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Uiksaer G Tageblatt —»«d MMUt md AqÄ-nk Tageblatt »Nisa. Dresden I5S0. Fernruf Nr. 20. Da« Riesaor Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der AmtShauptmannschast «irokaffe: Postfach Nr. SS. Großenhain, de» Amtsgericht» und der Amtsanwaltschaft beim Amtsgericht Riesa, der Rate» der Stadt Riesch Riesa Nr. L2. de» Finanzamts Mesa und de» Hauptzollamt» Heißen behördlicherseits bestimmte Blatt. 1S7. Donnerstag, 7. Juli 1932, abends. SS.Jahrg. Da« Riesaer Tageblatt erfcheiut jede« Lag abend» '/,» Uhr mit Ausnahme der Gönn- und Festtage. vemgSPret«, gegen Vorauszahlung, für «inen Monat 2 Mark ohne Zustellgebühr, durch Postbezug RM. 2.14 einschl. Postgebühr (ohne ZustellungSgebührZ. Für den Fall de« Eintreten» von ProdukttonSverteuerungen, Erhöhungen der Löhn« und Materialienpreise behalten wir un» da« Recht der Preis, «rhöhung und Nachforoerung vor. 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Verantwortlich für Redaktion: F. Teichgräber, Riesa; für Anzeigenteil: Wilhelm Ditt ^ch, RIesu. Versailles — Lausanne. Am Ende einer Epoche? Der Festsaal des Hotels Beau Rivage — des Hotels „Zum schönen Ufer" — steht bereit für die feierliche abschlie ßende Sitzung. Die bisherigen Tücken und Enttäuschungen des Kongreßverlaufö haben MacDonald, der mit schler übermenschlicher Energie an feinem Willen, bi« Partner zur Einigung, zu einer sinnvollen und vernünftigen Einigung zu bringen, sestgehalten hat, immerhin bewogen, der Konfe- renz den Festsaal des Hotels auch noch für Freitag zu sichern. Auf jeden Fall: daS ersehnte schönere Ufer ist in Sicht; werben die nächsten 24 Stunden die glückliche Landung bringen? Tic Tatsachen stimmen noch bcbsnklich; HerriotS „Un- möglichi" gegenüber den deutschen politischen Forderungen klang nach seimr Rückkehr aus Paris wieder etwas fester, als in den Tagen vorher. Aber die Stimmung ist bei sol- chen Konferenzen gleichfalls eine nicht zu unterschätzende politische Tatsache. Und die Stimmung ist beinahe über Nacht ausgesprochen zuversichtlich geworben, ganz besonders bei den Engländern, die nichts sehnlicher wünschen, als daß ihrem Ministerpräsidenten als dem Konferenzpräsidenten der Ruhm zuteil wird, die welthistorische Epoche zwischen Versailles und Lausanne zu liquidieren. Erst jetzt, wo die endgültigen Formeln konkrete Gestalt zu gewinnen beginnen, kommt den Teilnehmern an dieser weltbewegenden Konferenz unmittelbar zum Bewußtsein, was sie bedeutet; nicht mehr die Ziffern stehen im Vorder grund. Anstatt von den Ziffern -er Reparationsmilliarden spricht man jetzt von den Ziffern der Versailler Vertrags paragraphen und gibt sich davon Rechenschaft, daß die ver derblichsten Punkte dieses mörderischen Werkes vor ihrer Austilgung zu stehen scheinen. Aber selbst wenn ihre völlige Ausmerzung in dem von der deutschen Delegation geforder ten Maße noch nicht Wirklichkeit werden sollte: alle Welt empfindet die Bedeutung der Tatsache, daß das Rückgrat des Versailler Vertrages zermürbt und zerbrochen ist, denn HerriotS „Unmöglich" ist bestimmt von innenpolitischen Er wägungen, nicht aus Ueberzeugungen hinsichtlich der Berech tigung oder gar der Notwendigkeit der fraglichen Paragra phen selbst. Es hätte nicht viel gefehlt, daß Herriot mit be merkenswerter Offenheit den ihn bei seiner Ankunft aus Paris erwartenden Lausanner Journalisten dieses Geständ nis selbst gemacht hätte. Jedenfalls verwies er auf bas Handicap, das ihm innerpolitische Rücksichten und Sorgen um di« Position seines Kabinetts auferlegten. In das Grab der Reparationen wird nun zugleich auch der