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Riesaer Tageblatt «ttd Anzeiger lWtdlaU vlL ÄnMgert. «««-"°^ Tageblatt Riesa. V S v Dresden 1530. Fernruf Nr. SS. DaS Riesa« Tageblatt ist da« Mr veröflentlichnng der amtlichen vekamttmachungen d« AnttShiMpttmnmschast Girokaffe: Postfach Nr. LL Großenhain, des Finanzamts Riesa und der Hauptzollamts Meißen behördlicherseits bestimmte Blatt. Riesa Nr. 52. Donnerstag, 8. Avril 1848, abends 88. Jahrs. La» Mesa« Tageblatt «scheint lebe« Ta- abend» '/,» Uhr mit Ausnahme der Gon«, und Festtage. V«»u-»»«W, bet Vorauszahlung, für «inen Monat 2 Mark, ohne Zustellgebühr, durch Postbezug RM. 2.14 einschl. Postgebühr lohne Zustellgebühr), bei Abholung in der Geschäftsstelle Wochenkarte <6 aufeinanderfolgende Nr.) 85 Pfg., Einzelnummer IS Pfg. Anzeigen für die Nummer des Ausgabetages sind bis 10 Uhr vormittags aufzugeben,' eine Gewähr für da» Erscheinen an bestimmten Tagen «nd Plätzen wir- nickt übernommen. 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Frankreichs Antwort und Gegenplan Der französische „Feiedensplan" santaWch und undurchführbar: er enthält alle «nter de« Tisch gefallene« vorschliiae des letzte« Jahrzehntes «nd «ach ältere Sachen Die französische Abordnung hat am Mittwoch in Genf folgende Schriftstücke veröffentlicht: 1. St» Memorandum au dieeuglischeN«. »ter»»-, woriu die französische Regierung zu dem deutsche» FrtedenSplau vom 1. April Stellung nimmt. Dieses Memorandum wurde auch der italieui» scheu und der belgische» Regierung mitgeteilt; 2. einen Pla », i» dem die srauzösische Regierung ihre Ansichten über die Festigung des Friede»» Europa» dar, legt. Der Plan bezieht sich ans den AnSban der kollek tive» Sicherheit, die gege»settige Hilse, lei st u«g, die Herabsetzung der Rüstungen so- wie eine wirtschaftliche und sinauzielle Organi sation im Nahmen de» Völkerbünde» «ut« besonder« ve, rttcksichttguug der Vedürs»isfe der europllischeu Staate». Dieser Plan ist a« die drei Reftlocaruomilchte gerichtet. Außerdcm werden Fland in und Pa»l-V»uc»»r den Vertretern dieser drei Mächte die Auffassung der srau» züsischen Regierung über die Beschlüsse darlegen, di« .aus Gründ der letzte« Londoner Besprechungen die Haltung der deutsche» Regierung gegenüber den Bestimmungen der Vereinbarung vom II». März notwendig mache". Vie französische Denkschrift )f Genf. In der französischen Denkschrift zum deut schen Fricdensplan vvm 8l. März heißt cs nach einer formalen Einleitung: ,. I. Am Tage nach der Znrückweisung brr feierlich in krcarno eingcgangcnen oder erneuerten Verpflichtungen durch das Reich, »nd auf Grund de» Einrückens »an Streitkräften tn die entmilitarisierte Zone wäre die Regier rung der Republik berechtigt gewesen, unverzüglich die ge- eigneten Maßnahmen zu ergreifen, um die Rechtslage iluederherzustellen und den „feindseligen Akt" zn ahnden, »en die deutsche Initiative darstelle. In dem Bestreben, Europa neue Gefahren und Verwicklungen zn ersparen, bat sie e« nicht getan. Sie bat zunächst den Völkerbnndsrat rriucht, di« begangene Zuwiderhandlung gegen den Vertrag scstzustellen. Gleichzeitig hat sie in den Besprechungen, die vom 12. bis Ist. März mit den Vertretern der anderen Lecarnomäckte geführt wurden, versucht, die Möglichkeiten einer gütlichen Lösung zu wahren Die Vereinbarung, die an» diesen Besprechungen ker- oorgeganqen ist, beweist aus feiten der hier vertretenen Regierungen da» Bestreben, den berechtigte» Empfindlich seiten Deutschlands weitgehende Rechnung zu tragen. Die deutsche Regierung lehnt nichtsdestoweniger die Vorschläge onm Ist. März als eine Beeinträchtigung der Ehre des