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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 11.12.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-12-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-192212114
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19221211
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19221211
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Riesaer Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-12
- Tag 1922-12-11
-
Monat
1922-12
-
Jahr
1922
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 11.12.1922
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dort versaufen, Bi» jetzt konnten diese modernen „Piraten" Vock nicht ermittelt werden. ' vom Minister »um Gastwirt. Der frittiere bvaunfchweigtscke Justiznitntster Junte Kat den Gasthof „Brauner Hirsch" in Braunschweig erworben: er wird ihn selbst wetterführen. Briefe, die nicht geschrieben werden. Das Porto wird immer teurer: btld werden wir kl) Mart für einen Brief zahlen müssen, und da ist «» kein Wun der, daß die Bost über Abnahme de» Verkehr» Nagt. Tue Zetten lind dahin, wo der Brief da» bequemste und billigste DerständigungSmittel »wischen voneinander entfernten tzamtltenmitaliedern bildete» da s»ch Liebende täglich, Eltern und Kinder wenigsten» zweimal wöchentlich schreiben. Heute schreibt man nur noch, wenn man unbedingt mutz, und man hat nicht Geld genug übrig, um die Nächsten von seinen alltäglichen Gefühlen und Erlebnissen zu unter richten. Aber e» ist nicht nur da» teure Porto, da» dein Briesschreiben heute mehr und mehr ein Ende bereitet. Grad« die Zeitalter de» Briefschreibens hatten ja sehr viel schlechtere und jedenfalls nicht billigere Postverhältnifse, und die Menschen de» 18. Jahrhundert», die Seiten über Seiten mit ihren Plaudereien und Betrachtungen füllten, schrieben die ganze Woche lang, damit da» sorglich zuge- siegelte Driefpaketchen am einzigen „Posttage" auch punkt- lich mit fortging. Heute ist der lang« Brief, diese» Kunst werk, da» noch die Damen de» Biedermeier» vor hundert Jahren so eifrig pflegten, ganz au» der Mode gekommen, und da» hängt auch mit unseren sozialen Verhältnissen zusammen. Wer waren denn diejenigen, die hauptsächlich und am meisten schrieben? Außer den berufsmäßigen Schriftstellern vielfach alleinstehende Damen, die sich ganz ihrer Korrespondenz widmen konnten. Die alte Jungfer, deren wichtigste Beschäftigung im Briefschretben bestand, ist heute auSgestorben. Sie hat andere Dinge »u tun, wenn sie nicht „unter die Räder" kommen will: sie mutz einem Beruf nachgehen, und ebenso hat e» der Schrift steller von heute viel zu schwer al» daß er kostbare Stun den auf unbezahlte Ergüsse in Briefform verwenden könnte. Und die Liebenden? Schreiben diese Briefverfasser pir excellence, die so gern ihrem übervollen Herzen Lust machen, heute noch so viel wie früher? Ach, auch die Liebe kann heute de» Menschen Stunden nicht mehr auSfüllen: sie haben beide viel »u viel zu tun, der schwärmende Jüng ling und die Erwählte seine» Herzen»: sie sind beide in einem Beruf tätig, und in der freien Zeit denken sie nicht an Briefschreiben, sondern an Tanzen und Sport. Uno dann hat das Telephon den Bries vollständig er drosselt. Der Fernsprecher ist ja noch billiger als der Brief, und so benutzt man ihn in vielen Fällen, wo man früher schrieb. Zweifellos verschwinden damit wichtige Werte des Gemütes und der Kultur aus unserm Leben. In späteren Zetten werden nicht so reichliche Quellen für die Erkenntnis de» kulturellen und künstlerischen Lebens zur Verfügung stehen, wie sie uns auS der Ver gangenheit