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Beilage zum „Riesaer Tageblatt 48. Aatzrg SS8 Dienstag, 17. Tecember I8S5, AbenvS K - -L L N K sagte er. „Er wird Bcdiilgaagcn siellc», ein großes Ber- mvgcn habe icb nicht, er wird Garantie» für Deine Zukunft fordern, ich kann sie chm nicht geben." „Liese Garantien bringe ich als Moegengabe in die Ehe init," erwiderte sie in zuversichtlichem Tone, „mein vermö gen kann mir mein Baler nicht voreuthnllen. Bielleicht bietet er Dir die Teilhaberschaft in seinem Geschäft au." „Ich würde darauf eingehen." „So überlasse es mir, ihn zu diesem Anerbieten z» be wegen, durch dasselbe würden unsere Beziehungen zn einander geordnet und sicher gestellt. In diesem Hanse ist Raum genug für uns Alle, Dein jetziges Geschäst konntest Du ja einem An der» übertragen, Du wirst dadurch nichts verlieren." „Und wenn nun Dein Bater seine Zustimmung verwei gerte ?" fragte er besorgt. „Daun würde ich ihn verlassen, um Dir auf immerzu fol gen !" Ein Zng der Befriedigung glitt über das Antlitz Firmer's, er erkannte jetzt, daß er seinen Zweck voll und sicher erreicht hatte. „Ich hoffe, dieses Opfer wird unnöthig sein," sagte er, „Deinem Glücke wird der alte Herr ja nicht eutgegentreteu wollen." „Wer?" fragte die heisere Stimme des Agenten, der unbe merkt cingetretcn war. Firmer fuhr erschreckt von seinem Sitze empor, aber Marie behauptete ihre Fassung, sie schob ihren Arm in den ihres Berlobten und ging lächelnd ihrem Bater entgegen. „Wir bitten nm Deinen Segen, Bater," sagte sie mit theatralischen! Pathos. „Unsere Herzen haben sich in dieser Stande gesunden —" „Unsinn!" fiel er ihr ärgerlich in's Wort. „Du bist kein Kind mehr, Marie, und doch scheinst Du Dich als solches noch zu betrachten. Sei vernünftig!" Das Lächeln war von ihren Lippen verschtvimden, die jetzt ein Zng der Gereiztheit nmzuckte. „Gedulde Dich einen Augen blick," flüsterte sie ihrem Verlobten zu, dann gab sie ihrem Bater einen Wink, und ohne jede Widerrede folgte ihr der Letztere in das Nebenzimmer. U A N so Nßebreschtcht«. Deutsches Welch. Der Keifer wird seine Steife von Hamburg nach Wildpark auf kurze Zeit iu Krirdrichüruh unterbrechen, um daselbst de» Fürsten Bismarck einen Besuch abzustatten. Die Ankunft in Wildpark erfolgt au» diesem Grunde etwa zwei Stunden später. — Hierzu wird »»»gestern au« Friedri ch«,uh n»ch berich- tet: Der Kaiser traf um ü Uhr hier ein. Der Sonderzug hielt vor de» Schlosse. Fürst Bismarck in der Uniform und mit dem Hel» seiner «ürasstre empfing in Begleitung de« Grafen Rantzau und Professor Schweninger den Kaiser am Bahugleise, dankte Allerhöchstdemselben für die Einkehr in Friedrichsruh. und geleitete den Kaiser nach Vorstellung des Gefolge» zum Schlosse. Da» Befinden de» Fürsten Bismarck soll neuerdings ganz vortrefflich sein. Der nationalliberale Reichstagsabge ordnete Dr. Bürklin, der frühere zweite Vizepräsident des Reichstag», ist am Freitag auf einen halben Tag Gast des Fürsten in KriedrichSruh gewesen. Die Gegner de» Jmpfgesetzes verbreiteten neuerdings . in der ihnen zur Verfügung stehenden Presse eine Mitthei lung, wonach der Sohn eines Zimmermeisters in Bamberg an den Folgen der Impfung schwer erkrankt und nach einiger Zeit gestorben sei. Da« kaiserliche Reichsgesundheitsamt ist diesem Falle nachgegangen und konnte mit Hilfe des Bam berger Stadtmagistrates feststeUen, daß jenes Kind am S. Mai d. I. geimpft wurde, und zwar mit Erfolg, worauf die Impfung einen regelrechten und guten Verlauf nahm. Unabhängig von der Impfung, erkrankte der Knabe 4 Mo nate später am Skorbut und starb an dieser Krankheit am 22. September. Ein Zusammenhang zwischen der Impfung und dem Skorbut ist weder erwiesen noch erweisbar, noch auch nach Lage des ganzen Falles irgendwie anzunehmen. Von einer reichsgesetzlichen Regelung des Jrrenwesens scheint bi» auf Weiteres Abstand genommen zu fein. Dafür scheint wenigstens