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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 22.11.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-11-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-189711225
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-18971122
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-18971122
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Riesaer Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1897
-
Monat
1897-11
- Tag 1897-11-22
-
Monat
1897-11
-
Jahr
1897
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 22.11.1897
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»ls wcrthlos teijeiic geuorsen, was dcm i>chichi"'>':ichcr von hoher Bedeutung gcwcjeu wäre, indem es ihm sickere V ch.üsje nicht nur über Volksangehörigkcit der Vorbewohner, sondern auch Einblick tn dos Leben und.Denken derselben gegeben hätte. ES ist freilich von einem Unkundigen nicht zn verlangen das, er einem .ilnockmübcrrestr, einem Ccherbelstücke, einem Steinlrümmer ansehen solle, welches wichtige Zeugnisi slir die beschichte längst vergangener Jahrtausende er damit in Händen balle. Der Vortragende würde sich deshalb freuen, wenn es ihm gelänge, wenn auch nicht genaue iienntniß, so doch einiges Interesse sür die <- cichichlsjorschung zu erwecken. Es ist h-he Zeil, daß der Lacke absemcimre Ausmerksawleit zugewcndel wird. Denn durch die sortschreitende Bodenkultur, durch den immer tiefer dringenden Ackerpflug ver-chwinden die prähistorischen Stätten immer mehr, werden die Funde immer seltener und unkenntlicher. Und doch sus,t unsere .ilennlnch der Vorgeschichte Deutschlands zum größten Thcile auf den Ueberrestcn. die uns in der Erde aufbewahrt worden sind, und manche falfcke Anschauung über das Leben und Treiben unserer Vorväter ist durch sie srborr berichtigt worden. Die Borgejchte der Llammväter unsres deutschen Volkes, der alten lt er- mancn, ist leider bei Weitem nicht so ausgehelii wie die beschichte der Griechen und Römer und vieler anderer Völker des Altertbums. Air besitzen nicht wie diese, schriftliche rt.rnzeicknurigen, die bis in die frühesten Zeiten zurückreichen, teine tlunsidenimäler, die unS über Ursprung und Leben unserer Ahnen Ausschluß geben könnten. Keine Urkunde jagt uns, ob und von wem unsere Gegend bewohnt gewesen ist, ehe die Gei manen sich hier niederließen, und welche Ur sachen diese zu der Aufsuchung des unwirthlicken Landes im Norden getrieben haben. Wir sind aus die dürstigen Nachrichten angewiesen, die durch andere Völker aus nrs gekommen sind. Besonders tviaiig sind sür uns die Auszeichnungen der Römer Julius Cäsar und Taci- tus. Sie erzählen nnS von dem gewaltigen Stamme der Suerren. der in der biegend an der Elbe ein Nomadenleben führte. Daß ihre Berichte nicht übereinstimmen, liegt zum Theil daran, das, ihre Beobachtungen anderthalb Jahrhunderte auseinanderltegen. Sv werth voll sic auch sind, es bletbcn doch immer nur Zeugnisse Fremder, die der deutschen Natur an Bildung und Wesen fern standen und unserer Sprache unkundig waren. Und so bedürfen wir, um ein möglichst getreues Bild unserer Vorzeit auszustellen, anderer Hilfs kräfte, des Sprachkundigen und des Naturforschers. Daß letzterem, wenn er die Spuren längst vergangener Geschlechter ans Tageslicht i und aus ihnen seine Schlüsse zieht infolge des dürftigen und lücken haften Materials mancherlei