in den umfangreichen Briefwechseln vorliegen. Sodann-aber brachte der Familien- u. Liebesbrief Wärme und Innigkeit in den Alltag. Wie freute man sich, am FrühMckstisch die geliebten Schriftzüge bereits aus der Adresse zu sehen! Heute bringt sie Post nur noch Bank bescheinigungen, Preisangebote, Rellamesachen und — Rechnungen. Arbeitslosenunterstützung für den Sul tan. Der geflohene Sultan der Türket Mohammed VI., der sich vorläufig aus Malta ein Ashl gesucht hat, kann natürlich nicht von der Luft leben, und da er sich unter englischen Schutz begeben hat, so muß die englische Re gierung wohl oder übel auch für seinen Unterhalt auf kommen. Als aber der Unterstaatssekretär des Auswär tigen Ronald McNeilt im Unterhaus diese Frage zur Er örterung stellte, da fand er keme rechte Stimmung da für bei den Vertretern des Volke«. Der Abgeordnete James Sexton machte unter allgemeinem Gelächter den Vorschlag, man solle dem Sultan Arbeitslosenunterstützung zahlen, und ein anderes Parlamentsmitglied Jack JoneS rief: „Gebt ihm 15 Schilling die Woche und noch einen Schil ling für jede seiner Frauen." Die kostbarsten Geigen der Welt. ES gibt Geigen, um die die Romantik ihrer Schicksale eine phan tastische Stimmung gewoben hat. Am berühmtesten in dieser Hinsicht war die Geige PaganiniS, über die ein ganzer Roman geschrieben werden könnte. Der berühmte Geigenvirtuose, der jetzt im Film seine Wiederauferstehung erlebt, soll sie von einem Grafen erhalten haben, der sie ihm, von seinem Spiel begeistert, zum Geschenk machte. Der Graf selbst hatte sie der krampfhaft geballten Faust eines jungen ManneS entwunden, der sich aus unglück licher Liebe zu der Frau des Grafen den Kops zer schmettert hatte. Schon vorher hatte diese Geige vielerlei Schicksale durchgemackt, in denen Liebe, Leidenschaft und Tod eine düstere Rolle spielten. Paganini hütete die Geige als sein kostbarstes Gut: sie war eine herrsche Guar- nerius, und er vermachte sie in seinem Testament seiner »»ENxer VaNsrllar« 8448 »ar» Heimatstadt Genua: sie ist nur zweimal seit seinem Tode wieder gespielt worden. Diese berühmte Geige würde natürlich, wenn sie heute auf den M"rkt käme, einen un geheuren Preis erzielen. Aber eS gibt noch andere Vio linen, die ihr an Wert nicht nachstehen. Die herrliche StradivariuS, aus der Mahr spielt, wird auf 6000 Psd. Sterling geschätzt. Wie in einer englischen Zeitschrift er zählt wird, ließ er sie eine» TageS unbewaaü in Peters burg in seinem Garderobenraum, und als er zurückkam, war sie verschwunden. Der Künstler geriet in die grüßte Aufregung: e» stellte stck aber heran», daß sich nur je mand mit ihm einen „schleckten Scherz" erlaubt hatte. Für die kostbarste Violine der Welt hat Joachim die sog. „Kaiser-StradivartuS" erklärt, deren Wert aus 200000 FrtebenSmark damals geschätzt wurde. Sarasate vermachte in seinem Testamente je ein» der herrliä>en Instrumente, die er hauptsächlich zu benutzen pflegte, dem Musik konservatorium von Paris und Madrid. Auck diese bei den Geigen, die von dem großen Geigenbauer StradivariuS herstammen, sind heute so gut wie unbezahlbar. Immer wieder aber tauchen solche herrlichen alten Instrumente au» dem Dunkel auf und werden von Glückspilzen um ein Geringes erworben. So erzählt man die Geschichte von einer StradivariuS, die in die Hände eines deutschen Hufschmiedes kam, bei dem sie ein Reisender ließ, der da» Beschlagen seines Pferdes nicht bezahlen konnte. Jahre hin durch hing das Instrument an der Wand in dem Hause des Schmiede», bis eines Tages ein Sammler von Vio linen daherkam und die rauchgeschwärzte Geige in ihrem wahren Wert erkannte. Er zahlte