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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 29.06.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-06-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-192206299
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19220629
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19220629
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Riesaer Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-06
- Tag 1922-06-29
-
Monat
1922-06
-
Jahr
1922
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 29.06.1922
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Betriebe dürften nickt, wie der Ausschuß will, von der Meldepflicht gusaenommen werde». Abg. Esser lZ.): Da« (Neled sei »in geeigneter Unterbau für die kommende Arbeitslosenversicherung. Ein Monopol der öffentlichen Arbeitsnachweise würde »inen gesunden Wettbewerb verhindern, der nur nützlich wirken könnte. Bon den Ausschußbeschlüssen könne da« Zentrum nickt abgehrn. Die Einheitlichkeit in der Arbeitsvermittlung werde durch die Landerämter aewäbrleiitet. Da« Ersetz sei rin Jnstru- ment zur Herstellung de« WIrtschastafrieden«. Abg. RnssbSnser <U. So,.): Im Ausschuß habe eine büraerliche Mehrheit aeaen die Stimmen der Arbeiter parteien eine Vorlaae zustande gebracht, die durchaus nickt vereinbar sei mit dem neuen Kur« der Sammlung der republikanischen Arbeitnehmerschaft gegen den Feind, der rechts steht. Retck-arbeit-miuister VraunS: In de» Parteien, die die Ansschuhbeschlüffe gefaßt haben, sitzen auch republikanisch gesinnte Arbeiter. Abg. Rieseberg <D»at.): Ein Monopol für öffentliche Arbeitsnachweise würde unerträglich sein. Dem Handwerks» meister mutz die Möglichkeit aeaeben sein, sich die geeigneten Kräfte heranzuziehen. Die Lebrltellenvermittlung und die Berufsberatung müßten bei den Innungen und Handwerks kammern bleiben. Abg. Dr. Molt lDVv.): Die künstliche Schaffung eines Monopols der öffentlichen Arbeitsnachweise würde einer einheitlichen Regelung der Sache schaden. Redner stimmt den AuSschußbrschlüfien zu. Abg. Dr. Fuck (Dem.): Am Besten würde sich der Apparat de« ArbeitSnackweiSwesrnS völlig auf dem Boden der Selbst verwaltung ausbaurn. Wir möchten die au« den Organi sationen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer herausaewack« senen Arbeitsnachweise nicht beseitigen. Darum stimmen wir den AuSschußbeschlüssen zu. Die Häufung der vielen Instanzen sagt uns nicht zu. Wir werden jeder Verein fachung zustimmen. Ten Meldezwang lehnen wir ab. Abg. Schirmer (BVp.): Das Gesetz darf nicht zu einer Schematisierung und Bürokratisierung führen. Die Freiheit der Persönlichkeit muß unangetastet bleiben. Wir müssen Verwahrung dagegen einlegen, daß sich die Vertreter der ioz. Parteien als die alleinigen Arbeitervertreter auSgeben. Wir stimmen den» Gesetz im Ganze» zu. Abg. Malzalm «Komm.): Die Arbeiter werden die arbeiterfeindliche Tendenz des Gesetzes bald durchschauen. Die Weiterberatung wird auf Freitag 1 Ubr vertagt. (Außerdem Getreideumlage und kleine Vorlagen.) Gesetze znm Schutze »er Republik. Ter Reichskanzler bat vor den Trauerselerlicbkeiten im Reichstag den Führern der Koalitionsparteien Mitteilungen über den Inhalt des neuen Gesetzentwurfes znm Schutze der Republik gemacht. Die Beratungen über de» Gesetz entwurf werden noch diese Woche im Kabinett abgeschlossen, da das Gesetz bereits Anfang Juli im Reichsrat und Reichstag zur Verabschiedung kommt. Das Gesetz deckt sich im allge meinen mit den erlassenen Slnsnalnneverordnnngen des Reichspräsidenten, die damit zu dauernde» gesetzlichen Vorschriften umgestaltet werden. Eine Verschärfung lvon einigen