Volltext Seite (XML)
6 Uhr früh ab da« Standrecht aufgehoben. Trotz der Auf. Hebung bleibe« die Vorsichtsmaßregeln aufrecht erhalten und ist der Abgeordnete Wolf amtlich unter besondere Bewachung gestellt. Da« 8andtag«gebSude »ar nicht nur von einer bßrgerlichra Ehrenwache, sondern auch von zahlreichen Sen» darme« besetzt, Bor de« Beginn der Sitzung waren die Club« zusao mengetreten. Der Oberlandesmarschall eröffnete die Sitzung mit einer Ansprache, »elche in ein dreimaliger, begeistert aufgenommene« Hoch und in Slava-Ruie auf den Kaiser ausklang. Der Obmann der Kurte der Großgrund besitzer, Graf Bouquoy, beantragte die Einsetzung eine« aus den Kurien und de« ganzen Hause zu wählenden L4 glied- rigen Au«schusse«, welcher Anträge stellen soll, wie int Ein verständnis mit den Vertretern beider VolkSftämme die Sprachenverhältnifse de« Landes geregelt werden können. Die Deutschen beantragten dagegen sofort durch den Abg. Schlesinger die Schaffung zweier nationaler Kurten (einer tschechischen und einer deutschen) mit Vetorecht, ferner die Aufhebung der Sprachenverordnungen, brachten außerdem eine Interpellation wegen der Prager Ausschreitungen ein, während die Tschechen wegen angeblicher Ueberfälle auf StammeSgenossen in Brüx tnterpellirten. Dänemark. Gegenüber der Mittheilung eines anderen Berliner Blattes verlautet in Kopenhagen, nach dem „Ber liner Tageblatt", daß von einer Begegnung zwischen dem Zaren und Kaiser Wilhelm in Kopenhagen anläßlich des 80. Geburtstages des dänischen Königs keine Rede sein kann. Ueberhaupt wird der Geburtstag des dänischen Königs, der auf den Charfreitsg sällt, nach allen bisherigen Bestimmungen in solcher Stille gefeiert werden, daß Begegnungen von Fürsten in der angedeuteten Art als selbstoerständltch ausge schlossen zu betrachten sind. Amerika. Wieder einmal steht in Uruguay eine Re volution bevor. Nach einem Telegramm aus Montevideo unterzeichnete der Präsident ein Dekret, durch weiches fünf Bataillone der Nationalgarde einberusen werden. Es wird vermuthet, daß damit auf die der Kandidatur des Präsiden ten feindlichen Mitglieder des gesetzgebenden Körpers ein Zwang ausgcübt werden solle. Eine Depesche des New-Jork Herald aus Montivedeö meldet, der Präsident habe eine Proklamation erlassen, in welcher er seine Diktatur bekannt giebt. Der Ausbruch einer Revolution werde für unmittel bar bevorstehend gehalten. Wie wachsen die Kinder? Von Dr. H. Wöhler. (Nachdruck verboten.) Auf den ersten Blick erscheint es höchst einfach, das WachSthum von Kindern zu ermitteln. Wenn man sie in angemessenen Zeiträumen wiegt und mißt, und von den sich er ebenden Zahlen immer die früheren abzieht, so erhält «an, wie Biele glaube«, ohne Wettere« die WachSthum«. zahlen, zumal wen« sich «in Kind „regelmäßig entwickelt". Ein einfacher Versuch genügt, diesen Glauben zu erschüttern. Wiegt und «ißt man ei« zehnjährige« Kind Abend« un mittelbar vor dem Schlafengehen und Morgen« unmittelbar nach dem Aufstehen, so wird am Morgen sein Gewicht etwa 700 Gramm (beinahe 1'/, Pfund) weniger, sein« Länge S Centtmeter mehr betragen al« am Abend vorher. Da« WachSthum geht eben vor sich nach den uns nur unvoll kommen bekannten Gesetzen der Entwicklungsgeschichte. Im Große« und leicht erkenntlich tritt die Wirkung dieser Ge setze hervor, wenn man das WachSthum der verschiedenen Thierklassen unter einander, oder das Wach«thum des Kinde« mit demjenigen von höheren Thieren vergleicht. So braucht da« neugeborene Kind, um sein Gewicht zu verdoppeln, ebenso viele Monate, al« da« neugeborene Kalb Wochen. Aber es giebt noch zahlreiche andere Ursachen, welche auf Gewicht und WachSthum fördernd oder hemmend einwirken. Hierzu zwei Beispiele: Ein sechsjähriges Kind hat ein