dem Schmied einen stattlichen Preis. Vor einiger Zeit wurde einem herum ziehenden Musikanten in den Straßen Londons von einem Vorübergehenden, der die Kostbarkeit der Geige des Vaga bunden beurteilen konnte, 700 Pfund Sterling sür sein Instrument gezahlt. Ans einer Auktion erstand ein Ar beiter eine Violine für 6 Schilling, ein Händler lauste sie ihm für 600 Psd. ab und erzielte selbst dafür 1600 Psd. Zur vermindern«,, der Aerkelverlufte. Durch zu kalte und feuchte Ställe und namentlich durch ungeeigneten Fußbodenbelag entstehen viele Ferkel verluste. In gar manchen Betrieben stünde cs besser um die Schweinezucht, und es würden mehr Ferkel Hockge bracht werden, wenn die Ställe nicht oft gerade das Gegenteil von dem wären, was von einem gesunden Stall verlangt wird. Wenn man von der Notwendigkeit der Steigerung der Produktion spricht, und diese Forderung mit Neckt auf tne Schweinezucht anwendet, so mutz man aber auch an die Verminderung der Verluste denken. Der ungeeignetste und ungesundeste Fußbodenbelag in Buchten für Sauen mit Ferkeln ist Zement Wenn man hin und wieder davon hört, daß trotz des Zementsuß- bodens die Ferkel gedeihen, so handelt es sich um Aus nahmen. Am besten sind Ziegelsteine als Fußbodenbe lag, die mit Zement verfugt werden. In den Winter monaten macht sich der ungünstige Einfluß des Zement- fußbodenS besonders geltend. Wenn in derartigen Stäl- len die Schweine den Husten nicht los werden, so braucht eS sich nicht immer um Schweincscuche zu handeln. Von einem Gedeihen kann aber nicht die Rede sein, wenn die Schweine an dauerndem Husten leiden. Die gegen die Schädlichkeit des Zementfußbodcns an gewandten Mittel sind nur Notbehelfe. Das gilt auch von der Einlagerung von Holzbritschen. Wenn sie Britschen nicht oft genug ausgenommen werden und der Fußboden nicht zugleich gründlich gereinigt wird, so kann infolge deS sich darunter ansammclnden Schmutzes die Gesund heit der Ferkel leiden. Durch reichliche Stroheinstreu läßt sich» den nachteiligen Einflüssen des Zementsußbodens teil weise begegnen. Doch wird das Stroh nur zu leicht von der Sau und den Ferkeln beiseite gewühlt, und die Ferkel kommen dann doch auf den Fußboden zu liegen. Manche Schweinezüchter ließen in den für Muttersauen mit Fer keln bestimmten Buchten den Zementsußboden aufreinen, um an dessen Stelle einen Ziegclsteinsußboden zu legen, was heute aber große Kosten verursacht. Wiederholt schon wurde versucht, durch Einbringung einer genügend starken Schicht Torf in die Buchten den schädlichen Wirkungen des Zementfußbodens entgegenzu treten. Guter Torf hat alle Eigenschaften, um auch in Schwcineställen eine vorzügliche Einstreu zu bilden. Doch wenn auch der eingebrachte Strcutorf festgetreten wird, so zerwühlen ihn die Schweine bald, so daß der Fuß boden mehr oder weniger bloß liegt. Auch zeigen die Schweine ost Neigung, Torf zu verzehren. Deshalb war es bisher kaum möglich, die guten Eigenschaften der Tors streu auch für die Schweineställe nutzbar zu machen. Man kann nun durch eine einfache Einrichtung, wie sie von Hofbesitzer Behrens in Ahstedt bei Garbolzum, Bez. NllveSdeim. ervacht worden M, die Anwendung von Torf streu in Tckweineställen ermöglichen, ohne daß die Schweine in der Streu »u wühlen vermögen. Der Ge nannte legt auf die Torfstreu einen der Bucht ange- paßten, mit Maschendraht bespannten Holzrahmen. E» läßt sich leicht bewirken, daß sich das Maschendrahtge flecht an die vorher aut verebnete Torfstreu ganz dicht anschließt und fest aufliegt. Auf das Drahtgeflecht wird dann eine dünne Lage Stroh gegeben. Wie die mehr jährigen Erfahrungen »eigen, hat sich