bent- icken Volke» und als eine Verweigerung der Gleichberech tigung ab. Ehre, Freiheit und Recht — in französischem Licht Niemand bedroht indessen die Unabhängigkeit des deut schen Volke». Niemand verweigert ihm die Gleichberechti gung. Niemand denkt daran, seine Ehre zn beeinträchtigen, -s müßte denn sein, daß es einen Anschlag auf die Ehre eine» Volke» barstellt, wenn man diese» Volk an die Ach tung der Verträge al» Grundregel der internationalen Be übungen erinnert — eine Grundregel, der sich die deutsche Regierung ebensowenig wie irgendeine andere mit der Be- auptung entziehen kann, daß diese oder jene Verpflichtung läre Freiheit oder ihre Unabhängigkeit behindere. „Um die Zusammenarbeit zwischen den Nationen zn 'ordern oder nm ihnen den Frieden und die Sicherheit zu garantieren", so heißt e» in der Einleitung zum Bölker- bnndspakt, „ist «» notwendig, . . . alle vertraglichen Ber- pllicktnngen zu achten". Wirb die Reichsregierung, die ihre Absicht zur Rückkehr in den Völkerbund mitteilt, bet dieser Gelegenheit verlangen, daß dieser Wortlaut revidiert werde, um ihren Auffassungen gerecht zu werden? Soll man küns- tig an Stelle diese» Wortlautes einstigen, daß die ange- führte Regel da anshört, wo für sede» Volk ein „LebrnS- rcckt", über das eS allein zu bestimmen hätte, anfängt? H. Die deutsche Regierung, die in dieser Weise sich über sie wesentlichen Grundsätze de» internationalen Rechte« dinwcggesctzt hat, hat in ihrem Memorandum ebensowenig der Geschichte Rechnung getragen. Nach ihrer Darstellung sollen die Entmilitarisierungsbestimmungen für baS Rhein land im Widerspruch zu den Grundlagen stehen, aus denen der Friede abgeschlossen wurde, und den Verpflichtungen widersprechen, die im Augenblick des Waffenstillstandes iivcrnommen wurden. Entmilitarisierung uub Locarnovertrag Diese Behauptungen beruhen weder unmittelbar noch mittelbar aus irgendeiner Grundlage. Die Entmilitarisie rung des Rhcinlandes war nichts anderes als eine Sicher- bcitsgarantie, die Europa gegen nene Unternehmungen Tculschlands gegeben wurde. Sie verletzte keinen ber tn dcn vierzehn Punkten des Präsidenten Wilson enthaltenen Grundsätze. Wenn es anders gewesen wäre, so hätte die deutsche Delegation in Versailles nicht verfehlt, es zu be haupten. Unter den Bestimmungen des FriedenSvertragcS gehören die EntmilitarisicrungSbestimmnngen zn den weni gen. gegen die im verlaus der Belhandlnngen die Ver treter Deutschlands in keinem Augenblick irgendeinen Pro test erhoben haben. Was den Vocaruovertrag anbctrisst, so möchte man fetzt die Meinung zur Geltung bringcu, daß er unter dem Zwang der Nubrbesetzung ausgehandel« worden'sei. Die Ruhr war geräumt, ehe die Verhandlungen avch nur in Aussicht genommen waren. Tatsächlich hatte der Mbeinpakt das Ziel, in Westeuropa aus der Grundlage der Achtung > freiwillig eingegangcner Verpflichtungen eine neue Lage l zu schaffen, und die Verhandlungen über ihn sind von der t deutschen Regierung selbst berbeigesührt worden, die darin ' eine Sicherheitsgarantie für die Westgrenze de» Reiches suchte. Das Friedcnspsand, da» Deutschlaud im Austausch dagegen beisteuertc. war die freiwillige Anerkennung der entmilitarisierten Zone. Der Vertrag von Locarno bildete die festeste Grundlage de» Frieden« im Westen. Diese Grundlage bat die Politik de» Reiche» bedenkenlos zerstört. > Formaljuftiz gegen klare Sprache Zur Unterstützung eines Standpunktes, der von den ' Tatsachen widerlegt wirb, glaubt bas deutsche Mcmoran- dum eine nene furisttsche Theorie anslthren zu können: ! »leine Nation könnte freiwillig, ohne äußeren Druck, auf s ihre souveränen Rechte verzichten. Den