 100 Burschen zu Pferde. — Um 1 Uhr fand Fa- milientasel im Schlosse statt. Bei der Galatafel, hie abends 7 Uhr im Schlosse ab gehalten würde, wurden zwischen dem Herzog Ernst und dem Kaiser Trinksprüche gewechselt. Die Abreise des Kaisers und der Kaiserin erfolgte abends um 10 Uhr 51 Min. bezw. um 10 Uhr. Der Kaiser reiste nach Hai nichen zu den sächsischen Manövern, die Kaiserin nach Station Wildpark. Zur Fahrt des „L. HL" «ach dem Rheinland liegen folgende Meldungen vor: DaS Luftschiff „2. III" hat gestern früh um 6 Uhr seine Fernfahrt von Frankfurt a. M. über daS Main- und Rheintal nach Düsseldorf angetreten. An der Fahrt nah men teil Graf Zeppelin jun., Direktor ColSmann und j Oberbürgermeister Marx-Düsseldorf. Um 7 Uhr 40 Min. passierte ,2. HI" Rüde-Heim, um 11 Uhr 85 Min. Ander nach, um 18 Uhr 10 Min. Honnef, um 12 Uhr 45 Mim König-winter und um 1 Uhr 80 Min. Bonn tn der Rich tung auf Köln. Um 3 Uhr 20 Min. überflog da« Luft schiff Köln, tn der Richtung de« Rhein« wetterfahrend. Um 0 Uhr 3 Min. landete «S glatt in Düsseldorf. Ein englisches Lob de- deutsche« tkoldateu. C. K. Der bekannte englische Schriftsteller, Robert vlatchford, der der Daily Mail tn eingehenden Schilder ungen über die deutschen Manöver berichtet, gibt darin ein schmeichelhaftes Bild von dem Einzug der „Blauen" in Mergentheim. „Bayrische Infanterie de« ersten Armee korps marschierte durch die netteste unter allen deutschen Städten. Kräftige, aufrechte, geschmeidige und braun gebrannte Soldaten tn lichtblauen Uniformen mit Letn- wandkappen auf den Helmen, die Gewehre im vorschrifts mäßig regelmäßigen Winkel geschultert, die Hosen btS zu den Hüften mit Kot beschmutzt. Wohl «in Dutzend eng lischer Meilen waren diese Leute durch Regen und Schmutz marschiert und nicht einer von ihnen ging lahm und müde, nicht einer von ihnen sah ermattet aus. Die Gesichter, eins dem andern wie bet Brüdern gleichend, zeigten den ruhigen zurückhaltenden soldatischen Ausdruck. Die Leute waren merkwürdig gleich tn Größe und in ihrer Schwere. Sie marschierten mit festem elastischem Schritt; daS Tram tram ihrer Füße klang so regelmäßig wie bei einer Maschine. Wie so Reihe auf Reihe folgte und Kompagnie auf Kom pagnie und Regiment aus Regiment, riefen sie einen ge- wattigen Eindruck hervor. Sie blickten drein wie daS Schicksal. Keine Musik zog ihnen voran, keine Trommel war zu schlagen, die Einwohner um den Brunnen und an den Fenstern sahen mit bewunderndem und ehrfürchtigem Stillschweigen auf sie. Keine Hand regte sich, kein Gruß ward gehört: jeder Offizier und Soldat blickte gerad vor sich hin und marschierte, marschierte, marschierte . . ." Deutsches Reich. Der Kaiser hat an den Großherzog von Baden ein in herzlichen Worten gehaltenes Dankschreiben ge richtet. Er gibt darin seiner hohen Befriedigung über die von den badischen Truppen bei den Kaisermanövern bewiesenen Tüchtigkeit Ausdruck und dankt für oie gast liche Ausnahme, die er im Hause des Großherzvgs ge funden, sowie für die ihm aus allen Kreisen der Be völkerung der badischen Lande, insbesondere der Stadt Karlsruhe dargebrachtcn wohltuenden Kundgebungen. Nach zuverlässigen Quellen kommt der Oberwerft- direktor der Kieler Kaiserlichen Werft, Vize-Admiral und Flügel-Adjutant des Kaisers und Admiral a la suite v. Usedom, anfang Oktober in das Neichsmarineamt als Dezernent des Werft-Departements an Stelle des Vizeadmirals Breusing. Eine neue Note des schweizerischen Bundesrates an die deutsche Reichsregierung bezeichnet die von Deutsch land gemachte Konzession in Gestalt einer Slbänderung der Rückvergütung des Weizenzolles als ungenügend zur Beilegung des Mehlzollkonfliktes. Der schwei zerische Bundesrat beharrt auf seinem bisherigen Stand punkt und verlangt die Ueberweisung der Streitfrage an ein Schiedsgericht. Orville Wright hat am Sonnabend seine öffent lichen Flugvorsührungen in Berlin zum Abschluß ge bracht, nachdem es ihm gelungen war, seinen eigenen deutschen Rekord zu verbessern. Er blieb bei seinem zweiten Ausstieg am Sonnabend 1 Stunde 45 Min. 52,2 Sekunden in der Luft. Welcher ein kleines, stark vergittertes Loch in die Wand gebrochen war, blieben sie stehen; hier konnte das Gefäng nis sein,, aus dem sie die Gefangenen befreien wollten. Ein tollkühnes Wagnis zwar, aber bisher war es ihnen geglückt. „Komm, Jan, steige auf meine Schultern, und sieh, ob Du durch das Loch etwas erspähen kannst." Der Knabe tat wie ihm geheißen und preßte seinen Kopf an das Gitter des Fensterloches. Flüsternde Stim men schlugen an sein Ohr, die