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Keine MrNeriiie. Rur eine gut« Mittelerute. Die erste Schlitzung aus Grund von Druschproben. — Slw iM Tonnen Getreide weniger als erwartet. Aus Grund von Erntevorschätzungen, die zu einem Zeit punkt vorgenommen wurden, wo da« Getreide größtenteils noch aus dem Halme stand oder doch aus ausschlaggebenden Korngebieten keinerlei Ernteproben vorliegen konnten, war in den letzten Wochen allgemein in der Oesfentlichkeit die Meinung verbreitet, das; in diesem Jahve eine Rekordernte an Getreide eingebracht würde. Trotz der vielen War nungen praktischer Landwirte vor allzugroßem Optimismus wurde diese Meinung allgemein benutzt zu erheblichen Baissevorstößen an den deutschen Produktenbörsen, und, wie die Preisentwicklung zeigt, leider mit Erfolg. Nunmehr liegt von feiten der Preisberichtsstelle des Deutschen Landwirtschastsrates zum erstenmal in diesem Jahre das Ergebnis einer Ernteschätzung vor, die ausgestellt wurde aufGrund tatsächlicher Drusch proben der über das ganze Reich verteilten Berichter- statter der Landwirtschastskammern. Diese Schätzung bat als Stichtag den 15. August ds. Js. Sie wird aber dem tatsächlichen Ernteaussall näher kommen als die gleichzeitig veröffentlichte etwas höhere Erntevorschätzung des Sta tistischen Reichsamtes vom 1. September, bei der die Vvr- auSsehung tatsächlicher Druschproben nicht im gleichen Maße gegeben ist. Man darf in diesem Zusammenhang darauf Hinweisen, daß es sich naturgemäß bei den Berichterstattern des Deutschen Landwjrtschastsrates um Landwirte han delt, die hinsichtlich ihrer Betriebssührung über dem deut schen Durchschnitt liegen, so daß die Erntevorschätzung des Landwrrtschastsrates eher zu gut als zu schlecht aus gefallen sem dürfte. Schon jetzt steht fest, daß von einer Rekord ernte an Getreide im Vergleich zu den frühe ren Jahren keine Rede sein kann. Alle Getreide arten zusammengerechnet ergeben eine Ernte, dje gegen über der amtlichen Borschätzung von Anfang August um 800 000 bis 900 000 Tonnen geringer ist und die auch hinter der Getreideernte von 1928 zurückbleibt. Im einzelnen zeigen die Schätzungen des Deutschen Landwirtschaftsrates folgende Ergebnisse. Die W in te rw ei z e n e r n te beläuft sich auf etwa 4 Millionen Donnen; die Sommerweizenernte auf etwa 600000 Donnen, so daß die gesamte Weizenernte um etwa 500000 Donnen niedriger veranschlagt werden muß, als es in einem erheblichen Teil von Deutschland nach dem dama ligen sehr guten Stand der Felber angenommen werden konnte. Nach den Schätzungen des Deutschen Landwirt schaftsrates wird etwa mit einem Hektar ertrag von 21,1 Doppelzentner beim Winterweizen und von 19,2 Dop pelzentner beim Sommerweizen zu rechnen sein gegenüber 19,5 und 19,9 Doppelzentner im vergangenen Jahre und LI,3 sowie 20,9 im Jahre 1930 und 22,3 bezw. 22,4 im Rekordjahr 1928! Beim Winterroggen wird mit einer Ernte von etwa 8,2 Millionen Tonnen gerechnet gegenüber 6,7 Millio nen Donnen im Borjahre und einer amtlichen Borschätzung von rund 8 Millionen Tonnen. Als Hektarertrag ermittelt die PreisberichtSsielle den sehr hohen Durchschnitt von 18,8 Doppelzentner. Die Gesamtroggenernte deckt sich damit etwa mit dem Ertrage des Jahres 1929, bleibt aber unter dem Rekordertrag des Jahres 1928. Immerhin wird, da der Roggenverbrauch für menschliche Ernährung eine nur schwer veränderliche Größe ist, wiederum ein erheblicher Teil der Roggenernte im Futtertrog verwertet werden. In dieser Richtung dürfen sich auch die kürzlich veröffent lichten Maßnahmen des Ernährungsministers zur Stützung deS Roggenmarktes auSwirken. Dies um so mehr, als die Futter g e tr e i d e e rn t e insgesamt auf Grund der Druschproben erheblich hinter den amtlichen