Entmilitarisie rungsbcstimmungrn liege ber Zwang der Notwendigkeit zugrunde. Und auch der Locarnovertrag, obwohl er unter Bedingungen der Freiheit und Gleichheit abgeschlossen sei, könnte keinen geheiligten Eharaktc haben, da er Bestim mungen wieder aufgreife, die bereits in einem ans Grund einer Niederlage abgeschlossenen Vertrag enthalten seien. Hier tritt tn seiner vollen Schwere ber seltsame An spruch Deutschlands hervor, dessen Tragweite Europa wohl abwägcn muß: Behält sich Deutschland vor, soweit die Ab grenzung der Hoheitsgebiete in Europa sich aus den Ver trägen von Istlst ergibt, diese ganze Regelung wieder in Frage zu stellen, gleichviel welche Bekräftigungen auch seit dem Friedcnsschluß hinzugekommen lein mögen? Was be deutet es daher, wenn die deutsche Regierung erklärt, baß sic keinen territorialen Ehrgeiz mehr hege: was bedeute cs, wenn sie ihren Willen verkündet, die Grenzen zu achten, wenn sic sich schon fetzt die Möglichkeit gewahrt hat, eines Tages zu behaupten, daß die von ibr freiwillig gegebene Bestätigung nickt die Wirkung haben tönnte, den ursprüng lichen Charakter des GebietSvcrzichteS. aus dem diese Grenzen hervorgegangrn sind, zu ändern, und daß dieser Verzicht unter äußerem Druck ober unter dem Zwang der Notwendigkeit zugcstandcn worden sei? Muß man daraus schließen, daß Deutschland aus Grund dieser neuen RechtSbasis, die einem noch nicht veröffentlich ten internationalen Recht entnommen ist, morgen da» Statut von Danzig, non Memel, von Oesterreich in Frage stellen könnte oder daß es diese oder scne Grenzrevision in Europa, diese oder sene Zurückgabe deutscher Kolonial gebiete verlangen wirb? Die französische Regierung glaubt, daß alle diese Fra gen der ReichSregiernng klargcstellt werden müssen und daß diese ebenfalls klar darauf antworten muß, da kein Fricdensplan aus einer für die Aufrechterhaltung des Frie dens so gefährlichen Zweideutigkeit aufgcbaut werden kann. III. Man könnte eS sich versagen, ans die Argumente juri stischer Art einzugehen, mit denen die deutsche Regierung ihren Schritt vom 7. Mürz rechtfertigen will. Diese Argu mente sind übrigens wiederholt widerlegt worben. WaS das Reich auch immer behaupten mag, die Tatsache bleibt bestehen, daß keine der anderen Locarnomächte jemals an erkannt hat, baß der französisch-russische Pakt mit diesem Vertrage unvereinbar sei. ES bleibt auch be stehen, daß Deutschland geglaubt hat, sich »um Richter in eigener Sache auswerfen zu können, während der Vertrag ausdrücklich für den Fall von Meinungsverschiedenheiten ein Schieds- oder Schlichtungsverfahren vorgesehen hatte. i Schließlich bleibt auch die Feststellung de» VölkerbnndS- t ratcs bestehen. Indem baS Reich außerdem nochmals die Befassung des internationalen Gerichtshöfe» mit feinem Anspruch ablehnt, gesteht es die Schwäche seiner juristischen Beweisführung ein: Deutschland will nicht nach dem Haag geben, weil es weiß, baß der Gerichtshof die deutsche Auf fassung abweisen müßte. Die von Deutschlaud verlangte „Geste" So ernst die am 7. März entstandene Lage auch war, so hatte sie dock die Locarnomächte nicht von einer Politik der Mäßigung abgebrack». Ihre Regierungen waren bereit, mit Deutschland ein neues Statut für das Rheinland zu suchen,- sie waren bereit, in großangelegte Verhandlungen etnzutreten, um die Probleme zu regeln, die mit der Sicherheit Westeuropas verbunden sind, und nm die Ge samtheit des europäischen Friedens aus soliden Grundlagen aufzubauen. Auf der Grundlage der „vollendeten Tatsache" war ein solche« Verbandeln aber unmöglich. Unter äußer ster Einschränkung ihrer legitimsten Forderungen haben