Ländern beantragt) der Schutzmaßnahmen im Ver- ordnungswcge hat das Kabinett abgelehnt. — Nack einer späteren Meldung hat der Gesetzentwurf gestern nach drei Sitzungen das ReichSkabinctt passiert. Er wird heute den Ministerpräsidenten der Länder zur Kenntnis gebracht werden und hierauf an den Reichsrat und den Reichstag weitergeleitet werden. Forderungen der Linksparteien und Freigewerkschaften. In einer Sonderausgabe veröffentlicht der „Vorwärts" Forderungen, welche die drei sozialistischen Parteien ge meinsam mit dem Vorstand des Allgemeinen deutschen Gewerkschastsbundcs und des AfabnndeS an die Reicks regierung und den Reichstag gerichtet haben. Danach soll das Gesetz zum Schutze der Republik n. a. enthalten, ein sofortiges Verbot und strenge Bestrafung jeder monarchistischen oder antirepublikanischen Agitation in Wort, Bild und Schrift, Verbot und sofortige Auflösung aller monarchistischen oder antircpnblikanischcn Verbindungen, Verbot der monar chistischen Fahnen und Farben, sofortige Beseitigung aller monarchistischen Embleme an öffentlichen Gebäuden und AmtSbauteu, Bestrafung jedes Angriffes in Tat, Wort oder Schrift auf die republikanischen Fahnen und Farben, strengste Vorschriften zur Säuberung der Rcaiernngsstellen und Behörden, der Gerichte und Reichswehr von allen monar chistische» oder antircpublikanischen Elementen, Verbot des Waffentragens außerhalb des Dienstes, Verbot des Uniform tragens für ehemalige Offiziere, Untersagung weiterer Er nennungen zum Reserveoffizier, Einsetzung eines außer ordentlichen Gerichtshofes in Berlin, Schaffung einer Reicks exekutive, insbesondere einer Reichskriminalpotizei. Die Geltungsdauer des Gesetzes soll zunächst auf mindestens 2 Jahre festgesetzt werden. Ferner wird gefordert sofortige Amnestie für alle wegen politischer Vergehen Verurteilten, Amnestie auch für die anläßlich des Eisenbahnerstreik« zur Verantwortung Gezogenen. Ferner verlangt die Erklärung von den Gewerkschaften und Arbeiterparteien im Auslande ein« starke Einwirkung auf ihre Regierungen in der Richtung, daß die Entente von ihrer Gewaltpolitik gegen Las deutsche Volk, die den Nationalisten und Monarchisten immer neuen Agitationsstoff liefere, endlich ablasse. Die Getreideumlage. Die vorgestrigen Abstimmungen im volkswirtschaftlichen Ausschuß des Reichstages über die Getreideumlage haben, wie die Blätter fürchte», die Gefahr einer schwere« Krisis wieder näher gerückt, falls nicht ein neues Kompromiß gelingt. Der Reichskanzler hatte mit de» Parteiführern die Getreideumlage besprochen. Eine Einigung ist nicht erzielt worden. Tie interfraktionellen Besprechungen mit der Regierung sollten gestern fortgesetzt werden. — Laut „Vorwärts" beschäftigte sich die sozialdemokratische Reichs tagsfraktion Dienstag aben- in einer langen Sitzung mit der Frage der Getreidcumlage. Dem Blatte zufolge über- wog die Meinung, dass eine Verständigung nicht mehr zu erzielen sei und daß die Reichstagsanflösung damit unver meidlich sein werde. Die reueruugSzulage«. Im HauShaltsansschust deS Reichstage- stand gestern die Regierungsvorlage über die mit den Gewerkschaften vereinbarten Teuerungszulagen zur Beratung. Ange- nomine» wurde 81, wonach ab 1. Juni zum Grundgehalt di« Diäten und OrtSzusckläge, soweit diese Bezüge den Be trag von insgesamt 10 000 M. nicht überschreiten, 100"/,, ,1m übrigen 105°/, als TeuerungSzuschlag gezahlt werden. Zu den Kinderzuschlägen wird eine Teuerungszulage von 105°/, gewährt werden. Der Ausschuß bewilligte weiter die von der Reicksregierung ausgestellten Richtlinien betr. die Gewährung einer jederzeit widerruflichen Ministerial zulage an sämtliche Beamte der