Vorschützungen zurückbleibt. Bei Winter- und Sommergerste rechnet die Preisberichtsstelle mit einer Geüamternte von rund 3Millio nen Tonnen. Das ist eine Ernte, die etwa dem Ertrage des Boriahres und des Jahres 1929 entspricht, die jedoch wesentlich hinter dem Ertrage des Jahres 1928 zurückbleibt und gleichfalls um 300 000 Tonnen unter der amtlichen Borschähung liegt. Tie Qualität der Braugerste ist sehr gut. Beim Hafer dürft? nach der Erhebung der Preis- bcrichtsstelle mit einer Gesamternte von rund 6,2 Millionen Tonnen zu rechnen sein. Auch hier liegt das Ergebnis wesentlich umer dem der amtlichen Borschätzung und um über eine Million Tonnen unter dem Nachkriegs- rekord der Hafercrnn im Jahre 1929. Abschließend kann auf Grund der Erhebungen des Landwirtschaftsrates sestgestellt werden, daß insgesamt US» rsuderksrmSln, pulvern u. Mixturen kann die heutige schwarze Kunst im Gegensatz zur mittelalterlichen keine Schätze heben. Erste aller For meln ist bei der heutige« schwarzen Kunst, bei der welt umspannende» Macht der Zeitung, der fundamentale Grundsatz: — Inserieren bringt Gewinn — Anstelle sragwtirdiger Pulver und Mirtureu dienen der heutigen schwarzen Kunst Farbe und Papier, die umge formt in wirksamen Anzeigen, dem fortschrittlichen Kaufmann ständig neue Kunden und somit neuen Ge winn zuführen. In unserer Stadt besorgt das das Riesaer Tageblatt, das dank seiner großen Leserschaft seit Jahrzehnten der bewährte Bundes genosse und heute in der Krisenzeit erst recht der unent behrliche, nimmermüde Mitarbeiter des fortschrittlichen Kaufmannes ist. etwa 23 Millionen Tonnen Getreide aus dieser Ernte zur Verfügung stehen werden. Da im »origen Jabre die Ernte 21 Millionen Tonnen betrug, der Einfuhrüberschuß aber 2,6 Millionen Tonnen, so muß man auch im lausende Jahre mit einem Getreidezuschuß- bedarf von 500 0OO bis 600 OlX) Donnen rechnen, während nach den amtlichen Vorschützungen bereits ein Ueberschuß an Getreide errechnet wurde. Diese Schätzungen des Landwirtschaftsrates entsprechen im großen und ganzen dem Urteil saft aller praktischen Landwirte aus allen Teilen des Reiches. Es handelt sich um eine gute Mittelernte! Nicht vergessen werden darf dabei aber, daß einige deutsche Gebiete, die als ausgesprochen? Kornkammern gelten, wie z. B. Niederschlesien und zwei Drittel der Provinz Ostpreußen, durch Unwetterschäden und anhaltende Niederschläge sowie durch Krankoeitsbefall bei einigen Getreidearten eine M i ß - ernte zu verzeichnen haben, die die Notlage weiter ver schärfen- Tie TraBik eines MierWes. d. „Institut für Lebenshilfe" nannte des Dichters Richard Tehmel einziger Lahn, Dr. Heinrich Dehmel, die Hilfswerkstatt für gebrochene Herzen und verzweifelnde Seelen, die er im Herbst 1925 in Berlin eröffnete. Nun hat der Lebenshelfer sich selbst keinen Rat mehr gewußt und ist den Weg gegangen, vor denen Begehung er doch Hunderte von müde gewordenen Menschen bewahrt hat. ES ist die stärkste, beinahe groteske Zuspitzung, die die seelische und materielle Not der Gegenwart zeitigen konnte und man könnte versucht sein, zu verzweifeln über dem Schicksal dieses Verzweifelnden. Allein die Arbeit geht weiter und muß, gerade jetzt, weitergehcn, denn wer bis heute durchgehalten hat, hat wahrscheinlich die längste und schlimmste Strecke durch die Zeit der seelischen und materiellen Not zurückgelegt. Tr. Heinrich Tehmel war nicht der erste und nicht der einzige, der sich jener Menschen anzunehmen versuchte, die im Be griff stehen, die Last des Lebens von sich zu werfen. Außer seinem Institut für Lebenshilse, das nicht wurde, was es werden sollte — wohl infolge der allzu empfindlichen und psychologisch belasteten Seele seines Gründers, gibt eS allein in Berlin eine Liga für