Jahrrswachs- thum von ungefähr 4 Pfund, also ein mittleres monatliches WachSthum von '/, Pfund. Wenn ein solches in den ersten warmen Frühlingstagen viele Stunden bei lebhafter Be- wegung im Freien zubringt, erleidet es einen dauernden er heblichen Gewichtsverlust, da es durch Haut und Lunge un- verhältnißmäßig viel Wasser abgiebt und den Verlust durch Trinken nicht genügend ersetzt. Daher wird die Wachsthums- zahl des Kindes für den betreffenden Monat viel kleiner aus. fallen, als dem wirklichen WachSthum entspricht, vielleicht jo- gar negat v werden, das heißt, das Kind wirb weniger wiegen wie im vorhergehenden Monat, obgleich seine sämuulichen Organe gleichmäßig weiter gewachsen sind. Ferner: die Stadtkinder, welche in sogenannte Ferienkolonien gehen, er fahren in den wenigen Wochen ihres Landaufenthaltes meist eine erhebliche Gewichtsvermehrung, büßen dieselbe aber nach kurzer Zeit wieder ein, wenn sie in ihre früheren Verhält nisse zurückkehren. Hier handelt es sich offenbar nicht um plötzliches WachSthum, sondern um eine Art von Mästung. Beim allgemeinen Vergleichen des WachSthums der Säug linge kann man stets ein Zurückbleiben der künstlich Ernährten konstatiren. Eine Hemmung überhaupt tritt ein gegen Ende des dritten Vierteljahres, welche wohl der Zahnentwickelung zuzuschreiben ist. Das Wachsthum hört ganz auf bei Mäd chen zwischen dem 15. und 16., bei Knaben im 18. Lebens jahre. Schlachlviehpreise aus dem Viehmarkte zu Dresden am 10. Januar 1898, nach amtlicher Feststellung. (Marktpreise sür KO kx in Mark.) Auftrieb: 706 Rinder (und zwar 265 Ochsen und Stiere, 206 Kalten und «he, 235 Bullen), 463 Kälber, 988 Stück Schas- vtrh, 1800 Schweine, (stimmlich deutsche), zusammen 8957 Thterr. Lhiergattung und Bezeichnung. z Gewicht Ochsen: M. M. 1. vollfleischigr, auSgemästete, höchsten SchlachtwerthrS bi» zu 6 Jahren 36 66 österreichische 38 68 2. junge fleischige, nicht auSgemästete, — ältere aus- gemästete 34 64 3. mäßig genährte junge, gut genährte ältere . . . 4. gering genährte reden Alters 31,50 60 29 56 Kalben und Kühe: 1. vollfleischige, auSgemästete Kalben höchsten Schlacht- werthes 2. vollfleischige, ausgemästete Kühe höchsten Schlacht- 34,50 64 werthcS bis zu 7 Jahren 32 62 3. ältere ausgemästete Kühe und wenig gut entwickelte jüngere Kühe und Kalben 29 58 4. mäßig genährte Kühe und Kalben 27 54 5. gering genährte Kühe und Kalben 25 49 Bullen: 1. vollfletschige höchsten Schlachtwerthes 33 50 S1 2. mäßig genährte jüngere und gut genährte ältere . 31 57 3. gering genährte 28,50 54 Kälber: f 1. seinste Mast- tVollmitchmast) und beste Saugkälber 43 70 i 2. mittlere Mast und gute Saugkälber 40 65 ! 3. geringe Saugkälber 60 4. ältere gering genährte (Fresser) — — l Schafe: 1. Mastlämmer und jüngere Masthammel .... — 64 2. ä.tere Masthammel 60 3. mäßig genährte Hammel und Schafe (Merzschasr) . '— 54 Schweine: 53,50 68 1. Speckschweine 2. vollfleischige der feineren Rassen und deren Kren- zungen im Alter bis zu l'ü Jahren .... 52 66 3. fleischige 50 64 4. gering entwickelte, sowie Sauen und Eber . . . 47 60 Geschäftsgang: In Rindern langsam, in ' allen übrigen Sorten leidlich. Fahrplan der Mesner EtrastenbatzK. Abfahrt am Albertplatz: 6.30 7.08 7.38 8.10 8.38 S.vv S.1L 9.40 10.20 10.55 11.25 11.40 11.55 12.38 12.55 1.15 1.45 2.05 2.45 3.30 4.10 4.40 5.15 5.50 6.30 7.00 7.20 7.40 8.05 U.Lü 8.45 9.20 10.00. Abfahrt am Bahnhos: 6.50 7.20 7.50 8.35 8.00 S.15 8.40 10.00 10.40 11.10 11.40 11.55 12.35 12.55 1.15 1.45 LM 3.10 Verloren wurde letzten Sonntag eine goldene Brache mit 3 Steinen, Halbmondform. Der Finder wolle sie in der Erped. d. Bl. gegen Beloh- nung abgeben. 