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auch die meisten anderen Schausteller sein« Branche, nicht an einem öffentlichen Orte der Gemeind, aulgellbt hab« und daher auch nicht an eine politelltche Erlaubnis ge bunden sei. Gr habe den Platz zur Ausübung seine» Ge werbe» dauernd von dem Gasthof»besttz«r gemietet. Der Hof eine» Gasthause» sei lein öffentlicher Ort im Sinn« de» 8 60 der Gewerbeordnung und somit habe auch der Gemetndevorstand kein, Berechtigung, ihm di« Grlaubni» zu versagen. Die gegen da» Urteil de» Landgericht» Anna- berg beim Oberlande»gericht eingelegte Revision hatte eben- soll» keinen Erfolg. Da» Recht»mittel wurde mit folgender Begründung kostenpflichtig oerworsen: Der Schausteller hab« nach den Feststellungen der Vorinstanzen sein Gewerbe im Umherziehen auegeübt. Gr sei von Zschopau nach Wiesa gekommen und wenn er auch während der Kirmes- zett sich längere Zeit an einem Orte aufhalt», so Hab« er besten ungeachtet keinen stehenden Gewerbebetrieb. Gin zum Gasthausbetriebe gehöriger Hof oder Tarten stehe in den meisten Fällen dem Publikum stet» offen, selbst wenn der Hof, wie in diesem Falle, mittel» zweier Torflügel oerschlossen gehalten werde, er fei mithin ein öffei t icher Ort im Sinne der Gewerbeordnung. Der Schausteller hätte demnach, wenn er sein Gewerbe an einem derartigen öffentlichen Orte au»üben wollte, die polizeilich« Ge nehmigung etnholen müssen. Ob ihm die letztere zu Recht oder Unrecht verweigert worden sei, da» zu entscheiden, sei Sache der Verwaltungsbehörden. Nach dieser Richtung stehe ihm das Beschwerderecht zur Sette. —88 Nach dem soeben erschienenen GtaatShand- buch für da« Königreich Sachsen ist di« Zahl der Ritter de» Militär-St.-HeinrichS-OrdenS im Jahr« 191V auf 30 zurückgegangen. Da» Troßkreuz des Verdienstorden» tragen 12 Inhaber, Komtur« erster Klasse sind 7, Komture zweiter Klasse 11 htnzugekommen, sodaß die Zahl der Komture jetzt 150 beträgt. Di« Ritter erster Klasse haben sich um 65 vermehrt und sind auf 783 gestiegen, solche de« Orden« mit Schwertern sind auf 47 zurückgegangen. Das Ritter kreuz zweiter Klasse wurde 38 mal verliehen; Bestand am JahreSschluß 289. Die Ritter zweiter Klosse des Ordens mit Schwertern und des Orden« am Bande der Leben». rettungSmedaille betragen nach wie vor 7. Da« Verdienst- kreuz wurde 1910 207 mal oerlteheu. Träger des Trotz kreuze» de« AlbrechtSorden« zählt man in den verschiedenen Abstufungen 49. Die Komture erster Klasse haben sich um 11 vermehrt; Bestand 67. Neu ernannt sind 37 Kom ture zweiter Klasse; Bestand 310. Offizierskreuze bringt daS Verzeichnis 206, Ritter erster Klasse mit der Krone dagegen 234. Die Ritter erster Klaffe sind im Jahre 1910 nm 238 vermehrt worden, di« der zweiten Klasse um 168, AlbrechtSkreuze wurden 309 verliehen. Ferner verzeichnet da« TtaatShandbuch 45 Inhaberinnen dkS Stdonienor? e is, während der Maria-Anna-Orden 17 Trägerinnen zählt. Der HsuSorden der Rautenkrone, dessen Trotzmeister der König ist, zählt 13 Ritter, darunter 5 auS der Königlichen Familie. Mit dem Tod abgegangen sind 1910 zwei Ritter: Staatsminister a. D. D. Dr. v. Scydewitz j-f- 17. Dez.) und Wirkl. Geh. Rat Dr. Traf v. Könneritz auf Lossa 4. Juli). —* Sicherem Vernehmen nach wird der Elektrizi täts-Verband Gröba in spätestens vier Wochen mit der Aufstellung der Ortsnetze den Anfang machen. Es ist demgemäß jetzt die höchste Zeit für die Gemeinden, die sich Straßenbeleuchtung einrichten lassen wollen, sich zu