Volltext Seite (XML)
Ar 157 «4. Jehr«. Beilage znm ,,Riesaer Tageblatt". Aa»aUo«»ßdn«k anb Bersaq »»» ttaaae» t »lalerllch m Rlela. — stit» dl, »t»a«t»»« ««anllaaeM»! Arthur -ähael «a «lala Maatag, 1V galt lttll, abeabS Marakka. Ueberbltckt man den bisherigen Verlauf der Lebatte über MarM», so darf schien jetzt mit -kemlkcher Sicher- tzett erwartet werden, daß der sogenannte „Zwischenfall von Agadir" auf diplomatischem Wege seine Erledigung staden wird. Die Dtplnmnte» haße» ßa« Van und zu Herrn v. Kiderlen-Wächter darf Deutschland das Vertrauen haben, daß er die deutschen Interessen mit zäher Energie und diplomatischem Geschick zu vertreten wissen wird. Pariser Blätter orakeln, daß die „große Konversation" -wischen Frankreich, Spanien, England und Deutschland schon im Flusse ist, ukdj der,Matin" glaubt -U wissen, daß die Verhandlungen parallel geführt wer den würden, in Berlin-Wischen Herrn!V. Kiderlen-Wächter uich Herrn Cambon, und. in Paris zwischen Herrn de DelveS und Herrn v. Schön, und -war aus der Grund lage, daß Deutschland in Marokko nicht Besitz ergreifen dürfe, womit man sich auch in Berlin einverstanden er klärt habe. Man nimmt also ebenso wie in Berlin auch in Paris an, daß die Verhandlungen lediglich zwischen Frankreich und Deutschland geführt werden müssen. In der „Neuen Freien Presse" gibt eine mit der Stimmung in England vertraute Persönlichkeit auch dem Gedanken Ausdruck, daß die Wendung in der englischen Marokkopolitik für Frankreich auch eine gewise Kehrseite habe: es habe nunmehr nicht so großen Nutzen davon, daß es seinerzeit Aegypten an England opferte, um! freie Hand in Marokko zu bekommen. Tas wäre Frankreich natürlich äußerst peinlich, wenn England sich durch die Entwicklung 'der Dinge veran laßt sehen würde, sich wieder ernstlicher unn die Wah rung seiner Interessen in Marokko zuj kümmern, zumal in Marokko selbst Sympathien für Deutschland immer deutlicher zutage treten. U. a haben nach einer Mel dung der „Köln. Ztg." aus Tanger sämtliche dort an sässigen einflußreichen Leute aus dem Sus! an den dorti gen deutschen Gesandten einen Brief geschrieben, worin sie ihr Einverständnis und ihre Genugtuung darüber erklären, wenn Deutschland das Sus unter seinen Schutz stellen sollte. Und die Begrüßung des „Panther" in Agadir durch die einheimische, Bevölkerung war so freund lich, daß Frankreich sich die größte MÄHe geben wird, um wenigstens England als Interessenten in Marokko auszuschalten. Tie bevorstehende internationale Ausein andersetzung mag sich langwierig gestalten, es können wohl auch manchmal unbehagliche Stockungen Vorkom men; Augenblicke ernster Spannung aber, in denen man sich, wie sich dies in jvüheren Phasen dieser Frage ereignete, eines Gefühls tiefer Beunruhigung nicht er wehren könnte, werden jedoch kaum eintreten. Es ist, so lesen wir im „Dresn. Anz.", gestattet, sesttzustellen, daß diese ruhige Beurteilung der Angelegenheit von der Diplo matie aller in erster Linie beteiligten Staaten als be rechtigt anerkannt wird Ueber die diplomatischen Verhandlungen in der Ma rokko-Angelegenheit liegen heute ferner folgende Mel- düngen vor: Ter französische Botschafter Herr Cambon, der Sonn abend abend in Berlin wieder eingetroffew ist, hat Sonn tag nachmittag dem Staatssekretär des Auswärtigen Amtes Herrn v. Kiderlen-Wächter in dessen; Wohnung aus gesucht. Tie Aussprache beider Herren hat ergeben, daß Der Wajoratsherr. Roman von F. Arnefeldt 18 „Ida, bedenke, war Du tust," bat der Major. „Ich habe nicht die Gewohnheit, ohne Ueberleguna zu handeln," antwortete sie, den Kopf in den Nacken werfend. „Hugo würde mit einem Schlage ein reicher Mann." „Als Majoratrherr von Lichtental würde er noch rei cher." „Alle Prozesse, die Dein Bruder geführt hat, sind verloren gegangen." „Damit ist noch nicht gesagt, daß Hugo die seinigen verlieren könnte." „Justizrat Reuter hält da« Gewinnen für ausgeschlossen." Sie