Versailler Vertrag gelegt — dieses Bewußtsein schafft das erregende Stimmungsmoment, das die Stunden nach der Unterbreitung -es letzten englischen Vorschlages charakte risiert. Man glaubt daran, weil man am Ort der Konfe renz selbst vielleicht stärker als anderswo das Bewußtsein der trotz aller Stimmungsschwankungen und Verhandlungs störungen erzielten Fortschritte hat. Bedenkt man, -aß HerriotS erster Vorschlag eine fünfjährige Schonfrist für Deutschland und danach Wiederaufnahme der Zahlungen in Höhe von der Boungannuitäten vorsah, so wird man an gesichts der gegenwärtigen Verhandlungsgrunblagen diese Fortschritte nicht leugnen können. Dazu kommt der mit den meteorologischen Verhältnissen wetteifernde Barometer stand der Weltbörsen, an denen sich während der drei Kon ferenzwochen teilweise beinahe phantastische Aufwärtsbewe gungen ergeben haben, die man mit beinahe demselben Eifer erörtert, wie die eigentlichen VerhanolungSgegenstände. Insbesondere zeigt sich diese Befestigung in der Zeit seit dem 28. Juni, wo sie sich beinahe ausnahmslos und gleich mäßig durchgesetzt hat. Das Ende der verhängnisvollsten und mörderischsten Epoche -er Weltgeschichte ist zwar noch nicht da, aber es ist in Sicht. Alle Regierungen, die es mit der Verantwortlich- keit für die Zukunft ihrer Völker ernst nehmen, werden dafür zu sorgen haben, daß es nicht wieder hinter den Nebeln der Mißverständnisse und den Ungewittern des Haffes schwindet. Her «WM Mill )eS Äismn MiMtmsS. )l London, 7. Juli. Der Korrespondent der Finan- ciel Times in Lausanne glaubt über den Vertragsentwurf melden zu können, daß dieser aus vier Zeilen bestehe. Die Hauptpunkte des Vertrages lauteten: 1. Alle künftigen Reparationszahlungen Deutschlands, die sich auS dem Kriege ergebe«, werde« aufgehoben. 2. Alffjesichts dieser Aufhebung erklärt Deutschlaub sich bereit» in mehrere« Annuitäten «ine Gesamtsumme von 3 Milliarden Mark zu zahle», die für einen allgemeine« enro» päikchen sinanzielle« Wieberanfbausonds zu »erwendeu find. 8. Infolge der Beseitigung der Reparationen wird Teil 8 des Versailler Vertrages, der sich auf Reparationen and ans Deutschlands Verantwortlichkeit für den Krieg bezieht, außer Kraft gesetzt. 4. Die finanzielle Kontrolle über die Reichsbank «ub die deutschen Eisenbahnen wird aufhör««. r>. Der vorliegende Vertrag wird erst dann in Krast treten» wenn er von den Parlamenten der vertragschließen den Parteien ratifiziert ist. Die Signatarmächte verpflichten sich, im einzelne» und gemeinsam keine Handlung zu begehen, die den wirtschaft lich» Frieden der Welt störe« könnte. Der Korrespondent fügt hinzu, die Franzosen hätten verlangt, daß der dritte Punkt angeschwächt werbe, und dies geschehe gegenwärtig. kkgel»mlo8 gtzgeükücßen. «süraeloses rellsesten ller VIguMgermSclile. Lausanne, 7. Juli. Die Abendbesprechung ging nach etwa fünfvierkelstün- dlger Dauer um 10,45 Uhr zu Ende, soweit bekannt mit nega tive« Ergebnis. Die FraaM« «wie« nicht Die dreistündige Konferenz des gestrigen Nachmittags, während deren die drei Regierungschefs Eng lands, Frankreichs und Deutschlands nach vorangegangenen Beratungen der Finanzminister in einer eingehenden Aus sprache miteinander verhandelten, ist. wie wir erfahren. b i » herohneErgebui« geblieben. Vie Franzosen sind hartnäckig auf ihrem Standpunkt ge blieben, und zwar sowohl in der Frage der Ziffern wie der jenigen der selbstverständlichen Konsequenzen einer Verstän digung, obwohl von feiten aller übrigen Delegationeu, ins- besondere von englischer Seite, größte Bemühungen aufge wendet wurden, um eine Verständigung zu ermöglichen. Bon französischer