Lebensmüde, die eine Be ratungsstelle für Selbstmordkandidaten unterhält und hier nicht nur gute Ratschläge, sondern vor allen Dingen auch nach Möglichkeit materielle Hilfe gewährt. Es gibt weiter eine Beratungsstelle der Heilsarmee für Lebensmüde, wo zwar auch Wunsch und Wille größer sind als die zur Ver fügung stehenden Mittel, wo aber dank des riesigen Appa rates der Heilsarmee doch mehr geschehen kann, als in den beiden anderen Hilfsstellen je geschehen konnte. Tie Tragödie Tr. Heinrich Tehmels ist nicht nur di« Tragödie eines hilfsbereiten Menschen, dem die Diskre panz zwischen Wollen und Können die Kraft zum Weiter leben nahm, sondern auch die Tragödie eines TichtersohneS, dessen Gedankengut zwar entscheidend vom Vater her be fruchtet worden war, der aber die zähe und ungestüme Lebenskraft des Vaters nicht mit auf den Weg bekommen hatte. Wie sehr Vater und Sohn verschieden waren, dafür gibt es aus den Tagen der Revolution ein beredtes Bei spiel: Während der Vater sich noch zum Verkünder deS Volkskrieges, des Widerstandes bis zum Aeußersten machen wollte, propagierte der Sohn die Versöhnungsibee deS Völkerbundes, eines anderen Völkerbundes allerdings, alS ihn der Präsident Wilson sich ausgedacht hatte. Ein Jahr zehnt hindurch hat nun der Tichtersohn versucht, auch di« einzelnen Menschen, die bei ihm Hilfe suchten, mit ihrem Schicksal zu versöhnen. Hie und da gelang es ihm, aber ihm selbst gelang es nicht, sich mit dem eigenen Schicksal zu versöhnen. Vielleicht hätte er es, sich und anderen zum Heil, bewältigen können, wenn er mehr von dem Kampf« geist seines Vaters gehabt hätte. o» »ni, l_gubsäge Lrirrntur gute ^e-kreuge 58 QuiscOsme oller 6» I 01 in ds- 19 Quisciieme ocler NIU. 0 32 in ds- 8k8kl.l.8L^^^ ^ 6 «UMI.IL87 >.ux scieenerocncn 0«pp-klü-e27?L Vü-k-I 2Z» v-pp-Ip-k-l-IS» No-m-1p-I»i27kt VI« m° »l-k-.i, !° ä-- o°.. SUstlL v» -5» 20». Roman von Erich Eben st ein. 82. Fortsetzung Nachdruck verboten „Ich weiß es wirklich nicht. Als ich «ine Gouvernante hatte, spielte ich viel Klavier und sie gab mir auch ein biß chen Unterricht im Gesang, aber sie meinte, eigentlich dürfe ich noch gar nicht singen — ich war damals dreizehn Jahre alt — in meinem Alter." „Natürlich! Sie hätte dich gar nicht unterrichten dür fen." „Sie wollte es ja auch durchaus nicht, aber vielleicht ge rade darum machte es mir Freude und ich brüllte ihr zum Trotz den ganzen Tag, bis Papa sich endlich ins Mittel legte und erklärte, sie solle mir wenigstens die Anfangsgründe, die richtige Atmung und so... beibringen, es würde der Stimme sicher weniger schaden als das wilde Gebrüll..." Sie hatten während dieses Gesprächs das Hotel verlassen und sich dem Graben zugewandt, den sie — äußerlich we nigstens in schönster Eintracht — entlang schritten. Viktor hatte sich nämlich vorgenümmen, sie nun nicht weiter zu reizen, sondern sich vorläufig ganz ihren Wün schen anzupassen — also auch nicht den Verliebten heraus kehren. Anneliese aber traute dem Frieden nicht. Wer einmal ihr Mißtrauen erweckt hatte, konnte lange warten, ehe sie ihm wieder vertraute. Und sie wäre Uber seinen kamerad schaftlichen Ton jetzt sehr erfreut gewesen, wenn nur Vik tor auch seine Blicke besser beherrscht hätte. So aber ruhten diese fast beständig aus ihr — „wie Raupen kriechen st« an mir herum" — dachte Anneliese nervös. Indes hatte sie bald keine Zeit mehr, darauf zu achten, denn jeder Schritt enthüllte neue Schönheiten, so daß Anne liese von einem Rausch des Entzückens in den anderen ver fiel und sich Viktors Nähe kaum mehr bewußt war. Da war der Stefansdom mit seinen alten Grabstätten und den; mystischen HaMunkel. -as Ihn LrMte. -er in Eisen, die alten, geheimnisvoll Küstern Paläste, von hlm- melhohen Miethäusern