Jrrthümer unterlaufen können, muß ' ohne Weiteres zu gegeben werden. Auch ist es leicht erklärlich, daß verschiedene Forscher zu verschiedenen Resultaten kommen. Aber trotz dem sind durch die Ausfindung und Erforschung der Artefacte (so nennt man die vorhistorischen Fundgegenstände) schon viele sichere , und allgemein anerkannte Thatsachen sestgestellt worden, und das Bild von der Culturhöhe der vorgeschichtlichen Bewohner Deutschlands i wird immer klarer und deutlicher. Redner erläutert feinen Vortrag durch Gegenstände aus der von ihm selbst angelegten Sammlung von , Stciniverkzcugen. Steinsplitten», Urnen und Scherbenstücken, hatte ! Bilder von G rabstätten milgebracht und ließ das Werk von Osborne > zirkulireu: das Beil und feine typischen Formen in vorhistorischer Zeit. An der Hand dieser Hilfsmittel wurden die Zuhörer durch die ver schiedenen Entwicklungsstufen unserer Vorväter hindurchgeführt Hin i weisend auf die Artesactensunde des französischen AlterthumssvrscherS Boucher und des Nordländers Steenstrup, streifte Redner die Streit- > frage über das Vorkommen des Menschen in der Dilurialzeit. An den chmacieristischen Begräbnißsormen der grauesten Vorzeit zeigt sich, daß die Ureinwohner Deutschlands keineswegs die gemüthlosen Barbaren gewesen sind, als welche römische Berichte sie hingestellt baden. Einen wichtigen Gradmesser sür die geistige Entwickelung des Menschen dielen uns seine Waffen und Geräthschaften. Schon der Unistand, daß er sich zu seiner Vertheidigung einen Stein aus sucht, denselben bearbeitet, ihn zweckmäßig an einem Stiele zu be seitigen sucht und so gelüstet den wilden Thieren entgegentritt, ist ein Zeichen seiner geistigen Begabung. Nach und nach vervollkommnet sich das Beil in der Hand des Menschen immer mehr. Beim Zu- rcchthaueu splittern Späne von dein Feuersteine. Sie werden alS Messer, Säge, Pfeil- und Lanzenfpitzen benützt. Allmählich lernte man den Stein zu schleifen und zu durchbohren, bis man zur Kennt- niß der Metalle kam und diese verwenden lernte. Zuerst nahm man wohl nur Kupfer, dann benützte man die Bronze und fertigte aus ihr Waffen, Gcräthschasten und Schmucksachen. Bei allen diesen Sachen zeigen die verschiedenen Völkerstämme abweichende Formen, und darum kann man ans den Artefacten nicht nur auf die Zeit ihrer Anfertigung, sondern auch aus die Volksangehörig'eit ihrer Be nutzer schließen. Eiserne Geräthjchasten und Schmuckstücke weisen daraus hin, daß der Vollsstamm schon Belanntschasr mit den Römern gemacht hat, denn von ihnen erhielten sie die Kenntniß vom Eisen. Finde man in den Gräbern nur Bronze, so stammen sie wahrschein lich aus vorrömischer Zeit. Außer in den Begrädnißstätlen findet inan auch Artefacte in den Wohnstätten dcs vorgeschichtlichen Men schen, in den Höhlen, in den Pfahlbauten. Auch in unserer Gegeird sind schon werthvolle Funde gemacht worden, so in der Gaumnitzflur und, Düne, aus den KrauSpeschcn Felde, in der Lehmgrube bei Stauchitz, in der Sandgrube bei Dösitz, bei Priestewitz bei Lommatzsch u. s. w. Jetzt ist man dabei, die fogenannlen Schwedenfchanzen bei Hohenwusjen und bei Alloschatz zu durchforschen. Tie Funde rn den obern Schichten sind wendischen, die in den uniern germanischen Ur sprungs. Der Name Schwedenschanze ist wahrscheinlich aus Sueven- ichanze enlstanden. Da wir hier auf dem 2 öden uralter Cultur wohnen, jo finden sich fast überall zerstreute Artefacte. ES