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1. Beilage zum „Riesaer Tageblatt". Rot»tt»«»di«ck «ab Beriaq »o« Langer t WlnterNL U» Rlel«. — Für dl» Redaktion «erantwortllld: Hermann Schmidt in Riei». 267. Dienstag. IS. November 1909. abends. SS. Andre. Zn« Bußtag. Scham Lier ttch, sch«, zu de« Hter-ev auf, V« de»e« deine Kiffe Lammt r Kier m»1e« Ist da» «Laad der KrSueu, Viel S»He«, Seufze«. Arre«, Wähne« — Schau üker dich! Schau LLer dich! Aemr Sier dir Ist'» -eh Nie ew'ge So««e keuchtet dort; Kter «ute« geyst du duuike ^fade, Noch Söer dir stehl chatte» chuade — Schau LLer dich! Schau LLer dich! Ser Kimmel ist fa fern, Sach deinem chkauve« ist er «ah! Nu mußt «ach i« der Tiefe keße«. Noch soll dein Kerz «ach ave« fireve« — Scha« über dich! -k- E. Fischer. Bo« Landtag. )»( Die Zweite Kammer hielt gestern nachmittag 2 Uhr ihre zweite öffentliche Sitzung ab, die nur von sehr kurzer Dauer war. Auf der Tagesordnung stand die all. gemeine Borberatung über da» Dekret Nr. ö, betreffend einen Gesetzentwurf wegen der vorläufigen Erhebung der Steuern und Abgaben im Jahre 1910. Der Vorsitzende der Finanzdeputatton Abg. Hähnel (Kons.) beantragte, da» Dekret zur Vorberatung der Ftnanzdeputatton zu überweisen. Ohne Debatte beschloß die Kammer dem An. trage gemäß und vertagte sich alsdann auf heute vormittag 10 Uhr. Tagesordnung: allgemeine Vorberatung über daS Dekret Nr. 8, betreffend den Personal, und Besoldungsetat der LandeSbrandverstcherungSkammer. LaudtLgsuachrichtett. Dekret über die verg-esetzgev«vg. Dem Landtag ist am Montag «in umfangreiches Königliches Dekret zugegangen, dar die bereit» in der Thronrede avgekündigten gesetzgeberischen Maßregeln zur Abänderung der Berggesetzgebung enthält. Danach soll die Sicherheit deS Betriebe» durch gewählte Bergarbeiter mit überwacht werden. Ferner der Rechtsschutz de» Grund, eigentum» gegen Bergschäden erhöht werden und endlich die in vielen Erlassen zerstreute Landerberggesetzgebung zu. sammengekaßt werden. Dekret t«r ALLuderuue de» Gesetze» LLer da» Pfsudlethgewerbe. Dem Lanötag« ist der Entwurf zu einem Gesetze zu gegangen, brtr. einig, Abänderungen de» Gesetze» über da» Pfandleihgewerbe. Sein wesentlichster Inhalt ist der, daß dem Pfandleiher zur Pflicht gemacht wird, die ihm al» Sicherheit übergebenen Pfänder nicht nur gegen Feuer», gefahr zu versichern, sondern auch gegen Sinbruchßdiebstahl. Dafür wird ihm da» Recht gegeben, unter allen Umständen mindesten» 20 Pfennige Zinsen, anstatt bisher 10 Pfg. zu verlangen, auch wenn der tatsächlich zu zahlende Zinsen- betrag geringer ist. vermehr««» der Richterstelle«. Im neuen Staatshaushaltsetat für 1910/11 ist eine Vermehrung der «tat-mäßigen Richterstellen um 15 vorge sehen. Di« 15 neuen selb^"ndigen Richter sollen am 1. Juni 1910 eingestellt werden. Dadurch würde sich die Gesamtzahl der selbständigen Richter in Sachsen auf 627 erhöhen. Diese Vermehrung ist nach der Begründung er. forderlich, einmal weil die Zahl der selbständigen Richter bei einzelnen Amtsgerichten dem Bedürfnis entsprechend ver- stärkt werden soll, dann aber auch zur Besetzung der neu zu errichtenden Amtsgerichte in Rötha und Kötzschenbroda. Die Zahl der Hilfsrichterstellen wird dadurch natürlich um 15 vermindert. Mit diesem Vorgehen entspricht die Regie, rung den Wünschen de» Landtage». Ta-esgefchichte. Uever die Unterseeboote der deutsche« Flotte lesen wir in der „Intern. Reo. über die gesamten Armeen und Flotten": Der vau von Unterseebooten, für den der Reichstag in diesem Jahre 10 Millionen Mark bewilligt hat gegen 7 Millionen im Vorjahre, ist auf der Danziaer Reichswerft, wo mit einem