entscheioen. Selbstverständlich wird die Montage der Beleuchtungsanlage viel billiger werden, wenn sie gleich zeitig mit der Aufstellung der Ortsnetze besorgt wird, als später. — Das Jahr 1910 war für die gesamte Elbeschiff fahrt, und somit auch für die Neue De utsch-Böh- mische Elbeschiffahrt, Aktiengesellschaft Dresden, außerordentlich unbefriedigend. Sucht man nach den Ur sachen dieses Mißerfolges, so ist zunächst hervorzuheben, daß in den letzten zwei Jahren eine Ueberproduktion von Schleppdampfern und Frachtschiffen eingetreten ist, welche der natürlichen Zunahme des Elbe-Bergverkehrs weit voraneitte, sodaß cs längerer Zeit bedürfen wird, um hierin einen Ausgleich hcrbeizuführen. Hinzutritt, daß im Talverkehr ab Böhmen nicht nur keine Zunahme, sondern ein erheblicher Rückgang der Transportmenge zu verzeichnen ist. Aus der Gewinn« und Verlustrechnung für 1910 ergab sich ein Ncuttoüberschuß von 32 440 Mark Die Abschreibungen wurden auf 148550 Mark (106300) festgesetzt, sodaß ein Verlust von 116110 Mark auf das Betriebsjahr 1911 zu übertragen ist. Meißen. Gemeinsam in den Tod gegangen sind vorgestern abend in einem hiesigen Hotel der Kaufmann Friedrich P. Rüdiger, 1874 geboren, und die Dentistin Martha Ziegler, 1880 geboren, beide aus Forst i. L. Die beiden haben am Montag abend, so berichtet das „M. Tgbl.", in dem Hote» Wohnung genommen, wobei Rü diger seinen richtigen Namen in das Fremdenbuch ein trug, die Ziegler jedoch als seine Gattin bezeichnete. An dem Paare ist nichts Auffälliges zu bemerken ge wesen. Rüdiger ist wiederholt ausgegangen, während seine Begleiterin die meiste Zeit auf ihrem Zimmer ver brachte. Da traf Mittwoch abend gegen 8 Uhr ein Tele gramm bei dem Besitzer des Hotels ein, in welchem er von Forst aus ersucht wurde, das Zimmer der beiden sofort öffnen zu lassen. Unterzeichnet war das Tele gramm anscheinend von der Mutter der Ziegler. Bei der Ankunft des Telegramms befand sich Rüdiger im Gastzimmer. Don dem Besitzer des Hotels um Auskunft über das rätselhafte Telegramm ersucht, äußerte er, es müsse ein Mißverständnis der Mutter vorliegcu; es habe nichts zu bedeuten, und begab sich auf sein Zim mer. Ter Hotelbesitze»., von Unruhe getrieben, folgte ihm bald darauf nach, um ihn zum Verlassen des Hauses auf zufordern, fand aber die Tür verschlossen und erhielt aus Klopfen uno Rufen keine Antwort. Er sandte dcS- halb sofort nach einem Schlaffer und, in Dorausahnung eines düsteren Ereignisses, nach einem Arzte und nach der.Polizei. Bei Eröffnung des Zimmers war das Un glück bereits geschehen. Die Megsler lag lang auSgestreckt aus einer Ghatselongue. Ein« Kugel war ihr in die linke Schläfe gedrungen, sie atmete aber noch. Rüdiger war, auf dem Kissen des Sofa» sitzend, über sie gesunken und bereits tot. Bet ihm »sie» di« rechte Schläfe eine Schuß wunde auf. Die 'Ziegler wurde sofort nach dem Stadt- krankenhause gebracht, war aber bet der Ankunft daselbst bereit» ebenfall» eine «eiche. In einem hinterlassenen, an den Hotelbesitzer gerichteten, bereit» am 7. März ge- schriebenen Briefe teilte Rüdiger mit, daß beide beschlos sen hätten, gemeinsam au» dem Leben zu scheiden. Für die erwachsenden Koiren würde die Familie aufkommen. Für die dem Wirt entstehenden Ungelegenheiten bittet er um Entschuldigung. Martha Ziegler bestätigt in einer Nachschrift diese Angaben und spricht in einer zweiten Nachschrift den Wunsch aus, daß beide gemeinsam, in einem Sarge, in einem Grabe beerdigt werden möchten. Rüdiger besaß in Forst