müßte sich Jeder zur Pflicht machen, aus dergleichen Funde zu achten und sie einem Sachverständigen zu übergeben: am besten ist es, wenn man sie an das Museum tn Dresden schickt. Erzielt man auch keinen materiellen Nutzen, so wird nian gewiß reichlich entschädigt Lurch das Bewußtfein, einen Beitrag geliefert zu haben zur Lösung einer großen wissenschaftlichen und patriotischen Ausgabe Denn wie es unsere Pflicht ist, das geistige Erbthetl zu hegen und zu pflegen, LaS wir von unfern Vätern überkommen haben, jo müßen wic auch das greifbare Material hüten und sammeln, aus dem wir die Cul- turgeschichte unseles Volkes aujzubauen vermögen. Dresden, den 20. November. Wochenplan der König lichen Hoftheater: Altstadt: Dienstag: Die lustigen Weiber von Windsor. — Mittwoch: Lohengrin. (Zum Besten der Wittwen- und Waisen-Unterstützungskasse der darstellenden Mitglieder). (Anfang >/,7 Uhr). — Donnerstag: Die Rcgi- mentstochter. Ein orientalisches Fest. — Freitag: Don Juan. , Anfang 7 Uhr). — Sonnabend: Tannhäuser. (Ansang 7 Uhr). — Sonntag, den 28. November: Der Prophet. ^An fang 7 Uhr). — Neustadt: Dienstag: Der G wissenswurm. — Mittwoch: Jugendfreunde. — Donnerstag: Sturm. (Zum 1. Male). — Freitag: Der Bibliothekar. — Sonnabend: Sturm. — Sonntag, den 28. November: Jugendfreunde. Dresden. Die erste Acerylen-Gosanlage wurde jetzt mit obrigkeitlicher Bewilligung dem Tetri be übergeben. Dieselbe befindet sich Ostraallee 3. Das Acetylen-Gas wird nicht mit Unrecht das „Gas der Zukunst" genannt, denn seine Wirkung ist eine außerordentliche. In Wien sind bereits öffentliche Plätze und Straßen mit dem neuen Gas beleuch tet, DaS Kalkium-Karbid, das von der deutschen Acetvlen- zrS-Gefcllschn-t verwendet wird, kommt von den Trollhätta- Fällen m Schweden und den Jmmatra-Fällen in Finnland. Grimma, 20. Nov. Gestern Nachmittag in der 4. Stunde brannte die bei der früheren Brodfabrck gelegene, der Frau BorwerkSbefitzerin Burckhardt gehörige Scheune nieder. Der Inhalt derselben betrug ca. 450 Schock Roggen und Weizen, «in Strolch hat da« Feuer angelegt, um wahrscheinlich für den Winter ein Unterkommen zu finden. Der Brandstifter befindet sich in Hast und hat die That ein gestanden. Chemnitz. Der Consum von einfachem Bier hat sich im vergangenen Jahre um 4000 Hektoliter verringert, der der besseren Biere aber um 11,800 Hektoliter gesteigert. Die Btersteuer hat dadurch eine Erhöhung um 7000 Mark gegen das Borjahr erfahren. Chemnitz. Mit einem gefährlichen Heirathsschwindler, wie sie jetzt nicht mehr selten find, hatke e« die hiesige Straf kammer in der Person des am 15. December 18LS in Zwickau geborenen, noch nicht vorbestraften Bureauaspiranten Kurt Alexander «ynert in Chemnitz zu thun. Um sich die Unterhaltsmittel zu seinem lockeren Lebenswandel, dem er sich ergeben, zu verschaffen, und um kontrahirte Schulden zu bezahlen, wußte er, obwohl er selbst seit dem Jahre 18S5 verheirathet und Vater eines Kindes war, schon seit längerer Zeit Mädchen, insbesondere solche dienenden Standes, die er entweder auf dem Tanzsaale oder durch Einrücken sogenannter Heirathsgesuche in hiesige Blätter kennen lernte, dadurch an sich zu ketten, daß er, ihnen gegenüber sich für ledig ausge bend, zu ihnen in zum Theil intimere Beziehungen trat, ihnen allerhand wahrheit-widrige Thatsachen vorspü gelte und sie zu eh-ücheu versprach. Er that dies in der zugestande nen Absicht, den