Kostenaufwand von 750000 M. ein Horizontalslip für Unterseeboote und «ine besondere Abschleppe für solche hergerichtet ist, und der Kieler Ger- maniawerft, die al« erste deutsche Werft sich diesem Spezial- zweige de» Schiffsbaue» zugewendet hat, so gesördert worden, daß bet den diesjährigen großen Herbstmanöoern der Flotte zum ersten Male eine UnterseebootSdioision vor dem Kaiser manövrieren konnte. Die Danziger Werft hatte im Vorjahre die Lieferung von „17 3" und „17 4" in Auftrag erhalten, die Germaniawerft den Bau der vier Boot« „17 5" bi» „17 8". Daß die für diese» Jahr bewilligte Summe im nächsten Etat «ine abermalige Er höhung erfahren soll, ist ein Beweis, daß die Marinever waltung, nachdem sie lange sich abwartend verhalten, nun mehr die Beschaffung deS erforderlichen Unterseebootmaterial« energisch in die Hand genommen hat. Zum ersten Male ist am 1. Oktober d. I. auch eine Kommission zur Ab nahme von Unterseeboten in Tätigkeit getreten, zu der Kapitänleutnant Bartenbach und Marine-Oberingenieur Behrendt, der schon auf „17 1" leitender Ingenieur war, kommandiert sind, während da» Hebe- und Docklckiff kür Unterseeboote „Vulkan" zum ersten Mal« «inen Stab», osfizier zum Kommandanten erhielt. Wa» die Besatzung der Unterseeboot« betrifft, deren Mannschaften sich au» Freiwilligen zusammensetzen, so find sie erheblich besser gestellt al» diejenigen der anderen Schiffe. Sie erhalten für jeden Tag, an dem sie auf einem Unterseeboot an Fahrten tetlnehmen, die mit Tauchen unter waffer ver- Kunden sind oder in Tauchbereitschast erfolgen und zugleich künstliche Lufterneuerung bedingen, Zulagen in folgender Höhe: Offiziere 4 M., Deckosfiztere 3 M., Unteroffiziere 2,50 M. und Gemeine 1,50 M. Deutsche» «eich. Der Kaiser ist, wie gemeldet, gestern früh im Sonderzug in Kiel «kngetroffen. Ge. Majestät begab sich so gleich mit dem verkehrSboot „Hulda" nach dem Flaggschiff „Deutschland", auf dem er Wohnung nahm. Die Flotte salutierte. E« herrschte starker Nebel, vormittag« 11 Uhr wurden di« Rekruten der Marine-Jnfanterie im Exerzier. Hause der 1. Malrosendtvision feierlich vereidigt. Der Kaiser traf, von der „Deutschland" kommend, im offenen Zweispänner ein. Die alten Mannschaften bildeten von der Landungsstelle bi» zum Kasernement Spalier. Da» Publikum begrüßte den Kaiser herzlich. Zur Vereidigung halten sich außer den dienstfreien Offizieren der Station und Garnison u. a. der Staatssekretär de» Reichsmarine, amt» v. Tirpitz «ingefunden. Die Vereidigung leitete der Inspekteur der 1. Marineinspektion, Kapitän zur See Kinderltng. Nach den Reden der Geistlichen beider Kon fessionen und der Abnahme de» StdeS hielt der Kaiser «ine Ansprache, nach der der Admiral v. Prtttwitz ein drei, fache» Hurra auf den Kaiser ausbrachte. Nachdem der Kaiser den Vorbeimarsch der Fahnenkompagnie abgenommen hatte, folgte da» Frühstück in der OsfizierSanstalt, an dem der Kaiser teilnahm. Um 1 Uhr kehrte der Kaiser an Bord der „Deutschland" zurück und begab sich von hier au» an Bord der „Nassau". Um 1 Uhr 45 Minuten ging die „Nassau", mit dem Kaiser an Bord, zu mehr stündiger Fahrt in See. Eine Interpellation über die Werftunterschleife in Kiel ist von der Freisinnigen FraktionSgemeinschast im Reichstage eingebracht worden: „Ist der Herr Reichskanzler bereit, durchgreifende Maßnahmen zu treffen, um Unregel- Mäßigkeiten und Unterschleife im Betrieb der kaiserlichen Werften, wie solche durch die Verhandlungen vor dem Kieler Schwurgericht bekannt geworden sind, in Zukunft zu verhindern? Ist insbesondere der Herr Reichskanzler bereit, unverzüglich Anordnungen zu treffen, durch die eine sparsame Wirtschaft, sowie eine nach kaufmännischen Grund sätzen eingerichtete Buchführung und eine wirksame Kon- trolle im Werftbetriebe gesichert wird?" — Die Urheber der Interpellation sind die freisinnigen Abgeordneten Dr Leonhard und Dr. Struve in Kiel. Au» unseren Kolonien wird gemeldet: Kürzlich sind im Südosten Kamerun» 8000 Eingeborene vom fran zösischen Gebiete über den Kadeifluß auf deulkckeS Gebiet WH —NM ^kimi-Itlieliäsi'bgÄs bekommt ssdr gut, ver langen 8is llsbor stets Lawk Dornenwege. 