Reichsmtnisterien, de« Büro« de« Reichspräsidenten, des Reichstages, der Reichs- hinzlet, de» Rechnungshofes des Deutschen Reiches, des Retcksfinanzhofes, der Reichsgerichte und des Reichs- kommiffariats für die besetzten rheinischen Gebiete. Da« Gesetz über die Teuerungszulagen soll mit dem Tage seiner Verkündung in Kraft treten. Damit wird die Reich«- rrgierung in die Lage versetzt werden, die Auszahlung der Mehrbeträoe mit größter Lieschleuniauna vorzuuebmen. Der UukevSattdel»««»s»uh der AÄtzen-andelSftelle Mr de» DrdoriH»»del bildete in feiner letzten Sitzung Kommissionen, welch« bi« Herabsetzung des Devisrnablteferungssoll« der Firmen des Exporthandels, die Vereinheitlichung der Vorschriften über die valutafaktueiernng, die Stellung der Einkaufskommissionäre unter dem System der Anssubrkontroll«, dl« Behandlung der Firmin mit eigene« Niederlassungen im Ausland sowie dir Frag« der Verlängerung «lnmal erteilter Ausfuhr- bewillignngen unter dem Gesichtspunkte der Wahrung der Vertragstreue prüfen sollen. Der Mangel an Einheit- lichkeit iu den Bestimmungen über die AuSfubrkontrolle wurde lebhaft besprochen und beklagt. Anstell« des als Reichsbevollmächtigten aus der Autzenbandelssiell« aus- scheidenden Reichstagsabgeordneten Brüningbaus wurde Rechtsanwalt Dr. d'Oleire, Berlin, »um Neicksbevoll- mächttgten der Außenhandelsstelle für den Exporthandel gewählt und inzwischen vom Reichskommtffar für Aus- und Einfuhrbewilligung in seinem Amt bestätigt. Die Do«fere»z im Haar Die Nnterkommisston für die Schulden hatte gestern ihre erste Zusammenkunft nut der russischen Abordnung. Nach der Eröffnung der Sitzung sagte der Vorsitzende Alp Hand, cS handele sich um eine Ver sammlung von Sachverständigen, bel der die Politik aus geschlossen sein solle. Er betonte, baß gerade tue Fran zosen großes Interesse für die Schulden hätten. Dieses Jntereise sei aber kein kapitalistisches Interesse, sondern das Interesse der Arbeiter und Bauern, tue ihr Bargeld der russischen Regierung anoertraut hätten. Litwinow jagte darauf, politische Umstände hätten bisher erne Lösung der Frage verhindert. Er cnnnerte an tue Konferenz von Genua, wo hinsichtlich einiger Punkte Uebereinstimmung erzielt worden sei. Genua habe Erfolg gehabt l» der Frage der Schulden und man solle vie Arbeiten da fortsetzen, wo man sic unterbrochen habe. Man verlangte Auskunft über den russischen Etat, was Litwinow aber ablehnte. Alphand teilte darauf mit, daß ore russische Kommission die Auskunft brauche, wenn sie untersuchen solle, ob Ruß land ein Moratorium und andere Erleichterungen erhal ten könne. In der weiteren Aussprache betonte Alvhand, daß man Rußland bereits in Genua ein Moratorium ver sprochen habe. Formelle Vereinbarungen seien aber nicht gemacht worden. LiltonBoung sagte darauf, dte Ver sammlung sei doch eine Zusammenkunft von Sachverstän digen, die verpflichtet seren, auf» den Vereinbarungen, die ihre Regierungen in Genua getroffen Hütten, zu be stehen und die diese Beschlüsse nicht ändern könnten. Die Sache sei aber die, daß keine formellen Vereinbarungen getroffen worden seien. Er schlage vor, daß der russische Ausschuß seine Auskunft in einer allgemeinen vorläu- figen Formel geben solle, während die nicht-russische Kommission Taten geben solle über den Betrag der russi schen Wertpapiere, die sich in den verschiedenen Staa ten befinden. Älphand erklärte sich mit dreiem Vorschläge einverstanden, worauf die 'Sitzung vertagt wurde. Tie russische Delegation wird am Freitag den Wün schen der nicht-russstchen Unterkommission entsprechen und ein Schema der von Rußland verlangten Kredite vorlegen. TaS Schema war schon in Moskau ausgearbellet und nennt besonders