di« vier Regierungen von Deutschland lediglich die notwendige „Geste" verlangt, damit die vorläufigen Lösungen zur Wie derherstellung de» von ihm so erschütterten Vertrauen» eintreten könnten. Sie forderten es auf, die Souveränität de« internationalen Reckt« dadurch anzuerkennen, daß e« mit seinen Ansprüchen vor den Haager Gerichtshof ginge, serner anzucrkcnncn, daß die Rheinlandsrage als Gegen stand eines internationalen Abkommens nicht durch eine einseitige Entschließung geregelt werden könne, nnd schließ lich. sich Maßnahmen anzusckließen. die geeignet wären, eine neue Atmosphäre in den Ländern zu schaffen, deren Sicherheit durch das Vorgehen vom 7. März bedroht war. Dieser großzügigen Einstellung ha» di« deutsche Regierung nur Ablehnung «ntgegengestellt: wen« das Reich zugibt, daß eine Entspannung notwendig sei, so will eS doch nicht seinen Beitrag dazu leisten. Man hat Deutschland ausgefordert, vor den Haager Gerichtshof zu gehen: Deutschland lehnt ab. Man hat e« ausgefordert, auf seinem Gebiet entlang der französisch- bclgi'cken Grenze eine durch internationale Streitkräfte besetzte Zone rinzurichtrn: Es antwortet mit einem Still schweigen, das einer Ablehnung gleichkommt. Man bat von ihm Garantien über die im Rheinland stationierten paramilitärischen Verbände während der UcbergangSzeit »erlangt: wiederum Schweigen. Und wenn die deutsche Regierung unter der Bedingung der Gegenseitigkeit un unter der Kontrolle einer internationalen Kommission da mit einverstanden ist. die gegenwärtig in der Rheinzone stehenden Truppen nicht zn verstärken, so gibt sie keines wegs die Zusicherung, daß diese Truppen nicht schon jetzt stärker sind als diejenigen, deren Einrncken am 7. März amtlich mitgcteilt worden ist. Somit haben die Verstän- dignngSbemühungen der Locarnomächte bei der deutschen Regierung keinerlei Widerhall gesunden. V. Ter deutsche Friedens-lan wird verdächtigt Die Rcicksregicrung behauptet allerdings, durch ihren „Fricdensplan" einen entscheidenden Beitrag zum Wieder aufbau eine» neuen Europas zu leisten. Dieser Beitrag ist leider «ehr Schein «lS Wirklichkeit. (!) Die Regierung der Republik nimmt Kenntnis von dem deutschen Vorschlag aus Abschluß eines »eucu Vertrages zur Wiederherstellung des Sicherheitssystems, das Deutsch land am 7. März har zerstören wollen: dieser Vorschlag wird jedoch In den Angen der französischen Regierung nur Bedeutung gewinnen, wenn sie weiß, wie die Einhaltung der neuen Verpflichtungen dcS Reiche» garantiert werden kann. Sie nimmt auch Kenntnis davon, daß sich die Reick regierung heute, in Abweichung von ihrer noch vor meni gen Wochen den Botschaftern Großbritanniens und Fran! reich» brkundcten Einstellung, für den Abschluß eines west europäischen Lustpaktcs ausspricht,' sie möchte jedoch wissen, ob nach der Absicht ber deutschen Regierung dieser Pakt die Luftslottcnbegrenznng enthalten soll, in Ermangelung derer die von ihr angcbotcncn Sicherheitsgarantien prak tisch gleich Null wären. Die Frage der Befestigungen „überragend wichtig" Die Vereinbarung vom 1». März enthält eine wesent licke Bestimmung über das Verbot oder die Beschränkung der künftigen Anlage von Befestigungen in einer zu bc stimmenden Zone. Beim gegenwärtigen Zustand Europas ist es notwendig, die Haltung der deutschen Negierung gegenüber dieser überragend wichtigen Bestimmung zu kennen. Daraus wird sich ergeben, ob das Reich bereit ist, nicht nur in Worten, sondern auch in Taten den Grundsatz der kollektiven Sicherheit anzuerkcnnen, oder ob cs im Gegenteil sich die Möglichkeit Vorbehalten will, nach seinem eigenen Willen und sogar mit Machtmitteln seine ve-