Seite wird zu dem Verlauf der Nach mittagsoerhandlung gesprächsweise mitgeteilt, daß Herriot auf dem Standpunkt stehe, die Ziffernfrage sei für ihn neben- sächlich; dagegen könne er in der Kriegsschuld-, Sicherheits und Gleichoerechtigungsfrage keineswegs entgegenkommen. Die von MacDonald vorgeschlagene Formel zu dem erst-re- nannten Punkt, wonach der neue Vertrag den Doungp-an und den Dawesplan annulliere, wie diese den Teil VIH des Versailler Vertrages annulliert hätten, sei nur in einer Form annehmbar, die das Wort „annulliere" vermeide und durch „beende" ersetze. In bezug auf die interalliierten Schulden sei ein gentlemen agrement zustande gekommen. Ueber deu Verlauf der Abendflhung erfahren wir, daß Herriot im Gegensatz zu dem Standpunkt, den er in seiner Erklärung vor der Presse eingenommen halte, sich im Ver lauf der Sitzung unvermindert sowohl auf eine Ziffer von vier Milliarden wie aus die Ablehnung der natürlichen poli- tischen Folgerungen durchaus versteifte. Anter dem Druck, der von allen Seiten auf ihn auvgeübl wurde, erklärte er schließlich, er habe jetzt so viele Papiere in der Hand, daß er sie zunächst zusammen mit seiner Delegation prüfen und überlegen müsse. Außerdem fühle er sich sichtlich physisch er- schöpft und bat um Abbruch der Verhandlungen. Lia Termin für die Fortsetzung der Verhandlungen für beute ist zur Stunde noch nicht vereinbart. Auch MacDonald klagte schon vor Beginn der Abendsihung über heftige Kopfschmerzen, so daß für die kurze Dauer der Sitzung neben den materiellen auch persönliche Gründe zweifellos mitsprachen. Keilte »eite »esprechmlg Pape«-Herriot veber die Zusammenkunft, die gestern abend zwischen Reichskanzler von Paven, MacDonald und Herriot statt fand, und von SH0 bis 10^0 Ahr dauerte, verlautet au- englischen Kreisen: Die Zusammenkunft Hal kein Ergebnis erbracht und es ist auch kein Fortschritt über eine Einigung über die Summe der deutschen Leistungen oder die politischen Klauseln zu verzeichn«». Die deutsche und die französische Delegation verhar ren weiter auf ihrem Standpunkt. Eine neue Zusammenkunft zwischen dem Reichskanzler und Herriot ist für heule früh vorgesehen. E, verlautet ser- ner, daß diese Zusammenkunft eine entscheidende sein dürste. Doch befürchtet man in englischen Kreisen, daß der heutige Donnerstag mit Zusammenkünften und Verhandlungen völ lig ausgefüllt sein wird, so daß es unwahrscheinlich erscheint, daß eine etwaige Entscheidung noch vor dem späten Abend zu erwarten sein dürfte, da» heißt, daß eine Vollsitzung der Konferenz nicht vor Freitag stattfiaden kann. M stM'smrSW Mejmpi in 8»sme. Lausanne. lFunkspruch.) Die gestern abeub unter brochene« Verhandlungen habe« heute früh wieder be gonnen. Reichskanzler von Pape« in Begleitung von Staatssekretär v. Bülow und Ministerialdirektor Dr. Gaus, die auch gestern abend an den Verhandlungen teilnahmen, find um 10 Uhr bei Herriot im Palace-Hotel eingetrossen. An den Verhandlungen nimmt diesmal MacDonald nicht teil» hauptsächlich wohl deshalb» weil sich sein Befinden seit gestern abend »roch nicht gebessert hat und er sich schonen mnß. Ans französischer Seite ist jedoch, wie wir erfahre«, Paul Bomconr zugezogen worden, was die Version unter stützt» daß es sich jetzt hauptsächlich noch «m di« politischen Frage« handele, während in der Zisfernfrage weniger »roß« Schwierigkeiten bestehe«. M kein krBnis in Lausanne. Lausanne. lFunkspruch.) Die heutige Vormittags» sprech««« Papen—Herriot dauerte bis 12 Uhr mittags Ein Erfolg ist noch nicht erzielt; die Besprechungen gehe« nachmittags weiter. Beim Verlasse« der Sitzung gab Herriot