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„Robert wird es wohl wissen", dachte Emmy endlich. I „Ob er schon zurück ist?" Sie schleppte sich nochmals auf den Flur. Trude war daheim und wußte Bescheid. Bor einer Stunde war im Auftrag des Herrn Architekten angeru fen worden. Gegen elf Uhr würde der Herr Architekt zurück sein; man möchte ihm etwas zum Essen Vorbe reiten. Emmy kehrte in ihr Zimmer zurück und drehte das Licht an. Wie spät war es? Neun Uhr vierzig Mi nuten. Sie zog den Hut über das Haar und verließ das Zimmer. Wenige Augenblicke später kreischte der Schlüssel im HauStor. Dicht hintereinander fuhren zwei Kraftdroschken an dem Hause des Architekten Jorin vor. Frau Helene, die mit Gerhard zurückkehrte, erfuhr schon auf der Straße, daß Robert den Bauauftrag für das Schloß in der Prignitz heimbrachte und zufrieden war. In der Diele ihrer Wohnung küßte sie ihre beiden Söhne und trennte sich von ihnen. Als Robert gemeinsam mit dem Bruder seine Woh nung betrat, meldete ihm die Wirtschafterin, daß Fräu lein Emmy schon vor einer Stunde gekommen wäre und auf den Herrn Architekten wartete. „Es ist mir lieb, so bald mit ihr sprechen zu kön nen. Ich glaube, eS ist dringend nötig, daß wir sie zur Bernunft bringen", meinte der jüngere Bruder. Der andere blickte sehr ernst. „Daß Emmy zu so später Stunde kommt, hat hoffentlich nichts Schlim mes zu bedeuten." »Was ist geschehen, Emmy?" „Wie stehst du denn aus?" Die Brüder fragten es gleichzeitig, als sie der Schwe iler ansichtig wurden. Das verstörte Aussehen des jungen Mädchens rechtfertigte die Fragen und deren besorgten Ton. „Mein Aussehen ist gleichgültig, Gerhard. Was ge schehen ist, will ich dich fragen, Robert. Bitte, eßt erHl Trude richtet schon für euch beide im Eßzimmer ! an. Ich kann noch etwas länger warten. Ich versäume und ändere ja doch nichts damit. Geht, bitte! Ah warte hier." Der ruhige, entschlossene Ton ihren Stimme stand in scharfem Gegensatz zu ihrem Aus sehen und wirkte um so beunruhigender. ; „Das Essen ist nicht wichtig und kann warten"« widersprach Robert. „Zuerst sprich du!" Sie schüttelte den Kopf. „Kein Wort, ehe ihr nicht gegessen habt." Achselzuckend und kopfschüttelnd gingen die Brü der nach dem Eßzimmer und würgten wortkarg einige Bissen herunter. Keiner von beiden zweifelte, daß zwi schen diesem nächtlichen Auftauchen der Schwester und Egon Garonder ein Zusammenhang bestehe. Dann saßen die Geschwister hinter geschlossenen Türen im Damenzimmer. „Robert, zu erzählen habe ich nicht viel, zu fragen nur eines", begann das junge Mädchen. „Ich war vor einigen Stunden in der Landhausstraße, wo diese Frau Hilde Ronk wohnt. Gewohnt hat." Auf Roberts Stirn traten Falten, seine Brauen senk ten sich. „Warum, Emmy? Ich habe dich gewarnt und gebeten, sowohl Garonder wie dieser Frau aus dem Wege zu gehen." Gerhard sagte nichts. Er war im Sitz zusammen gezuckt und hatte sich straffer aufgerichtet. Seine Mie nen spiegelten unverhüllte Aufmerksamkeit. „Ich habe wissen wollen, in welchem Stock sie wohnt", fuhr Emmy fort. „Der Portier hat mir Aus kunft gegeben, daß sie nicht mehr dort wohnt. Ich habe danach in der Regentenstraße angeklingelt. Nie mand hat sich gemeldet. Ich habe das alles getan, um etwas zu wissen. Du weißt eS sicher, und deshalb bin ich gekommen, um dich zu fragen. Ehe ich es nicht weiß, habe ich keine Ruhe." „Was willst du wissen?" fragte Robert. „Ob sie schon seine Frau ist, ob sie vielleicht schon uns der HochzeichtSreise sind.