schnippte nur mit den Fingern. „Gr hat kein Geld zum Prozessieren." „So werden es andere haben statt seiner," entgegnete sie zielbewußt. „Kurz und gut, ich werde ihm abraten und dar sogleich." Sie machte eine Bewegung, sich zu erheben. Gr hielt sie zurück und bat: „Handle nicht vorschnell, Ida. Ich bin ab sichtlich zu Dir gekommen, «he Du mit Hugo reden konn test ..." „Aha, ich sollte bearbeitet werden," lachte Ne, „Du wirst aber damit nicht viel Glück haben. Ich werde mir Hugo sogleich rufen lassen." „Höre erst noch etwa- andere», waS ich mit Dir zu über legen habe," sagte er, seine Hand auf ihren Arm legend. „Ich habe e« »«sprachen, obwohl ich im voraus weiß, daß -Du nicht darein willigen wirst." „Wem hast Du ein Versprechen gegeben und welcher?" „Dem Justizrat Reuter," erwiderte der Major, und er zählt« seiner Frau, wie dieser in Bezug auf Viktor von Arnewalk von ihm verlangt hatte, fast mit denselben Worten, die jener gebraucht. Frau von Tiefenbeck fuhr bet der ersten Andeutung, daß sie Viktor in ihr Haus nehmen sollte, auf, al» ob sie von der Tarantel gestochen sei, und erklärte, sie werde ihr Hau» niemal» diesem falschen Ärnewalk öffnen. „Gin falscher Amewalk ist der arme Junge nicht," seufzte der Major, .obwohl ich nicht leugne, daß e» für ihn und keinerlei Anlaß zur Beunruhigung! vvrliegt, vielmehr auf beiden Setten der aufrichtige Wunsch besteht, sich über etwaig« Differenzen zu verständige«. --- Auch der deutsche Botschafter in Paris, Herr v. Schön, hatte gestern abermals eine lange Unterredung mit dem Minister de» Aeußern de Geldes, und man sagt, daß er diesmal von seiner Regierung bereit» bestimmtere und ausführlichere Instruktionen mitgebracht hatte. Diese Unterredung be trachtet man hier als die Einleitung der Verhandlungen zwischen Frankreich und »Deutschland. Dazu wird noch bemerkt, daß die englische Regierung über alle Phasen der deutsch-französischen Unterhandlungen auf dem Lau fenden erhalten werde. Spante» N«ß Marokko. Die „Agence HavaS" meldet aus Elbs ar vom 7. d. M.: Mit der Erklärung, sie übernähmen die Sorge für die Sicherheit der Stadtj, haben die Spanier die marok kanischen Soldaten entwaffnet. Der französische Konsular agent hat gegen das Vtscgehen gegen den Scheik Benda- Han einen Amtest an den spanischen Konsul cingereicht. Trotz der Befehle au» Madrid läßt Oberst Sylvestre ferner auf dem linken Ufer der Sukko» spanische Posten aufstellen. Spanische Patrouillen nötigen die Bewohners um d Uhr abends in ihr« Wohnungen zurückzukehren, und ent waffnen Kaufleute, die in das Innere des Landes, reisen. 1200 Mann französischer Truppen werden so länge in Fes bleiben, bis eS der marokkanischen Regierung gelungen sein wird, eine so stjarke und gut ausgebildete Ein geborenenarmee zu schaffen, daß dadurch die Sicherheit der Hauptstadt garantiert wird. (Also dauernd- D Red) Italien ko««t z»r Einsicht. Ein Leitartikel der Perseveranza erklärt, e» sei ab solut notwendig für Italien, in den Marokkoverhand lungen auf Seite Deutschlands zu stehen. Tie Frucht werde nicht auSbleiben. Der deutsche Handel mit Marokko macht einen nicht unbedeutenden Teil des Gesamthandels Marokkos aus. Als Abnehmer marokkanischer Produkte steht Deutschland sogar an zweiter Stelle (hinter Eng land). In den letzten drei Jahren haben wir aus Ma rokko für 26,4 Millionen Mark Waren eingeführt und dorthin für 10,2 Millionen Mark Waren ausgeführt. Hiervon kommen auf das Jahr 1010 in der Einfuhr 9,1 Millionen Mark und in dec Ausfuhr rund fünf Millionen Mark. Man wird ruhig annehmen können, daß in Wirklichkeit unser Handelsverkehr mit Marokko noch etwas größer ist, als diese der deutschen Handelsstatistik entnommenen Zahlen erkennen lassen, die nur die direkt verfrachteten Sendungen enkhalten. Ueber den Gesamt handel Marokkos stehen die Zahlen für das Jahr 1910 noch nicht zur Verfügung, sondern nur die für 1909. Tiefer Gesamthandel