die Thatsache zu sprechen, daß verschiedene Einzelregierungen neuerdings eine Verbesserung de» Irren wesens in die Hand genommen haben. So hat die bayerische Regierung, nachdem sie bereits vor Kurzem das Verfahren bei der zwangsweisen Unterbringung gemeingefährlicher »der für die öffentliche Sittlichkeit anstößiger Geisteskranker neu geregelt hatte, neuerdings Bestimmungen zur Sicherung der rechtzeitigen Entlassung beim Wegfall der Ursachen der Zwangsunterbringung erlaffen und eine Revision der Sta tuten der Kreisirrenanstalten in Angriff genommen. Diese Revision bezweckt den Ausschluß ungerechtfertigter Aufnahmen und Zurückhaltungen von Pfleglingen einen entsprechenden Rechtsschutz für dieselben während des Aufenthaltes in den Anstalten und die Beaufsichtigung der Anstalten durch die Kreis regierung und das Staatsministeriu« unter Zuziehung von Sach verständigen. Endlich sind auch die gesammten Verhältnisse der Privat-Jrrenanstalten einer Neuregelung unterzogen worden. Die Meldung der „Times", die deutsche Regierung lehne im Prinzip ab, Zia Pascha als türkischen Botschafter in Ber lin zu acceptiren, weil sie vorher die Pforte von ihrer Zu- stimmung zur Ernennung Turkhan Paschas für diesen Posten in Kenntmß gesetzt hatte, wird auch der „Nationalztg." von wohlunterrichteter Seite bestätigt. Es darf nun abgewartet «erden, wie die türkische Regierung ihr den Vorschriften der internationalen Höflichkeit widersprechendes Verhalten wettmachen wird. Nach einer mit Vorsicht aufzunehmenden Meldung eines Münchner Blatte» au» angeblich verläßlicher Quelle soll noch Jer Untreue MergLl'imrg. RomanvonW ladimir v.Dombrowski. 14 „Weshalb nicht? Weil ich nichts sosehr fürchte, wie einen Korb, mag er anch noch so zart geflochten sein." „Wie Sie nur so reden können? Haben Sie nicht ein blü hendes Geschäft? Welche Dame wollte einem Manne Wie Ihnen, eine» Korb geben?" „Ist das Ihre ehrliche, aufrichtige Meinung?" fragte er, indem er ihre Hand erfaßte, die sie ihm willenlos überließ. „Ich sehne mich nach einer solchen geniüthlichen Häuslichkeit, ich würde die Gattin, die sie mir verschaffte, uns den Händen tragen und ihr dankbar sein für das Glück, das sie mir berei tet. Wo aber finde ich ein Wesen, das nur Vertrauen schenkt?" Ihre Hand zitterte in der seinigen, sie schlng die Angen zu ihm auf und sah ihn nur eine Secuude laug mit einem un aussprechlich sehnsuchtsvollen Blick an. „Sie antworten mir nicht, Marie?" fuhr Firmer leise fort. „Sie müssen mir antworten, ich bin schon zu weit ge gangen, um jetzt noch mich znrückziehen zn können. Wollen Sie mir vertrauen nud fortan an meiner Seite durch das Leben wandeln? Wollen Sie mir das süße Glück einer eige nen traulichen HänSlichkeit schaffe», Marie?" Sie schlang ihre langen, mageren Arme liebevoll um seinen Nacken. „Bester Manu!" flüsterte sie. „Du willst mein sein, Marie?" „Für Zeit und Ewigkeit!" Erzog sie an sich und küßte sie ans die schmalen, farblosen Lippen, und rin unsagbar zärtlicher Blick belohnte ihn dafür. „Ich hätte mir nimmer träumen lassen, daß ich noch einmal so glücklich werden könnte," sagte sie, „ich liebte Dich längst, aber kein Wort und kein Blick von Dir verrieth mir, daß Du meine Liebe erwidertest." „Weil ich fürchtete, einen Korb zu erhalten, ich hatte ja kein« Ahnung von Deiner Liebe. Und dann — Dein Vater, wenn er seine Zustimmung nicht gäbe —" „Er mnßi" -Hm, so pegeSgewiß möchte ich da» nicht behaupten," Blunn 730. Firmer drehte gedankenvoll an den Spitze» seines Schnurr barts, die Auluwrt Bollmar'S hatte ernste Besorgnisse iu sei ner Seele geweckt. Daß der Agent die Gründe seiner Werbung durchschallen, könne, unterlag sür ihn keinem Zweifel, und sehr lauter waren, diese Gründe nicht, darin eben lag für ihn die Gefahr, so nähr aui Ziel eine Niederlage zu erleiden. Aber auf der anderen Seite rechnete er auch mit einiger Zuversicht auf den Wunsch des alternde» Mädchens, endlich