aus Befrage» die Auskunft, mau befinde sich in einem Dickicht von Texte», durch das Wege geschlagen würden — der allgemeine Ein druck ist etwas hoffnungsvoller ?ie LnmttlWsbksMWlil Sbtr -ie BtWn Kragen. Lausanne. lFunkspruch.) Bei der heutige« Vor, mittagsbesprechuug ist, wie wir erfahren, nicht über die Zifferufrage, sondern nur über die politische« Fragen ver handelt worden. Es hat sich dabei herausgestellt, daß der Komplex der politische» Sousequeuze» wie sie von deutscher Seite zur Erörterung gestellt werden, aber auch Wünsche nnd Argumente von der Gegenseite eine« solch«» Umsaug haben, daß das Zustandekommen einer restlose« Ueberein- stimmnng in der Kürze der noch zur Verfügung stehende» Zeit kaum als wahrscheinlich angesehen werde« darf. Wie verlautet handelt es sich dabei um gewiff« Wünsche in der Richtung auf die Gedanke», die man srüher als ein politisches „Stillhalteabkommen" bezeichnete. Welche Wir kungen diese beiderseitige Feststellung aus den Gang der Konferenz haben wird, ist im Augenblick noch nicht abzu- fehen. Es kann trotzdem ein gewisser Abschluß der Ver handlung«« erreicht werden, aber auch eine Vertagung ist möglich. Jedenfalls bleibt die Entscheidung darüber bis z« der Sitzung des heutigen Nachmittags osfe» Die englische Presse rechnet mit erfolgreichem Abschluß der La»savuer Verhandlungen. X London. Tie englischen Ajrrsseu>eldu»aen aug Laufaun« erkennen »war den Ernst der Laae an, kanten aber dennoch ziemlich zuversichtlich. Eine Rentermeldung besagt, die Verhandlungen seien so weit gefördert wor- den, daß es keiner Partei möglich sein werd«, di« P«r- antwortnn« für eine» Abbruch »n übernehmen. Dieser Gedanke kommt auch in anderen Meldungen zu« Ausdruck. Gin Vertreter meldet dem Daily Telegraph an« Lausanne, rS sei möglich, daß Herriot seine Forderung bezüglich der deutschen Schiußzadluug auf » Milliarden brrabsete» werde; in der Frage der politischen Be dingungen aber werde er nicht nachgeden- Times über die Abschaffung der Diskriminierung durch deu Versailler Vertrag. )l London, 7. Juli. In einem Leitartikel über fflg Lausanner Verhandlungen sagen Times u. a„ der Rei^' Z- kanzler werde nach seiner Rückkehr ans Lausanne erklä n können, daß die Regelung der ReparationSsrage den 7 il des Versailler Vertrages, der Deutschland und seinen ? irrten die Verantwortlichkeit für den der Zivilbevölkci: >g im Kriege zugesttgten Schaden anierlcge, zu einem Anachio- nismus mache, und da diese Klausel gleichzeitig ein Be schwerbepunkt der Hitlerpartei gegenüber dem Auslande und eine Ursache ^beS Erfolges dieser Partei im Innern ge wesen sei, müßte die Stellung des Reichskanzlers gestäitt werben, wenn diese Klausel in Zukunst als ungültig zu be trachten sei. Auf jeden Fall würde es ein Unglück für Europa sein, wenn die Männer, die sich in Lausanne um eiine Vereinbarung bemüht hätten, von der öffentlichen Meinung ihrer Länder wegen der Rolle verurteilt werden, die sie beim Zustandekommen einer im allgemeinen Inter esse liegenden Vereinbarung spielten. Klärung in Lausanne. Aber noch keine Eodlösuug. Lausanne. lFunkspruch.) Die heutigen Bormittags- besprechnngen haben, wie bereits gemeldet, in den politi- scheu Fragen zu keiner Verständigung geführt. Die Konfe renz wird, auch wenn aus zeitlichen Gründe» der ganze er wähnte Fragenkomplex hier nicht mehr gelöst werden kann ein«» Erfolg darstellen insofern, als sie die ausgiebig er örterten Fragen der Reparationen und deS wirtschaftlichen Wiederaufbaues völlig geklärt hat, und in jedem Falle in einem absehbaren, »ahe« Termin zu einer notwendige« «nd wünschenswerte» Endlösnna führe».