i. 2. ein Tuchfabrikationsgeschäft und war verheiratet, auch Linder hinterläßt er. Seine Gattin betreibt für sich ein Wollwarengeschäft. Die Zieg ler lebte mit ihrer Mutter zusammen. Königsbrück. Im benachbarten Hvckenders dran gen Räuber in di« Kirch« «in und raubten mehrere wert- voll« Leuchter sowie da» Geld au» der Sammelbüchse. Schandau. Am Montag abend gegen halb 7 Uhr löste sich bei Schöna in einem alten Stetnbruche an der Straße nach Schöna ein etwa fünf Kubikmeter großer Steinblock und stürzte auf die Straße, wo er glücklicher Weise liegen blieb. Um den Verkehr auf der Straße von der Station Schöna nach Dorf Schöna nicht zu stören, wurde der Koloß sofort zerkleinert und damit das Hin dernis aus dem Wege geräumt. Bautzen. In einer hier abgehaltenen Versammlung des Tierschutzvereins wurde beschlossen, eine Geflügel schlachtstelle in der Nähe des Geflügclmarktes zu errich ten, wo das Geflügel unentgeltlich und ohne Quälerei geschlachtet werden soll. Man hofft dadurch den Verbrauch von Geflügel in den Haushaltungen zu steigern. Zittau. Der Rat hat nunmehr endgültig beschlossen, die höhere Mädchenabteilnng der 1. Bürgerschule im Laufe der folgenden Jahre in «ine höhere Mädchenschule im Sinne des sächsischen Gesetzes über das höhere Mädchen schulwesen überzuführen. Oybin. Im Interesse der Sommerfrischler faßte der hiesige Gemeinderat in seiner letzten Sitzung einen be merkenswerten Beschluß. Danach dürfen Ferienkolonien, Lungenheilanstalten, Sanatorien und Genesungsheime in dem Gebiete der Gemeinden Hain und Oybin nicht er richtet werden. Dieser Beschluß hängt mit der Errich tung des zweiten Genesungshauses zusammen, das der Verband Südlausitzer Krankenkassen errichten will, und zwar wie das erste in Johnsdorf, trotzdem sich die Johns- dorfer dagegen heftig gesträubt haben. — Eine originelle Wette kam hier zum Austrag. Ein Dresdener Herr, der in einem Sanatorium in Oybin weilt, hatte sich erboten, von Oybin aus barfüßig auf den Hochwald zu steigen, obwohl in den Bergen noch sehr viel Schnee liegt. ES kam schließlich zu einer Wette, und unter Auf sicht machte sich der Dresdner bald darauf aus den Weg. Er soll zwar ziemlich kühle Füße bekommen haben, langte aber nach flottem Marsch wohlbehalten im Hoch- wald-Restaurant an. Chemnitz. Gestern ist der letzte Teil der Former und Eisengießer in den Streik eingetreten. Es befinden sich nunmehr über 3000 Arbeiter im Ausstand. Der Chem nitzer Bezirksverband der deutschen Metallindustriellen hielt vorgestern eine Sitzung ab, in der beschlossen wor den ist, für heute, Freitag, eine außerordentliche Gene ralversammlung einzuberufen, in der Beschluß gefaßt werden soll, über die zu ergreifenden Maßnahmen. — Ueber einen nwdernen Polykrates plaudert die „CH. A. Z." folgendermaßen: Bekanntlich ist dem Polykrates, dem all zuglücklichen Fürsten von Samos, eine noch nicht ganz aufgeklärte Geschichte mit einem Ring passiert, den er gern los werden wollte. Er opferte den Ring den Göttern und warf ihn in das Meer. Und siehe da, am nächsten Morgen brachte der Fischer den güldenen Reif wieder. „So'n Pech" sprach des Polykrates Freund, Aegyptens König, und entfloh . . . Ihm graute vor der Götter Neide, denn Polykrates hatte den Ning geopfert, weil er so überaus glücklich war. Auch Chemnitz scheint einen solch«« Polykrates zu beherbergen. Auch seine Hand zierte ein Ring, der schließlich dem des Polykrates an Kostbar keit nicht gleichkam, der aber namentlich bei unseren 'Damen außerordentlichen