« I . Lum rweülsn 5trstospkSr«nßIug piccsrck. Die Minute des Starts. Professor Viccard sieht aus der Gondelöfsnung heraus Der Stratosphärenslieger ist auch ein guter Familien vater. und verabschiedet sich von seinen Freunden, während sich der Ballon bereits vom Erdboden erhebt. Bild daneben: 27 »k 79^7 79/0 V 7I757/T, 26 729 —' 792/ Als Professor Piccard in Zürich seine Stratosphären fahrt antrat, gaben ihm seine Gattin und zwei seiner Töchter die letzten Glückwünsche mit auf die Fahrt. Das erste Lriginalbild vom Start in die Stratosphäre. Tas erste in Deutschland eingetrossene Originalbild vom zweiten Start Professor Piccards in die Strato sphäre von Zürich aus. Frühere Höhenrekorde. Unser Schaubild gibt einen Vergleich der bisherigen Höhenrekorde mit dem neuen Stratosphärenslug Pro fessor Piccards, auf dem er über 18 000 Meter Höhe erreichte. Fmmcr neue Opfer der Berge. Ein Blick auf die Glockncrgruppe in den Hohen Tauern <3708 Meter Hochs, die in den letzten Tagen wieder meh rere Opfer gefordert hat. Die meisten Unfälle ereignen sich bei dem durch einen Pfeil gekennzeichneten Grat zwischen dem Klein- llinksf und dem Grokglocknergipsel «rechts), da hier nur ein schmaler Weg führt, der an beiden Setten mehrere hundert Meter fast senkrecht in die Tiefe stürzt. Der Bug der „Niobe" bereits über Wasser. Tie Bergungsarbeiten am Wrack des gesunkenen Segel schulschisses „Niobe" in der Heikendorfer Bucht des Kieler Hafens sind schon so weit gediehen, daß bereits der Klüverbaum des Unglücksschiffes aus dem Wasser ragt. k/ Iiow»Q<N,i>,t Olzo, v-rlia V/ 30. Ltk»«» u MI o Komaa von kr. K?. van reo«! LLr?« LO. Fortsetzung. „Sie ist schon seine Frau", tickte es in ihrem Hirn; „sie ist schon seine Frau", pochte das Herz und krampfte sich. Was nun? Nach der Regentenstraße eilen. Was sollte sie dort? Sie kam ja zu spät. »Zu spät", tickte es im Hirn; „zu spät", pochte das Herz und krampfte sich. Die Glieder wurden schwer; eS kostete harte Mühe und äußerste Willenskraft, sich bis nach dem Nikolsburger Platz zurück und die Trep pen empor zu schleppen. In ihrem Schlafzimmerchen angelangt, schleuderte Emmy ihren Hut von sich und warf sich aufs Bett. Der Kopf mit dem tiefschwarzen Haar vergrub sich völlig in die weißen Kissen, die ein stöhnendes Leid erstickten, bis es stumm wurde. Nach Stunden richtete Emmy sich wieder auf, zer mürbt in allen Fasern ihres Seins. Von der Straße her warf eine Bogenlampe den grellweißen Schein ihrer Glühflamme ins vunkle Zimmer. „Was nun?" sann Emmy. Ihr nächster Gedanke galt Edith. Doch was konnte die Freundin ihr sagen? Wie ihr helfen? Sagen? O ja, Trostworte! Nichts konnte die Wunde wilder zerfleischen, nichts die Nerven er barmungsloser zerreißen als Trostworte. Und helfen? Nein, das konnte Edith nicht. Niemand konnte es. Dann stand sie plötzlich auf dem Flur am Fern sprechapparat und hatte angerufen. Wenigstens wissen wollte sie, ob es im Hause der Regentenstraße schon eine gnädige Frau gab. Das Helle Zeichen tönte und tönte in ihr Ohr. Fünfmal, siebenmal, zehnmal. Nie mand meldete sich. „O!.- sind aus der Hochzeitsreise", sagte sich Emmy, und ein zerreißender Schmerz durchzuckte ihr stechend die Adern. Gebeugt kehrte sie in ihr Zimmer zurück. Der große Zeiger vollendete einen Kreislauf.