er zwar nicht verstehen konnte, die ihm aber die Gewißheit gaben, daß die, welche sie suchten, sich in dem Raume befanden. „Sie sind es," sagte er, als er sich wieder aus den Boden niedrrließ. Melchior klopfte leise an die Türe und von innen her wurde das Klopfen erwidert, worauf Melchior zunächst seinen Blick über die ganze Umgebung schweifen ließ. Die ses alte Gebäude lag etwas abseits und schien wenig be wohnt zu sein. „David, bist Du es und sind die anderen alle bei Dir?" „Wir sind sämtlich hier und zählen die Sekunden, seid wir das erste Zeichen gehört haben," war die leise Ant wort von drinnen heraus. „Fasset Mut und behaltet Geduld, es wird mir bald gelungen sein, das Schloß zu öffnen." Jan mußte nun die Laterne so halten, daß nur ein schmaler Streifen Licht auf das Schloß der Türe fiel, während Melchior m> allerhand Instrumenten sich daran zu schaffen machte. So leicht war es nicht, dieses Schloß zu öffnen und länger wie eine Stunde hatte er schon da ran herumhantiert. Die Seufzer, welche zuweilen aus >em Gefängnis hörbar wurden, bezeugten, mit welch schmerz- icher Sehnsucht die Gefangenen ihrer Befreiung entgegen- ahen, denn wenn dieselbe mißlang harrte ihrer ein gar chreckliches Los. „Endlich!" rief Melchior, als bei einen; abermaligen Vie Zchuamgeister. Historischer Noman von Gustav Laug«. 11. Fortsetzung) -Nachdruck verboten. Sie schlichen lautlos weiter, wobei sie an einem gro ßen Schuppen vorbeikamen, dessen Türe nur angelehnt war. „Komm hier herein, Jan, wir wollen unsere Laterne anzünden." Beide schlüpften hinein und nachdem sie eimn Moment horchend stehen geblieben waren und sie sich überzeugt hat ten, daß nichts sich hier regte, flammte bald das Licht einer kleinen Laterne,auf. Es befanden sich nur Holz und Stroh in dem Raume und war der Schuppen voll ständig angefüllt mit diesem Brennmaterial. In Melchiors Augen blitzte es auf. „Hah, ein Gedanke kommt mir, Jan, höre auf. Wer kann wissen, ob wir nicht zu früh in unserer Arbeit ge stört werden. Wenn dieser Fall eintritt, eilst Du schnell hierher, Du weißt doch, wie Feuer angefacht wird, dann fetzt Du den Schuppen in Brand. Er ist weit genug von der Stelle entfernt, wo wir über die Mauer gekommen find und mit den unseren auch wieder hinüber müssen. Durch den Brand wirb die Aufmerksamkeit dann vielleicht von ms abgelenkt." „Oh, das ist herrlich!" rief der Knabe und klatschte leise in die Hände. „Am liebsten möchte ich gleich jetzt etnheizen." „Bst, keine Dummheiten; nur im äußersten Notfälle, wem ich Dir ein Zeichen gebe, steckst Du den Schuppen tn Brand." Melchior verbara die Laterne unter seinem Mantel und trat dann mit Jam wieder aus dem Schuppen. Sie lenkten mm ihre Schritte nach dem alten Ritterhaus, wo her sie daS Erkennungszeichen zu vernehmen geglaubt hat ten. Vor einer niedrigen, eifenbeschlagenm Türe, neben Versuch der schwere Riegel zurückwich und die Türe sich öffnete. David Joris trat zuerst aus dem engen dunklen Raum und sank an die Brust seines Befreiers. „Melchior, das vergesse ich Dir nicht; Du kamst zu rechter Zeit und hast uns allen das Leben gerettet!" „Mich führte der Zufall gerade in diese Gegend, dankt Eure Rettung zunächst Jan," entgegnete Melchior. „Aber davon später. Noch befinden wir uns mitten unter den Feinden, folgt uns schnell, den nun wird bald die Nacht vorüber sein. Schon waren sämmtliche Gefangenen heraus und woll ten Melchior folgen, als David Joris Gattin sich plötzlich an Melchior anklammerte. „Wo ist Divara, mein Kind?" fragte sie angstvoll. Ja, wo ist Divara?" fragte auch David Joris. „Das weiß ich nicht, ist sie denn nicht bei Euch," ent gegnete Melchior, verstimmt über diese Verzögerung, denn jede verlorene Minute drohte auch ihm. mit in die furcht bare Gefahr hineinzuziehen. „Divara ist doch mit Euch in das Schloß gegangen," wandte sich Jan an seinen Vater. „Das ist sie, aber seit gestern schon ist sie nicht mehr bei uns, man muß sie an einen anderen Ort gebracht ha ben und verweigerte uns jede Auskunft darüber," erwi derte David Joris. Wirklich schien es, als sollte das Fehlen Divaras die ganze Flucht aufhalten, denn die furchtbar erregte Mutter erklärte, unter keinen Umständen ohne ihr Kind von hier fortzugehen. Vergebens stellte mau ihr vor, daß unmög lich dem unschuldigen Kinde dasselbe Schicksal bereitet werden könne, was man den Eltern zugedacht habe. Sie versprach erst zu folgen, als Jan den Arm im-seine Mutter schlang unb ihr zuflüsterte: „Komm nur jetzt, Mutter, ich schwöre Dir, ich brin-e Dir Divara zurück — oder räche siel"