1 einfache, längliche, goldene örovks "WU in der Nähe Les Kaiscr-Wilhelmpl. od. Weidaer Weg verloren worden. Gegen angemessene Be lohnung abzugebeu Kastunieustr. fiO, pari. 2 Herren können schönes LvftiS erhalten 8elilt>888lr. 22, part., l. Mövl. Z. auch a. Schläfst.z. v. Kastanienstr.7,1. Suche em Mädchen, welches sich keiner Arbeit scheut, bei gutem Lohn und Behandlung. Meißknerftr. 22. Ein großer Transport bester leichter und schwerer dänischer Arbeitspferde, sowie elegante hannöversche und Holsteiner Wagen pferde stehen von Sonntag, de» 2S. bis mit Diens tag, den 2». Januar in Kio8a, Hotel Xkisorturt', zu soliden Preisen zum Verkauf. «ilk. risvken, Oschatz Eine freundl. Wohnung ist per 1. April zu vermiethen Schützenftr. 14. Mehrere tücht. Kiichcnmädchen für 15. Januar und 1 Februar bei hohem Lohn gesucht.8. 6ro88mnu». Für meine Kunst- und Handels-Gärtnerei suche ich einnen jungen Mann aus achtbarer Familie als Lehrling. Wilhelm Fiedler, Riesa. Mehrere Mädchen suchen für 1. oder 15. Februar gute Privatstelle. Näheres 8. (Fro88w»nu, Hauptstr. 68. 2 Hausburschen werden sofort gesucht kurenu iiovkstiosi, Schloßstr. 15. Einen tüchtigen Pferdebeschläger sucht sofort Kulloik Kraul, Schmiedemeister. Knechte, Stallmägde, Pferdejungen, sucht sofort 6ro88mnnu. Lehrlings-Gesuch. ! Für mein Leinen-, Wäsche- und Wollwaaren- j. geschäft, verbunden mit Assekuranz, suche ich zu ? Ostern einen Lehrling mit guter Schulbildung. Z Kost und Logis frei. Besuch der Handelsschule ) bedingt. Näheres durch Herrn Kaufmann >! Pietschmarm, Albertstraße 7. Barbier Lehrling. Z KM Ein Sohn achtbarer Eltern, welcher Lust s hat, Barbier zu werden, kann Ostern in die Lehre treten bei lülax 8lornkopk, Köilerau. Eine Bettstelle, ein Sopha und ein großer 2thürigex Kleiderschrauk zu ver- s kaufen. La8tLui6N8tl'. 52, 2. Et., l. 3.55 4.25 5.00 5.30 6.05 6.45 7.20 7.40 8.05 8.25 8 45 g.10 S.4-) „Fräulein Hoffinger etwa?" forschte Neubert und räu sperte sich. 5 Die Cigarre schief im linken Mundwinkel blinzelteTrü- ger so vor sich hin. „Js ja egal, wer, Herr Neubert. Daß es überhaupt ein Weibsiucusch ist, das genügt schon." Hier griff Carl Neubert mit der einen Hand nach sei nem Kinn und sah Fritz mißtrauisch an, nahm mit der an dern ein Schnapsglas und füllte es mit stark duftender Flüssigkeit. „Ein kleiner Cognac gefällig, Fritz? Was Gutes." „Hm!" machte Fritz, ließ aber den Inhalt des Glas- chens mit Virtuosität verschwinden. „Ja, die Fräulein Hoffinger... sie ist so ohne nicht Herr Neubert. „So?" fragte der, jetzt mit braunrotem Gesicht. „Und die also...?" Fritz zog die Schulter hoch. „Dienstgeheimnisse, Herr Neubert. Der Cognac ist übrigens gut." Neubert seufzte, vor Neugier brennend Nein, es war doch mehr als Neugier, was ihn da den zweiten Cognac spenden hieß. Fritz trank auch diesen, griff nach der Aracflasche und wollte gehen. „Aber der dritte Tag?" rief Neubert, ordentlich in Angst. „Was denn? Na ja! Er läuft mit der Dame ja im merzu im Walde herum, und heute kommt er draus zurück mit 'nem Gesicht, wie drei Tage Landregen und blitzt und donnert dabei. Die Person mag ihn haben ciblanfen lassen, was ich aber kaum glauben könnte, und einen Schnupfen hätte er sich auch noch geholt, meint er, und wenn der erst 'rauSkomint. . brr! Habe das ein einzig Mal bei ihm erlebt, war aber just hinreichend. Na, ich will ihm man einen steifen Grog zurcchtbrauen, das mildert. Und wenn das Frauenzimmer ihm einen endgiltigen Korb gegeben batte, so wollte ich's segnen obendrein, obgleich ich's nicht leiden kann." Diesen endgiltigen hatte freilich der Hauptmann von Melker nicht von Fräulein Längner bezogen, längst nicht. Aber auch immer noch kein bündiges „Ja", auf das er hätte allerlei, z. B. eine glückliche Häuslichkeit, bauen kön nen; und das kränkte ihn, weshalb er von seinem drit