28j Roman von E. Trejjel. „Wieder die Stellung." Um den charaktervollen Mund de» Amerikaners zuckte leiser Spott. „Die Rücksicht auf den armen Jungen dagegen verstehe ich," sagte er dann ernst. „Der bedarf sicher einer liebevolleren und einsichtigeren Pflegerin als die bezahlte Wärterin es sei. Vielleicht empfindest Du auch selber eine Lücke in Deinem sonst so wohlgefügten Leden, welche der Ehrgeiz doch nicht ausfüllen kann," schloß er fragend. „Wir brauchen nun einmal die offizielle Frau," sagte Günter achselzuckend. „Auch Deine Stunde schlägt wohl noch, Du müßtest sie denn unwiderruflich versäumen wollen." Er sah den Bruder lauernd an. In die ruhigen kühlen Augen des Amerikaners trat ein heimlich inniges Lächeln, „lieber manchen kommt's just noch beim zwölften Glockenschlag. Um so voller der Klang, unter dem sein Glück geboren wird." Und dann lachte er in fast juaendfrohem Humor: Ich fühl' mich auch noch gar nicht als hoffnungsloser Alter, trotz der grauen Haare." „Das glaube ich Dir. Scheinst nur frischer und lebens- freudiger als ich, der so viel jüngere. Erstaunlich, wie Du Dich bei dem ruhelosen Leben Demer Jugend erhellten hast." „Sehr einfach. Ich habe eben mehr gearbeitet als ge- «ossen " „Und meinst vielleicht, bei mir wär'» umgekehrt. So ganz unrecht hast Du nicht. Das heißt, gearbeitet habe ich auch. Man stellt bekanntlich in Deutschland hohe Ansprüche an das geistige oder technische Können deS Mannes, und nur der Be- fähigste kann die Rangleiter erklimmen. Aber nach einer ent- behrunasbarten, strengen Jugend — Du weißt am besten, welch nn eifernder Gelehrter und bedürfnisloser Mensch unser Vater war, der bei einem nicht gerade glänzenden Einkommen der Wissenschaft größere Opfer brachte, als seine Verhältnisse im Grunde gestatteten, und dazu auch den Sohn aus der Uni versität haben wollte — ist man leicht geneigt, sich später für di« knappen dürren Jahre schadlos zu halten. Als mir dann da» Leben den goldenen Becher an die dürstenden Lippen H elt, trank ich in vollen Zügen, ich kann'S nicht leugnen. Und dann — meine Ebe — Dir gesteh' ich'», sie war eine see lische Oual. Ich hätte st« nicht getragen ohne Betäubungs wittel " Hm Nun, wenn Du wieder heiratest " Günter strich nervös über die Augen. „Ich werde natürlich vorsichtiger sein," mur melte er und starrte besonnen vor sich hin. Dann fragte er jäh: „Sag mal Alter, ist Eure svoot Daisy 'ne Partie? Man sollte es denken — solch ver wöhntes, elegantes Persönchen. Trotzdem — in dieser Welt des Scheins —" Zum ersten Mal schien Herbert seine Fassung zu verlieren. „Denkst Du im Ernst an dies Kind?" fragte er verblüfft. „Na, ein Kind ist dieser raffinierte kleine Flirt doch wahrhaftig nicht. Aber es steht ihr das Kokettieren. Ein ent zückendes Geschöpf." „Stimmt!" sagte Herbert jetzt trocken. „Eine Partie ist sie auch. Jawohl, ebenso reich als reizend." „Sicher?" „Du tust, als sei das eine Lebensfrage für Dich." „Ist leider so. Liebe und Geld, ich kann sie auch heut noch nicht von einander trennen, sonst —" Er brach ab, seine Brauen falteten sich finster. Nach einer Pause hob er energisch den Kopf. „Hier nun fände