die Einrtcktunss sehr gut bewährt. Auch nehmen die Schweine diese» Lager gern an. Im Jrhre 1014 wurde dem Hofbesitzer Behren» auf diese Einrichtung unter der Bezeichnung «Streu- matvrtze" ein Reichspatent erteilt. Er hat aber das Pa-> tent nicht aufrecht erhalten, um die Einrichtung umso mehr der Schweinezucht dienstbar zu machen. Gern ist er bereit, auf Anfragen weitere Auskunft zu geben. Die Maschendrahtweitc beträgt 4—5 Zentimeter im Quadrat. Für die Verwendung von Torfstreu hat sich die Maschen drahtweite von 16—25 Quadratzentimctern bewährt. Bor dem Einbringen der Streumatratze wird der Fuß boden der vorher gründlich gereinigten Bucht mit einer 8—5 Zentimeter hohen Schicht Torfstreu bedeckt. Dann versieht man das Drahtgeflecht mit etwa» Streustroh. Täglich wird der auf der Matratze liegende Dünger ent fernt. In Zwischenräumen von 3—4 Tagen bringt man ebenfalls nach vorangegangener Entfernung des oben aus liegenden Düngers eine neue Schicht Torsstreu von etwa 8 Zentimeter auf das Drahtgeflecht. Nach geringer Auf- und Abwärtsbewegung des Drahtgeflechtes fällt die Tors streu, die nicht zu grob sein darf, vollständig durch die Maschen hindurch. Hierauf wird wieder eine dünne Lage Stroh ausgebracht. Der Maschendrahtrahmen kommt auf diese Weise immer höher zu liegen. Gewöhnlich bleibt die Matratze so lange tn der Bucht, bis die Ferkel ab gesetzt werden, was etwa! in der 7. Lebenswoche der Ferkel geschieht. Die Matratze kommt dann heraus, die Bückt wird ganz geräumt und vor erneuter Besetzung gründlich gereinigt. Von manchen Schweinezüchtern, die zur Anwendung der Torfstreumatratze übergegangen sind, wird zu Anfang gleich eine höhere Schicht Torfstreu ein gebracht, vielleicht bis zu 10 Zentimeter und noch dar- rüber, wonach dann der Maschendrahtrahmen bis zu einer Woche und noch länger liegen bleiben kann. In verschiedenen Schweinehaltungen, in denen mfolg« des Zementfußbodens oder infolge sonstiger schlechter Beschaffenheit des Stalles, namentlich im Winter keine Ferkel hochgebracht werden konnten, ist das Uebel nach Anwendung der Strcumatratze ganz behoben worden. Gleich gute Erfahrungen wie in Ahstedt haben u. a. die nachstehend genannten hannoverschen Schweinezüchter mit dieser Einrichtung gemacht: Oekonomierat Schlütter in Garmissen bei Hildesheim, Hofbesitzer Harenberg tn <Ir.- Rhüden, Bez. Hildesheim, Rittergutsbesitzer v. Alten in Gr.-Goltern bei Hannover Ein besonderer Vorzug der Strcumatratze, was mir bei wiederholten Besichtigungen vor allem ausgefallen ist, besteht noch darin, daß di« Jauche vollständig von der Streu aufgesogen wird. Di« Tiere liegen immer trocken, und es bietet sich den Fer keln keine Gelegenheit, Jauche zu saufen. Zu erwähnen ist noch, daß in Gr.-Rhüden anstelle von Torsstreu, die dort schwer zu haben wir, Sägemehl als Unterlage für das Maschendrahtnstz verwendet worden ist. Wenn auch da» Sägemebl nicht die große Aufsaugungsfähigkeit besitzt, Nn« Torsstreu, so erfüllt es aber auch seinen Zweck, voraus gesetzt, daß es ebenso wie Torfstreu in ganz trockenem Zustand verwendet wird. Auch in der Bersuchswirtschaft für Schweinezucht in Ruhlsdorf, KreiS Teltow, sind in den letztvergangenen zwei Jahren Versuche mit der Torf streumatratze gemacht worden. Der Leiter der Wirt schaft^ Direktor Müller in Ruhlsdorf, berichtet, drß sich die »Einrichtung gut bewährt. In einem Teil der Buch ten mit Streumatratzen wurden anstelle des Maschendraht, gesiechtes der Billigkeit halber Lattenroste genommen. Nach den Erfahrungen hält eine Matratze aus Maschen drahtgeflecht etwa sechs Jahre, sodaß tne Anschaffungs kosten auch bei den jetzigen