ten Spaziergang recht mißmutig in sein einsames drei- zimmeriges Nest im Hülsebusschen Hanse heimkehrte. Ein bißchen Ueberlegung ist ja schließlich jede ernsthafte Ent scheidung wert, wieviel mehr für eine junge Dame also die, ob sie über kurz eine Frau Hauptmann werden will, aber drci Tage Hütten doch allenfalls genügt. Wenn der Herr Hauptmann geahnt hätte, daß Fräulein Längner vor einer endgiltigen zunächst eine einstweilige erste Verlob ung zu lösen hatte, daß aber eine gewisse sehr erklärliche Feigheit sie abhielt, sich das dem Dichter des Bogislav im Gartenhause und unter Ausschluß der Oeffentlichkcit gegebene Jawort schlichtweg zurück zu erbitten, hätte Herrn von Melker davon nur ein Ahnungsfünkchen geglimmt, er wurde vielleicht klarer drein-, aber darum nicht weni ger verdrießlich außgcschaut haben. So aber konnte er nichts thun, als bei aller Verehrung sür seine hoffentlich zukünf tige und trotz des Genusses, den die wiederholten Spazier gange nach dein Waldhäuschen, mit und ohne Grog, bo ten, innerlich über Weiberlaunen zu räsonnieren, was sich äußerlich in verschiedenen Verwünschungen kund that, die dem dienstbaren Fritz Trager um die Ohren flatterten. Aber der längste und zugleich älteste Liebhaber von Gertrud Längner konnte doch nicht wissen, daß es dieser sehr we sentlich daraus ankain, die Operation einer Lösung ihres Verhältnisses auf möglichst schmerzlose Art.d h ohneThes- sener Haus-, Familien- und Stadtskandal auszuführen Sie reichte ihrem Elias täglich eine kleine, aber allmählich ßstei- gende Dosis offen zur Schau getragener Gleichgiltigkeit, Liebesgist, wie fies bei sich benannte, ohne indessen merk liche Wirkung zu verspüren. Sie hatte doch keinen rechten Begriff davon, daß ihres Elia» Liebe schon bei ihrem Erwachen so passiver Natur, sagen wir: so schläfrig, gewesen war, das; sich kaum ver- lohnte, sie eigens einzuschläfern, und daß der Vice des Hauses Hülsebus sich in seiner verkappten Br äniigamsrolle allmählich vorkam wie der Bär auf dem Salonparkett, und das um so mehr, je hoffnungsvoller der Schwund seines Nasenkatarrhs sich gestaltete, um vernünstiger Ueberleg ung Raum zu gönnen. Verschnupft war unseres Elias Stimmung, höchst ver- schnupft, zumal in diese fatale Woche nicht weniger als zwei zu versäumende Generalversammlungen seiner Ver eine fielen und sein Vortrag über den Pommerherzog na türlich im Wochenblatt hatte abgesagt werden müssen, wo durch die wichtige Thatsache, daß Herr Hulsebus junior am Markt zu Thessen sich erkältet hatte, jedermännigiich bekannt wurde. Noch unzufriedener aber war er mit sei nem moralischen Ich, dem charakterlichen, wie Hauptmann Melker das Ding genannt hatte. Von weit her dämmerte ihm, während er seinen Corpus in der bekannten Sofa ecke oder zwischen, den vier Wänden seines Privatgema- cheS dehnte und reckte und die ellenschwingende Leitung des Manufakturwarenlagers lediglich der Sorge des Herrn Senior überließ, die Idee: eigentlich habe er die überhastete Verlobung mit Cousine Gertrud ganz unmotiviert ins Werk gesetzt, eine Idee, die um so drangsäliger seinen Hirnschä- del malträtierte, je näher seine Genesung, die Fertiasiell- ung von Gertruds Braut-Besuchstvilette (welche die iicae Mama zu schicken versprochen hatte) und damit der Tag der offiziellen Verlobung heranrückte Inzwischen ließ er die im elterlichen Garicnpaaillan Erkorene ruhig wandern, wohin sie wollte, mit und ohne Hauptmann, zumal sie sich beklagt hatte, von ihm, Vetter EliaS, sich ihren Schnupfen geholt zu haben, den sie nur durch reichlichen Genuß frischer Lust bannen zu können vor gab Das hätte sie denn auch fertig gebracht, aber die Spaziergänge, und zwar mit Hauptmann Melker, waren geblieben (Fortsetzung folgt.) 58.19