hat, nach Abzug deS Landhandels mit Algerien, betragen in der Einfuhr nach Marokko 56 Millionen Mark und in der Ausfuhr nach Marokko 36 Millionen Mark. Hiernach geht wohl ungefähr ein Viertel der Seeausfuhr Marokkos nach Deutschland. Tas ist mehr als was Frankreich aus Mävokko bezieht und kommt annähernd der Hälfte der englischen B^üge gleich. TageSgeschichte. Zur »lß»»tsche» Frage. , Au» Monaftir oerlaulet, daß der Frelheitlheld Niast Bet in He»na Gewehre unter feiner jungtürkischen An hängerschaft verteilte, darauf alle albanesischen Beamten der Stadt zusammenrief, «in« leidenschaftlich« Ansprache an sie hielt und sie zwang, ihre Vemter üiederzu legen, und die Stadt zu verlassen. In Monaftir sind Gerücht« vrr- breitet daß Riasi mit seinen Anhängern bereit» .unterwegs nach Monaftir sei, um dort in gleicher weis« Vorzug,hem Der in Tetinje anwesende Erzbischof von Skutart würde vom König zur Tafel gezogen. Er erklärte, et habe weder bei den Albanesen in Podgoritza und bet anderen etwa» ««»richten können. Die Albanesen bestehen auf Zu sicherung de« Wahlrecht», der osfiziellen Anerkennung ihrer Sprache und Nationalität, der Anstellung von albanesischen Beamten, der Schaffung eine» besonderen albanesischen Budget« und der lleberwachung der Durchführung dieser Reformen durch «inen christlichen Generalinspekteur. Der türkische Gesandte hat am Sonnabend der mon tenegrinischen Regierung die den Malissoren gemachten Zu geständnisse mltgeteilt, welche sich auf den Militärdienst, die Einrichtung von Steuern und Abgaben, die Ablieferung der Waffen, den Au»bau von Schulen und Straßen und di« Unterstützung der bedürftigen Bevölkerung erstrecken. Die betreffenden Maßnahmen sollen nicht erst nach der Rückkehr aller Flüchtlinge, sondern sofort durchgeführt wer den. Der Walt von Skutart hat bereit» entsprechende Be fehle erhallen. Wie verlautet, wird die Pforte ein« au« höheren Ossi- zieren und au« Justiz, und Berwaltung«beamten bestehende Kommission zum Studium der notwendigen Reformen nach Albanien entsenden. — Nach einem Telegramm de» Ober kommandanten in Albanien haben die Aufständischen ihr« Angriffe auf Abteilungen der 1. und der 4. Division beim Zemfiusse wiederholt, sind jedoch zurückgefchlagen worden. « * * Deutsche» «eich. Ter Kaiser ist auf seiner Nordlandreise in Bergen eingetroffen. Der Monarch machte Sonnabend früh einen Spaziergang an Land, erledigte dann an Bord des Be- gleitkreuzecs Kolberg lausende Arbeiten und begab sich um 1 Uhr mittags nach der Billa! des deutschen Konsuls Mohr, wo er mit einem Teil des Gefolges das Früh- stück einnahm. Um 4 Uhr erfolgte die Rückkehr an Bord der Hohenzollern. Ueber den Kongreß der freien Gewerkschaf ten, der vorige Woche in Dresden stattsand, bemerkt die „Nvrdd. Allg. Ztg": Es hätte sich von neuem heraus gestellt, daß die freien Gewerkschaften nichts anderes seien, als sozialdemokratische Organisationen^ Man müße ihnen das Recht absprechen, sie schlechtweg als Vertreter der deutschen Arbeiter zu bezeichnen. Tie Reden seien fast ausschließlich sozialdemokratische Agitationsreden ge wesen, wie man sie aus den Paclämenten sattsam kennt. Aus diesem Grunde liege auch kein Anlaß vor, auf die Beratungen der Dresdner Tagung näher einzugehen. Tie Nordd. Allg. Ztg hält bezüglich der Einladung des englischen Arbeiterführers Mr. Ramsay Macdonald -NM kaiserlichen Frühstück bei Lord Haldane dem Vor wärts gegenüber ihre früheren Feststellungen in vollem Umfange aufrecht und bemerkt: Es ist unzutreffend, dah die Einladung durch einen Wunsch des Kaisers vcr- Guch besser sein würde, er wäre nicht geboren. Aber er ist einmal da, damit muß gerechnet werden. Reuter muß sich nach einer anderen Pension für ihn umsehen." Frau von Tiefenbeck erwiderte hierauf nicht», aber ihr Gesicht erhielt «inen ganz eigenartigen Ausdruck. Die weißen spitzen Zähne gruben sich in die rosige Lippe, der Blick des grauen Auge« war