betreffenden Mädchen ihre Ersparnisse ab- zunrhmen. In drei verschiedenen Fällen ist ihm sein Plan gelungen, in drei anderen dagegen nicht. Auf diese Weise hat er einem Dienstmädchen W. im Mai und Juni d. I. nach und nach einen Gesammtbetrag von 108 Mark, einem anderen Dienstmädchen H. zwijchen Ostern und Pfingsten 10 Mark abgeschwindelt, während ihm ein drittes Mädchen F. Beträge von 100 Mark, 80 Mark, zweimal je 5 Mark und am 10. September seine letzten 80 Mark, insgesammt 270 Mark, zum Opfer gebracht hat. Der im vollen Um fange geständige Angeklagte wurde wegen Betrugs zu zwei Jahren ü Monaten Gesiingnißstrafe, von welcher ein Monat als durch die erlittene Untersuchungshafk verbüßt zu gelten hat, verurtheilt, auch wurden ihm dre bürgerlichen Ehren rechte auf die Dauer von 5 Jahren aberkannt. Crimmitschau. Ueber Neufeststellung der Gehälter der hiesigen Bolksschullehrer hatten sich in der Freitagfitzung die Stadtverordneten schlüssig zu machen. Der Schulaus schuß batte bereits einen neuen Entwurf durchberathen und dem Rathe zur Beschlußfassung unterbreitet, welcher von diesem unv den Stadtverordneten im Wesentlichen gutgeheißen und angenommen wurde. Hiernach soll das Klassensystem fallen gelassen und dafür die reine Lebensaltersstaffel einge- sührt werden ; ferner soll den ständigen Lehrern vom 23. Lebensjahre an ein AnfanzSgehalt von 1500 Mk., welches von 3 zu 3 Jahren um 150 Mk. bis zu einem Höchstgehalt von 3000 Mk. steigt, gewährt werden. Hilfslehrer und Leh. rerinnen sollen in Zukunft ein Anfangsgehalt bis zu ihrer WahlsähtgkeitSprüsung von 1200 Mk. erhalten. Die Direk toren sollen ein AnfangSgehalt von 3800 Mk. erhalten, wel ches alle 4 Jahre um 200 Mk. steigen soll, so daß nach 24 Dienstjahren das Höchstgehalt von 5000 Mk. erreicht wird. Aus dem Bogtlande, 20. November. Die Erd- beben dauern noch immer fort und treten bisweilen in er schreckender Weise auf. Außerordentlich heftige Stöße wur den, wie erwähnt, am Mittwoch früh zwischen 6 und 8 Uhr verspürt, und zwar sind dieselben in Adorf, Untersachsenberg, Brambach, Markneukirchen, Ebersbach, Ellefeld, Falkenstcin, Schönberg am Kapellenberg und Asch wahrgenommen wor den. Am stärksten waren die Erschütterungen in den letzt genannten beiden Orten. Aus Asch wird geschrieben: Um 3 Uhr Morgen« erzitterte die Erde, ohne daß irgend ein Geräusch hörbar wurde. Um »/,5 Uhr erfolgte ein heftiger Erdstoß, desgleichen um 6 Uhr und um '/,7 Uhr gerieth die Erde in wellenförmige Schwankungen, sooaß die Leute er schrecke von ihrem Lager aussprangen und viele ins Freie eilten. Während nämlich alle früheren Erdbeben sich ourch kurze Stöße äußerten, sand Mittwoch früh eine wellenförmige 2 bi» 3 Sekunden andauernde Erderschütterung statt, die so arg war, daß es in jedem Hause klirrte, knisterte und knatterte, als ob Alles au- den Fugen gehen sollte. Sogar Kinder von 3 Jahren wurden durch die unheimliche Natur erscheinung geweckt und klammerten sich ängstlich an die Mutter. Bon einer schwer zu beschreibenden Eigenart waren die Gefühle, welche da« Erdbeben bei Len meisten Personen hervorbrachte. Ein kurzer, mäßiger Stoß weckte uns aus dem Schlafe. Noch ehr man wieder einschlafen konnte, nach beiläufig 5 Minuten, vernahm man unter sich ein furchtbares Getöse — kein Rollen —, ein Getöse, wie durch den Ein sturz einer Mauer verursacht, und gleich darauf folgte ein unterirdisches, 3 Sekunden