Liebhaberwert hat — denn es war ein ganz richtiger Ehering! Und nun höre und staune man. Besagtes güldenes Ringlein wurde nach dem Mar geritentage in einer der — Sammelbüchsen gefunden. Woher das Ringlein stammen mag, das jetzt, mehrere Tage nach dem Margeritcnfest, zwar nicht ein Fischer, sondern ein Bankbeamter von neuem ans Tageslicht för derte? Sollte ein pflichtvergessener Ehemann kaltblütig die goldene Last von sich geworfen haben? Just aus demselben Grunde wie Polykrates der Aeltere, weil er am Margeritentage zu — glücklich war und ihm auch vor der Götter Neide graute? Denken wir von den Chemnitzer Ehegatten nicht daS Mlerschlimmste. Nehmen wir an, daß ein biederer Strohwitwer in feuchtfröhlicher Stim mung statt des Nickels 'n der Westentasche das Ringlein erwischte und achtlos.in die Büchse gleiten ließ, leise dabei, in tiefem Sinnen mit der Rechten das gelichtete Haupthaar streichend, vielleicht die Melodie summend: „Margaret, du Mädchen ohnegleichen!" Ist dem so, so wird der Verlierer das Ringlein auslösen müssen mit einem Opfer für die Margcritenspende und einem noch größeren für die liebende Ehegattin — die aber möge dem armen Sünder gnädig sein! Freiberg. Das Schwurgericht verurteilte wegen Straßenraubes unter Ausschluß mildernder Umstände die Fleischergesellen Ernst Arno Wettermann auS Döbeln zu fünf Jahren neun Monaten Zuchthaus und Hermann Ro bert Wölfel auS Döbeln zu fünf Jahren sechs Monaten Zuchthaus. Sie hatten am 22. Dezember vor. I». abends aus der Straße von Döbeln nach Großbauchlitz die Ehe- srau des Viehhändlers Werner au» Großbauchlitz über- fallen und ihr die Geldtasche mit 10 Mark Inhalt ent rissen. Meerane. Ein überaus trauriger Unglücksfall er- eignete sich in der Wurstküche de» FletschermeisterS St. auf der Ziegelstraye. Ein bei St. als Laufjunge beschäf tigter zwölfjähriger Schulknabe namens Müller, Crim- mitschauer Straße wohnhaft, kam in einem unbewachten Augenblick mit der rechten Hand in den mit Motorkraft betriebenen Flei schwoft. Dem Knaben wurde dabei die rechte Hand vollständig vom Arme abgeschnitten und nur der Geistesgegenwart des Herrn St. ist es zu danken, daß dem Knaben nicht der ganze Arm in das Getriebe ge zogen wurde. Waldenburg. Im nahen Grumbach gerieten vor einigen Tagen zwei Bri. >er in Streit, in dessen Ver lauf der eine mit einem Revolver drei Schüsse auf den andern abgab, ohne glücklicherweise zu treffen. Die Ur sache des Streites war «in Mädchen. Annaber g. Der Königlich Sächsische Militärverein von Schlettau hat sämtliche dort noch lebende Teilnehmer des Feldzuges von 1870/71 zu Ehrenmitgliedern ernannt. Lberottendorf. Der Schulvorstand beschloß in seiner letzten Sitzung, in diesem Jahre die Osterprüfungen ausfallen zu lassen, da infolge Auftretens ansteckender Krankheiten zu wiederholten Malen der Unterricht aus gesetzt werden mußte. Eibau. Der hiesige Schulvorstand hat beschlossen- die Schulgeldsätze bei einem Einkommen von 600- 950 M. auf 2 M., bei einem Einkommen von 960—1600 M. auf 3 M. zu erniedrigen, während die Kinder aller derjeni gen Familien, die weniger als 600 M. Einkommen haben- vont Schulgeld ganz befreit sein sollen. Falkenstein i. V. In einer Sandgrube im nahen Trieb wurde die beim Sandtragen beschäftigte Frau Wil helmine Schächtner von sich loslösenden Erbmassen so schwer verletzt, daß sie ins Krankenhaus gebracht werden mußte. Grimma. Als der Handelsmann Amboß aus Ebers- . bach mit seinem Esclsgespann am Gasthof in Kleinbothen