unter die Haube zn kam neu, und da er die Macht kannte, welche Marie über ihren Bater besaß, so erwartete er mit ziemlicher Ruhe das Ende der Unterredung, in der über seine Zukunft entschieden wurde. Diese Unterredung war sehr rasch beendet, der Agent er schien auf der Schwelle des Zimmers und ersnchle den Ver lobten seiner Tochter, einzntreten. Marie war verschwunden, sie schien eS für rathsam ge- halten zn haben, de» ferneren Verhandlungen nicht beizu wohnen. „Nehmen Sie Platz," sagte der hagere Herr, auf «inen Stuhl deutend, „wir wollen ruhig und vernünftig über die Angelegenheit reden. Ihr Geschäft geht wohl den Krebsgang, nicht wahr?" „Wer jagt das?" fragte Firmer trotzig. „Ich, und Sie werden eS nicht leugnen könne». Ich weiß nicht, ob Sie zu ehrlich gewesen sind, oder ob Sie sich in Un ternehmungen eingelassen habe», die Ihnen an der Börse das Vertrauen «ntzvgen, ich weiß nur, daß Sie vor dem CoucurS stehen." „So schlimm ist «S noch nicht —" „Na, dann ist «S doch nahe daran, und Sie hoffen nun, daß ich Sie retten werde." „Herr Vollmari" „Machen wir un» gtgenseitig nicht» weiß, bester Frennd, ein erfahrener Mann, wie ich, läßt sich so leicht nicht täuschen. Die Hoffnung auf Rettung war der einzige Grund Ihrer Werb ung —" 24, lS „Da» bestreite ich mit aller Entschiedenheit," unterbrach diese« Landtage ein Gesetzentwurf wegen Uebetraaung der Königswürde auf len Prinzregenten zu,ehe». Diese« Ent wurf ließe eine Denkschrift de« Ministeriums »it de« Ur- theile deutscher juristischer Fakultäten bei, welche iu großer Mehrheit sich bejahend über die Möglichkeit einer Verfaffung«- änderung unter der Regentschaft ausgesprochen haben sollen. Die Agnaten des Königshauses sind einverstanden. Die Königswürde soll am Tage der zehnjährigen Uebernahme der Regentschaft auf den Regenten, also am 10. Juni 189», übergehen. Dem Reichstage sind der Entwurf eines Gesetze», betr den Verkehr «it Butter, Käse, Schmalz und deren Ersatz mitteln, und der Entwurf eines Gesetze«, betr. Aenderungen nud Ergänzungen des GerichtSverfossungSgesrtzeS und der Strafprozeßordnung zugegangen. Die im letzteren Gesetz entwürfe r orgeschlozenen Aenderungen beziehen sich 1. auf die Einführung der Berufung gegen die Urtheil« der Straf kammern in erster Instanz; 2. die Entschädigung unschuldig Verurteilter und in B-rbtudung damit die Einschränkung des Wiederaufnahmeverfahren«; 3. die Aufhebung einiger der zu« Ersätze für die «angelnde Berufung eingeführten soge nannten Garantien des Verfahrens; 4. die Ausdehnung des Kontumazialverfahrens; 5. veränderte Vorschriften über die Beeidigung der Zeugen; 6. die Einführung eine« abgekürzten B rfahrens für gewisse, eine schleunige Behandlung erheischen w Straithaten; 7. Veränderungen rn der sachlichen Zuständigkeit der Gerichte. Freiherr von der Recke, der die Leitung des Ministeriums des Innern bereits übernommen hat, gedenkt, sobald der Reichstag und der Buntesralh in die Ferien gegangen sind, einen Urlaub anzutreten, nm seine Ueberfiedelung von Düsseldorf nach Berlin zu erledigen. Herr von der Recke dürfte die Amtswohnung im Ministerium des Innern gleich nach Neujahr beziehen. Vom Reichstag. Gestern beschloß man zunächst die Aussetzung des gegen den Abg. Lütgenau (svjb.) schwebenden Strafoersahrenr uno trat sodann in die erst« Lesung de« Gesetzentwurf«, betreffend die Errichtung von Handwerker- kammern, ein. Staatsministcr v. Bötticher betonte, es sei die ernste Absicht der verbündeten Regierungen, dem Be- dürfniß nach einer zweckmäßigen Organisation des Handwerks näher zu treten. Die Gerüchte über angebliche Differenzen zwischen de« Redner und dem preußischen Handelsminister Freiherrn v. Berlepsch seien völlig unbegründet. Beide hätten an eine« Strang gezogen, und sie würden dies auch ferner thun, wenn es sich um die definitive Organisation des Hand werks handeln werde. Daß in dieser Frage überhaupt keine