die Kredite für du verschiedenen Betriebe, die am notwendigsten sind. Wie verlautet, wird Krassin Anfang nächster Woche erwartet. Der «eue Kriegsbeschuldigtenprozetz. Vor dem Reichsgericht in Leipzig begann gestern der neue KriegSbeschuldigtenvrozeß gegen den Sveziatarzt für Frauenkrankheiten Dr. Oskar Michelson au« Berlin-Wil mersdorf, der von der französischen Regierung beschuldigt wird, hauptsächlich in den Jahren 1917 und 1918 in den Lazaretten Effrp und Thrslon kranke Kriegsgefangene miß handelt oder deren Mißhandlung geduldet und ferner in mehreren Fällen den Tod von Kriegsgefangenen durch fahr lässige Behandlung verschuldet zu haben. Außerdem soll er sich Unterschlagungen zu Ungunften der französischen Bevölkerung haben zuschulden kommen lassen. E« sind 34 deutsche und 14 französische Beugen geladen. Letztere sind nicht erschienen. Auch eine französische Kommission ist nicht anwesend, ebenso fehlen französische Pressevertreter. — Der Angeklagte, der sich bei Kriegsausbruch freiwillig als Arzt zur Verfügung gestellt bat, meist darauf bin, daß ihm von angesehenen französischen Zivilpersonen für die aus gezeichnete Behandlung Dank ausgesprochen worden sei. Er schilderte die unzulänglichen Einrichtungen in den nord französischen Lazaretten und die schwierigen sanitär«» Ver hältnisse, doch sei es ihm durch seine strengen sanitären Maßnahmen, deren Notwendigkeit freilich von der franzö sischen Zivilbevölkerung nicht immer eingesehen worden sei, zum Beispiel gelungen, in Dizy-le-Gro« den Typhus, der soviel Opfer gefordert hat, fast zu beseitigen. Tagesgeschichte. Deutsche» Reick. Vom Landtag in Thüringen. In der LandtaaSfitzung kam es bei der Besprechung der Interpellation der Kommu nisten zu großen Lärmszenen. als der Abg. Herfurth (Dnat.) sprechen wollte. Da die Szene in Tätlichkeiten auSzuarten drohte, unterbrach der Präsident die Sitzung auf eine halbe Stunde. Nach Wiederaufnahme dec Sitzung gab d«r Minister des Inner» die Maßnahmen der Regierung zum Schutze der Republik bekannt. Ausschreitungen in Frankfurt und Heidelberg. Der Frankfurter Zeitung zufolge besetzten gestern früh Aus ständige die Jabrikeingänge der wegen des Streik« der Techniker und Werkmeister stillgelegten Adlerwerke in Frankfurt und nahmen eine drohende Haltung an. Der kaufmännische Direktor Wiegand flüchtete mit seinen Kollegen Über einen Bretterzaun, er erlitt hierbei «inen Herzschlag und brach tot zusammen. Wiegand war seit 30 Jahren bei den Adlerwerken tätig. — Wie die Frank furter Zeitung aus Heidelberg meldet, ereignete sich dort vorgestern nachmittag ein ernster Zwischenfall, al« dir Nobelpreisträger Geheimrat Lenard gegen die Anordnung de« Rektors im Radiologischen Institut der Universität seine Vorlesung hielt. Andrängende Arbeitermassen wurden aus Hydranten bespritzt und von Studenten mit Steinen beworfen. Als Geheimrat Lenard nebst einigen Studenten verhaftet war, drängten ihnen dte Arbeitermaffen über die Neuenhrimer Brücke nach und drohten, sie in den Neckar zu werfen. Die Verhafteten wurden in da« Gewerkschaft»- hau« und dann in da« GerichtSaefängni« gebracht. Erst gegen 10 Ubr abends verliefen sich die Massen vor dem Gefängntstor. N««e Zwischenfälle in Hamburg. In Elmshorn kam es Dienstag abend nach Beendigung der Demonstration aus Anlaß ve» Morde« au Rathenau, an der etwa 8000 Personen teilnahmen, zu mehreren Zwischenfällen. Einig« unge Leute, die durch das Verhalten einer Anzahl Schüler herauSgefordert worden sein sollen, drangen in du Bismarck- chule und das Lyceum ein, rissen dort die Bilder von Heer führern und andere Gemälde von den Wänden, vernichteten st« und warsen sie aus dem Fenster. Au« dem Lyceum