kalt und grausam, die Hände krallten sich ineinander. Sie glich einer schönen Katze, die sich soeben zum Sprunge auf ein Opfer anschickt. Schnell und von dem gutmütigen Major nicht bemerkt, ging diese Bewegung indes vorüber. Frau von Tiefenbecks Züge nahmen wieder den liebenswüroiaen Ausdruck an, den sie für gewöhnlich trugen, ein mildes Lächeln umspielte ihre Lippen und die grauen Augen mit einem andachtsvollen Blick zum Himmel auf- schlagend, sagte sie mit sanfter, ei» wenig bebender Stimme: „Deine Nachrichten sind so überraschend, so gänzlich unerwartet, Julius, daß man sie doch näher überlegen muß." „Ida, Du wolltest?" rief er in hohem Grade erstaunt und erfreut, „Du wolltest?" Sie wehrte mit der Hand und gebot schon wieder mit stärkerer Summe: „Ziehe keine übereilten Schlüffe aus meiner Bemerkung und glaube nicht, daß ich wankelmütig sei. Du kennst mim, Du weißt, wie ich in der Frage des Majorats gesinnt bin, und es ist nur natürlich, daß mich da» Anerbieten Edmund Amewalk» in seinem Testament und die Zumutung de» Advokaten aufbringen mußte. Aber ich bin auch eine praktische Fran und bin eine Christin. Als erster« stelle ich mir doch die Frage, ob e» für Hugo nicht besser sei, keinen Prozeß zu führen, da« Geld für sich und seine Schwestern, die e« auch sehr gut brauchen können, zu nehmen und sich mit der Rolle des ersten Anwärter» auf da» Majorat zu be ¬ gnügen." „De» ersten Anwärter«," fuhr Herr von Tiefenbeck auf. „Wa» willst Du damit sagen?" Sie lächelte und antwortete al» spräche sie mit einem Kinde: „Nicht» anderes, als daß wir alle sterblich, täglich von tausend Gefahren umringt sind." „Gott wolle Viktor gnädig davor bewahren," sagte darauf der Major und faltete andächtig die Hände. . „So spreche ich auch," stimmte sie zu, „und dämm frage ich mich als Christin, ob eS nicht meine Pflicht ist, dein an mich ergangenen Rufe Folge zu leisten und dem ver waisten Knaben eine Schützerin, eine Erzieherin zu werden." „O, Ida, Ida, das habe ich nicht von Dir zu hoffen gewagt," stammelte der Major, und in seine guten, Hellen Augen traten Tränen der Rührung. Er wollte ihre Hand ergreifen, aber sie entzog sie ihm und gebot: „Ich habe Dir schon gesagt: ziehe keine voreiligen Schlüffe. Ich muß mit mir zu Rate gehen und auch hören, wie Hugo sich zur Sache stellt. Ich kann ihm wohl raten, aber nicht gebieten. Willst Du ihn mir schicken?" Der Major verstand die ihn entlassende Aenßerung und entfernte sich, weit leichteren Herzens als er gekommen war. Schon bat er in seinem Herzen seiner Frau das Unrecht ab, daS er ihr nach seiner Meinung getan hatte. Frau von Tiefenbeck blieb allein und starrte, die Arme auf die Brüstung des Balkons gestemmt, in den Garten, in dem die Schatten bereits länger wurden. Nach wenigen Minuten verkündete das Oeffnen und Schließen der Tür ihrem lauschenden Ohr, daß ihr Neffe eingetretsn sei. Sie wandte sich um, schloß ihn in ihre Arme und hielt ihn fest und innig umfangen, dann flüsterte sie: „Komm, wir habe» sehr viel zu reden miteinander." Nochmals untersuchte sie die Türen, ob sie auch fest ge schloffen wären, bedeutete Hugo, zivei Sessel für sie und sich herbeizurollen. Tante und Neffe blieben sehr lange bei einander und über hörten sogar die Glocke, welche die Hausgenossen zum gemein samen Mittagsmahl rief. Etwas verspä'ct erschienen sie in dem ländlich-runden Saal, in dessen Mitte die reich mit Blumen geschmückte, sorgfältig gedeckte Tafel stand. * *' * Major von Tiefenbeck schaute seiner Gemahlin voll Angst, ihre Kinder voll Erwartung entgegen. Sie beruhigte ihn durch einen Händedruck, während sie sich neben ihm nieder- ließ. Adelheid, als die jüngste des Kreises sprach das Tisch, gebet, dem alle stehend, mit gefalteten Händen folgten, und nachdem da» Amen verklungen mar, füllte die Hausfrau Hf« Suppe auf, die durch Lindner hernmgereicht ward, in He schönen Teller au» Berliner Porzellan. 188,20