vorüberkam, griff ein Hun" den Esel an. Amboß wollte den Hund abwehren, wobei ihm dieser den kleinen Finger und das oberste Glied vom Goldfinger der rechten Hand abbiß. Leipzig. Ter Architekt Leopold Rückardt ist wegen Heiratsschwindcleicn verhaftet worden. Er hat sich meh rere Male nrit vermögenden Damen verlobt und ihnen Beträge bis zu 16 000 Mark entlockt Bodenbach. Arg ulinisches Fleisch ist am Sonn tag im städtischen Schlachthofe hier eingetrosfen. Ob wohl der Staat für die 5098 Kilogramm einen Zoll von 1529 Kr. 54 H. erhoben hat und die Frachtspesen gegen 300 Kr. betragen, wird das Fleisch zu 1,30, 1,60 und 1,80 Kr. pro Kilogramm verläuft werden, während das heimische Rindfleisch 1,84 bis 2,80 Kr. pro Kilo kostet. Vermischtes. * Lebenskunst in der Stadt und aus dem Lande. Unsere Volkszählungen lassen noch immer nur die eine große Bewegung erkennen: den Zug in die Stadt. Die Landflucht spielt in sozialen Erörterungen noch eine große Rolle, und man hat mit allen Mitteln, mit denen man diese Bewegung einzudämmen versuchte, bisher keine großen Erfolge erzielt. DaS ist durchaus begreiflich; einer Landsiedelung im großen find die herrschenden Boden rechtsverhältnisse nicht günstig; der Gartenstadtgedanke greift zwar um sich, bistet jedoch für abhängige Leute gewisse Schattenseiten: die Hauptursache aber des Dranges in die Stadt ist die wirtschaftliche Notwendig keit. Aber doch ist auch ein der Landflucht entgegenge setzter Zug in unserem öffentlichen Leben wahrnehmbar, und das ist der Zug selbständiger, nicht an einen be stimmten Wohnort gebundener Leute aufs Land. Zumal die schaffenden Künstler, Schriftsteller und dergl. Leute geben oft dem Lande den Vorzug, obgleich sie dem Absatz markts in der Großstadt näher wären und nach allge meinen: Glauben dort auch reichere Anregungen für ihc Schaffen empfangen würden. Man kann tatsächlich heute in gewissem Umfange behaupten, Kunst und Schrifttum wanderten auf das Land hinaus. Da ist eL wohl ange zeigt, sich klar zu werden, welche Reize mitspielen, die das Landleben so begehrt machen gegenüber dem in der großen Stadt. In einem fesselnden Aufsatz: „Lebens kunst in der Stadt und auf dem Lande" unterzieht PH. Stauf im neuesten Heft von „Welt und Haus" diese Frage einer eingehenden Beleuchtung. Danach besteht die Lebens kunst in der Stadt in der innerlichen Teilnahme an allem, was die Stadt bietet und zwar so, daß man sich selbst als Förderer der Tinge mitsühlen kann. Die Masse zu sammen ist und macht das Ganze, und diese Art Ge meingeist wird oft sogar derart übermächtig, daß sich der Großstädter garnicht mehr als Einzelwesen fühlt; städtische Lebenskunst kann daher nicht individualistisch sein. Um gekehrt liegen die Dinge auf dem Lande. Wer aus der Stadt flicht und sich nur auf das Dorf setzt, um reine Luft zu genießen und Naturschönheiten zu schauen, der mag sich manchmal verloren, vereinsamt Vorkommen. Aber es gibt Besseres auf dem Lande, es kommt nur darauf an, wie stark man in das Landleben, in die Ge schichte, in den Geifl vergangener Zeiten hineingewachsen ist. Die Tätigkeit des Landbewohners ist nicht das Fort schieben am Kulturwagen der Zeit, sondern das Bewah ren. Er will bewahren, was seine Gemütswerte aus machen, was ihm als die Quintessenz der vergangenen Zeiten erscheint. Das ist Bodenständigkeit, Trachten nach immer reinerer, immer richtiger erfaßter Bodenständig keit ist die Lebenskunst auf dem Lande — soweit unser Auszug. — (Man bezieht „Welt und HauS" durch jede