Differenzen bestünden, gehe daraus hervor, daß die verbündeten Regierungen einmüihig die vorliegenden Vorschläge machten. Die definitive Regelung der Organisation des Handwerks werde nachfolgen; eine bezügliche Vorlage werde vielleicht Mitte März dem Hause zugehen. Wenn der vorliegende Entwurf nicht die Zustimmung des Reichstags erhalte, so würde die Regierung dennoch die Arbeiten fortsetzen und dem Hause im nächsten Jahre eine Vorlage machen. Abg. Hitze (Ctr.) hält den Gesetzentwurf nicht für annehmbar, freut sich aber, daß bei dem Scheitern der Vorlage die Organisationsar beiten fortgesetzt werden sollen, und beantragt, den Entwurf einer Komumsion von 21 Mitgliedern zu über weisen. Abg. Gamp (Reichsp.) hält, da es sich nur um - Annahme einer Resolution handle, eine Kommissionsberathung nicht jür nothwendig. Staatsminister v Bötticher führte ? aus, es möge in der Kommission ein Weg zur Verständigung gefunden «erden, da nicht nur in Preußen, sondern auch in Meteorologisches. VUrxrlhe!» von S». Nathan, Optiker. A> Barometerstand Mittags 12 Uhr sehr trocken 770 Beständig schön Schön Wetter Veränderlich 750- Regen (Wind) Biel Regen 740 anderen Bundesstaaten ein Verlangen »ach einer Organisation de» Handwerk» bestehe. Abg. Krtzr. Heyl zu Herrnsheim (natlib.) »Ul die v»rlage in dieser Gestalt nicht annehmen. In demselben Ginne sprachen sich die Nbgg. Reißhiu« (sozd ), Jakobskötter (kons.), Fischbeck (freis. Bolkßp.), Vktirbe (Ctr.), ». Wolszlegier (Pole) und Jßkraut (dtschsoz. Re» au«. — Nächste Sitzung Dien«taß 1 Uhr: Fortsetzung der heutigen Berat Hang; erste Lesung der Börsen- refor» und mehrere kleine Vorlagen. Türkei. In Konstantinopel eingetroffene Mittheilungen au« privater Quelle, sowie Konsularberichte bestätigen, daß die kleinastatischen Lilajet«, die in der jüngsten Zeit der Schau platz von Unruhen waren, »on eine» außerordentlichen Noth- stand hei«gesucht werden. Der Ausbruch einer HungerSnoth soll diesen Darstellungen zufolge in einigen dieser Provinzen unausbleiblich sein. In jenen Gebieten, wo alle Habe der armenischen Bevölkerung geraubt oder vernichtet wurde, sterben schon jetzt Viele vor Hunger. Eine Hilfsaktion de« Auslände« in größerem Maßstabe scheine als dringend ge boten. Fall- nicht rascher und umfassender Beistand gewährt »erde, so sei, wie einige der erwähnten Nachrichten betonen, vorauszusehen, daß während des heurigen Winter» in den bezeichneten Bilajets zwei Drittel der armenischen Bevöl kerung zu Grunde gehen werden. Der Konstantinopeler -Sonderberichterstatter der „Daily News" schildert in einer vom 14. Dezember datirten Drahtung die Weise, in der den Christen Kleinasiens der Islamismus aufgedrungen wird. Tausende von Armeniern schwören ihren Glauben ab, um ihr Leben zu retten. Wer sich weigere, müsse sterben; gleichwohl ziehen viele den Mättyrertod vor. In Marasch wurde einem Armrnier, der die Weihe als Geistlicher der anglikanischen Kirche erhalten, die Wahl zwischen Bekehrung und Tod gelassen. Er wählte den Tod und wurde langsam zu Tode gefoltert. In Kharput erlitten zwei protestantische Prediger und ein syrischer Priester den Märtyrertod. In Jschme hatte eine Anzahl Armenier Zu flucht in der gregorianischen Kirche gesucht; sie wurden einzeln herausgeführt und aufgefordert, zu wählen zwischen Bekehrung und Tod. 52 starben als Märtyrer, darunter' der greise protestantische Pastor Krikor. In Usun, unweit Jschme, wurde eine große Menge Armenier gefangen zc- nommen und nach einem benachbarten türkischen Dorfe ge führt, um gezwungen zu werden, den Glauben zu wechseln. An einem Punkte, wo die Landstraße am Flußufer entlang läuft, stürzten sich 55 ins Wasser und ertranken, währeno die Türken vom Ufer auf sie feuerten. In Hosch (?) wurden 85 in dieser Weise getödtet, deren Frauen und Kinder nach ! mohammedanischen Häusern gebracht. Tausende von jungen ! Frauen und Mädchen schmachten in türkischen Harems.