währendes Donnerrollen und im selben Augenblicke hatte man die Empfindung, als läge man in einem Kahne auf wogender See. Zwei Wellen hoben und senkten unsere Schlafstellen. Das Gesühl, das einem überkommt, wenn der Boden in solcher Weise schwankt, ist ein recht bellemmendes. Penig, 20. November. Die Patentpapierfabrik, das bedeutendste Fabriketablissement unserer Stadt, feierte gestern die Feier des 25 jährigen Bestehens als Aktiengesellschaft. Die Arbeiter veranstalteten einen Festzug, dann fand ein Mahl mit anschließendem Ball statt. Aus Anlaß des Jubiläums hat der kaufmännische Direktor der Fabrik, Herr Heino Castorf, eine in vornehmstes Prachtgewand gekleidete Festschrift heraus gegeben. Sie führt den Titel: „Die Patentpapiersabrik zu Penig, ein Beitrag zur Geschichte des Papieres" und ist ein Kunstwerk der Typographie, reich geschmückt mit Abbildungen zur Veranschaulichung der interessanten Arbeit, die über den lokalen Rahmen hinauSgehend kulturgeschichtlichen Werth be sitzt, insofern sie in gedrängten Zügen den Entwicklungsgang der deutschen Papierindustrie schildert, der aus der Buchdrucker kunst und nächstdem durch Luthers Reformwerk mächtige An regung erwuchs. Eine Peniger Patentmühle läßt sich urkund lich bereits auS dem Jahre 1539 nachweisen; diese muß nach den vorhandenen Dokumenten mit Peniger Wasserzeichen be reits im 16. Jahrhundert sehr leistungsfähig für die damaligen Zeitverhältnisse gewesen sein. Der 30 jährige Krieg unter brach die Thätigkeit der Peniger Papiermacher; sehr langsam richtet sich nach den furchtbaren Verwüstungen die produktive Kraft wieder empor, der eigentliche Aufschwung der Papier industrie und speciell der alten Peniger Papiermühle knüpft sich jedoch erst an den Einzug der Papiermaschine. Begründer der Papiermaschinensabrikation in Sachsen war Ferdinand Traug. Flinsch in Leipzig. Die von ihm geschaffene und ausgebaute Anlage ging dann 1872 (15. November) in den Besitz der Aktiengesellschaft über und diese hat, nach manchen enttäuschen den Jahren, eine Ausdehnung und Bedeutung erlangt, welche das Etablissement in die vorderste Reihe der industriellen Groß betriebe unseres gewerbsreichen Sachsen stellen. Leipzig. Wieder durchläuft die Zeitungen eine Mit theilung, daß die Erbauung einer elektrischen Bahn Halle- Leipzig schnellstens zu erwarten sei. Amtliche Mittheilungen setzensgden „V. A " rn den Stand, zu erklären, daß der Rath der Stadl Leipzig einer dritten Straßenbahngesellschaft Kon zession nicht ertheilen wird, d. h..daß die Bahn Halle-Leipzig nur bis zur Sladlgrenze geiührt werden darf, wenn nicht eine Einigung mit den beiden bestehenden Stcaßenbahoge- seüschaften erfolgt, wozu wenig Aussicht vorhanden ist. Au« dem Reiche. *s* Mühlberg a. Elbe, 21. Nov. Die hiesige Gr- flüzelauSstellung war von 1322 Personen besucht und dürfte wir einem Ueberschuß von ca. 300 Mark abschließen. Ein schweres Unglück wnd aus Stadt Sulza berichtet. Am Freitag Nachmittag kam eine Bahnmeisterlowry auf dem fallenden Erfurter Geleise heruntergesahren. An dem Weg- ikbergange war die Schranke nicht geschloffen. Es passirte nun gerade in dem Augenblicke, al- die Lowry angesaust kam, ein Fuhrwerk, aus welchem sich außer dem Wagenführer auch dessen achtjähriger Sohn, sowie zwei Kinder, ein Ge- schwisterpaar, befanden, den Uebergang. Die Lowry fuhr in den Hinteren Wagentheil hinein, zertrümmerte den Wagen und warf die Kleinen