hohen Materialpreisen gegen über den großen Vorteilen kaum in Betracht kommen. > Zollikofer, < Siinft und Wissenschaft. A Die Honorarfordrrnngen der Lbormrister. Ja de. Generalversammlung des ChormriftervrrbandeS von Dres den und Umgegend wurden folgende Honorarforderungrn sür den Monat ausgestellt: Vereine bis zu 40 Sänger» 1000 Mark, bis zu SO Sängern 1200 Mark, bi» zu 60 Sängern 1400 Mark, bis zu 70 Sängern 1600 Mark bis zu 80 Sängern 2000 Mark, bis zu SO Sängern 2500 Mark, bis zu 100 Sängern 3000 Mark und weiter gestaffelt. Unkosten find in diesen Sätzen nickt inbegriffen. Eine Tckuchfeier. Die Grsrllsckast Nizza, Lößnitzort- fchaften, beging am vergangenen Mittwoch im Bahnbotel di Ml MMM-kVNM ümrrm M l«M A VMM In „IvM ilpM'. W ImMeM kerSWill üeMtttzmM. Di« heilige Hildegard von Bingen, eine der großen Mystikerinnen des deutschen Mittelalter», die bi» zu chrem Tode 1180 Aebtisftn de» Frauenklosters auf dem Rupertsberge bei Bingen war, ist nicht nur die »erste große geistliche Seherin", sondern auch die erste Naturforscherin und Aerztin unter uns Deutschen, die uns ausführliche Auf zeichnung«» hinterlassen hat. Johanne» Bühler, der eine Auswahl ihrer Schriften soeben in -er Sammlung de» Jnsel-VerlageS „Der Dom" erscheine« läßt, sagt von ihr mit Recht: „Aufmerksamer habe« wohl nie die Augen einer mittelalterlichen Frau die Vorgänge und Erscheinungen -er Natur beobachtet al» die Hildegards, und niemand konnte und kann tiefer als sie die brennende Sehnsucht nach Lösung der Rätsel in und um mr» fühlen." Hildegard versenkte sich als eine echt dichterische und mystische Natur 1« di« Ge- hetmnisse der Umwelt «nd des eigenen Ich», und die Flügel ihrer grandiosen Phantasie, die zugleich mit einer selten plastischen DarstellungSkrast verbunden war, trugen sie in die höchsten Höhen und tn Abgrundtiefen. Aber Labet ließ diese seltene Frau doch auch den praktische« Wert der Dinge nie außer ncht, und sie hat zahlreiche Rezepte und An- Weisungen für die Gesundheitspflege gesammelt, dte haupt sächlich in ihrem Werk „Ursachen «nd Heilungen" zusammen- gestellt sind. Diese gewaltige Prophetin, die tiefer al- andere Sterbliche hinter dte Dinge sah, wurzelte natürlich in ihren Anschauungen tn der Naturforschung de» IS. Jahr hundert», wie Ne damals hauptsächlich der Benediktiner, orden betrieb. Aber sie hat eine wunderbare BorauSstcht bewiesen utrb Biel«» geahnt, wa» erst viel später di« Wissen, schäft erkannte. Go betont Ne de« Einfluß der witte rn n g auf die Gesundheit ter Menschen und die vedeutuna der Winde, die „die Flügel der Allmacht Gotte- sind «nd erst am jüngsten Tag in ihrer ganze« Kraft erbrausen werden". Immer wieder hebt sie hervor, daß -«- Menschen inneres und äußer«- Lebe« tu de« großen Gang de, Natur verflochten ist und spricht de« Mond «tne große Bedeutung für die Ausbildung -er menschttchen Charaktere zu. Da» Psvchologische läßt sie nie außer Acht, sondern versetzt da- Lau- -Die Mo-l- «üttdet ihr«. Gedanken wie durch eine Pforte daraus und läßt Gedanken herein und betrachtet sie wie durch Fenster und führt ihre Kräfte, als wäre ein Feuer entzündet, zum Gehirn wie zu einem Schlote, damit sie sie dort prüfe und sondere. Die Gedanken aber sind dte Urheber von Gut und BüS und ordnen alle Dinge." Für die Erkenntnis der Seele sind die Augen von größter Wichtigkeit, „denn der Blick der Seele ist in Len Augen eines Menschen mächtig, wenn dessen Augen klar und licht sind, weil die Seele in besten Körper machtvoll sitzt, da sie noch viele W«rke in ihm wirken wird. Di« Augen deS Menschen sind nämlich die Fenster seiner Seele." Dte trüben Augen sind Zeichen