wurden außerdem zwei schwarz-weiß-rote Fahnen Heraus geholt und zerrissen. Teilnehmer au dem Demonstration«- zuwe drangen auch in das Privatkontor de« Verlegers der I »Vlmsborner Nachrichten" ein. Sie verlangten dte Heraus- «kanzlei ist iskommiffars gäbe von KaiserLikbern, dk« sie »enM« »»h auf dl« Hi warfen. Außerdem wurde das Personal einiger. Vc gezwungen, die Geschäftsräume zu verkaffen. Dl« Gesch folgendes Telegramm des russischen Volk« Tschitscherln «lngelaufen: K«f erschüttert durch dl« schreck- lich« Nachricht von dem abscheulichen Verdrecken und dem tragischen Ableben meine» persönlichen Freunde« und be deutenden Staatsmann,«, der normale deutsch-russische Be- ziehungen andahnte, bitte ich der schwer geprüften Mutter und der ganzen Familie Dr. Rathenau« meinen tiefsten Schmer» auszusprechrn. Mit unseren deutschen Freunden fühlen wir nn« in dieser Stunde noch näher. Drohbrief an den hessischen Minister Ullrich. Minister Ullrich erhielt «inen Drohbrief au« Mainz de« Inhalt«, di« Organisation habe ihm als nächsten da« gleich« Schicksal bestimmt, wie e« Rathenau widerfahren sei. Der daurische Landtag beschäftigte sich gestern in Anwesenheit der Regierung mit den Interpellationen der bayrischen volkspartei und der bayrischen Mittelpartei, in denen eine Erklärung der GtaatSregtemng über die Stellung zur Verordnung der Reichsregierung vom 24. ds. Mt«. über den Schutz der Republik ««fordert wird. Al» der »weite Interpellant Dr. Hilpert die Interpellation der Mitte'partei begründete und seine Rede mit einer Verur teilung des politischen Morde» einleitete, fielen lebhafte Zwischenruf« vo» der äußersten Linke». Die Sozialisten und Kommunisten verließen gemeinsam den Saal. Minister präsident Graf Lerchenfeld sagte u. a.: Die bayrische Regie- rung erkennt an, daß in der Verordnung die Zuständigkeit für di« Erlassung polizeilicher Maßnahmen primär den Landesbehörden überlassen und damit berechtigten For derungen Rechnung getragen wird. Die« gilt namentlich auch für die Erlaubnis und da» Verbot öffentlicher Ver sammlungen. Aber dadurch, daß in der Hauptverordnung sekundär der Reichsminifter des Innern berechtigt ist, seinerseits solch« Maßnahmen zu verlangen, und über eine solche Verordnung endgültig der StaatSgerichtShof zu ent scheiden hat, ergibt sich im ganzen eine Verschlechterung gegenüber der früheren Verordnung, wonach der Reichs- ratSaussckuß zu entscheiden hatte. Die bäurische Regier«»« kau» sich mit dem Inhalt der Haupwerordnuu, daher nicht einverstanden erklären. Ts bandelt fick, fuhr Graf Lerckenield fort, um Ausnahmebestimmungen, die nach der ausdrücklichen Erklärung des Reicksjusttzminister« im Reichs tage gegen Rechts, also gegen einen bestimmten Teil de» deutschen Volkes gerichtet sind. Ausnahmebestimmungen haben erfahrungsgemäß etwas Bedenkliches und sollten möglichst bald verschwinden. Nun soll die Hauptverordnung zum Schutze der Republik bald von einem entsprechenden Gesetze abgelöst werden. E» ist klar, daß die gegen di« Verord nung bestehenden Bedenken in verstärktem Maße für das Gesetz zutreffen würden. Die bayrische Regierung kann deshalb verlangen, möglichst bald über die geplanten Vor schriften unterrichtet zu werde». Sie wird hierbei wie bis her mit den Regierungen der anderen Länder ihren Stand- punkt nachdrücklich vertreten. Der Reichskanzler hat für L«n 29. eine Besprechung der Ministerpräsidenten zu diesem Zwecke einberufen. Wenn überhaupt Vorschriften erlassen iverden, so müssen sie den Titel »Schutz der Verfassung" tragen. Dann könnten alle Bürger hinter solche Vor schriften treten, die geetgnet sind, AuSwücks« der politischen Hetze und Lüge zu bekämpfen. Wir wünsche», daß