fast erstickt, und dann die Kärntner straße mit ihren wundervollen Läden, in denen alles zu sehen war, was die letzte Mode in Kunst und Industrie bot: Toiletten, Bronzen, Lederwaren, Bücher, Bilder, Schmuck, Schuhwerk, Spitzen und sonstige Luxusartikel, die das Herz einer Frau wohl höher schlagen machten vor Verlangen danach. Anneliese betrachtete all diese Dinge wohl entzückt wie Gegenstände aus einer anderen Welt, aber nicht ein einzi- ges Mal kam ihr der Wunsch, sie zu besitzen. Aber müde, ent setzlich müde fühlte sie sich plötzlich und bat Viktor, sie nach Hause zu führen, sie könne nichts mehr ansehen, wolle nur schlafen gehen... Da er aber die Karten für die Oper bereits hatte und nicht verfallen lassen wollte, überredete er sie, mit ihm ins Opernkaffee zu gehen, wo sie sich bis zum Beginn der Vor stellung ausruhen könne. Und er suchte ihr selbst ganz rückwärts im Lokal einen im Halbdunkel abgeblendeier Lichter stehenden Klubfauteuil aus, wo sie sich ausruhen sollte. Anneliese sank erschöpft hinein und schloß die Augen. Im nächsten Augenblick schon merkte er an ihren tiefen, ruhigen Atemzügen, daß sie eingeschlafen war. Er ließ sie Uber eine Stunde lang schlafen, während er hinter einer vorgebaltenen Zeitung unverwandt in ihr feines, ihm über alle Begriffe, reizvoll erscheinendes Gesicht starrte. Als Viktor sie endlich kurz vor sieben Uhr weckte, fühlte Anneliese sich wieder vollkommen frisch und ausgeruht und freute sich auf die Oper. Indes blieb der Eindruck, den sie sich von der ersten Oper, die sie hörte, erwartet hatte, aus. War es, weil st« pach so vielen neuen Eindrücken an diesem Tage nun nicht mehr aufnahmefähig war, oder störte sie Viktors Nähe, der im Dunkel immer wieder ihre Hand zu fassen suchte — ge nug, schon nach dem ersten Akt erhob sich Anneliese und vrxlanütL nach Hause zu gehen. Und Viktor, dem es viel mehr um das Beisammensein mit ihr als um die Oper zu tun war, willigte sofort ein. Jetzt endlich, dachte er, würde die Stunde kommen, wo er Anneliese ganz für sich haben würde und ihr von Liebe sprechen durfte... Aber es sollte ganz anders kommen. Nachdem sie, im Hotel angelangt, noch eine Kleinigkeit gegessen hatten, stiegen sie die Treppen hinauf nach ihrem Zimmer. Viktor öffnet« die Tür desselben und wollte Anneliese den Vortritt lassen, als sie, den Raum mit einem Blick durchfliegend, betroffen auf der Schwelle stehen blieb. „Ist dies dein Zimmer oder das meine? Warum strhen zwei Betten darin?" fragte sie verwundert. „Es ist unser beider Zimmer," antwortete er. „Die Bet ten sind für dich und mich... komm Liebling..." und er wollte sie, den Arm um sie legend, über die Schwelle führen. Linen Augenblick starrte sie ihn sprachlos an, während brennende Röte Gesicht und Nacken überzog. Dann schleu derte sie seinen Arm von sich und war mit einem Sprung draußen auf dem Korridor/ „Nie! Niel" stieß sie atemlos vor Empörung heraus. „Ich mit dir in einem Zimmer? Pfui, so etwas mutest du mir zu? Das ist schändlich!" Er suchte sie zu beruhigen, obwohl ein maßloser Zorn für den Augenblick jedes andere Gefühl in ihm verdrängte. Streng sagte er: „Bitte, mache kein Aufsehen, Anneliese... du hörst, daß Leute die Treppe heraufkommen. Was soll man von dir den ken, wenn du dich wie ein albernes Kind benimmst? Was ich dir zumute, ist nicht schändlich, sondern nur das Natürliche. Eheleute schlafen immer zusammen..." Er sprach in die Luft, denn Anneliese war blitzschnell verschwunden und jagte um die Ecke des Korridors. Sie lief blindlings weiter bis an das Ende de« Korridors, wo sie dem eben die Dienertreppe heraufkommenden Zimmerkellner beinahe in die Arme fiel. „Wohin will die Dame? Wünscht die Dame vielleicht hinab in den Speisesaal?" fragte dieser.