ich sie wenigstens erträg lich vereint. Das Mädel ist schön und liebenswert." Kannst Du Dir diese verwöhnte, freie, ja selbst ein wenig exzentrische junge Amerikanerin ernstlich als die Frau eines deutschen Beamten und Würdenträgers denken?" „Weshalb nicht? Daß Eure Erbinnen nach europäischen Titeln und Würden angeln, ist weltbekannt. Wenn ich der reizenden Daisy auch keme Grafenkrone zu bieten habe, so ist meine Position doch eine derartige, daß meine grau in die Lage kommen könnte, selbst den Kaiser empfangen zu dürfen." „Eurem genialen liebenswürdigen Kaiser gegenüber würde sie sich vielleicht noch zu einiger Zuvorkommenheit verstehen," lachte Herbert jetzt, „sonst aocr ist sie eine ganz rücksichtslose und rabiate kleine Dame, der so leicht nichts m dieser Welt imponiert. Ich bezweifle stark, daß Du ihr je die respektvolle Unterscheidung Eurer Titel- und Rangklassen beibringen könntest. Sie würde Dir tausend Verlegenheiten und Aerger- nisse bereiten, darauf mache Dich gefaßt." „Du übertreibst. Mit jugendlicher Unbesonnenheit würde ich freilich zu rechnen haben, das weiß ich schon, aber mein Golt, solch junges Wesen läßt sich doch erziehen. Ich würde sie deutschen Verhältnis en anzupassen wissen." „Versuch'». Stur laß mich noch bemerken, daß die un gebundene, sehr früh selbständ^e Amerikanerin kaum den Ettern erzieherischen Eiupuß gestattet, geschweige sich dem Manne unterordnet." „Trotzdem — mit ihrem Freiheitsgeist getraue ich mich, fertig zu werden," beharrte Günter selbstbewußt. Ernstere Bedenken erregt mir nur ihre Gefallsucht." „Die wäre nun wieder meine geringste Sorge. Hier beurteilst Du sie auch nicht richtig. Nun ja, es ist ein eitles, kleines Ding, man muß aber nicht vergessen, daß sie, reizend wie sie ist, seit ihren ersten Lebenslagen bewundert und ver zogen wurde. Eigentlich hätte sie da gutes Recht, eine herz lose Kokette zu sein. Sie rst es aber nicht. Es ist etwas so Natürliches und wieder schalkhaft Liebenswürdiges in diesem Haschen nach Beachtung, und sie übertritt darin auch nie eine gewisse Grenze. Diese zieht ihr das reine Herz. Nirs. Narbeck würde sich schwerlich der verantwortungsvollen Patronage über das schöne, mutwillige Mädchen unterzogen Haven, wär» sie nicht von Daisys lauterer Gesinnung überzeugt. Ernste Ungelegcnheiten dieser Art wird sie ihrem dereinstigen Galten nie bereiten, dessen bin ich sicher. So hat sie auch niit Dir ein bißchen unverschämt geflirtet, sich in Deiner würdigen Gesellschaft prachtvoll amüsiert, das gebe ich zu, ob Du sie aber darauf hin in Ehchast nehmen kannst ? Versuch's, sage ich wieder." „Auf alle Fälle," nickte Günter jetzt völlig leicht gestimmt. „Hab' Dank Bruder, ich glaube Du kennst die Kleine besser als ich. Wie ist cs nun, gehen wir zu Frau Nardeck?" Herbert zog die Uhr. „Noch reichlich zeitig. Ich möcht' zuvor einige Briese expedieren." „So bringe ich meinen Jungen eben inS Atelier und warte dort auf Dich. Bin heute völlig frei, meine Ausgabe rst getan." „Hast sie glänzend dnrchgesührt. Man muß Dir ja ordentlich gratuliere». Habe schon Deine gestrige brillante Rede gclcftn. Tein Wahlkreis oarf mit sattem energischen Abgeordneten wahrlich zufrieden sein, hast seine Forderungen wundervoll beredt durchgcsctzt." Dem Oberbürgermeister klang dies rückhaltlose brüderliche Lob sehr angenehm. Stolz erhob er den Kopf. „Wenn nian diese Erfolge nicht zuweilen hätte. Wahrhaftig, die Rcichs- t a-zdebatten in denen man häufig genug mit wuchtigen E.i.'lcrn um Großes zu kämpfen hat, erfrischen, erheben mich, wenn die Scharmützel mit meinen starrköpfigen, nörgelnde« Bürgern mich zu Tode angeövct haben."