des Todes, und auch au» den verschiedenen Farben kann man der Menschen Wesen ablesen. Auch aus -em Gelächter -er Menschen weiß sie ihren Charakter zu erkenne», und wie sich in diesen eine gesunde Entladung der Säfte äußert, so ist die Freude etwa- Ge sund«-: „Fühlt die Erkenntnis eine- Menschen keine Traurigkeit, nichts Widriges und nicht- Böse- in sich, dann öffnet sich da- Her» dieses Menschen der Freude, so wie sich dte Blume« der Sonnenwärme «ntgegenüffnen. SlSbald nimmt dte Leber diese Freud« in sich auf und hält sie in sich fest wie der Magen die Speise." In ihren einzelnen GesundhettSregeln hat Hildegard viel aus der damaligen BolkSmedizi« geschöpft. Ei« gesunde- Leben ist nach ihren Ratschlägen abhängig von der Mäßigkeit in jeder Hinsicht, von der Vermeidung seelischer Erregungen, von der Abwechslung tn den Speisen: man soll um Mittag die erste Nahrung nehmen, früh Abendbrot essen und sich hernach bewegen, nach Mahlzeiten nicht schlafen usw. Sin paar ihrer Rezepte, di« in die Medizin vor 8M Jahren einführen, seien zum Schluß angegeben. Gegen Zahnschmerzen emp fiehlt st«: „Wer infolge von fauligem Blut oder der Reini gung -e- Gehirn- Zahnschmerzen hat, nehme Wermut und Eisenkraut tn gleichen Teilen, koche die- in einem neuen Topf mit klarem guten Wein, seihe eS durch ein Tuch, gebe etwa- Zucker dazu und trinke bann diesen Wein: außerdem lege er diese also gekochten Kräuter warm beim Schlafen- gehen auf die Wange, wo er die Zahnschmerzen hat, und btnbe sie mit einem Tuche darauf. Und da» setze er so lange fort, bi- er geheilt ist." Gegen Haarausfall emp- üeblt sirr -Sobald «tue« noch iuuaeu Mensche» dis Haar ¬ ausfallen, nehme er Bärenfett und ei» wentg Asche von Weizen- ober Kornstroh, mische das zusammen und salbe damit seinen ganzen Kopf. Hierauf wasche er lange dies« Salbe nicht herunter. Tie Haare, die noch nicht ausgefallen sind, werden Lurch diese Salbe so befeuchtet und gestärkt, daß sie lange nicht ausfallen." Gegen Schlaflosigkeit': „Kann jemand wegen irgendeiner Widerwärtigkeit im Sommer nicht schlafen, so nehme er Fenchel und zweimal so viel Schafgarbenkraut und koche Lies in Wasser. Daraui brücke man aus den Kräutern baS Wasser heraus, leg« sie warm auf Schläfe, Stirn und Kopf und binde ein Tuch darauf. Außerdem nehme man grünen Salbei, besprenge ihn mit Wein und lege ihn so auf Herz und Hals. Man wird sodann durch Schlaf erleichtert. LaS gute Beispiel. „Mathilde, unser Bengel ist gesteckt voll von gewöhn- licken Ausdrücken," bemerkte Herr Kirckner in scharfem, an klagendem Tone. „Mich nennt er „Oller", und heute früh sagte er zum Dienstmädchen: „Ich lang' dir eine!" Wo schnappt er nur solck abscheuliches Zeug aus?" „Ja, weiß der Himmel!" sagte mit gutyespielter Ahnungslosigkeit Frau Kirchner. „Wahrscheinlich in der Steile," fuhr der Gatte fort, „von den Straßenjungen. Er ist überhaupt ein grvßer Rumtreiber." „Vielleicht hört er auck einiges zu Haufe," bemerkte Frau Kirckner zur Entlastung ihres Einzigen. „Zu Hause!" sckrie der Herr Gemahl. „Du bist wohl ganz verrückt, meine Liebe. Wer gebraucht wvbl solch, Wörter hier?" „Vielleicht bin ich'»," bemerkte Frau Kirckner sanft. „Na. dann tätest du auck besser, sie dir abzugewöhnen; eine verfeinerte Ausdruck-weise ist ein Zeichen von Bil dung. Laß mich bloß nock einmal solche Müdigkeiten von dem Bengel hören, dann kriege ich ihn aber vor, und Ham ihn, daß die Fetzen fliegen! Ich wul —" Da fing er gerade einen mitleidigen Blick seiner Fra» auf, und plötzlich ergriff er feinen Hut, murmelte etwa- von eiligen Geschäfte» und entwich
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