auf das Geleise, die nun überfahren wurden. Der ältere Knabe war sogleich todt. Den beiden anderen Kleinen sind die Beine abgefahren und der Brust kasten eingedrückt. Auch sie starben kurze Zeit darauf. — Gegen fliehende Arrestanten von der Schußwaffe Gebrauch gemacht hat eine Militär-Patrouille, die in der Hafer-Haide bei Berlin einem von Strolchen überfallenen Soldaten zu Hilfe eilte. Von den drei abgegebenen Schüssen ist Niemand getroffen worocn. Die Strolche sind zum Theil bereits fest genommen. Ueber den Vorfall wird des Näheren berichtet: Der Grenadier Hesse von der 7. Compagnie des Kaiser- Franz-Garde-Grenadier-Regiments ging mir einem Mädchen in der Hasenhaidr spazieren. In der Nähe des Garnison kirchhofes begegnete dem Paare eine Anzahl Strolche im Alter von 20 bi« 30 Jahren, die dem Soldaten das Mäd chen zu entreißen suchten, um es zu vergewaltigen. Der Grenadier setzte sich nach Kräften zur Wehr, war aber den vereinigten Angriffen seiner Gegner nicht gewachsen, zumal ihm im Kampfe das Seitengewehr weggenommen wurde. Ein Schutzmann des 47. Reviers, der das Geschrei hörte, eilte dem Bedrängten mit einer von der Schießftandwache gestellten Patrouille von drei Mann zu Hilfe. Hesse hatte zwei von den Strolchen festgehalteu, während d,e anderen angesichts der Patrouille die Flucht ergriffen und entkamen. Die Patrouille sandte drei Kugeln hinter ahnen her, die je doch in der Dunkelheit ihr Ziel verfehlten. Die festgenom menen Strolche wurden der Polizei übergeben, die noch weitere Complicen ermittelte. Das Seitengewehr des Gre nadiers, das die Fliehenden weggeworsen hatten, ist auf einem Bauplatz hinter aufgestapelren Steinen wiedergefunden worden. Vermischte-. Ueber eine merkwürdige Erkrankung, die zur Vorsicht gegenüber kleinen Kindern mahnt, wird eine« Privatbriefe folgende Mittheilung entnommen: Der 4jährige Fritz F. war mit seinem 7jährigen Bruder allein zu Hause gelassen worden. Nachdem er die Lampe angezündet hatte, jagte der ältere Knabe dem jüngeren mit Schattenbildern eine so große Angst ein, daß er schwer erkrankte. Der Kleine bekomm! seidem oft Anfälle, in denen ihm die Schreckbtlder wieder erscheinen. Er geräth dann immer von Neuem in eine furchtbare Aufregung und Angst. Da diese Anfälle stet« ohne jede Einwirkung von Außen eintreten, so unterliegt es keinem Zweifel, daß die Schreckbilder den Geist des Kinde» verwirrt haben; man muß es deshalb einer Heil-Anstalt übergeben. Das muthmaßliche Schicksal Andrees hat der bekannte Meteorologe Dk. Niels Skholm, der im vorigen Jahre mit Andree die Fahrt nach dem Nordpol hatte unter nehmen wollen, in Stockholm in einem Vortrag behandelt. Nach den für Juli angestellten meteorologischen Beobachtungen könne man jetzt eine begründete Berechnung über die Rich- tung der Ballonreise anstellen. Der Ballon sei erst nach Nordwest, dann nach Nordost getrieben worden. Hieraus könne man schließen, daß erstens Andree dem Nordpol ganz nahe gekommen, und daß er zweitens in Franz Josefs-Land herabgestiegen ist, um dort zu überwintern. Ekholm meint, daß die dortigen Verhältnisse für eine Ueberwinterung sehr günstig seien. Ein verhängnißvoller Jrrthum. Ein LiebeS- drama, das uns aus Odessa gemeldet wird, erregt in der dortigen Gesellschaft innigste Theilnahine. Vor einiger Zeit machte der Sohn eines jüdischen Millionärs aus Kiew die Be-»
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