die Ur heber de« feigen politischen Morde« ihre gerechte Strafe finden. Di« Regierung bat aber die ernste Pflicht, Ruhe und Ordnung sowie die verfassungsmäßigen Zustände in Bayern aufrechtzuerhaltea und dafür zu sorgen, daß die ge sicherte Entwickelung unserer staatlichen Zustände von keiner Seite «ine Beeinträchtigung erfahren. (Beifall recht«.) England. I« Dublin wird bestt« gekämpft. Di« freistaatlichen Truppen machten aufs Hauptquartier der Aufständischen mit Mörsern und Schnellseuergeschützen einen Angriff. Die Aufständischen erwiderten das Feuer. ES soll viele Tote gegeben haben. Die Regierung des Freistaates hat die Nachrlchtenzensur eingrführt. Die Mörder Ratheaacis ermittelt. Eine amtliche Mitteilung b«S Berliner Polizeipräsi diums besagt, daß Ler Mord a« Rathenau aufgeklärt ist, nennt die Ra««» der Mörder und gibt ihr genancö Signalement. Dio Täter sind der Berliner Ernst Werner Tacho«, der Sachse Fischer, auch Bogel genannt, und der Mecklenburger Knauer, auch Körner «nd Ser« ge nannt. Alle drei gehöre« der Organisatio« 6 an «nd waren früher «ngchsrige der Brigade Ehrhardt. Mehrer« der Mittäterschaft überführte Personen wnrde« bereits fest, Nach dieser amtlichen Darstellung hat Techow Berlin am Sonntag abend in Richtung «ach Halle verlassen, während die beiden an-«ren im Laufe de» Dienstages nach Norden fuhren. Da Ne «ach den polizeilichen Ermittlungen ohne größere Geldmittel und auch ohne Püffe waren, ist zu erwarten, daß sie Deutschland noch nicht verlassen haben. ES werde« zahlreiche Einzelheiten über die Hilfsmittel der Mörder bekannt, von denen vorerst nur gesagt werden kann, daß für sie und für die Tat selbst hohe Geldsummen zur Verfügung standen. Dte Summen waren vo» hoch gestellten Persönlichkeiten zur Verfügung gestellt worden. Dte Fäden der Verschwörung ziehen sich weit über Berlin hinaus «nd reichen bis «ach Süddeutschland, wo sie tn den Kreisen einer Geheimorganisation zusammentreffen. DaS Polizeipräsidium teilt weiter mit: Der Kraftwagen, der von -en Mördern deS Außenministers Rathenau ver mutlich bei der Ausführung der Tat benutzt wurde, ist von der Berliner politischen Polizei ermittelt und slchergestellt worden. Wie die „Voss. Ztg." von dem Letter der politischen Polizei, Oberregterungsrat Dr. Weiß, über die Ermittlung der Mörder Rathenaus erfährt, verfolgte dte Polizei seit Dienstag nacht eine Spur. In der Nacht vom Montag zum Dienstag wurde bereits im Westen Berlins ein Teil nehmer an der Mordverschwürung verhaftet. Durch die Aussagen dieses Manne» und durch das Material, da» man bet ihm fand, wnrde die Polizei auf eine Spur gewiesen, die sich al» richtig herauSgestellt hat. Nach einer Fernsprechmeldung von heute nachmittag wnrde einer de« Mörder deS Reichsminifter» Rathenau, der LljShrige Ernst Werner Techow, heute vormittag in der Nähe vo« Frankfurt a. O. verhaftet. SS ist derjenige, der da» Aut, gesteuert hat. vertlicheS nn» Sächsisches. Riesa, de« 2S. Juni 1922. —* Kirchliches. Am 4. Juli d. I. werden «s 28 Jahre, daß die hiesige Trinitatisktrche geweiht und in Gebrauch genommen worden ist. Aus dlefrm Anlaß findet nächsten Sonntag, vorm. 9 Ubr, in ihr ein Fest- gottesdienst statt. Der Gottesdienst in der Kloster kirche fällt an diesem Lage aus. —* Gestohlen wurde am 25. Juni früh '/,2 Uhr auf der Straße tn Niederlommatzsch rin älteres Lamenfahrrad mit ziemlich neuen Mänteln, Wert 1000 Mark, Nr. und Marke unbekannt. Der Täter ist ca. 80 Jahr« alt und 1S8—170 Zentimeter hoch, war ohne Kopfbedeckung und trug braunen Anzug, Wadenstrümpfe, blauen Schlips, ichwarze« kurze« Haor. schwanen Schnurrbart. Er hat von
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